Zoe Leonard

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Zoe Leonard (* 1961 in Liberty, New York) ist eine amerikanische Künstlerin, die mit den Mitteln der Fotografie und Installation arbeitet. Leonards Arbeiten werden zur feministischen Kunst gezählt.

Leben und Werk

Nachdem die zukünftige Mutter von Zoe Leonard aus Polen geflüchtet war, immigrierte sie gemeinsam mit ihrem Mann in die USA, wo Zoe Leonard in einer Kleinstadt im Bundesstaat New York geboren wurde. Nach der Scheidung der Eltern wuchs Zoe zusammen mit ihrem Bruder bei ihrer Mutter auf. Obwohl die Familie wenig Geld hatte, konnte Leonard als Kind häufig reisen, da ihre Mutter bei TWA im Bodenpersonal arbeitete. Mit 15 Jahren brach Zoe Leonard die High School ab. 1977, mit 16 Jahren, borgte sie sich die Rollei 35 ihrer Mutter und begann zu fotografieren. Nachdem die Rollei abhandenkam, kaufte sie sich ihre erste eigene Kamera. Sie reiste viel und arbeitete in einer Reihe von Gelegenheitsjobs wie Kellnerin, Bürohilfe, Stripperin, Prostituierte, Galerieassistentin, Modell und Bauarbeiterin. Fotografie war die einzige Konstante. Leonard hat seitdem stets eine Kamera bei sich und oft entstehen ihre Fotos aus Alltagssituationen oder im Vorbeigehen.[1] Leonard schrieb 1994 über ihr Coming-out:[1]

“I’ve had to come out. No straight person knows about coming out. I’ve had to find a desire inside myself and follow it, even though it goes against the grain of all the social patterns around me. That process of discovering, examining and trusting my own desire is formative.”

„Mein Coming-out musste sein. Das kann kein Hetero verstehen. Ich musste dieses Verlangen in mir finden und ihm folgen, auch wenn es gegen alle sozialen Muster um mich herum gerichtet war. Dieser Prozess des Entdeckens, des Untersuchens und des Vertrauens in das eigene Verlangen war für mich formativ.“

Zoe Leonard

Mit zwei Freundinnen gründete sie die Künstlergruppe Fierce Pussy, mit der sie öffentlich gegen die Diskriminierung von Homosexuellen protestierte. Sie engagierte sich auch in der Gruppe Act Up, die gegen die Stigmatisierung von Menschen mit Aids eintrat.

Mit 31 Jahren erreichte Leonard 1992 mit ihrer Teilnahme an der Documenta IX ihren ersten großen Erfolg in der Kunstwelt. In der Neuen Galerie in Kassel nahm Leonard alle historischen Bilder von den Wänden, die ausschließlich Männer zeigten. An deren Stelle hängte sie großformatige schwarzweiße Bilder der Genitalien von sechs Frauen, die Leonard selbst fotografiert hatte. Diese Fotografien kontrastierten nun mit den übriggebliebenen Rokoko-Bildern von Frauen.[2][3]

Nach ihrer ersten Documenta-Teilnahme bewegte sich Leonard für mehrere Jahre von der Fotografie weg und zur Objektkunst und Installation hin. Nachdem 1992 ein ihr nahestehender Freund gestorben war, begann sie über fünf Jahre hinweg, die Schalen von Bananen, Orangen, Grapefruit, Zitronen und Avocados abzuschälen, zu trocknen, mit Wachs und Plastik auszustopfen und dann mittels Nadel und Faden, mit Knöpfen, Draht, und Kleber wieder zu verschließen. Die Arbeit mit dem Titel Strange Fruit (for David) wurde 1998 vom Philadelphia Museum of Art angekauft.[4]

1997 nahm sie mit der Arbeit The Fae Richards Archive an der prestigeträchtigen Kunstausstellung Whitney Biennial teil. Zusammen mit der Filmemacherin Cheryl Dunye präsentierte sie das Fotoarchiv einer fiktiven schwarzen und lesbischen Schauspielerin. Die Arbeit wurde dann Teil des Films Watermelon Woman, welcher durch die NEA gefördert wurde, und dafür von der religiösen Rechten, insbesondere Jesse Helms, scharf angegriffen wurde.[5]

2007 wurde Leonard erneut zur Documenta nach Kassel eingeladen, wo ihre 40-teilige Arbeit Analogue (1998–2007) gezeigt wurde. Über neun Jahre hinweg hatte sie Schaufenster von kleinen Läden in der Lower East Side fotografiert, denen die Anstrengung der Ladenbesitzer in ihrem Optimismus wie in ihrer Hoffnungslosigkeit anzusehen ist. 2009 erwarb die Münchner Pinakothek der Moderne mit Mitteln ihres Fördervereins eine komplette Edition von Analogue.[6] Analogue befindet sich auch im Besitz der New York Public Library.[7] Leonard lebt und arbeitet in New York.

“[But] my work is absolutely grounded in a certain formal approach. These aren’t drawings. They’re not paintings. These are photographs. I want the viewer to be aware of that. That’s why I always print full frame. If there’s a scratch on the negative, I leave it there. The roughness in my prints is my way of letting the viewer into my process, the process of photography. I think that photography has been considered a poor relation to fine arts for far too long. The highest compliment you could pay a photographer is to say, ‘Your work is so painterly’. If I wanted to paint, I would paint. My work is about taking pictures, using a camera to observe what’s out in the world. So I present them very much as they happen in the camera: they’re not matted, they’re not framed, they’re not cropped.”

„Mit meiner Arbeit folge ich natürlich einem formalen Vorgehen. Dies sind keine Zeichnungen. Dies sind auch keine Gemälde. Dies sind Fotografien. Ich möchte, dass der Betrachter sich dessen bewusst ist. Deshalb enthalten meine Abzüge immer das komplette Negativ. Wenn auf dem Negativ ein Kratzer ist, so bleibt der sichtbar. Durch die Unpoliertheit meiner Abzüge soll der Betrachter an meinem Prozess, am Prozess der Fotografie teilhaben. Ich denke, dass Fotografie schon viel zu lange die Stiefschwester der Bildenden Künste ist. Das größte Kompliment, dass man einem Fotografen machen konnte, war zu sagen: ‚Ihre Arbeiten sind wie gemalt.‘ Wenn ich malen wollte, würde ich malen. In meiner Arbeit geht es darum, Bilder aufzunehmen, mit der Kamera zu beobachten, was in der Welt passiert. Und diese Beobachtungen präsentiere ich so, wie sie sich in der Kamera ergeben haben: sie sind nicht mattiert, sie sind nicht gerahmt, und sie sind nicht beschnitten.“

Zoe Leonard[2]

2014 erhielt Leonard den Bucksbaum Award.

Ausstellungen

Einzelausstellungen (Auswahl)

Teilnahme an Gruppenausstellungen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Holland Cotter: Art after Stonewall: 12 Artists Interviewed. In: Art in America, Vol. 82, No. 6, Juni 1994, abgerufen am 8. Juli 2008
  2. a b Laura Cottingham: Interview mit Zoe Leonard im Journal of Contemporary Art.
  3. frieze.com: Documenta IX, Body Language (Memento vom 4. Dezember 2008 im Internet Archive)
  4. a b New Work by Contemporary Artist Zoe Leonard. Philadelphia Museum of Art, 1. April – 6. September 1998. Kuratiert von Ann Temkin. Katalog mit dem Titel Strange Fruit erschienen bei Paula Cooper Gallery, New York 1995; philamuseum.org; abgerufen am 8. Juli 2008.
  5. frieze.com: Nowhere to Run (Memento vom 31. März 2008 im Internet Archive)
  6. pin-freunde.de: Let’s party for a piece of Art (Memento vom 22. April 2009 im Internet Archive)
  7. Zoe Leonard. bei der New York Public Library.
  8. Zoe Leonard. Fotografien. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 21. Februar 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.pinakothek.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) . In der Pinakothek der Moderne, München, vom 2. April bis 5. Juli 2009.
  9. Zoe Leonard – Fotografien (Memento vom 6. Dezember 2008 im Internet Archive). Fotomuseum Winterthur, 1. Dezember 2007 – 17. Februar 2008. Kuratiert von Urs Stahel. Katalog erschienen bei Steidl, Göttingen 2007, ISBN 978-3-86521-661-8.
  10. Zoe Leonard – Analogue (Memento vom 11. Mai 2008 im Internet Archive). Wexner Center for the Arts, Columbus OH, 12. Mai – 12. August 2007. Kuratiert von Helen Molesworth. Katalog erschienen bei MIT Press, Cambridge MA 2007, ISBN 0-262-12295-2.
  11. Zoe Leonard. Lounge des Swiss Institute of Contemporary Art, New York City, 14. Januar – 15. Februar 2003; swissinstitute.net; abgerufen am 2. Juli 2008.
  12. Zoe Leonard - photography. Centrum Sztuki Wspólczesnej Warschau, 18. September – 7. November 1999. Kuratiert von Milada Slizinska; csw.art; abgerufen am 2. Juli 2008.
  13. Zoe Leonard. Wiener Secession (Memento vom 30. Juni 2011 im Internet Archive), 23. Juli – 14. September 1997. Katalog erschienen bei Wiener Secession, Wien 1997, ISBN 3-900803-93-5.
  14. Zoe Leonard. Kunsthalle Basel, 1997. Katalog erschienen bei Schwabe, Basel 1997, ISBN 978-3-7965-1385-5.
  15. Zoe Leonard. Galerie Gisela Capitain. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 21. Februar 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.galerie-capitain.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) , Köln, 24. April – 30. Mai 1998.
  16. Ad Absurdum (Memento vom 26. Juni 2008 im Internet Archive). MARTa Herford, 19. April – 27. Juli 2008. Kuratiert von Jan Hoet. Katalog erschienen bei Kerber, Bielefeld 2008, ISBN 3-86678-130-X.
  17. Archive Fever (Memento vom 20. Juli 2008 im Webarchiv archive.today) International Center of Photography New York, 18. Januar – 4. Mai 2008. Kuratiert von Okwui Enwezor. Katalog erschienen bei Steidl/ICP, New York 2008, ISBN 3-86521-622-6.
  18. Oh Girl, It’s a Boy! (Memento vom 31. August 2010 im Internet Archive). Kunstverein München, 20. Oktober – 25. November 2007. Kuratiert von Henrik Olesen.
  19. documenta 12. Kassel. 16. Juni – 23. September 2007. Über die gezeigten Werke von Zoe Leonard auf dem offiziellen documenta12blog (Memento vom 24. Juni 2008 im Internet Archive)
  20. BODYPOLITCX. Witte de With, Rotterdam, 8. September – 16. Dezember 2007. Kuratiert von Florian Waldvogel und Thomas Edlinger. Katalog erschienen bei WdW Publishers, Rotterdam 2007, ISBN 90-73362-77-6. BODYPOLITCX (Memento vom 18. Juli 2011 im Internet Archive); abgerufen am 2. Juli 2008.
  21. Normal Love (Memento vom 19. September 2011 im Internet Archive). Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 19. Januar – 4. März 2007. Kuratiert von Renate Lorenz. Katalog erschienen bei b_books, Berlin 2007, ISBN 3-933557-72-0.
  22. Das Achte Feld. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 21. Februar 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.museenkoeln.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) . Museum Ludwig, Köln, 19. August – 12. November 2006. Katalog erschienen bei Hatje Cantz, Ostfildern 2006, ISBN 3-7757-1829-X.
  23. The New City. Whitney Museum, New York, 30. September 2005 – 15. Januar 2006. Review. In: NYT; abgerufen am 7. Juli 2008.
  24. Kurzdavordanach (Memento vom 10. September 2012 im Webarchiv archive.today). Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, 22. Oktober 2004 – 9. Januar 2005. Kuratiert von Wilhelm Schürmann. Katalog erschienen bei SK Stiftung Kultur, Köln 2004, ISBN 3-86588-024-X.
  25. A Clear Vision (Memento vom 7. Mai 2008 im Internet Archive). Deichtorhallen Hamburg, 29. Oktober 2003 – 1. Februar 2004. Kuratiert von Zdenek Felix. Katalog erschienen bei Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2003, ISBN 3-7757-1398-0.
  26. Phantom der Lust. Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum, 26. April – 24. August 2003. Kuratiert von Peter Weibel. Katalog erschienen bei belleville Verlag, München 2003, ISBN 3-936298-24-6. neuegalerie.at; abgerufen am 7. Juli 2008.
  27. doublelife (Memento vom 22. Februar 2007 im Internet Archive). Generali Foundation Wien, 11. Mai – 12. August 2001. Kuratiert von Sabine Breitwieser und Hemma Schmutz. Katalog erschienen bei König, Köln 2001, ISBN 3-88375-510-9.
  28. Vanitas (Memento vom 6. Februar 2006 im Internet Archive). Virginia Museum of Fine Arts, Richmond VA, 4. April – 18. Juni 2000. Kuratiert von John B. Ravenal. Katalog erschienen bei Virginia Museum of Fine Arts, Richmond 2000, ISBN 0-917046-55-2.
  29. A sang i foc (Memento vom 14. Dezember 2009 im Internet Archive). Espai d’Art Contemporani de Castelló, 14. Oktober – 5. Dezember 1999. Katalog erschienen bei Espai d’Art Contemporani de Castelló, 1999, ISBN 84-482-2265-2.
  30. Unbehagen der Geschlechter/Gender Trouble. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 21. Februar 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.neueraachenerkunstverein.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) . Neuer Aachener Kunstverein, 30. Mai – 11. Juli 1999. Kuratiert von Gisela Theising und Lutz Hieber.
  31. Veronica’s Revenge - die Sammlung Lambert, Genf. Fotografie im Geiste der Konzeptkunst. 300 Aufnahmen, davon viele aus den 1990er Jahren. Deichtorhallen. 27. Februar – 1. Juni 1998.
  32. Veronica’s Revenge (Memento vom 24. Juli 2008 im Internet Archive). Museum of Contemporary Art Sydney, 16. November 2000 – 4. März 2001. Katalog erschienen bei Scalo Verlag, Zürich 1998, ISBN 3-931141-78-0.
  33. fast forward - Body Check. Kunstverein in Hamburg, 11. September – 8. November 1998. artaspects.net; abgerufen am 3. Juli 2008.
  34. Whitney Biennial. Whitney Museum of American Art, New York, März – 1. Juni 1997. Kuratiert von Lisa Phillips. Katalog erschienen bei Abrams, New York 1997, ISBN 0-8109-6825-8.