Zivilverteidigung
Die Zivilverteidigung oder Zivile Verteidigung umfasst den nichtmilitärischen Teil der Verteidigung.
Zivilverteidigung in Deutschland
Deutsche Demokratische Republik
Die DDR regelte die Zivilverteidigung (ZV) gesetzlich zwischen 1967 und 1970, unterstellte ihr die Sanitätseinrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) der DDR und integrierte den Katastrophenschutz. Bürger der DDR (auch Frauen) konnten ab vollendetem 18. Lebensjahr für Aufgaben der Zivilverteidigung dienstverpflichtet werden. Ein Lehrgang für Zivilverteidigung war für alle Mädchen sowie diejenigen Jungen, die nicht in das Wehrlager fuhren, Bestandteil des Wehrunterrichts in der Polytechnischen Oberschule. Ähnliches galt für die vormilitärische Ausbildung in der Erweiterten Oberschule, der Berufsausbildung und im Studium.
Bundesrepublik Deutschland
Allgemeines
In der Bundesrepublik Deutschland untersteht die zivile Verteidigung dem Bundesminister des Innern, nicht dem Verteidigungsminister. Sie umfasst die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt, den Zivilschutz, die Versorgung und Unterstützung der Streitkräfte. Sie wird auf Regierungsebene mit der militärischen Verteidigung zur Gesamtverteidigung zusammengefasst.
Bürger können gemäß Zivildienstgesetz zur Dienstleistung in der zivilen Verteidigung verpflichtet und bei Verstößen (eigenmächtige Abwesenheit, Dienstflucht und Nichtbefolgen von Anordnungen in den §§ 52 bis § 54 ZDG) bestraft werden.
Gliederung der zivilen Verteidigung
- Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt, mit den Schwerpunkten
- Gesetzgebungsfunktionen
- Rechtspflege
- Regierungs- und Verwaltungsfunktionen
- Sicherheit und Ordnung
- Informationsmöglichkeiten und -mittel
- Zivilschutz, mit den Schwerpunkten
- ABC-Schutz
- Betreuung
- Selbstschutz
- Warndienst
- Schutzbauten
- Aufenthaltsregelung
- Gesundheitswesen
- Schutz von Kulturgut
- Versorgung
- mit Gütern der Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft
- mit Gütern und Leistungen der gewerblichen Wirtschaft
- mit Energie und Wasser sowie die Abwasserbeseitigung
- mit Leistungen auf dem Gebiete des Verkehrswesens
- mit Leistungen auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens
- mit Personal sowie die soziale Sicherung
- auf dem Gebiete des Finanz- und Geldwesens
- Unterstützung der Streitkräfte
Konzeption Zivile Verteidigung (KZV)
Am 24. August 2016 wurde durch das Bundesministerium des Innern und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine neue Konzeption für die zivile Verteidigung (KZV) vorgestellt. Sie betrifft insbesondere die zivile Alarmplanung, die Gewährleistung der Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln, die Kommunikationsleistungen und die Energieversorgung sowie im Spannungs- und Verteidigungsfall die Sicherung von Staats- und Regierungsstrukturen. In diesem Zusammenhang soll auch ein neues Rahmenkonzept zum Selbstschutz für Bund und Bundesländer entwickelt werden, das die Selbstschutz- und Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung vor dem Hintergrund einer veränderten Gefährdungslage verbessern soll.[1]
Kritik
Auch die Zivilverteidigung orientiert sich an den Verteidigungszielen der NATO. Dies wird insoweit als kritisch betrachtet, als im Ernstfall die Ressourcen wie Schutzraumplätze, medizinische Versorgung oder Evakuierungsmöglichkeiten sehr knapp sind. Es wurden Befürchtungen geäußert, dass diese lebensrettenden Ressourcen nach politischen Zielsetzungen vergeben würden und dies mit dem Gedanken der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Grundgesetz nicht vereinbar sei.
So wurden beispielsweise in Stuttgart zahlreiche Bunkeranlagen unterhalten. Für die Anlage, die als „Kommandobunker“ für die Stadtverwaltung, Polizei und eine militärische Verbindungsstelle vorgesehen war, war als einzige eine ärztliche Betreuung geplant.
Zivilverteidigung in der Schweiz
Die Anfänge der Zivilverteidigung in der Schweiz gehen in die 1920er Jahre zurück. Die russische Revolution und der aufkommende Faschismus in Italien sowie die Verbreitung totalitärer Ideologien mittels Radio und Film, brachte die neue Erkenntnis, dass der demokratische Rechtsstaat bereits in Friedenszeiten verteidigt werden musste.
Von den 1930er bis in die 1960er Jahre wurde mit der Geistigen Landesverteidigung einerseits als schweizerisch anerkannte Grundwerte gestärkt und andererseits faschistische, nationalsozialistische und kommunistische Totalitarismen abgewehrt. Die Schweizerische Landesausstellung von 1939 in Zürich förderte den Zusammenhalt und Widerstandswillen des Schweizer Volkes als Landigeist. Ab 1939 war es vor allem die Aufgabe der neuen Armeesektion Heer und Haus, der staatlichen Kulturpropaganda aus Deutschland und Italien entgegenzutreten und die Bevölkerung in ihrem Abwehrwillen zu unterstützen. 1969 führte die Verbreitung des Zivilverteidigungsbuches wegen des Bedrohungsszenarios des revolutionären Krieges zu einem Sturm der Entrüstung, die das Ende der Geistigen Landesverteidigung von offizieller Seite bedeutete.
1973 wurde die Zivilverteidigung in das Konzept der Gesamtverteidigung (Bericht 73 zur Sicherheitspolitik der Schweiz) mit dem integralen Zielsetzung (Kommission Schmid) Wahrung des Friedens in Unabhängigkeit integriert[2]. Der Bericht setzte auf die konventionelle Strategie und ließ die Option der schweizerischen Atombewaffnung endgültig fallen. Die neueren Entwicklungen haben sich von der klassischen Zivilverteidigung im Falle eines bewaffneten Konflikts zum Zivilschutz bei der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen verschoben.[3][4]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Konzeption Zivile Verteidigung (KZV). (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesministerium des Inneren, 24. August 2016, archiviert vom Original am 24. August 2016; abgerufen am 30. August 2016.
- ↑ [1] (PDF; 2,1 MB)Schweizerisches Gesamtverteidigungskonzept 1973
- ↑ Vereinigung Schweizerischer Nachrichtenoffiziere (Hrsg.): Armee-Einsätze unterhalb der Kriegsschwelle: Überlegungen, Fallbeispiele. Vdf Hochschulverlag AG, ETH Zürich 1996, ISBN 3-7281-2368-4
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Hans Herzog: Schweizer Sicherheitspolitik im Wandel