Zimbel

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Schwere, tief klingende Handzimbeln (tala), mit denen der Spielleiter des südindischen Tanztheaters Yakshagana den Takt angibt. Durchmesser 5,5 cm

Zimbel, aus griechisch kymbalon über latein cymbalum, und aus demselben Stamm abgeleitete Wortbildungen können mehrere Musikinstrumente oder Teile davon bezeichnen:

  1. verschiedene, aus kreisrunden aufgebogenen Metallplatten oder ausgehöhlten Metallgefäßen bestehende Idiophone, wobei Zimbel synonym zu kleinen Becken verwendet wird,
  2. Saiteninstrumente wie das Zymbal (auch Zimbal), ein ungarisches Hackbrett,
  3. zur Orgel gehörend bestimmte Register und das mechanische Orgelspielwerk Zimbelstern sowie
  4. sehr kleine oder tonhohe Glocken.

Becken

Die Bedeutung von Zimbel als einem unmittelbar geschlagenen Idiophon in Gestalt eines kleinen Paarbeckens findet sich ebenfalls – für Becken generell – im englischen Begriff cymbal, im französischen cymbale und im lautmalerischen italienischen cinelli. Letzteres Wort gelangte als Tschinellen in die österreichische und süddeutsche Umgangssprache. Die früher auch im Deutschen gebräuchliche Schreibweise Cymbal[1] ist veraltet.

Herkunft

Der Ursprung der Zimbeln hängt mit der Herstellung von Bronze zusammen und wird in China, Indien oder dem Nahen Osten vermutet.[2] Im Alten Testament werden mehrfach in Psalmen die Musikinstrumente des israelitischen Tempelkults erwähnt, zu denen neben den beiden Leiern (kinnor und nevel) Trommeln (tuppim), Trompeten (chasosrah), Hörner (schofar), Schüttelidiophone aus Ton (menaaneim), Klappern (?) (asey broschim) und Zimbeln (selslim oder meziltajim) gehörten.[3] Im antiken Griechenland waren die kymbala metallene Becken, die gelegentlich in den Ritualen für die Göttinnen Artemis, Athene und Persephone gebraucht wurden.[4] Das cymbalum (auch tintinnabulum) in lateinischen Texten bezeichnete nicht Becken, sondern Handglocken, die ursprünglich lediglich bei Wettkämpfen als Signalinstrumente verwendet wurden.[5] In griechischer und römischer Zeit war in der dionysischen Kultmusik das Zusammenspiel von Zimbeln und auloi beliebt.[6] Mehrere Darstellungen von römischen Tänzerinnen mit Fingerzimbeln sind unter anderem auf Mosaiken aus Rom, Belgien und Bulgarien zu finden.[7]

Klassifizierung

Durch Treiben ausgebogene Gefäßklappern. Handzimbeln

Becken werden nach der Hornbostel-Sachs-Systematik als „ausgebogene Gefäßklappern“ definiert und bilden dort eine Untergruppe der Gegenschlag-Idiophone, also zweier selbstklingender Teile, die gegeneinandergeschlagen werden. Mit „ausgebogen“ sind flach gewölbte Platten gemeint, die von den schalenförmigen Körpern, also den „ausgehöhlten Gefäßklappern“ unterschieden werden. Eindeutig zur ersten Gruppe können die Paarbecken gezählt werden, die in vielen Kulturen in der Unterhaltungsmusik und rituellen Musik eingesetzt werden. Handzimbeln heißen diese Instrumente, weil sie mit beiden Händen zusammengeschlagen werden. Eine Sonderform stellen die crotales (auch antike Zimbeln) dar, die aus einer Reihe von gestimmten kreisrunden flachen Bronze- oder Messingplatten bestehen. Zur zweiten Gruppe der Gegenschlag-Idiophone gehören kleinere Hohlformen wie die meist hölzernen, in der spanischen Tanzmusik unentbehrlichen Kastagnetten oder die eisernen, im Maghreb gespielten qaraqib (Sg. qarqaba).

Nach der Hornbostel-Sachs-Systematik werden unter dem Begriff Becken nur die paarweise gespielten Platten unabhängig von ihrem Material zusammengefasst. Außerhalb dieser Einteilung versteht man heute unter Becken Aufschlag-Idiophone, genauer, die mit nichtklingenden Werkzeugen wie Schlägeln, Besen oder den Händen geschlagenen, einzeln aufgehängten Metallplatten, sowie die paarweise an einem Ständer befestigten und mit einem Pedal bedienten Hi-Hat beim Schlagzeug. Das Wort Zimbel hat im Deutschen gegenüber dem englischen cymbal eine Eingrenzung erfahren, indem es überwiegend als Kurzform für Handzimbel (Paarbecken) oder für sehr kleine Becken verwendet wird, die an zwei Fingern befestigt mit einer Hand zusammengeschlagen werden und aus Metall bestehen.

Handzimbeln

Thailändische ching

Die mit beiden Händen gespielten Becken besitzen in der Mitte einen Buckel mit einem kleinen Loch oder eine Öse, durch die eine Schnur oder ein Lederband gezogen ist, an dem sie festgehalten werden. Im Artikel Paarbecken werden sie ausführlich behandelt.

Tingshas sind kleine, mit Tibet assoziierte Zimbeln aus dem Esoterikbereich, die über ein Lederband miteinander verbunden sind und mit beiden Händen an den Rändern angeschlagen werden. In der tibetischen Musik werden nur die kleinen, flach gebuckelten Becken sil sngan (sil-snyan) gespielt. Sie werden wie praktisch alle Handzimbeln senkrecht gehalten.

Ceng-ceng sind kleine bronzene Becken, die im Gamelan von Java, Bali und in der Musik von Lombok gespielt werden. Ching heißen Messingzimbeln, die in Thailand den Takt halten. Im Mor Lam im Nordosten Thailands (Isan) und in Laos begleiten sie in dieser Funktion die Mundorgel khaen.

In Indien werden keine großen Becken gebraucht. In volkstümlichen Andachtsliedern (bhajan und kirtan), zur Begleitung von Volkstänzen und in den Gesängen von Bettlern geben kleine, mit einer Schnur verbundene Zimbeln den Rhythmus für den Sänger vor. Die am häufigsten verwendeten kleinen Zimbeln sind schalenförmig und haben Durchmesser bis zu fünf Zentimeter. Die Namen indischer Zimbeln sind regional unterschiedlich: Kleinere heißen manjira, jalra, jhallari, kartal, elathalam oder kulittalam, größere Zimbeln jhanj, jhallari, brhattalam oder brahmatalam.[8] Die allgemeine Bezeichnung für indische Zimbeln, tal, taal, tali oder talam, ist von Sanskrit tala („Handfläche, klatschen, Metrum“) hergeleitet.[9] Tala bedeutet die rhythmische Struktur der indischen Musik.[10]

Fingerzimbeln

Ägyptische Fingerzimbeln ṣāgāt

Bei diesen kleinen Zimbeln kommt es nicht darauf an, ob sie ausgehöhlt oder ausgebogen sind. Nach der Spielweise werden sie auch genauer als Fingerzimbeln (englisch finger cymbals) bezeichnet und aufgrund ihres Materials von den nichtmetallischen Klappern unterschieden. Während Handzimbeln nur bei der Prozessionsmusik mitgetragen werden können, sind die auch in schneller Bewegung spielbaren kleineren Fingerzimbeln und Klappern bei vielen orientalischen Tänzen im Einsatz. Fingerzimbeln werden üblicherweise vierteilig an Daumen und Mittelfinger beider Hände zugleich gespielt.

Vom Maghreb bis in den Orient gibt es zahlreiche Frauen-Gruppentänze, die zur Unterhaltung, bei Hochzeiten und anderen festlichen Anlässen aufgeführt werden. Frauentänze spielen auch in volksislamischen Zeremonien eine große Rolle. In Marokko und Tunesien erzeugen die Tänzerinnen bei den Derdeba- bzw. Stambali-Tanzzeremonien den Rhythmus mit qaraqib, weiter östlich werden diese Eisenklappern durch Zimbeln ersetzt, die in Ägypten sagat (sāǧāt), in der Türkei zil und im Iran und im südlichen Zentralasien zang genannt werden. In osmanischer Zeit klapperten çengi genannte Tänzerinnen mit Kastagnetten (çarpara); tanzten sie mit Fingerzimbeln, hießen die Frauen kâsebaz.[11]

Eine besondere Klasse von Sängerinnen und Tänzerinnen, die ġawāzī (Sg. ġāziya) genannt wurden und teilweise ihren Beruf mit Prostitution kombinierten, trat im 19. Jahrhundert in ägyptischen Städten bei Familienfeiern und zur Unterhaltung von Männern in den Häusern auf, ferner auf Jahrmärkten anlässlich der Wallfahrt zusammen mit Wahrsagerinnen und Gauklern. Auf zeitgenössischen Abbildungen sind sie mit ṣāgāt in den Händen und freizügig bekleidet zu sehen. Europäische Reisende berichteten empört über die Sittenlosigkeit. 1834 verbot die ägyptische Regierung die öffentlichen Straßenauftritte dieser gesellschaftlich verachteten, aber häufig wirtschaftlich erfolgreichen Frauen. Im Unterschied zu den unverschleierten ġawāzī galten die ʿawālim (Sg. ʿālima) als sittsame und gebildete Sängerinnen. Ihnen war auch der Zugang zu den Herrenhäusern erlaubt, wo sie gegen hohe Entlohnung hinter einer Trennwand die Gäste unterhielten. Tänzerinnen in ägyptischen Städten werden heute unterschiedslos als ʿalma bezeichnet.[12] Männliche Tänzer und ṣāgāt-Spieler, die in Ägypten bei Zar-Kulten teilnehmen, heißen abū ʾl-ġēt. Hierbei soll ein überwiegend Frauen besessen machender Geist besänftigt werden. Jeder Geist wird mit der für ihn charakteristischen Musik angesprochen. Neben Männern mit ṣāgāt und der Längsflöte nay spielen Frauen die Rahmentrommeln mazhar und riq sowie die Bechertrommel darbuka.[13]

Bei Unterhaltungstänzen verwendete Fingerzimbeln in der koreanischen Kultur aus leicht gebogenem Messing oder Bronze heißen tongbal. Größere Handzimbeln (chabara) kommen dort bei buddhistischen Zeremonien zum Einsatz.

Saiteninstrumente

Das europäische mittelalterliche Hackbrett hat die Bauform einer Kastenzither, die im Nahen Osten entwickelt wurde und in der persischen Musik als santur bekannt ist. Eine vergrößerte Weiterentwicklung in Ungarn stellt das Zymbal (cymbalom) dar. Der Name des in die Musik der Renaissance eingeführten Cembalos hat denselben Ursprung.

In der frühen arabischen Literatur wird jede Art von Becken als sandsch (ṣanǧ, Pl. ṣunūǧ) bezeichnet. Die Quellen berichten, das Wort stamme aus dem Persischen und das Instrument sei seit vorislamischer Zeit bekannt. Sandsch, aus persisch čang (tschang, Glocke, Klapper), bedeutete nicht nur Becken, sondern auch Harfen.[14] Zum Bedeutungsumfeld von kūba gehörten sowohl die arabische Trommel ṭabl als auch die Saiteninstrumente al-ʿūd und barbaṭ. In einem anderen Fall bezeichnet ein arabischer Begriff gleichermaßen Blasinstrumente und Saiteninstrumente. Auf den Konsonantenstamm z-m-r gehen sowohl das Rohrblattinstrument mizmār als auch ein Saiteninstrument namens zamr (Pl. zumūr) zurück. In der arabischen Musik richten sich die Namen der Instrumente weniger nach der Art der Tonerzeugung, sondern nach ihrer musikalischen Funktion. Dies macht für den arabischen Raum die Namensähnlichkeit unterschiedlicher Instrumentengattungen erklärbar.[15]

Orgel

Ein Orgelregister mit einer hochliegenden Mixturstimme wird Zimbel genannt. Der Zimbelstern ist ein Effektregister bei älteren oder historisch informiert gebauten neuen Orgeln. Er besteht aus einem sich im Kreis drehenden Glöckchenkranz, von dem er seinen Namen erhalten hat.

Kirchenglocken

In der Campanologie (Glockenkunde) werden sehr kleine und tonhohe Kirchenglocken als Zimbeln bezeichnet. Die Zusammenstellung mehrerer Zimbelglocken bezeichnet man als Zimbelgeläut. Meistens sind Zimbelglocken in extrem schweren Rippen (Wandungsstärke) gegossen, besonders dann, wenn sie einen tontieferen Geläutesatz als Klangkrone ergänzen. Die damit erreichte dynamische Ausgewogenheit zwischen den großen Glocken und den Zimbelglocken nennt man Rippenprogression.

Einzelnachweise

  1. Herbert Gerigk: Fachwörterbuch der Musik. Keysersche Verlagsbuchhandlung, München o. J. (1966), S. 55, Erstveröffentlichung 1954
  2. John Shepard u. a. (Hrsg.): Continuum Encyclopedia of Popular Music of the World. Part 1. Performance and Production: Volume II: 2, Continuum, London 2003, S. 356, ISBN 978-0-8264-6322-7
  3. Joachim Braun: Die Musikkultur Altisraels/Palästinas: Studien zu archäologischen, schriftlichen und vergleichenden Quellen. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, S. 97, ISBN 978-3-525-53664-3
  4. Helmut Brand: Altgriechische Musikinstrumente. Ein kurzer Überblick. www.musikarchaeologie.de
  5. Alexander Buchner: Handbuch der Musikinstrumente. Werner Dausien, Hanau 1995, S. 61
  6. Günter Fleischhauer: Musikgeschichte in Bildern. Band 2: Musik des Altertums. Lieferung 5: Etrurien und Rom. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1964, S. 76
  7. Audrey Cottet: Playing finger cymbals in the Roman Empire: an iconographic study. In: Early Music, 14. Januar 2022, S. 1–18
  8. Bigamudre Chaitanya Deva, Josef Kuckertz: Bhārūḍ, Vāghyā-muralī and the Ḍaff-gān of the Deccan. Studies in the regional folk music of South India. (Ngoma. Studien zur Volksmusik und außereuropäischen Kunstmusik, Band 6) Musikverlag Emil Katzbichler, München/Salzburg 1981, S. 130
  9. Alastair Dick, Pribislav Pitoëff: Tāl. In: Grove Music Online, 2001
  10. Anthony Baines: The Oxford Companion to Musical Instruments. Oxford University Press, Oxford 1992, S. 88
  11. Court Dance in the Ottoman Empire. Turkish Cultural Foundation
  12. Engel, S. 254f, 259f; Marjorie Franken: From the Streets to the Stage. The Evolution of Professional Female Dance in Colonial Cairo. In: Paul Tiyambe Zeleza, Cassandra Rachel Veney (Hrsg.): Leisure in Urban Africa. Africa World Press, Trenton (New York)/Asmara 2003, S. 87–92, ISBN 978-1-59221-062-6
  13. Paul Collaer, Jürgen Elsner: Nordafrika. Reihe: Werner Bachmann (Hrsg.): Musikgeschichte in Bildern. Band I: Musikethnologie. Lieferung 8. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1983, S. 34
  14. C.E. Bosworth u. a. (Hrsg.): The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. IX, Brill, Leiden 1997, S. 9f
  15. Hans Engel: Die Stellung des Musikers im arabisch-islamischen Raum. Verlag für systematische Musikwissenschaft, Bonn 1987, S. 132, 266f

Weblinks

Wiktionary: Zimbel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen