Zielabweichungsverfahren

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Das Zielabweichungsverfahren ist ein im deutschen Raumordnungsgesetz (ROG) geregeltes Verfahren, mit dem es öffentlichen Stellen und privaten Bauherrn ermöglicht wird, bei raumbedeutsamen Vorhaben von einem sie grundsätzlich bindenden Ziel der Raumordnung ausnahmsweise abzuweichen.[1]

Bedeutung

Ein Zielabweichungsverfahren ist ein Ausnahmeinstrument für atypische Einzelfälle, die bei der Regionalplanaufstellung (noch) nicht erkennbar waren und somit bei der Zielformulierung nicht berücksichtigt wurden.[2] Ähnliches gilt beispielsweise für einen Dispens von den Festsetzungen eines Bebauungsplans gem. § 31 Abs. 2 BauGB, der „atypischen Sachverhalten“ vorbehalten ist.[3][4]

Verfahren

Voraussetzung ist, dass die Abweichung aus raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (§ 6 Abs. 2, § 4 ROG). Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 5 ROG (Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts) sowie private Bauherrn privilegierter raumbedeutsamer Bauvorhaben im Außenbereich, die den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Meist stellen die Städte und Gemeinden einen entsprechenden Antrag. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sind Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 ROG).[5]

Bei Raumordnungsplänen der Länder ist die Regelung des Verfahrens Sache der Länder. Diesbezüglich gelten nach § 27 Abs. 3 ROG die ergänzenden landesrechtlichen Regelungen.[6][7] Über Abweichungen in Raumordnungsplänen des Bundes für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone entscheiden die gem. § 19 ROG zuständigen Behörden im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Mittels eines Zielabweichungsverfahrens kann ein aufwendiges Zieländerungsverfahren, das zur Änderung des betreffenden Raumordnungsplans führt, umgangen werden.

In einigen Bundesländern ist es inzwischen möglich, ein Zielabweichungsverfahren in ein Raumordnungsverfahren zu integrieren.

Durch das Zielabweichungsverfahren wird zudem dem Gegenstromprinzip Rechnung getragen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zielabweichungsverfahren – ARL-net. In: arl-net.de. 9. März 2021, abgerufen am 22. März 2021.
  2. vgl. Regierungspräsidium Gießen: Verfahrensbuch über Zielabweichungsverfahren nach dem Hessischen Landesplanungsgesetz Gießen 2017, S. 4.
  3. BVerwG, Urteil vom 20. November 1989 - 4 B 163.89
  4. Hubertus Schulte Beerbühl: Bebauungsplan: Ausnahmen, Befreiungen, Abweichungen Deutsches Architektenblatt, 20. März 2020.
  5. vgl. Alexander Zirwick: Der Begriff des raumbedeutsamen Vorhabens im Raumordnungs- und Bauplanungsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Steuerung der Windenergie und des Einzelhandels Greifswald, Univ.-Diss. 2018.
  6. vgl. beispielsweise § 8 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz (NROG) in der Fassung vom 6. Dezember 2017, Nds. GVBl. 2017, 456.
  7. Verwaltungsvorschriften zum ROG und zum NROG für die Durchführung von Zielabweichungsverfahren - Niedersachsen VV-ROG/NROG - ZAV vom 5. April 2017, Nds.Mbl. Nr. 18 vom 10. Mai 2017 S. 541. Gl.-Nr.: 23100.