Rechnungsabgrenzung

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Die Rechnungsabgrenzung ist in der kaufmännischen Buchführung ein Schritt im Periodenabschluss (i. d. R. Jahresabschluss), mit dem Werte in der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz der richtigen Rechnungsperiode (z. B. Geschäftsjahr, Quartal) zugeordnet werden.

Zweck und rechtliche Voraussetzungen

Eine Abgrenzung ist notwendig, um den Erfolg eines Unternehmens selbst dann periodengerecht ermitteln zu können, wenn Geschäftsvorfälle mehrere Buchungen erfordern und diese unterschiedliche Rechnungsperioden betreffen. Dies ist zum Beispiel regelmäßig dann der Fall, wenn mit Kunden oder Lieferanten Zahlungsziele vereinbart wurden, wenn also die Lieferung und Leistung (und damit der Zeitpunkt des Gefahrenübergangs) einerseits und die Zahlung andererseits nicht periodengleich stattfinden. Die Rechnungsabgrenzung sichert auch, dass Steuern für die entsprechenden Zeiträume korrekt abgeführt werden können.

Die Rechnungsabgrenzung ist also die buchhalterische Abgrenzung der Aufwendungen und Erträge einer Rechnungsperiode, deren entsprechende (Gegen-)Leistungen erst in einer späteren Periode erfolgen werden. Rechnungsabgrenzungsposten stellen eine Art Verbindlichkeit bzw. Forderung dar.

Beispiele:

  • Wir haben bereits bezahlt, die Leistung wird erst in einer späteren Periode erbracht – oder umgekehrt: Wir haben bereits eine (An-)Zahlung oder Vorkasse eines Kunden erhalten, erbringen die Leistung aber erst in einer späteren Periode (= transitorische Rechnungsabgrenzung).
  • Wir haben eine Leistung erhalten, begleichen die Forderung des Lieferers jedoch erst in einer späteren Periode, bzw. wir erhalten die Zahlung für eine bereits von uns erbrachte Leistung erst in einer späteren Periode (= antizipative Rechnungsabgrenzung).

Im Gegensatz zu Rückstellungen ist bei der Rechnungsabgrenzung immer der genaue Betrag bekannt, er wird also weder geschätzt noch errechnet. Die gesetzliche Grundlage ist für Deutschland in § 250 und § 252 HGB, für Österreich in § 198 Abs. 5,6 UGB und für die Schweiz in Art. 958b OR geregelt.

„Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.“

§ 252, Abs. 1, Zi. 5 HGB

Aktive Rechnungsabgrenzung

Die aktive Rechnungsabgrenzung (Abkürzung ARA; die Posten der ARA werden entsprechend ARAP abgekürzt) ist eine Leistungsforderung. Sie entsteht, wenn ein Aufwand des neuen Jahres bereits im alten Jahr eine Ausgabe darstellt. Das Konto der aktiven Rechnungsabgrenzung ist ein Aktivkonto.

Merksatz: Ausgabe jetzt, Aufwand später = Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten

Wird zum Beispiel im Dezember eine Vorauszahlung für die Januar-Miete geleistet, wird wie folgt gebucht:


1. Bei der Zahlung

Mietaufwand an Bank

2. im Jahresabschluss (der Aufwand wird neutralisiert, ARAP wird gebildet)

ARAP (oder auch Transitorische Aktiva) an Mietaufwand (= Raumaufwand)

3. im Januar (der Aufwand wird in die richtige Periode gebucht, ARAP wird aufgelöst)

Mietaufwand (= Raumaufwand) an ARAP (oder auch Transitorische Aktiva)

In automatisierten Buchführungssystemen werden die Mieten zunächst unabhängig von der Zahlung kreditorisch gebucht. Die Zahlung wird dann erfolgsneutral gegen das Kreditorenkonto gebucht. In der Praxis können sich dann folgende Buchungssätze ergeben:


1. Bei Rechnungseingang (in diesem Fall: Die „Dauermietrechnung“)

Mietaufwand (= Raumaufwand) an Verbindlichkeiten aus Lief. u. Leistg. (= Kreditoren)

2. Bei der Zahlung

Verbindlichkeiten aus Lief. u. Leistg. (= Kreditoren) an Bank

3. im Jahresabschluss (wird der Kreditorensaldo neutralisiert, ARAP wird gebildet)

ARAP (oder auch Transitorische Aktiva) an Mietaufwand (= Raumaufwand)

4. im Januar (der Aufwand wird in die richtige Periode gebucht, ARAP wird aufgelöst)

Mietaufwand (= Raumaufwand) an ARAP (oder auch Transitorische Aktiva)

Passive Rechnungsabgrenzung

Erträge des neuen Jahres, die im alten Jahr bereits Einnahmen sind, zum Beispiel Vorauszahlungen von Kunden, werden auf Konten für passive Rechnungsabgrenzung (Abkürzung: PRA, einzelne Posten: PRAP) gebucht. Sie begründen Leistungsverbindlichkeiten, also Ansprüche der Kunden oder anderer Gläubiger an Leistungen des Unternehmens. Die Buchung auf den Erlös- und Forderungskonten entspricht der oben aufgezeigten Buchungslogik.

Beispiel 1:

Ein Fitness-Studio (Geschäftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember) verkauft am 1. Dezember 2008 eine Jahreskarte für 600 €. Das Geld wird sofort bar bezahlt. Das Studio hat dann also für das Jahr 2008 eigentlich 550 € „zu viel“ eingenommen. Diese anteiligen 550 € für die Zeit von Januar bis November 2009 gehören erfolgsmäßig nicht in das Geschäftsjahr 2008, sondern in das Jahr 2009 (zumal der Kunde im Jahr 2009 u. a. auch die Duschen benutzt und dafür im Jahr 2009 Kosten verursacht, ohne im Jahr 2009 erneut dafür zu bezahlen.)

Da die vollen 600 € aber schon auf dem Konto des Studios eingegangen sind, werden die anteiligen 550 € für das nächste Jahr als Rechnungsabgrenzungsposten bilanziert.

Das Fitness-Studio hat also am 31. Dezember 2008 eine Art „Verbindlichkeit“ in Leistung – es schuldet dem Kunden noch das Recht, das Studio 11 Monate zu nutzen, ohne dass er dafür erneut bezahlen muss.

Beispiel 2:

Ein Werbeunternehmen verpflichtet sich gegenüber einem Auftraggeber, für 5 Jahre seine Werbung zu präsentieren. Der Werbevertrag beginnt am 1. Januar. Hierfür bezahlt der Auftraggeber bereits im ersten Jahr 10.000 €. Das Werbeunternehmen erhält also 8.000 € für eine noch nicht erbrachte Leistung und verpflichtet sich, die Leistung in den nächsten 4 Jahren ebenfalls zu erbringen. Im ersten Jahr ergibt die Rechnungsabgrenzung für das Werbeunternehmen Einnahmen von lediglich 2.000 €, da die 8.000 € zu je 1/4 auf die nächsten vier Jahre verteilt werden. Die Erstellung der Werbemedien (1.500 €) sowie die zu bezahlenden Provisionen (2.500 €) an einen freien Handelsvertreter erfolgt bereits im ersten Jahr in Höhe von 4.000 €. Somit ergibt sich durch die passive Rechnungsabgrenzung für das erste Jahr ein Verlust in Höhe von 2.000 (Verlustvortrag), da die Ausgaben sofort geltend gemacht werden können (4.000 €) und als Einnahme lediglich 2.000 € (1/5 des Gesamtbetrages für 5 Jahre) verbucht werden.

Transitorische und antizipative Posten

In der Bilanz werden so abgegrenzte Werte separat als sogenannte Rechnungsabgrenzungsposten auf beiden Seiten ausgewiesen. Diese Bilanzpositionen werden auch transitorische Posten genannt, weil sie im alten Jahr erfolgte Ausgaben und Einnahmen für noch zu erfolgende Leistungen buchhalterisch ins neue Jahr übertragen (Zahlungswirksamkeit – also Geldfluss – im alten Jahr, für eine Erfolgswirksamkeit – also Leistung – im neuen Jahr).

Der umgekehrte Fall wird über die sogenannten antizipativen Posten abgebildet. Dies sind im alten Jahr erfolgte Leistungen, die erst im neuen Jahr zu Einnahmen und Ausgaben führen (Geldfluss im neuen Jahr für eine Leistung im alten Jahr). Die Erfolgswirksamkeit wird hier also vorweggenommen. Ein Beispiel hierfür sind Zinserträge für das alte Jahr, die erst im neuen Jahr zur Zahlung fällig werden. Gemäß § 250 HGB und § 5 Abs. 5 EStG sind antizipative Posten nicht als RAP zu führen. In der Bilanzgliederung sind hierfür die Positionen „sonstige Vermögensgegenstände“ (auf der Aktivseite) und „sonstige Verbindlichkeiten“ (auf der Passivseite) vorgesehen.

Gesetzliche Regelung und Ausnahmen

Während im Regelfall für die Bilanz Ansatzpflicht für Rechnungsabgrenzungsposten besteht, sieht § 250 Abs. 3 HGB ein Aktivierungswahlrecht für das Disagio vor. Wird dieses in die RAP aufgenommen, kann es über die gesamte Laufzeit eines Kredites abgeschrieben werden. Dies ist sachgerecht, weil das Disagio ein Zinsäquivalent ist, das über den Zeitraum der Kapitalnutzung verteilt wird.

Literatur

  • Manfred Deitermann, Siegfried Schmolke: Industrielles Rechnungswesen. Winklers, Darmstadt 1999, ISBN 3-8045-6652-9, S. 237–245.