Villa Sauckel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Mai 2022 um 17:27 Uhr durch imported>Fruchtzwerg94(1787452) (Änderungen von 2A02:810A:153F:F8E8:2C3B:BFF3:B601:7D8E (Diskussion) auf die letzte Version von Redonebird zurückgesetzt).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Villa Sauckel in Weimar, Straßenseite
Villa Sauckel in Weimar, Gartenseite

Die sogenannte Villa Sauckel ist ein Gebäude in der Weimarer Windmühlenstraße 19/21, das ursprünglich als Dienstvilla des Thüringer NSDAP-Gauleiters Fritz Sauckel gebaut worden war. Heute ist es Schulungsstätte der Bundesagentur für Arbeit. Gegenüber der Villa Sauckel befindet sich das Hasenwäldchen.

Geschichte

Der Architekt Hermann Giesler errichtete 1938/1939 die großzügig angelegte Dienstvilla des NSDAP-Gauleiters Thüringen als Dreiflügelanlage im Stile eines Stadtpalais, um eine alte Turmholländer-Windmühle angeordnet, die wiederum in den Entwurf einbezogen wurde.[1] Die zum Bau der Villa notwendigen Arbeitskräfte wurden im nahegelegenen Konzentrationslager Buchenwald rekrutiert.

Der Gauleiter Fritz Sauckel war offenbar mit dem Ergebnis sehr zufrieden, denn er verlieh Giesler am 4. November 1938 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Weimar. Die Möglichkeit für einen solchen Bau dürfte auch dem Umstand zuzuschreiben sein, dass Sauckel in besonderer Gunst Adolf Hitlers stand und dieser ihn für sehr verlässlich hielt. Außerdem galt Weimar auch in kulturpolitischer Beziehung dessen Interesse. Ebenfalls 1938 wurde nach Plänen Gieslers das Hotel Elephant wiedereröffnet.

Der Hausherr Fritz Sauckel bewohnte die Villa 1938 bis 1945 mit seiner Frau und seinen zehn Kindern, wobei zwei KZ-Häftlinge zu Hausarbeiten beschäftigt wurden. In direkter Nähe zur Villa wohnte der 2005 gestorbene Schriftsteller und Maler Armin Müller, von dem der Text zur Kantate „Die Glocke von Buchenwald“ stammt.

In den Jahren 1996 bis 2000 wurde das Gebäude saniert, wobei es aus Denkmalschutzgründen baulich unverändert blieb. Es gab allerdings Anbauten und das Außengelände wurde neu gestaltet. Seitdem ist das Haus Bildungsstätte der Bundesagentur für Arbeit/Regionaldirektion Sachsen-Anhalt Thüringen und eines der beiden bundesweiten Kompetenzzentren SGB II. Außerdem wird die Villa für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Bau

Die Straßenseite präsentiert sich als eine Anlage mit einem Mittelteil und zwei seitlichen Flügeln in neoklassizistischer Manier, dem eine größere Grünfläche vorgelagert ist, welche mit Bäumen umgeben ist. Vor der eigentlichen Villa ist eine befestigte Straße angelegt, die durch zwei Tore jeweils eine Ein- und Ausfahrt gewährleistet. Direkt an der Straße befindet sich ein Vorbau, vermutlich für das einstige Wachpersonal. Von der Garten-, also der Südseite, ragt der Mühlenturm heraus. Dort befinden sich zudem Obstbaumpflanzungen. Die Mühle wurde 1890 von Theodor Hagen gemalt, einem stilbildenden Vertreter der Weimarer Malerschule.[2] Dieses Ölbild auf Leinwand in den Weimarer Kunstsammlungen trägt die Inventarnummer G 660.[3] Diese Mühle war 1843 von Gottlieb Wilhelm Letsch errichtet worden und wurde bis 1880 in Betrieb gehalten.[4][5] Vom Ende des Betriebes der Windmühle bis zum Umbau 1937/38 ist wenig bekannt. Im Jahre 1919 kaufte Anna Gräfin von Bernstorff das Anwesen und nutzte es zu Wohnzwecken. Das hochverschuldete Objekt wurde 1933 zwangsversteigert. Schließlich verkaufte 1937 der Knopffabrikant Kurt Donath aus Schmölln, der zuvor dieses Objekt erwarb an den "Zweckverband Bauten am Platz Adolf Hitlers", veräußerte.[6]

Dokumentarfilm

Diese Villa ist auch Originalschauplatz für Szenen in einem am 16. August 2009 ausgestrahlten Film über den Gauleiter Sauckel unter dem Titel: Fritz Sauckel – Hitlers Mann in Thüringen nach dem Buch von Winifred König und unter der Regie von Dirk Otto.[7]

Literatur

  • Annette Seemann, Constantin Beyer: Weimar. Die bedeutendsten Bauten. Edition Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-361-00596-5, S. 133 (Villa Fritz Sauckels).
  • Verwaltungsschule der Bundesagentur für Arbeit. In: Joachim Schulz: Sichtbeton Atlas: Planung – Ausführung – Beispiele. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0261-3, S. 191–196. (Online)

Weblinks

Commons: Villa Sauckel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Karina Loos: Die Inszenierung der Stadt. Planen und Bauen im Nationalsozialismus in Weimar. Dissertation. Bauhaus–Universität Weimar, 1999, S. 373.
  2. Hans Wilm Schütte: Weimar Maler Bädeker&f=false Baedeker Reiseführer Weimar. S. 228.
  3. http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/4529/1/Ziegler_Klein_Paris_1999.pdf Originalveröffentlichung in: Rolf Bothe, Thomas Föhl (Hrsg.): Aufstieg und Fall der Moderne. [Eine Ausstellung der Kunstsammlungen zu Weimar und der Weimar 1999 – Kulturstadt Europas GmbH in Zsarb. mit dem Deutschen Historischen Museum Berlin]. Ostfildern-Ruit 1999, S. 14–39.
  4. Gitta Günther, Wolfram Huschke, Walter Steiner (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1998, ISBN 978-3-7400-0807-9, S. 497.
  5. Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar: Vom Mittelalter bis in die Neuere Zeit (= Energiegeschichte der Stadt Weimar. Bd. 1). Hrsg. von der Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH durch Axel Stefek. Weimar 2016, S. 151–161 Kapitel 4.2.: Die Holländermühle im Süden der Stadt Weimar. Hier befindet sich eine detaillierte Beschreibung der Bau- und Nutzungsgeschichte dieser Windmühle. Darin enthalten sind auch Entwurfszeichnungen.
  6. Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar: Vom Mittelalter bis in die Neuere Zeit (= Energiegeschichte der Stadt Weimar. Bd. 1). Hrsg. von der Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH durch Axel Stefek. Weimar 2016, S. 158 f. Der Familienname der Gräfin wurde hier Bernsdorff geschrieben.
  7. Fritz Sauckel – Hitlers Mann in Thüringen in der MDR-Sendereihe Geschichte Mitteldeutschlands, abgerufen am 20. März 2011 (Memento vom 17. Februar 2013 im Internet Archive)

Koordinaten: 50° 58′ 19,2″ N, 11° 18′ 53,9″ O