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Harry Ludszuweit
Harry Ludszuweit (* 19. April 1925 in Schmilgen Landkreis Schloßberg (Ostpr.); † 18. Dezember 2015 in Donaueschingen) war ein deutscher Architekt und Bildhauer, der in Südwestdeutschland tätig war.
Leben
Geboren 1925 am anderen Ende des ehemaligen Deutschland, nahe der litauischen Grenze, besuchte er ab 1939 das Gymnasium in Ragnit. Als Schüler wurde er im Dezember 1943 zur Wehrmacht einberufen. Die Berechtigung zum Studium erwarb er sich 1946 in Hameln mit der Abiturprüfung.
Harry Ludszuweit studierte von 1946 bis 1949 Bildhauerei an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Hannover bei Prof. Hermann Scheuernstuhl. Von 1949 bis 1951 besuchte er die Bildhauerklasse von Prof. Edwin Scharff an der Landeskunstschule Hamburg..
Im Herbst 1952 begann er ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Stuttgart und diplomierte im Juni 1958. Während des Studiums in den 50er Jahren war er Mitarbeiter bei den Architekten Günter Behnisch und Bruno Lambart in Stuttgart [1]. Daraus entwickelte sich auch über das Studium hinaus eine enge geschäftliche sowie freundschaftliche Verbundenheit.
Harry Ludszuweit gründete im Jahr 1959 als diplomierter Architekt sein eigenes Büro in Donaueschingen. Er beteiligte sich erfolgreich an vielen Wettbewerben.[2] Als erster Preisträger konnte er anschließend zahlreiche seiner Entwürfe realisieren. 1965 wurde er in den Bund Deutscher Architekten (BDA) berufen. Sein Schaffen wurde zudem mit zahlreichen Preisen geehrt.
Exemplarisch für sein Wirken in Donaueschingen sind die Reihenhäuser Auf der Staig, die Solarhäuser, die Hauswirtschaftsschule, die Stadtbibliothek und das Betriebsareal Kraftwerk Laufenburg. Ferner die Römerschule in Rottweil und das Rathaus in Gundelfingen (Breisgau) bei Freiburg. Einen letzten Wettbewerbserfolg erzielte er im Jahre 2002 - zusammen mit Schaudt Architekten Konstanz - für die Neugestaltung der Donauhallen Donaueschingen.
Obwohl der seit 1959 in Donaueschingen beheimatete Architekt sehr intensiv in seinen Büroalltag involviert war, galt seine Leidenschaft weiterhin der Kunst. Sein vielbeachtetes Wohnhaus in der Beethovenstraße 2 in Donaueschingen war zeitweilig Galerie. Mit dem Namen "Kunst im Haus" war sie in den 1980er Jahren der gefragte Ausstellungsort für regionale Künstler.
Harry Ludszuweit war zudem ein großer Musikliebhaber. Jedes Jahr besuchte er die "Donaueschinger Musiktage", pflegte Freundschaften mit Komponisten und Musikern. Seine Sammlung der Musiktageplakate (von 1964 bis 2000) schenkte er der Bürgerstiftung Donaueschingen. Sie fand einen würdigen Platz in der von ihm mit entworfenen umgebauten Donauhalle. [3] Nach Übergabe seines Büros im Jahr 1995, knüpfte Harry Ludszuweit wieder an sein erstes Studium, die Bildhauerei, an. Schon während seiner Architektentätigkeit arbeitete er immer wieder mit Ton. Wie sollte er mit soviel zeitlichem Abstand seine bildhauerische Tätigkeit weiterführen? Da lernte er 1996 die Skulpturen von Thomas Lehnerer kennen. Das war die Initialzündung. Dessen kleine Figuren von 15 bis 20 cm mit ihren bewegten Oberflächen inspirierten ihn, Köpfe aus Gips zu gestalten, deren Oberfläche Lebensspuren widerspiegeln.
Nach diesem erneuten Beginn entfaltete sich seine Kreativität in viele Richtungen, sowohl bezüglich des Materials als auch der Gestaltung. Figuren aus Gips, später auch in Bronze. Die kleinen Figuren oder Gefäße wurden anschließend Teil vom Raumbildern. In den dreidimensionalen Arbeiten kombinierte er sie mit Fundstücken, Spielsachen, Puppenkleidern u. a. Zu dieser Werkgruppe führten ihn die Arbeiten des amerikanischen Künstler Joseph Cornell Dessen "Boxes", dreidimensionale Collagen oder Assemblagen, erlauben eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten. So auch bei den Assemblagen von Harry Ludszuweit. Er nähert sich hierbei sowohl dem Dadaismus und Surrealismus, als auch den Puppenstuben und Kinderkaufläden. Er spielt mit den Bedeutungen, er spielt mit dem Material. Überall findet er Anregungen. Er wird ein "Homo ludens".
Farbe fand er bei Asger Jorn. Und auf diese Weise entstanden die farbigen Reliefbilder: Gipsmasse wurde mit Bastfäden ins Bildformat gegossen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt des Abbindungsprozesses wurden die Fäden aus dem Gips gezogen. Dadurch entstand eine unverwechselbare Struktur. Diese zerklüftete, chaotisch wirkende Oberfläche inspirierte für den zweiten Arbeitsgang. Das Relief wurde nun einer bestimmten Ordnung unterworfen: Es wurde eingefärbt, durch Nägel und Schnüre gerastert. Auf diese Weise gelang es dem Künstler, die beiden Gegensätze Chaos und Ordnung im Bild zu vereinen.
Das Sprichwort: "Wir müssen kleine Brötchen backen", wurde in die umfangreiche Werkgruppe der "Architekturbrötchen" oder der "Utopischen Wohnmodelle" umgesetzt. Da gibt es Ausflüge ins Surrealistische wie beim schwarzen "Kafkaesken Architekturbrötchen" oder ins Dadaistische wie beim "Grünen Mondfeld". Das "Architekturbrötchen mit ökologischem Zugriff auf Nestwärme" ruht auf einem Nest und ist nur durch eine Leiter zugänglich. An der Schnittstelle zwischen Architektur und Kunst angesiedelt, sind sie des Künstlers ureigenste Domäne. Architektur der Zukunft: Bei Überschwemmungen stehen unsere Behausungen auf Stelzen wie die Pfahlbauten unserer Vorfahren, oder wir wohnen in Höhlen und sind gegen Hitze und Strahlung geschützt. Nahrung und Sauerstoff kommen von einem begrünten Dach, eine Radaranlage verbindet uns mit dem Weltall. Neue Technologien werden das Leben zukünftiger Generationen verändern. Harry Ludszuweits schöpferische Phantasie hat sie hier vorausgeträumt und gestaltet. Er selbst über utopische Kunst: "Sie basiert weniger auf dem was ist, als auf dem, was sein wird oder was sein könnte. Sie träumt das Unmögliche und spricht den Traum aus. Damit ist der erste Schritt zur Realisierung des anscheinend Unmöglichen bereits getan."
Anmerkung: Im September 2020 wurde in Leipzig das Kugel-Café des Architekten Oscar Niemeyer eingeweiht - eine wie aus dem Himmel geflogene Kugel, die an der oberen Kante eines ehemaligen Kesselhauses hängenblieb.
Ludszuweit war verheiratet und Vater von drei Kindern.
Preise und Auszeichnungen
- 1979 Auszeichnung guter Bauten BDA Römerschule Rottweil
- 1979 Auszeichnung guter Bauten BDA Haus Dr. Hussong, VS-Pfaffenweiler
- 1981 Auszeichnung guter Bauten Kammer Betriebsareal KWL Donaueschingen
- 1986 Auszeichnung guter Bauten BDA Rathaus Gundelfingen
- 1986 Auszeichnung guter Bauten Kammer Stadtbibliothek Donaueschingen
- 1992 Auszeichnung guter Bauten BDA Reihenhaus Auf der Staig, Donaueschingen
- 1992 Verzinkerpreis Belobigung Neugestaltung Giebelseite Haus Böhm, Donaueschingen
- 1993 Auszeichnung guter Bauten BDA Solarhäuser, Donaueschingen [4]
- 2009 Kunstpreis der Stadt Donaueschingen 2009, Ankauf Regierungspräsidium Freiburg [5]
- 2013 Auszeichnung Beispielhaftes Bauen im Landkreis Umbau und Modernisierung der Donauhallen [6]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ [1] Werkverzeichnis Behnisch & Partner 1955, 1956 S. 326
- ↑ [2] Harry Ludszuweit Wettbewerbe und Projekte
- ↑ [3] Musiktageplakat sucht Rahmenspender Schwarzwälder-Bote 01.04.2011
- ↑ [4] Günter Pfeifer, Per Brauneck Reihenhäuser Eine Wohnbautypologie S. 26, 27 Solarhäuser Donaueschingen, 1994 Harry Ludszuweit
- ↑ [5] Harry Ludszuweit erhält Donaueschingens Kunstpreis Badische Zeitung 27. April 2009
- ↑ [6] Auszeichnung Beispielhaftes Bauen im Landkreis Umbau und Modernisierung der Donauhallen