Zwangsstuhl

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Zwangsstuhl

Der Zwangsstuhl war eine somatotherapeutische Zwangsbehandlung und zuweilen auch Strafe in psychiatrischen Einrichtungen.[1][2] Die Patienten wurden darin mit Lederriemen oder anderen Mitteln fixiert, damit sie „ruhig, besonnen und folgsam“ wurden. In der Mitte der Sitzfläche befand sich ein Loch für Fäkalien. Der Zwangsstuhl wurde als Tranquilizer Chair im Jahr 1811 vom Psychiater Benjamin Rush erfunden.[3]

Peter Joseph Schneider berichtete 1824 über das Zwangssitzen nach Ernst Horn: „Ein mit einem hohen Sitze und starken Armen aus festem Holze verfertigter Lehnstuhl mit beweglichem Rücken, in welchem der Irre vermittelst eines breiten Brustgurtes, Arm-, Hand- und Fuß-Riemen befestigt wird. Zugleich ist eine Vorrichtung angebracht, durch welche die Rückenlehne höher oder niedriger gestellt werden kann, für solche Fälle, in den der Kranke ungestümme Bewegungen mit dem Kopfe macht, welche durch Hinablassen des obern Stücks der Rückenlehne sogleich unschädlich gemacht werden können.“[4]

Die Zeitdauer der Fixierung konnte bis zu 24 oder sogar auch 48 Stunden dauern. Mindestens ein Todesfall ist dokumentiert: In Haina starb 1853 ein Patient nach neunundzwanzig Stunden im Zwangsstuhl.[5][6] In einem anderen Fall wurde eine Patientin sogar volle sechs Monate hintereinander auf dem Zwangsstuhl fixiert.[7]

Historische Zwangsstühle werden unter anderem im Psychiatriemuseum Haina und Psychiatrie-Museum Philippshospital ausgestellt.

Einzelnachweise

  1. Peter Joseph Schneider: Entwurf zu einer Heilmittellehre gegen psychische Krankheiten. Tübingen 1824
  2. Helmut Siefert: Der Zwangsstuhl. Ein Beispiel für den Umgang mit Geisteskranken im 19. Jahrhundert in Haina. In: Walter Heinemeyer, Tilman Pünder (Hrsg.): 450 Jahre Psychiatrie in Hessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 47). Elwert Verlag. Marburg 1983, S. 309–320.
  3. http://www.uphs.upenn.edu/paharc/features/brush.html
  4. Peter Joseph Schneider: Entwurf zu einer Heilmittellehre gegen psychische Krankheiten, oder Heilmittel in Bezug auf psychische Krankheitsformen. Band 2, 1824, S. 605
  5. Gesa Coordes: Psychiatriemuseum Haina: „Rasende Leut“ in Ketten und im „hohlen Rad“. In: Deutsches Ärzteblatt, 1996; 93(44): A-2886 / B-2454 / C-2298
  6. Vitos Haina, Historie - Die neuen "Curmethoden"
  7. Emil Kraepelin: Hundert Jahre Psychiatrie: Ein Beitrag zur Geschichte menschlicher Gesittung. 1918, Seite 9 (Digitalisat)