Benutzer:Peter Buch/Cantor-Funktion

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Der Graph der Cantor-Funktion im Einheitsintervall

Die Cantor-Funktion ist in der Mathematik ein Beispiel für eine Funktion, die stetig, aber nicht absolut stetig ist. Sie wird auch als Cantorsche Treppenfunktion bezeichnet. Georg Cantor führte 1884 die Cantor-Funktion ein und erwähnte, dass Scheeffer sie als Gegenbeispiel zu einer von Harnack behaupteten Erweiterung des Fundamentalsatzes der Analysis anführt. Die Cantor-Funktion wurde durch Scheeffer, Lebesgue and Vitali untersucht und bekannt gemacht.

Definition

Cantor function.gif

Vergleiche nebenstehende Abbildung. Zur formalen Definition der Cantor-Funktion c : [0,1] → [0,1] werde c(x) in folgenden Schritten bestimmt:

  1. Drücke x aus [0,1] zur Basis 3 aus.
  2. Falls x eine Ziffer "1" enthält, ersetze alle Ziffern hinter der ersten "1" durch "0".
  3. Ersetze alle Ziffern "2" durch "1".
  4. Lies das Ergebnis als Binärzahl. Das Ergebnis ist c(x).

Beispiele:

  • 1/4 wird 0,02020202... zur Basis 3; da keine "1" enthalten ist, bleibt das im nächsten Schritt 0,02020202...; dies wird umgeschrieben in 0,01010101...; zur Basis 2 gelesen ist das 1/3, also ist c(1/4) = 1/3.
  • 1/5 wird 0,01210121... zur Basis 3; die Ziffern hinter der ersten "1" werden durch "0" ersetzt, was 0,01000000... ergibt; dies wird nicht umgeschrieben, weil keine "2" vorkommt; zur Basis 2 gelesen ist das 1/4, also ist c(1/5) = 1/4.
  • 200/243 wird 0,21102 (oder 0,211012222...) zur Basis 3; die Ziffern hinter der ersten "1" werden durch "0" ersetzt, was 0,21 ergibt; dies wird umgeschrieben in 0,11; zur Basis 2 gelesen ist das 3/4, also ist c(200/243) = 3/4.

Eigenschaften

Die Cantor-Funktion widerspricht allzu intuitiven Vorstellungen von Stetigkeit und Maß; obwohl sie überall stetig ist und fast überall die Ableitung 0 hat, geht c, wenn x von 0 nach 1 geht, ebenfalls von 0 nach 1 und nimmt dabei jeden Zwischenwert an. Die Cantor-Funktion ist das meistzitierte Beispiel einer reellen Funktion, die gleichmäßig stetig (genauer Hölder-stetig zum Exponenten α = log2/log3), aber nicht absolut stetig ist. Sie ist konstant auf Intervallen der Form (0,x1x2x3...xn022222..., 0,x1x2x3...xn200000...), und jeder Punkt außerhalb der Cantor-Menge liegt in einem dieser Intervalle. Daher ist ihre Ableitung = 0 außerhalb der Cantor-Menge. Andererseits existiert keine Ableitung in einer überabzählbaren Teilmenge der Cantor-Menge, welche die Endpunkte der oben genannten Intervalle enthält. Nach links mit dem Wert 0 und nach rechts mit dem Wert 1 erweitert, ist sie die (kumulative) Verteilungsfunktion einer auf der Cantor-Menge gleichverteilten Zufallsvariablen. Diese so genannte Cantor-Distribution <?>hat keine diskreten Teile. Das heißt das entsprechende Maß ist atomfrei. Deshalb gibt es keine Sprung-Unstetigkeiten in der Funktion; jeder solcher Sprung würde einem Atom im Maß entsprechen</?>.

Jedoch kann kein nicht-konstanter Teil der Cantor-Funktion als Integral einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion dargestellt werden; das Integral über eine beliebige Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion, die über jedem Intervall nicht fast überall verschwindet, ergibt für manche Intervalle positive Werte, für die die Cantor-Distribution null ergibt.<?>integrating any putative probability density function that is not almost everywhere zero over any interval will give positive probability to some interval to which this distribution assigns probability zero.</?> Insbesondere hat Vitali gezeigt, dass die Funktion nicht das Integral ihrer Ableitung ist, obwohl die Ableitung fast überall existiert.

Die Cantor-Funktion ist das Standardbeispiel einer singulären Funktion.

Die Cantor-Funktion ist monoton steigend, und daher ist ihr Graph eine rektifizierbare Kurve. Die Bogenlänge des Graphs ist = 2 (Scheeffer 1884).

Alternative Definitionen

Iterative Konstruktion

Cantor function sequence.png

Im Folgenden definieren wir eine Folge von Funktionen {ƒn} auf dem Einheitsintervall, die gegen die Cantor-Funktion konvergiert.

Sei ƒ0(x) = x.

Dann wird für jede ganze Zahl n ≥ 0 die nächste Funktion ƒn+1(x) mit Hilfe von ƒn(x) wie folgt definiert:

ƒn+1(x) = ƒn(3x)/2 für 0 ≤ x ≤ 1/3 ;

ƒn+1(x) = 1/2 für 1/3 ≤ x ≤ 2/3 ;

ƒn+1(x) = (ƒn(3 x−2)+1)/2 für 2/3 ≤ x ≤ 1 .

Die drei Definitionen an den Endpunkten 1/3 und 2/3 kompatibel, weil durch Induktion ƒn(0) = 0 und ƒn(1) = 1 für jedes n ist. Es lässt sich leicht zeigen, dass ƒn punktweise gegen die oben definierte Cantor-Funktion konvergiert. Darüber hinaus ist die Konvergenz gleichmäßig. Tatsächlich sieht man, getrennt für die drei Fälle der Definition von ƒn+1, dass

Wenn ƒ die Grenzfunktion bezeichnet, folgt für jedes n ≥ 0, dass

Auch kommt es nicht wirklich auf die Wahl der Startfunktion an, solange ƒ0(0) = 0, ƒ0(1) = 1, und ƒ0 beschränkt ist.

Fraktales Volumen

Die Cantor-Funktion ist eng mit der Cantor-Menge verwandt. Die Cantor-Menge C kann definiert werden als die Menge der Zahlen im Intervall [0, 1], die nicht die Ziffer "1" in ihrer Darstellung zur Basis 3 enthalten, außer wenn nach der "1" alle weiteren Ziffern "0" sind (dann könnte die Ziffernfolge 1000... durch 0222... ersetzt werden, um jegliche "1" zu vermeiden). Es zeigt sich, dass die Cantor-Menge ein Fraktal ist mit (überabzählbar) unendlich vielen Punkten (nulldimensionalem Volumen), aber mit der Länge null (eindimensionalem Volumen). Nur das D-dimensionale Volumen (im Sinne eines Hausdorff-Maßes) hat einen endlichen Wert, wobei die fraktale Dimension von C ist. Alternativ kann die Cantor-Funktion definiert werden als das D-dimensionale Volumen von Teilmengen der Cantor-Menge:

Verallgemeinerung

Sei

die duale (binäre) Darstellung der reellen Zahl 0 ≤ y ≤ 1 mit Hilfe binärer Ziffern bk = {0,1}. Damit bildet man die Funktion

Für z = 1/3 ist das Inverse der Funktion die Cantor-Funktion. Allgemein sieht Cz(y) für jedes z < 1/2 wie eine auf die Seite gedrehte Cantor-Funktion aus, wobei die Stufen weiter werden, wenn sich z der Null nähert.

References

  • Richard Franklin Bass [2011]: Real analysis for graduate students, Second. Auflage, Createspace Independent Publishing, 2013, ISBN 978-1-4818-6914-0.
  • Cantor, G. (1884), “De la puissance des ensembles parfaits de points”, in Acta Math., volume 4, DOI:10.1007/BF02418423, pages 381–392 Reprinted in: E. Zermelo (Ed.), Gezammelte Abhandlungen Mathematischen und Philosophischen Inhalts, Springer, New York, 1980.
  • Darst, Richard B.; Palagallo, Judith A.; Price, Thomas E. (2010) Curious curves, World Scientific Publishing Co. Pte. Ltd., ISBN 978-981-4291-28-6
  • Dovgoshey, O.; Martio, O.; Ryazanov, V.; Vuorinen, M. (2006), “The Cantor function”, in Expo. Math.[1], volume 24, issue 1, pages 1–37
  • Fleron, J.F. (1994), “A note on the history of the Cantor set and Cantor function”, in Math. Mag., volume 67, JSTOR 2690689, pages 136–140
  • Lebesgue, H. (1904) Leçons sur

l’intégration et la recherche des fonctions primitives, Gauthier-Villars

  • Scheeffer, Ludwig (1884), “Allgemeine Untersuchungen ûber Rectification der Curven”, in Acta Math., volume 5, DOI:10.1007/BF02421552, pages 49–82
  • Brian S. Thomson, Judith B. Bruckner, Andrew M. Bruckner [2001]: Elementary real analysis, Second. Auflage, ClassicalRealAnalysis.com, 2008, ISBN 978-1-4348-4367-8.
  • Vitali, A. (1905), “Sulle funzioni integrali”, in Atti Accad. Sci. Torino Cl. Sci. Fis. Mat. Natur., volume 40, pages 1021-1034

External links

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