Quelltext der Seite Zivilprozessordnung (Deutschland)

{{Infobox Gesetz
| Titel=Zivilprozessordnung
| Kurztitel=
| Abkürzung=ZPO
| Art=[[Bundesgesetz (Deutschland)|Bundesgesetz]]
| Geltungsbereich=[[Deutschland|Bundesrepublik&nbsp;Deutschland]]
| Rechtsmaterie=[[Zivilprozessrecht (Deutschland)|Zivilprozessrecht]], [[Verfahrensrecht]]
| FNA=310-4
| DatumGesetz=30. Januar 1877<br />([[Reichsgesetzblatt|RGBl.]] S. 83)
| Inkrafttreten=1. Oktober 1879
| Neubekanntmachung=5. Dezember 2005<br />({{BGBl|2005n I S. 3202}},<br />{{BGBl|2006 I S. 431a|text=ber. 2006 I S. 431}},<br />{{BGBl|2007 I S. 1781b|text=ber. 2007 I S. 1781}})
| Neufassung=
| InkrafttretenNeufassung=
| LetzteÄnderung=Art. 1 G vom 24. Juni 2022<br />({{BGBl|2022n I S. 959}})
| InkrafttretenLetzteÄnderung=1. Juli 2022<br />(Art. 23 G vom 24. Juni 2022)
| GESTA=C013
| Weblink={{§§|ZPO|juris|text=Text des Gesetzes}}
| Außerkrafttreten=
}}
Die deutsche '''Zivilprozessordnung''' (abgekürzt ''ZPO''; bei [[Rechtsvergleichung]]: dZPO) regelt das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und trat in der ursprünglichen Fassung am 1. Oktober 1879 als Teil der [[Reichsjustizgesetze]] in Kraft. Sie sollte „praktisch brauchbar und zweckmäßig“ sein und „den Rechtsstreit auf dem einfachsten, kürzesten und sichersten Wege seiner Entscheidung“ zuführen.<ref>Hahn, Mugdan: ''Die gesamten Materialien zu den Reichs - Justizgesetzen'', Band 2, Abt. 1, S. 115.</ref>

Sie regelt die Einleitung, Durchführung und Beendigung bürgerlicher Streitigkeiten vor den ordentlichen Gerichte ({{§|13|gvg|buzer}} GVG). Das sind die [[Amtsgericht]]e, [[Landgericht]]e, [[Oberlandesgericht]]e und der [[Bundesgerichtshof]] ({{§|12|gvg|buzer}} GVG).

Der Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wurde durch die Reichsgesetzgebung nicht näher bestimmt, weil er in genauer Weise nicht für alle [[Deutsches Kaiserreich#Gebietsgliederung|deutschen Bundesstaaten]] gemeinsam festgestellt werden konnte.<ref>[http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/B%C3%BCrgerliche+Rechtsstreitigkeiten ''Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten''] Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 623. zeno.org, abgerufen am 25. November 2021.</ref> Sie sind jedoch von den anderen [[Zivilsache]]n zu unterscheiden, die auch vor die ordentlichen Gerichte gehören, aber nicht nach der ZPO entscheiden werden. Das sind die [[Familiensache (Recht)|Familiensachen]] und in die Angelegenheiten der [[Freiwillige Gerichtsbarkeit (Deutschland)|freiwilligen Gerichtsbarkeit]].

Als „Mutter aller Prozessordnungen“ wird für das Verfahren der Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, das erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts normiert wurde, auf Teile der ZPO verwiesen, die entsprechend anzuwenden sind ({{§|173|vwgo|buzer}} VwGO, {{§|155|fgo|buzer}} FGO, {{§|46|arbgg|buzer}} Abs. 2 ArbGG und {{§|202|sgg|buzer}} SGG). In der Strafprozessordnung wird in {{§|37|StPO|juris}} StPO nur für das Zustellungsverfahren auf die Regeln der ZPO verwiesen.

== Bedeutung ==
=== Anwendbarkeit ===
Im Rechtsstaat ist dem einzelnen Bürger die Durchsetzung seiner Rechte im Wege der [[Selbsthilfe (Recht)|Selbsthilfe]] grundsätzlich untersagt. Das [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopol]] liegt vielmehr beim Staat. Um die Durchsetzung privater Rechte zu gewährleisten, eröffnet der Staat den Zivilrechtsweg mit der Möglichkeit für den [[Kläger]], in einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit eine im Wege der [[Zwangsvollstreckungsrecht (Deutschland)|Zwangsvollstreckung]] gegen den [[Beklagter|Beklagten]] durchsetzbare Gerichtsentscheidung zu erwirken, insbesondere ein [[Vollstreckbarkeit|vollstreckbares]] [[Endurteil]] ({{§|704|zpo|buzer}} ZPO) oder einen anderen [[Vollstreckungstitel (Deutschland)|Vollstreckungstitel]] ({{§|794|zpo|buzer}} ZPO).

Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt typischerweise vor, wenn das Rechtsverhältnis, aus dem der Kläger den geltend gemachten Anspruch herleitet, dem bürgerlichen Recht ([[Privatrecht]]) zuzuordnen ist. Das zählt insbesondere das [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerliche Gesetzbuch]], in dem das [[Schuldrecht (Deutschland)|Schuldrecht]] (z.&nbsp;B. [[Verbrauchervertrag|Verbraucher-]] oder [[Mietvertrag (Deutschland)|Mietverträge]]), das [[Sachenrecht (Deutschland)|Sachenrecht]] (Besitz und Eigentum an [[Sache (Recht)|beweglichen Sachen]] und [[Grundstück]]en) sowie das [[Familienrecht (Deutschland)|Familien-]] und das [[Erbrecht (Deutschland)|Erbrecht]] geregelt sind,<ref>vgl. [https://application.wiley-vch.de/books/sample/352771569X_c01.pdf ''Recht easy: Das Konzept des BGB.''] [[Wiley-VCH Verlag]], abgerufen am 29. November 2021.</ref> aber auch das [[Handelsgesetzbuch]] für bestimmte Ansprüche gegen einen [[Kaufmann (HGB)|Kaufmann]] ({{§|95|gvg|buzer}} Abs. 1 Nr. 1 GVG).

Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen [[Arbeitnehmer]]n und [[Arbeitgeber]]n werden dagegen von den Gerichten für Arbeitssachen nach dem [[Arbeitsgerichtsgesetz]] (ArbGG) entschieden ({{§|2|arbgg|buzer}} Abs. 1, {{§|1|arbgg|buzer}} ArbGG).

Das Verfahren nach der ZPO dient (allein) dem Schutz und der Durchsetzung bürgerlicher (privater) Rechte. Geht es hingegen auch um Rechtsgüter von allgemeinem Interesse, beispielsweise das [[Kindeswohl]], gilt als spezielle Verfahrensordnung das [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG), das sich von der ZPO vor allem durch die herrschenden Verfahrensgrundsätze unterscheidet wie die Geltung des [[Amtsermittlungsgrundsatz]]es ({{§|26|famfg|buzer}} FamFG)

Maßgeblich für die Bestimmung des Rechtswegs und der anwendbaren Verfahrensordnung ist der sog. [[Streitgegenstand]].

=== Verfahrensgrundsätze ===
{{Hauptartikel|Prozessmaxime}}
Wie das bürgerliche Recht die [[Privatautonomie]] gewährleistet, so ist es nach der die ZPO beherrschenden [[Dispositionsmaxime]] dem einzelnen überlassen, durch [[Klage]]erhebung ein Gerichtsverfahren zu veranlassen ({{§|253|zpo|buzer}} ZPO). Das Gericht darf nur über die von den [[Partei (Recht)|Parteien]] gestellten Anträge entscheiden ([[ne ultra petita]], {{§|308|zpo|buzer}} ZPO). Die Parteien haben es auch in der Hand, den Prozess ohne Urteil zu beenden, etwa durch [[Klagerücknahme]]. Auf einen [[Vergleich (Recht)|Prozessvergleich]] soll das Gericht selbst hinwirken ({{§|278|zpo|buzer}} ZPO).

Das Gericht stellt im Verfahren den Parteien die [[Schriftsatz (Recht)|Schriftsätze]] zu, entscheidet über [[Schriftsatzfrist]]en und beraumt Termine an.

Die Parteien müssen dem Gericht alle entscheidungserheblichen Tatsachen wahrheitsgemäß und rechtzeitig vortragen ([[Verhandlungsgrundsatz|Beibringungsgrundsatz]]), das Gericht ermittelt den maßgeblichen Sachverhalt grundsätzlich nicht von Amts wegen (''[[Da mihi factum, dabo tibi ius]]''). Über strittige Tatsachen wird Beweis erhoben, weil das Urteil der materiellen Wahrheit entsprechen soll ({{§|286|zpo|buzer}} ZPO).<ref>vgl. Martin Hohlweck: [https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/BRZIPR/veranstaltungen/zpo-aufsaetze/Hohlweck_JuS2001_584_Beweiswuerdigung_.pdf ''Die Beweiswürdigung im Zivilurteil.''] JuS 2001, S. 584–589.</ref> Die Beweisaufnahme, z.&nbsp;B. die Einvernahme von Zeugen, erfolgt [[Unmittelbarkeitsprinzip|unmittelbar]] vor dem Prozessgericht ({{§|128|zpo|buzer}}, {{§|309|zpo|buzer}}, {{§|355|zpo|buzer}} ZPO).

In der Regel entscheidet das Gericht aufgrund einer [[Öffentlichkeitsgrundsatz|öffentlichen]] [[Mündlichkeitsgrundsatz|mündlichen]] Verhandlung ({{§|279|zpo|buzer}} ZPO, {{§|169|gvg|buzer}} GVG).

Auch für den Zivilprozess gelten schließlich die verfassungsrechtlichen Verfahrensgrundsätze. So gehören zu einem rechtsstaatlichen Verfahren ({{Art.|20|gg|buzer}} Abs. 3 GG) etwa die Bindung an Recht und Gesetz, der Anspruch auf einen [[Effektiver Rechtsschutz|effektiven und zügigen Rechtsschutz]] und ein [[Recht auf ein faires Verfahren|faires Verfahren]], die Wahrnehmung [[Gerichtliche Hinweispflicht (Deutschland)|gerichtlicher Hinweispflichten]] und der [[Grundsatz der Waffengleichheit|Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit]]. Die Parteien haben ferner einen Anspruch auf den [[Gesetzlicher Richter|gesetzlichen Richter]] ({{Art.|101|gg|buzer}}Abs. 1 Satz 2 GG), auf [[rechtliches Gehör]] ({{Art.|103|gg|buzer}} Abs. 1 GG) und sollen vor [[Verbot von Überraschungsentscheidungen|Überraschungsentscheidungen]] geschützt sein. Schließlich gelten die allgemeinen Grundrechte. So wird etwa aus Art. 3 Abs. 1 GG ein allgemeines Willkürverbot abgeleitet.<ref>[https://www.saarland.de/lgsb/DE/aufgaben/aufgaben_artikel/zivilverfahren.html ''Zivilverfahren.''] Landgericht Saarbrücken, 30. Januar 2020.</ref>

== Entstehungsgeschichte ==
=== Kodifikation eines einheitlichen Prozessrechts ===
Die 1877 verabschiedete und 1879 in Kraft getretene Zivilprozessordnung (nach damaliger Schreibweise ''Civilprozeßordnung'') stellt den Endpunkt einer langjährigen Entwicklung dar. Mit ihren Vorarbeiten schließt sie an die bereits zur Zeit des [[Deutscher Bund|Deutschen]] und des [[Norddeutscher Bund|Norddeutschen Bundes]] unternommenen Versuche an, zu einem modernen und einheitlichen Prozessrecht zu gelangen.<ref>vgl. Bele Carolin Peters: [https://www.db-thueringen.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbt_derivate_00002520/Peters.pdf ''Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozessrecht. Eine historisch - soziologische Untersuchung zum Gütegedanken im Zivilverfahrensrecht seit 1879.''] Univ.-Diss., Jena 2004, S. 58, 63 ff.</ref>

Sie vereinte das streng formalistische und dem Streitgedanken verhaftete [[Liste der actiones des Römischen Privatrechts|römisch-kanonische Recht]] mit der [[Deutsches Recht (Rechtstradition)|germanischen Rechtstradition]], die aus einem Sühne- und Vergleichsverfahren hervorgegangen und ursprünglich auf den Abschluss eines sog. [[Sühnevertrag]]s gerichtet war.<ref>[[Hermann Conrad (Rechtshistoriker)|Hermann Conrad]]: ''Deutsche Rechtsgeschichte'', Band I. [[C.F. Müller Verlag]] 2011, S. 385 ff.</ref> Erheblichen Einfluss hatte auch das französische Recht. Seit 1806 war der französische [[Zivilprozessrecht (Frankreich)|Code de Procédure]] in [[Rheinprovinz|Rheinpreußen]], [[Pfalz (Bayern)|Rheinbayern]] und [[Rheinhessen (Provinz)|Rheinhessen]] geltendes Recht und blieb es bis zum 1. Oktober 1879.<ref> [[Johann Christoph Shwartz (Jurist, 1846)|Johann Christoph Schwartz]]: ''Vierhundert Jahre deutscher Civilproceß-Gesetzgebung: Darstellungen und Studien zur deutschen Rechtsgeschichte.'' Berlin, 1898, S. 608 ff.</ref>

Nach der [[Bismarcksche Reichsverfassung|Reichsverfassung von 1871]] unterlag das gerichtliche Verfahren der Gesetzgebung des Reichs (Art. 4 Nr. 13 RV). Am 21. Dezember 1876 nahm der Reichstag die zum Zivilprozessrecht erarbeiteten Entwürfe an, die Zustimmung des Bundesrates folgte am 22. Dezember 1876. Am 30. Januar 1877 wurde die Civilprozeßordnung im [[Reichsgesetzblatt]] veröffentlicht und trat am 1. Oktober 1879 in Kraft.<ref>Leo Rosenberg, Karl Heinz Schwab, Peter Gottwald: ''Zivilprozessrecht.'' München 2018, S. 24 f.; Friedrich Stein, Martin Jonas: ''Die Zivilprozessordnung für das Deutsche Reich.'' 14. Auflage, Erster Band, Einleitung, S. XXII f.</ref>

Ebenfalls am 30. Januar 1877 wurde das [[Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung]] im Reichsgesetzblatt bekannt gemacht, das vor allem das Verhältnis der vorhandenen landesgesetzlichen Bestimmungen zur reichsweit geltenden Civilprozessordnung regelte. Auf Prozesse, die bereits anhängig waren, sowie auf eine vor dem Inkrafttreten der Civilprozeßordnung anhängig gewordene Zwangsvollstreckung fanden noch die bisherigen Prozessgesetze Anwendung.

=== Rechtsgeschichtliche Entwicklung ===
Von Anfang an galten in der ZPO die Grundsätze des Parteibetriebes, der Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens.<ref>Ernst Springer: ''Reform des Zivilprozesses.'' Berlin 1911, S. 5.</ref>

Das Inkrafttreten des [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerlichen Gesetzbuchs]] (BGB) zum 1. Januar 1900 führte zu einigen Anpassungen. Dazu gehörten die Milderung des Formzwanges, Fristverkürzungen sowie die Verbilligung und Beschleunigung des Prozesses durch Beschränkung der Rechtsmittel.<ref>Dieter Dannreuther: ''Der Zivilprozeß als Gegenstand der Rechtspolitik im Deutschen Reich 1871 - 1945.'' Frankfurt am Main u.&nbsp;a. 1987, S. 165.</ref>

1905 beschloss der Reichstag eine Novelle zur Entlastung des [[Reichsgericht]]s durch eine deutliche Erhöhung der Revisionssumme von 1.500 auf 2.500 Mark unter gleichzeitiger Vereinfachung des Revisionsverfahrens und starker Beschränkung der Beschwerden gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte.<ref>Novelle vom 5. Juni 1905, Drucksachen des Reichstages 1903/04, Nr. 415.</ref><ref>Friedrich Stein, Martin Jonas: ''Die Zivilprozessordnung für das Deutsche Reich.'' 14. Auflage, Erster Band, Einleitung, S. XXVI.</ref> Mit dem ''Gesetz, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts'' vom 22. Mai 1910<ref> RGBl. S. 767</ref> wurde die Revisionssumme auf 4.000 Mark erhöht.

Unter dem Eindruck der [[Zivilprozessordnung (Österreich)|österreichischen ZPO]] von 1895, die einen straffen Amtsbetrieb und eine starke richterliche Prozessleitung vorsah, wurde auch in die deutsche ZPO die Zustellung von Amts wegen eingeführt, die Termine wurden durch das Gericht bestimmt und das Gericht verpflichtet, mit den Parteien den Sach- und Streitstand zu erörtern.<ref>Drucksachen des Reichstages 1907/1908, Nr. 735.</ref>

Auf den zunehmenden Personalmangel infolge der [[Mobilmachung]] im [[August 1914]] und während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] reagierte der Gesetzgeber 1915 mit einer Entlastungsverordnung, die im Interesse der [[Prozessökonomie]] ein obligatorisches Mahnverfahren in der ersten Instanz einführte, um unstreitige Sachen ohne mündliche Verhandlung zu erledigen. Der Amtsrichter sollte nach Erscheinen beider Parteien vor Eintritt in die mündliche Verhandlung einen Sühneversuch unternehmen.<ref>vgl. auch [[Gustav Radbruch]]: ''Das Güteverfahren und das deutsche Rechtsgefühl.'' Mai 1918. Gesamtausgabe, Band 1, S. 430 ff.</ref> Das Gericht konnte auch ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten entscheiden.<ref>Anette Köster: ''Die Beschleunigung der Zivilprozesse und die Entlastung der Zivilgerichte in der Gesetzgebung 1879 - 1993.'' Frankfurt a. M. 1995, zugl.: Berlin, Univ.-Diss. 1995, S. 153 f.</ref> Angesichts der Kriegsgräuel sei es an der Zeit, die Streitigkeiten des Alltags durch Rechtsfrieden statt durch Rechtskampf zu beseitigen.<ref>vgl. [[Felix Ermacora]] (Hrsg.): [http://www.koeblergerhard.de/Fontes/JheringDerKampfumsRecht_hgvErmacora1992.pdf ''Rudolf von Jhering: Der Kampf um's Recht. Zum hundertsten Todesjahr des Autors herausgegeben von Felix Ermacora.''] Propyläen-Verlag, 1992.</ref> Privatrechtsstreitigkeiten müssten ihren Charakter als Ehrensache verlieren und zu einer nüchternen Geschäftsangelegenheit werden, die von Zweckmäßigkeitserwägungen geprägt ist.<ref>Bele Carolin Peters: [https://www.db-thueringen.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbt_derivate_00002520/Peters.pdf ''Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozessrecht. Eine historisch - soziologische Untersuchung zum Gütegedanken im Zivilverfahrensrecht seit 1879.''] Univ.-Diss., Jena 2004, S. 90 f.</ref>

Die [[Erich Emminger|Emminger-Novelle]] führte 1924 zu einer Verfahrensbeschleunigung durch eine stärkere Prozessleitung des Gerichts, eine Vorbereitung und Konzentration der Verhandlung, um den Rechtsstreit in einem umfassenden [[Haupttermin]] zu erledigen und durch eine [[Präklusion]] verspäteten Vorbringens. Der Erhebung der Klage im Verfahren vor den Amtsgerichten musste in der Regel ein Güteverfahren vorangehen.<ref>''Verordnung über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten'' vom 13. Februar 1924 ([https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1924&page=157&size=45 RGBl. I S. 135])</ref>

Das Hauptaugenmerk der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Rechtspolitik lag auf dem Strafrecht und dem Strafvollzug.<ref>vgl. nur Benedikt Hartl: [https://www.weissensee-verlag.de/autoren/Hartl/hartl_das_nationalsozialistische_willensstrafrecht_kurz.pdf ''Das nationalsozialistische Willensstrafrecht.''] Weissensee-Verlag, 2000.</ref><ref>Till Zimmermann: [https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/STR006/Allgemeines/NS-StrafR-Folien.pdf ''NS-Strafrecht – Gummi und Eisen.''] Universität Trier, 2019.</ref> Im materiellen Zivilrecht waren das Familien- und Erbrecht von besonderer Bedeutung.<ref>vgl. Werner Schubert (Hrsg.): ''Das Familien- und Erbrecht unter dem Nationalsozialismus: ausgewählte Quellen zu den wichtigsten Gesetzen und Projekten aus den Ministerialakten.'' Paderborn und München, 1993. [https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00045367_00001.html ''Digitalisat.'']</ref> Sie bewertete jedoch auch den Zivilprozess neu.<ref>Werber Schubert: ''Zivilprozess und Gerichtsverfassung. Ausschüsse der [[Akademie für Deutsches Recht]] und „Ämter“ des [[Reichsjustizministerium|Reichsjustizministeriums]] von 1934-1944.'' Peter Lang-Verlag, 1997. ISBN 9783631321669.</ref>

Mit Gesetz vom 27. Oktober 1933<ref>''Gesetz zur Änderung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten'' vom 27. Oktober 1933, [https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1933&page=905&size=45 RGBl. I S. 780]</ref> wurde beispielsweise der [[Verhandlungsgrundsatz]] um die materielle Wahrheitspflicht gem. {{§|138|zpo|buzer}} ZPO ergänzt.<ref>Dieter Leipold: ''Zivilprozessrecht und Ideologie — am Beispiel der Verhandlungsmaxime.'' JZ 1982, S. 441–448.</ref><ref>siehe auch Philipp Hackländer: [https://forhistiur.net/1998-10-hacklander/?l=de ''Der zivilprozessuale Alltag im Jahre 1936 am Amtsgericht Spandau, Abteilung 5''] forum historiae iuris, 24. Oktober 1998.</ref> Seit 1941 war der Staatsanwalt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zur Mitwirkung befugt, „um die vom Standpunkt der [[Volksgemeinschaft]] [...] zu berücksichtigenden Umstände geltend zu machen.“<ref>''Gesetz über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen'' vom 15. Juli 1941, [https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1941&page=411&size=45 RGBl. I S. 383].</ref><ref>Arthur Bülow: ''Die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.'' [[Archiv für die civilistische Praxis|AcP]] 1949, S. 289–314.</ref> Der Staatsanwalt konnte an allen Verhandlungen teilnehmen, Tatsachen und Beweismittel vorbringen und das Urteil mit einer „gutachtlichen Äußerung“ beeinflussen.<ref>Hans Popp: ''Die nationalsozialistische Sicht einiger Institute des Zivilprozess- und Gerichtsverfassungsrechts. Dargestellt am Beispiel des Gesetzes über die Mitwirkung des Staatsanwalts in Bürgerlichen Rechtssachen vom 15.7.1941 (RGBl. I, S. 383).'' Peter Lang-Verlag, 1986. ISBN 978-3-8204-8771-8.</ref> Der [[Oberreichsanwalt]] konnte die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren beim Reichsgericht beantragen, „wenn gegen die Richtigkeit der Entscheidung schwerwiegende rechtliche oder tatsächliche Bedenken“ bestanden „und er wegen der besonderen Bedeutung der Entscheidung für die Volksgemeinschaft die erneute Verhandlung und Entscheidung für erforderlich“ hielt.

Nachdem auch die Zivilrechtsprechung nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] in den [[Besatzungszone]]n durch [[Gerichte der Alliierten in Deutschland|alliierte Gerichte]] ausgeübt worden war, verlieh das [[Besatzungsstatut]] von 1949 den drei Westzonen im Hinblick auf die bevorstehende Gründung der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] die volle gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende Gewalt, die lediglich durch die Bestimmungen des Statuts beschränkt war.<ref>[https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0013_bes&object=abstract&st=&l=de ''Besatzungsstatut zur Abgrenzung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten zwischen der zukünftigen deutschen Regierung und der Alliierten Kontrollbehörde, 10. Mai 1949'']. 1000documente, abgerufen am 26. November 2021.</ref> Mit Wirkung zum 1. Oktober 1950 wurde die ZPO in der Bundesrepublik Deutschland neu bekanntgemacht<ref>Art. 9 Anl. 2 des ''Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts'' vom 12. September 1950, {{BGBl|1950n I S. 455}}</ref> und der [[Bundesgerichtshof]] mit Sitz in Karlsruhe zum obersten Gerichtshof für die ordentliche Gerichtsbarkeit ({{Art.|95|gg|buzer}} GG). Im Grundgesetz von 1949 sind außerdem der Anspruch auf rechtliches Gehör ({{Art.|103|gg|buzer}} Abs. 1 GG) und der Grundsatz der Waffengleichheit verankert.

In der [[DDR]] galt die ZPO von 1879 bis zum Inkrafttreten des neuen Zivilprozessrechts am 1. Januar 1976 fort.<ref>Ben Balkowski: ''Der Zivilprozess in der DDR von 1945 bis 1975 zwischen bürgerlicher Rechtstradition und Sozialismus.'' Hamburg, 2000. Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ.-Diss., 1999.</ref> Das Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen wurde mit Gesetz vom 19. Juni 1975 neu geregelt.<ref>''Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen - Zivilprozeßordnung'' vom 19. Juni 1975, [http://www.recht.makrolog.de/bgblplus/DR_GBL1.nsf/webaufschlagen!OpenForm&Seq=1&Teil=I&Band=1975&Heft=TIJ1982Nr00041x&Ende# Gbl. 1 1975 Nr. 29 S. 533].</ref><ref>[[Ministerium der Justiz (DDR)|Ministerium der Justiz]] (Hrsg.): ''Zivilprozessrecht der DDR: Kommentar zur Zivilprozessordnung.'' [[Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik]], 1987. ISBN 9783329001217.</ref> Ziel war eine Verfahrensordnung, die die sozialistische Rechts- und Gesellschaftsordnung auch im Zivilprozess zur Geltung bringen sollte. So hatte etwa die Staatsanwaltschaft als „Hüterin der sozialistischen Gesetzlichkeit“ ein Mitwirkungsrecht in Zivilverfahren.<ref>Hans-Peter Haferkamp: [https://inp.jura.uni-koeln.de/sites/inp/user_upload/1999_Die_Mitwirkung_des_Staatsanwalts_im_Zivilverfahren_der_DDR__in_Zivilrechtskultur_der_DDR.pdf ''Die Mitwirkung des Staatsanwalts im Zivilverfahren der DDR.''] In: Rainer Schröder (Hrsg.): ''Zivilrechtskultur der DDR,'' Band 1. Berlin 1999, S. 367–416.</ref><ref>Rainer Schröder: ''Zivilrechtskultur der DDR. Band 4: Vom Inkasso- zum Feierabendprozess. Der DDR-Zivilprozess.'' Zeitgeschichtliche Forschungen (ZGF), Band 2/4, 2008. ISBN 978-3-428-12692-7.</ref>

Nach Art. 8 des [[Einigungsvertrag]]s trat zum 3. Oktober 1990 die ZPO in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem sie bisher nicht galt, in Kraft.<ref>[https://www.mdr.de/geschichte/beschluss-beitritt-brd100.html ''Die lange Nacht bis zum Beschluss: Die Volkskammer beschließt den Beitritt zur Bundesrepublik.''] [[Mitteldeutscher Rundfunk|MDR]], 8. März 2018.</ref> Die [[Deutsche Wiedervereinigung]] von 1989/1990 erforderte eine Überleitung der [[DDR-Justiz]] in rechtsstaatliche Strukturen.<ref>Martin Scheugenpflug: ''Die Überleitung der DDR-Justiz in rechtsstaatliche Strukturen. Der Aufbau in der streitigen Zivilgerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den fünf neuen Ländern nach dem Währungsvertrag und dem Einigungsvertrag.'' Berlin, 1995. Zugl.: Regensburg, Univ.-Diss., 1992. [https://www.duncker-humblot.de/_files_media/leseproben/9783428483167.pdf ''Inhaltsverzeichnis''].</ref>

Mit dem [[Gesetz zur Reform des Zivilprozesses]]<ref>{{BGBl|2001n I S. 1887}}</ref> von 2001 sollte der Zivilprozess „bürgernäher, effizienter und transparenter“ werden.<ref>[https://dserver.bundestag.de/brd/2000/D536+00.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses''] BT-Drs. 536/00 vom 8. September 2000.</ref>

Im 21. Jahrhundert wird das nationalstaatliche Verfahren zunehmend durch das [[Zivilverfahrensrecht (Europäische Union)|Zivilverfahrensrecht der Europäischen Union]] geprägt. Außerdem soll der [[Elektronischer Rechtsverkehr|elektronische Rechtsverkehr]] im Zivilprozess optimiert werden.<ref>Arbeitsgruppe „Modernisierung des Zivilprozesses“ im Auftrag der Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichthofs: [https://www.justiz.bayern.de/media/images/behoerden-und-gerichte/oberlandesgerichte/nuernberg/diskussionspapier_ag_modernisierung.pdf ''Modernisierung des Zivilprozesses. Diskussionspapier.''] Dezember 2020.</ref><ref> Katharina Liero: [https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/anwaeltinnen-anwaelte/anwaltspraxis/digitalisierung-des-zivilprozesses-zuspruch-fuer-das-diskussionspapier-der-oberlandesgerichte ''Digitalisierung des Zivilprozesses: Zuspruch für das Diskussionspapier der Oberlandesgerichte.''] [[Anwaltsblatt]], 4. März 2021.</ref> Obwohl {{§|128a|zpo|buzer}} ZPO bereits seit 2001 die Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung erlaubt, sind vollständige „Online Courts“ in Deutschland bislang nicht etabliert.<ref>Stephan Bausch, Katharina Klenk: [https://www.deutscheranwaltspiegel.de/disputeresolution/covid-19/128a-zpo-und-onlinegerichtsverhandlungen-20325/ ''§ 128a ZPO und „Onlinegerichtsverhandlungen“. Schafft Covid-19 die Digitalisierung von Gerichtsverhandlungen?''] 17. Juni 2020.</ref><ref>Hans Christian Kirchner, Henner Schläfke, Tobias B. Lühmann, Lea Stegemann: [https://www.noerr.com/de/newsroom/news/modernisierung-und-digitalisierung-des-zivilprozesses-im-koalitionsvertrag ''Modernisierung und Digitalisierung des Zivilprozesses im Koalitionsvertrag.''] 25. November 2021.</ref>

== Gliederung des Gesetzes ==
Aus der Inhaltsübersicht der ZPO ergibt sich folgende Aufstellung:<br />
Buch 1 – Allgemeine Vorschriften<br />
# Gerichte
# [[Partei (Recht)|Parteien]]
# Verfahren
Buch 2 – Verfahren im ersten [[Instanz (Recht)|Rechtszug]]<br />
# Verfahren vor den [[Landgericht]]en
# Verfahren vor den [[Amtsgericht]]en
Buch 3 – [[Rechtsmittel]]<br />
# [[Berufung (Recht)|Berufung]]
# [[Revision (Recht)|Revision]]
# [[Beschwerde (deutsches Recht)|Beschwerde]]
Buch 4 – [[Wiederaufnahmeklage|Wiederaufnahme des Verfahrens]]<br />
Buch 5 – [[Urkundenprozess|Urkunden-]] und [[Wechselprozess]]<br />
Buch 6 – [[Musterfeststellungsklage|Musterfeststellungsverfahren]]

''vormals'': Verfahren in [[Familiensache (Recht)|Familiensachen]] ''fiel zum 1. September 2009 weg und gilt nur für Altverfahren fort;<ref>Art. 111 FGG-RG</ref> ist nun im [[FamFG]] geregelt''

# Allgemeine Vorschriften für Verfahren in [[Ehesache]]n
# Allgemeine Vorschriften für Verfahren in anderen Familiensachen
# Verfahren in [[Scheidung]]s- und Folgesachen
# Verfahren auf Aufhebung und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe
# Verfahren in [[Kindschaftssache]]n
# Verfahren über den [[Unterhalt]]
# Verfahren in [[Lebenspartnerschaft]]ssachen
Buch 7 – [[Mahnverfahren]]<br />
Buch 8 – [[Zwangsvollstreckung]]<br />
# Allgemeine Vorschriften
# [[Zwangsvollstreckung]] wegen Geldforderungen
# Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
# [[Versicherung an Eides statt|Eidesstattliche Versicherung]] und Haft ''(entfiel mit Wirkung ab 1. Januar 2013; siehe nun §§ 802a – 802l; § 882b – 882h)''
# [[Arrest (Zivilprozess)|Arrest]] und [[Vorläufiger Rechtsschutz|einstweilige Verfügung]]
Buch 9 – Aufgebotsverfahren ''fiel zum 1. September 2009 weg und ist nun im FamFG geregelt.''<br />
Buch 10 – [[Schiedsgerichtsbarkeit|Schiedsrichterliches Verfahren]]<br />
# Allgemeine Vorschriften
# Schiedsvereinbarung
# Bildung des [[Schiedsgerichtsbarkeit|Schiedsgerichts]]
# Zuständigkeit des Schiedsgerichts
# Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens
# Schiedsspruch und Beendigung des Verfahrens
# [[Rechtsbehelf]] gegen den Schiedsspruch
# Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
# Gerichtliches Verfahren
# Außervertragliche Schiedsgerichte
Buch 11 – [[Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen|Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union]]
# Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
# Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001
# Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG
# Europäische Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004
# Europäische Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006
# [[Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen]] nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007
<!--EuGVVO hat einen Artikel-->{{Anker|EheVO-II}}{{Anker|EuZVO}}

== Gang des Verfahrens ==
{{Hauptartikel|Zivilprozessrecht (Deutschland)}}
Das Verfahren gliedert sich in zwei Abschnitte: das [[Erkenntnisverfahren]] und das [[Zwangsvollstreckungsrecht (Deutschland)|Zwangsvollstreckungsverfahren]]. Im Erkenntnisverfahren wird über den vom Kläger geltend gemachten [[Anspruch (Recht)|Anspruch]] entschieden. Im Zwangsvollstreckungsverfahren wird das Urteil oder ein sonstiger [[Vollstreckungstitel (Deutschland)|Vollstreckungstitel]] vollstreckt.

Im Erkenntnisverfahren ist das normale Urteilsverfahren (§§ 253 – 510b ZPO) der Regelfall. Daneben gibt es als besondere Prozessart den [[Urkundenprozess|Urkunden-]], [[Wechselprozess|Wechsel-]] und [[Scheckprozess]] (§§ 592 – 605a) und als Verfahren des [[Vorläufiger Rechtsschutz|vorläufigen Rechtsschutzes]] das Verfahren auf Erlass eines [[Arrest (Zivilprozess)|Arrests]] oder einer [[Einstweilige Verfügung|einstweiligen Verfügung]] (§§ 916 – 945 ZPO), das sich ebenfalls in ein Erkenntnisverfahren und die Zwangsvollstreckung gliedert, aber von der ZPO systematisch unrichtig insgesamt im 8. Buch über die Zwangsvollstreckung geregelt ist. Daneben gibt es das [[Mahnverfahren]] (§ 688 – 703d ZPO), das bei Ansprüchen auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme die Möglichkeit bietet, auf schnelle und einfache Weise einen Vollstreckungstitel zu schaffen, das aber in den Fällen, in denen der Antragsgegner Widerspruch einlegt, lediglich eine besondere Einleitungsform des Urteilsverfahrens darstellt. Weiter trifft die ZPO Regelungen über das [[Schiedsverfahren|schiedsgerichtliche Verfahren]] (§§ 1025 – 1066), in dem nur zum Teil staatliche Gerichte tätig werden.

Neben den Vorschriften über das Verfahren erster Instanz enthält die ZPO Regelungen über die [[Rechtsmittel#Rechtsmittel im Zivilprozess|Rechtsmittel]] der [[Berufung (Recht)#Zivilsachen|Berufung]], [[Revision (Recht)#Revision im Zivilprozess|Revision]], [[Beschwerde (Deutsches Recht)|Beschwerde]] und [[Rechtsbeschwerde#Streitige Zivilgerichtsbarkeit|Rechtsbeschwerde]] (§§ 511 – 577 ZPO) und über die [[Wiederaufnahme des Verfahrens]] (§ 578 – 591 ZPO).

An Klagearten sieht das Zivilprozessrecht in der ZPO die [[Leistungsklage]], die [[Feststellungsklage]], die Zwischenfeststellungsklage und die [[Gestaltungsklage]] vor.

Das [[Zwangsvollstreckungsrecht (Deutschland)|Zwangsvollstreckungsrecht]] ist im 8. Buch der ZPO geregelt. Die ZPO befasst sich mit der Vollstreckung durch den einzelnen Gläubiger. Die Gesamtvollstreckung durch die Gesamtheit der Gläubiger regelt hingegen nicht die ZPO, sondern die [[Insolvenzordnung (Deutschland)|Insolvenzordnung]]. Das Zwangsvollstreckungsrecht der ZPO gliedert sich in Allgemeine Vorschriften, einen Abschnitt über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen und einen Abschnitt über die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen. Die Vollstreckung wegen Geldforderungen unterscheidet die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, nämlich einerseits in körperliche Sachen und andererseits in Forderungen und andere Vermögensrechte, und die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wobei im letztgenannten Fall die ZPO nur eine teilweise Regelung trifft und durch das [[Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung]] ergänzt wird.

== Europarechtliche Einflüsse ==
Das Zivilprozessrecht ist traditionell autonomes (nationales) Recht.

Jedoch spielt das wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Vernetzung aufgrund der [[Rechtsgrundlage]] der Art. 61 lit. c) iVm Art. 65 [[Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft|EGV]] ergangene europäische Sekundärrecht der [[Europäische Gemeinschaft|EG]] (vgl. [[Zivilverfahrensrecht (Europäische Union)|Internationales Zivilverfahrensrecht (EG)]]) im Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen eine immer erheblichere Rolle.<ref>Peter-Andreas Brand, ''Aktuelle Probleme bei Zivilrechtsstreiten mit Auslandsbezug – Zuständigkeit, Zustellung und Vollstreckung.'' In: [http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/22-2007/index.html Humboldt Forum Recht (HFR), 22–2007, online].</ref> So sind u. a. folgende [[Verordnung (EU)|Verordnungen]] im Bereich des Zivilprozessrechts ergangen:

* ''[[Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel I)|Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen]]'' (auch ''EuGVO'', ''EuGVVO'' und ''Brüssel-I-Verordnung'' genannt)<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen |jahr=2001 |amtsblattnummer=12 |anfangsseite=1 |endseite=23 |sprache=DE |format=PDF |dateigröße=188,6 kB }}.</ref>
* ''[[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa)|Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung]]'' (auch ''EheVO-II'' und ''Brüssel-IIa-Verordnung'' genannt, ersetzt die EG-Verordnung Nr. 1347/2000)<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung |jahr=2003 |amtsblattnummer=338 |anfangsseite=1 |endseite=29 |sprache=DE |format=PDF | dateigröße=231,2 kB}}.</ref>
* ''Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates'' (auch ''EuZVO'' genannt)<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates|jahr=2007 |amtsblattnummer=324 |anfangsseite=79 |endseite=120 |sprache=DE |format=PDF| dateigröße=15,5 MB}}.</ref>
* ''Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen''<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen |jahr=2001 |amtsblattnummer=174 |anfangsseite=1 |endseite=24 |sprache=DE |format=PDF| dateigröße=100 kB}}.</ref>
* ''Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen''<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen |jahr=2004 |amtsblattnummer=143 |anfangsseite=15 |endseite=39 |sprache=DE |format=PDF| dateigröße=180 kB}}.</ref>
* ''Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens''<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens |jahr=2006 |amtsblattnummer=399 |anfangsseite=1 |endseite=32 |sprache=DE |format=PDF| dateigröße=35,4 MB}}.</ref>
* ''Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen''<ref>Text der {{EUR-Lex-Rechtsakt |titel=Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen |jahr=2007 |amtsblattnummer=199 |anfangsseite=1 |endseite=22 |sprache=DE |format=PDF| dateigröße=7,6 MB}}.</ref>

== Siehe auch ==
* [[Zivilprozessordnung (Österreich)]]
* [[Zivilprozessordnung (Schweiz)]]
* [[Zivilprozessordnung (Liechtenstein)]]
* [[Zivilprozessgesetzbuch (Litauen)]]

== Literatur ==
'''Entstehungsgeschichte'''
* Carl Hahn, [[Benno Mugdan]]: ''Die gesamten Materialien zu den Reichs – Justizgesetzen.'' Band 2, Abteilung 1 und 2, Materialien zur Zivilprozeßordnung, herausgegeben von Eduard Stegemann, 2. Auflage, Berlin 1881, Neudruck Aalen 1983.
* [[Werner Schubert (Jurist)|Werner Schubert]]: ''Die unveröffentlichten Quellen zu den Reichsjustizgesetzen.'' [[JuristenZeitung|JZ]] 1978, S. 98–102.
* Werner Schubert: ''Entstehung und Quellen der Civilprozeßordnung von 1877.'' Frankfurt am Main, Klostermann 1987. ISBN 3-465-01774-9.
* Herbert Roth: ''Entwicklung und Reformen der ZPO.'' [[Juristische Rundschau|JR]] 2018, S. 159–167.
* Sebastian Adler: ''Das Verhältnis von Richter und Parteien in der preußischen und deutschen Zivilprozeßgesetzgebung.'' Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2006. [https://d-nb.info/97833728x/04 ''Inhaltsverzeichnis''].
'''Kommentare'''
* Monika Anders, Burkhard Gehle, Zivilprozessordnung, 80. Auflage, C.H.Beck, München 2022, ISBN 978 3 406 77775 2
* {{Literatur
   |Autor=[[Jan Kropholler]]
   |Titel=Europäisches Zivilprozessrecht – Kommentar zu EuGVO, Lugano-Übereinkommen und Europäischem Vollstreckungstitel
   |Auflage=9.
   |Verlag=Verlag Recht und Wirtschaft
   |Ort=Frankfurt am Main
   |Datum=2010
   |ISBN=978-3-8005-1508-0}}
* {{Literatur
   |Hrsg=[[Hans-Joachim Musielak]], Wolfgang Voit
   |Titel=Zivilprozessordnung, mit Gerichtsverfassungsgesetz
   |Auflage=12.
   |Verlag=Franz Vahlen
   |Ort=München
   |Datum=2012
   |ISBN=978-3-8006-4951-8}}
* {{Literatur
   |Hrsg=[[Thomas Rauscher (Jurist)|Thomas Rauscher]]
   |Titel=Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht
   |Auflage=3.
   |Verlag=Sellier European Law Publisher
   |Ort=München
   |Datum=2011
   |ISBN=978-3-86653-885-6
   |Kommentar=bis zur 2. Auflage als ''Europäisches Zivilprozessrecht''}}
* {{Literatur
   |Autor=[[Leo Rosenberg]], [[Karl-Heinz Schwab]], [[Peter Gottwald (Jurist)|Peter Gottwald]]
   |Titel=Zivilprozessrecht
   |Auflage=17.
   |Verlag=C. H. Beck
   |Ort=München
   |Datum=2010
   |ISBN=978-3-406-59514-1}}
* {{Literatur
   |Hrsg=Ingo Saenger
   |Titel=Zivilprozessordnung Handkommentar
   |Auflage=4.
   |Verlag=Nomos
   |Ort=Baden-Baden
   |Datum=2010
   |ISBN=978-3-8329-5869-5}}
* {{Literatur
   |Autor=Rainer Hüßtege, Klaus Reichold, Christian Seiler
   |Hrsg=[[Heinz Thomas (Jurist)|Heinz Thomas]], Hans Putzo
   |Titel=Zivilprozessordnung
   |Auflage=36.
   |Verlag=C. H. Beck
   |Ort=München
   |Datum=2015
   |ISBN=978-3-406-67389-4}}
* {{Literatur
   |Hrsg=[[Richard Zöller]]
   |Titel=Zivilprozessordnung
   |Auflage=31.
   |Verlag=Verlag Dr. Otto Schmidt
   |Ort=Köln
   |Datum=2016
   |ISBN=978-3-504-47022-7}}
* {{Literatur
   |Autor=Bernhard Wieczorek, Rolf A. Schütze
   |Titel=ZPO. Großkommentar.
   |Band=14 Bände, 2012 ff.
   |Auflage=4.
   |Verlag=De Gruyter
   |Ort=Berlin
   |Datum=}}

== Weblinks ==
{{Wikisource|Civilprozeßordnung|Civilprozeßordnung (1877)}}
{{Wikisource|Gesetz, betreffend die Einführung der Civilprozeßordnung|Gesetz, betreffend die Einführung der Civilprozeßordnung (1877)}}
* ''Civilprozeßordnung.'' Reimer, Berlin 1877. ({{DTAW|unknown_civilprozessordnung_1877}})
* {{§§|zpo|juris|text=Text der Zivilprozessordnung}}
* {{§§|ZPO|buzer|text=Gesetzestext der ZPO bei Buzer.de}}

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

{{Rechtshinweis}}

{{Normdaten|TYP=w|GND=4117727-7|VIAF=175793023}}

[[Kategorie:Rechtsquelle (Deutschland)]]
[[Kategorie:Rechtsquelle (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Zivilprozessgesetzbuch]]
[[Kategorie:Zivilprozessrecht (Deutschland)]]