Zentraluntersuchungsbehörde

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Die Zentraluntersuchungsbehörde war eine Einrichtung des Deutschen Bundes zur überstaatlichen Verfolgung der Opposition mit Sitz in Frankfurt. Sie wurde Mitte der 1830er Jahre gegründet und arbeitete bis zur Revolution von 1848.

Entwicklung und Bedeutung

Zu Beginn der 1830er Jahre kam es im Gefolge der Julirevolution auch im Gebiet des deutschen Bundes zur Wiederbelebung der liberal und national orientierten Oppositionsbewegung. Besonders das Hambacher Fest (1832) und der Frankfurter Wachensturm (1833) waren für die Regierungen der Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes und die Bundesversammlung Anlass, die politische Repression wieder zu verstärken, die nach dem Höhepunkt der Demagogenverfolgung nach der ersten Hälfte der 1820er Jahre allmählich nachgelassen hatte. Der österreichische Staatskanzler Metternich gab den Kurs mit seiner Äußerung vor: „Wir werden in Deutschland zum Zuschlagen kommen.“[1] In der Folge wurde das gemeinsame Vorgehen gegen die Opposition der beiden Großmächte Preußen und Österreich koordiniert. Selbst aus den konstitutionellen südwestdeutschen Staaten kamen Forderungen nach einer besseren Zusammenarbeit der Polizeibehörden über einzelstaatliche Grenzen hinweg. Außerhalb der Bundesorgane bildete sich 1832 ein südwestdeutscher „Sicherheitsverein“ aus Vertretern Badens, Hessen-Darmstadts und Württembergs. Kurz darauf wurde auch der Bundestag aktiv und erließ am 5. Juli 1832 das sogenannte Maßregelgesetz. Dieses führte strengere Zensurmaßnahmen gegen die Presse ein, Verbot alle politischen Vereine und Parteien sowie alle entsprechenden Symbole. Hinzu kamen Bestimmungen, die sich gegen die Abgeordneten in den Landesparlamenten richteten. Noch verschärft wurden diese Beschlüsse durch die Beratungen der Wiener Ministerkonferenzen von Januar bis Juli 1834. Ihr Ergebnis waren die „Wiener Geheimen Sechzig Artikel,“ die so brisant waren, dass sie die Bundesversammlung nur teilweise veröffentlichen ließ.

Zur Umsetzung der Beschlüsse der Bundesversammlung und der Ministerkonferenz wurden in den Einzelstaaten die politische Polizei ausgebaut und in Frankfurt die Zentraluntersuchungsbehörde eingerichtet. Diese hatte die Aufgabe „die näheren Umstände, dem Umfang in den Zusammenhang des gegen den Bestand des Bundes und gegen die öffentliche Ordnung in Deutschland gerichteten Komplott“ aufzudecken.[2] Die Einrichtung war kein Gericht, sondern eine staatspolizeiliche Verfolgungsbehörde, die vor allem Informationen über Oppositionelle sammelte und sie zur Verhaftung und Aburteilung an die Einzelstaaten weiterleitete. Umgekehrt erhielt sie Informationen von den Gerichten in den Bundesstaaten und gewann so ein Gesamtbild der politischen Situation. In dem „Schwarzen Buch“ der Behörden waren insgesamt 2140 Gerichtsverfahren dokumentiert, die zwischen 1830 und 1842 geführt wurden. Damit hatte man ein zentrales Verzeichnis der maßgeblichen Oppositionellen. Kein politisches Landesgerichtsverfahren in den Einzelstaaten konnte beendet werden, bevor sie nicht das Ergebnis ihrer Ermittlungen nach Frankfurt weitergemeldet hatte. Untersuchungshäftlinge durften nicht auf freien Fuß gesetzt werden, ehe die Zentraluntersuchungsbehörde selbst ihre Ermittlungen eingestellt hatte.

Literatur

  • Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1806-1871. München, 1995. S. 349–353
  • Jürgen Angelow: Der Deutsche Bund. Darmstadt, 2003, S. 49–51
  • Edgar Süss: Die Pfälzer im 'Schwarzen Buch' : ein personengeschichtlicher Beitrag zur Geschichte des Hambacher Festes, des frühen pfälzischen und deutschen Liberalismus. Winter, Heidelberg 1956, urn:nbn:de:0128-1-49634.

Weblinks

Anmerkungen

  1. zit. nach Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 349.
  2. zit. nach Siemann, Vom Staatenbund zum Nationalstaat, S. 351.