Ammoniumbituminosulfonat

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Reines Ammoniumbituminosulfonat ist eine viskose, schwarze Flüssigkeit

Ammoniumbituminosulfonat, auch unter den Warenzeichen Ichthammol, Ichtholan und Ichthyol vermarktet, ist eine organisch-chemische Verbindung. Der Stoff wird in der Medizin als Wirkstoff für die Behandlung einiger Formen von Hautkrankheiten, Prellungen, Verstauchungen und Arthrose verwendet.

Synthese

Es entsteht im ersten Schritt durch trockene Destillation von kerogenreichem Ölschiefer, einem Erdölmuttergestein, in dem durch anoxische Bedingungen eine Anreicherung von organischem Material – vorwiegend aus abgestorbenem Phytoplankton – stattfand. Aus der Sulfonierung und nachfolgenden Neutralisation bestimmter Fraktionen des rohen „Schieferöls“ (vgl. Tiroler Steinöl) mit Ammoniak resultiert Ammoniumbituminosulfonat als Sulfonat-Salz in wässriger Lösung.

Wird die Neutralisation mit Natriumhydroxid durchgeführt, entsteht ein ähnliches Produkt, das Natriumbituminosulfonat.

Eigenschaften

Sicherheitshinweise
Name

Ichthammol

CAS-Nummer

8029-68-3

GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 319​‐​412
P: 280​‐​273​‐​264​‐​305+351+338​‐​337+313​‐​501 [2]

Ammoniumbituminosulfonat ist ein Vielkomponentengemisch, zum Großteil aus sulfonierten Thiophenderivaten.[3] Im Gegensatz zu Teeren (Steinkohlenteer) sind polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) nur in geringen Spuren enthalten.[4] Aus einer Elementaranalyse berechneten Eugen Baumann und Carl Schotten 1883 eine chemische Formel für den mit Natriumhydroxid-Lösung neutralisierten Wirkstoff. Jedoch wies Paul Gerson Unna 1897 darauf hin, dass trotz der Übereinstimmung der Elementaranalyse mit der Formel das Ammoniumbituminosulfonat ein „kompliziert zusammengesetzter Körper ist“. Der Gehalt organisch gebundenen Schwefels (bezogen auf die getrocknete Substanz) liegt laut Arzneibuchanforderungen (Ph. Eur.) oberhalb von 10,5 %.

Verwendung

Der Stoff wird in der Medizin als Arzneistoff für die Behandlung einiger Formen von Hautkrankheiten wie Akne, Ekzeme, Furunkeln, Schuppenflechte, aber auch von Prellungen, Verstauchungen, Arthrose verwendet. Der weltweit in Arzneibüchern monographierte Wirkstoff (u. a. Europäisches Arzneibuch Ph. Eur. und Amerikanisches Arzneibuch USP) wird im Allgemeinen in einer sogenannten Zugsalbe mit 10-, 20- oder 50-prozentigem Massenanteil verwendet, wodurch diese zu einer sog. „schwarze Salbe“ wird. Ihre dermatologische Wirkung entdeckte der deutsche Arzt Paul Gerson Unna. Die Substanz wird in der Inhaltsstoffliste mit ICHTHAMMOL (INCI)[5] bezeichnet.

Abgrenzung zu Materialien mit Ursprung in China

Materialien mit Ursprung in China (Pinyin: yushizhi und yushizhi ruangao), welche außerhalb Chinas als Ichthammol, Ichthyol oder Ammoniumbituminosulfonat angeboten werden, sind nicht in Einklang mit der Substanzdefinition, wie sie z. B. im Europäischen (Ph.Eur.) oder Amerikanischen (USP) Arzneibuch zu finden sind. Auch besteht keine Übereinstimmung mit der für die CAS# 8029-68-3 festgeschriebene Definition ("a complex product obtained by the sulfonation and ammoniation of the distillation product from bituminous schists"). Chinesisches Material wird mittels Vulkanisierung und Sulfonierung aus Pflanzenölen (z. B. Sojaöl) gewonnen.[6] Definitionsgemäß geht der Ursprung von Ammoniumbituminosulfonat (bzw. Ichthammol oder Ichthyol), wie auch aus dem Namen bereits abzuleiten ist, auf ein bituminöses Gestein (kerogenreicher Ölschiefer) zurück. Ein Material auf Basis von Pflanzenölen hat eine grundsätzlich abweichende stoffliche Zusammensetzung. Der für das Original typische Geruch nach Bitumen fehlt bei der chinesischen Nachahmung vollständig.

Handelsnamen

Es sind zwei Ammoniumbituminosulfonat-Varianten im Handel: Die helle (monographiert in D im DAC; Leukichtol) und die dunkle (monographiert im Europäischen Arzneibuch). Die helle Variante wird durch milde Sulfonierung (und damit einem geringeren Sulfatschwefelgehalt) gewonnen. Sie ist wesentlich dünnflüssiger. Die helle Variante hat wenig Bedeutung in der Praxis. An ihrer Statt wird wesentlich häufiger das helle Natriumbituminosulfonat verwendet. Bis 2000 war ein vergleichbarer Stoff unter dem Namen Ammoniumsulfobitol (Tumenol-Ammonium) im Handel, der aus den schwefelarmen Schieferölen der Grube Messel gewonnen wurde.

Monopräparate
Ichtho Bad (DE), Ichtholan (DE, AT, CH), Ichthyol (DE, Rohstoff für Apothekenrezepturen), Schwarze Salbe Lichtenstein (DE), Thiobitum ®(DE), Zugsalbe effect (DE).
Kombinationspräparate
Aknederm Salbe neu (DE), Bad Schallerbacher Rheuma- und Gichtsalbe (AT), Delta-Hädensa (AT), Hädensa (AT), Inotyol (AT), Ischler Hämorrhoidensalbe (AT), Ischler Zug- und Abszess Salbe (AT), Lindosan (AT)

Literatur

  • E. Baumann, C. Schotten: Über das Ichthyol. In: Monatshefte für praktische Dermatologie, Band II, S. 257, 1883.
  • Paul Gerson Unna: Über Ichthyol. In: Monatshefte für praktische Dermatologie, Band XXV, 1897.

Einzelnachweise

  1. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von Ichthammol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 6. November 2017.
  2. Fagron: Sicherheitsdatenblatt Ammoniumbituminosulfonat, Ichthammolum, abgerufen am 12. November 2017.
  3. J. Koch, R. Moser, J. Demel: Analyse des Ammoniumbituminosulfonates Ichthyol in Archiv der Pharmazie. 1985:318(3):198–206.
  4. H. Ippen, G. Grimmer: Carcinogene Kohlenwasserstoffe in therapeutischen „Teeren“ in H + G Zeitschrift für Hautkrankheiten. 1993:68(2):88–92.
  5. Eintrag zu ICHTHAMMOL in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 18. September 2021.
  6. People's Republic of China Pharmacopoeia, Ausgabe 2010 (Chinesische Medizinische Enzyklopädie, aufgerufen am 16. Oktober 2015).