Zugsalbe

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Zugsalbe oder Ziehsalbe werden Salben genannt, die durchblutungsfördernde, entzündungshemmende, schmerzlindernde, talgflussvermindernde, resorptions- und phagozytosefördernde Eigenschaften besitzen. Sie werden meist aus Ölschiefern, seltener auch auf pflanzlicher Basis hergestellt. Zugsalbe kann bei chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen (Kontaktekzem, Follikulitis, Furunkel, Akne, Abszesse unter der Haut, Phlegmonen und Panaritium) sowie kleineren Splittern angewendet werden. In der Humanmedizin ist Zugsalbe mit Ammoniumbituminosulfonat als arzneiwirksamer Stoff zugelassen. Dieser Wirkstoff kommt auch im tiermedizinischen Bereich zur Anwendung.

Wirkmechanismus

Die auch Teersalbe genannte schwarze Zugsalbe wirkt aufgrund des Gehaltes an sulfoniertem Schieferöl (Ammoniumbituminosulfonat, Ichthammolum) antibakteriell, entzündungshemmend und juckreizstillend. Zudem sorgen die Bituminosulfonate für ein Aufweichen und eine vermehrte Durchblutung der Haut. Bei eitrigen Hautprozessen beschleunigt es damit im fortgeschrittenen Stadium der Entzündung die Einschmelzung des Krankheitsherdes und den Durchbruch des Eiters nach außen („Zug“, „Ziehen“).[1]

Verwendung in der Humanmedizin

Zugsalbe mit Ammoniumbituminosulfonat wird beispielsweise verwendet:

Zur Reifung des Abszesses bzw. Furunkels trägt ggf. eine kurzzeitige Anwendung von Wärme z. B. durch Infrarotbestrahlung bei.[3][4] Es wird angenommen, dass Zugsalbe die Spontanperforation begünstigt.[7] Andererseits wird angegeben, dass Zugsalbe die Haut über dem Abszess aufweicht und dadurch den Abszess reift, dass der Abszess dann aber vom Arzt operativ zu öffnen ist.[8]

Wirksamkeit

Wenig Studien werden derzeit (Stand 2019) bezüglich der Wirksamkeit von Ammoniumbituminosulfonatsalbe durchgeführt.[9]

  • Eine Studie konnte die Überlegenheit von Ammoniumbituminosulfonatsalbe bei der Behandlung von venösen Ulzera nachweisen, allerdings nur für einen kurzen Zeitrahmen.[10]
  • Studien zur Wirksamkeit bei Abszessen sind in den letzten 20 Jahren nicht durchgeführt worden (Stand 2019).[9]
  • Im Standardwerk Pichlmayrs Chirurgische Therapie wird die Anwendung bei Analabszessen als überholt bewertet.[11]
  • Studien zur Wirksamkeit bei Otitis externa sind hauptsächlich Vergleichsstudien mit Vergleichen zu anderen Präparaten, mit teils widersprüchlichen Ergebnissen.[12][13]

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen können auftreten, wenn eine Allergie gegen die Bestandteile besteht. Bei Schwangerschaft oder Stillzeit ist vorherige Rücksprache mit dem Arzt erforderlich.[8]

Ichthyol-Gesellschaft

In Deutschland wird die Anwendung von ammoniumbituminosulfonathaltigen Salben propagiert durch die Ichthyol-Gesellschaft. Die Gesellschaft ist Eigentum von Cordes Pharma GmbH, die Ammoniumbituminosulfonat unter dem Warenzeichen Ichthyol herstellt und vermarktet.

Arzneirechtliche Bestimmungen der Veterinärmedizin

Ammonium- und Natriumbituminosulfonat sind zur äußerlichen Anwendung bei allen lebensmittelliefernden Tieren (einschließlich milchliefernde) zugelassen und in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 über Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln gelistet. Inhaltsstoffe werden aber zu einem geringen Teil resorbiert und können zu Geschmacksveränderungen des Fleisches oder der Milch führen.

Zugpflaster

Zugpflaster sind mit Zugsalbe versehene Pflaster. Zugpflaster (Ziehpflaster, Attraktiva) waren bereits im Mittelalter (zuc-phlaster oder kurz zuc)[14] zur Entfernung von Giftstoffen, Exsudaten und Eiter aus Geschwüren und offenen Wunden gebräuchlich.

Literatur

  • F. R. Ungemach und andere: Schieferölsulfonate. In: Wolfgang Löscher und andere (Hrsg.): Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. 7. Auflage. Paul Parey Verlag, Singhofen 2006, ISBN 3-8304-4160-6, S. 510.

Handelsnamen

Monopräparate

Zugsalbe effect (DE), Thiobitum Salbe (DE), Ichtholan Salbe (DE, AT, CH), Leukichtan (AT), Schwarze Salbe (DE)

Kombinationspräparate

Aknederm Salbe (DE), ilon Salbe classic (DE)

Einzelnachweise

  1. Nach Roche Lexikon Medizin. Verlag Urban & Schwarzenberg, 1999.
  2. Peter Altmeyer, V. Paech: Therapielexikon Dermatologie und Allergologie: Therapie Kompakt Von A Bis Z. Springer-Verlag, 2005, ISBN 978-3-540-27648-7, S. 7. (books.google.com)
  3. a b Ingrid Gerhard: Das Frauen-Gesundheitsbuch. Georg Thieme Verlag, 2009, ISBN 978-3-8304-2261-7, S. 166. (books.google.com)
  4. a b Karl-Walter Jauch, Wolf Mutschler, Johannes N. Hoffmann, Karl-Georg Kanz: Chirurgie Basisweiterbildung: In 99 Schritten durch den Common Trunk. Springer-Verlag, 2012, ISBN 978-3-642-23804-8, S. 35. (books.google.com)
  5. Volker Schumpelick, Niels Bleese, Ulrich Mommsen: Kurzlehrbuch Chirurgie. Georg Thieme Verlag, 2010, ISBN 978-3-13-152508-6, S. 451. (books.google.com)
  6. Nagelbettentzündung. In: zugsalbe-effect.de. Abgerufen am 3. August 2017.
  7. Josef Smolle, Frank H. Mader: Beratungsproblem Haut: Diagnostik, Therapie und Pflege im Praxisalltag. Springer-Verlag, 2005, ISBN 978-3-540-26897-0, S. 125. (books.google.com)
  8. a b Zugsalben. Stiftung Warentest, 15. Oktober 2014, abgerufen am 28. Oktober 2014..
  9. a b Medline-Search mit Stichwort "sulfonated shale oil" oder "ichthammol" von 1999 bis 2019 ergab insgesamt 20 Publikationen
  10. S. Beckert u. a.: Efficacy of topical pale sulfonated shale oil in the treatment of venous leg ulcers: a randomized, controlled, multicenter study. In: J Vasc Surg. Band 43, Nr. 1, Januar 2006, S. 94–100.
  11. Eckhard Nagel, Dietrich Löhlein: Pichlmayrs Chirurgische Therapie, Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie. Springer-Verlag, Berlin 2005, S. 616.
  12. P. Adhikari, R. Bhatta, S. Bhandari, Pyakurel Bhatta M.: Comparison of steroid antibiotic pack and 10 % ichthammol glycerine pack in relieving pain of acute otitis externa in children. In: Int J Pediatr Otorhinolaryngol. Band 75, Nr. 4, April 2011, S. 500–503.
  13. B. L. Shrestha, I. Shrestha, R. C. Amatya, A. Dhakal: Effective treatment of acute otitis externa: a comparison of steroid antibiotic versus 10 % ichthammol glycerine pack. In: Indian J Otolaryngol Head Neck Surg. Band 62, Nr. 4, Oktober 2010, S. 350–353.
  14. Ingrid Rohland: Das ‚Buch von alten Schäden‘, Teil II: Kommentar und Wörterverzeichnis. Medizinische Dissertation Würzburg. (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 23). Königshausen & Neumann, Würzburg 1982, S. 46 und 600.