Theo, wir fahr’n nach Lodz

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Theo, wir fahr’n nach Lodz ist der Titel eines Schlagers von Vicky Leandros aus dem Jahre 1974, der zum Evergreen wurde und auf das ältere Lied Rosa, wir fahr’n nach Lodz von Fritz Löhner-Beda und Artur Marcell Werau aus dem Jahr 1915 zurückgeführt wird.

Entstehungsgeschichte

Der Ursprung des Liedes geht vermutlich auf ein Landknechtslied aus dem Dreißigjährigen Krieg zurück.[1] Historischer Hintergrund des Liedes ist die polnische Stadt Łódź. Im 19. Jahrhundert entstand ein Text, der sich auf den industriellen Aufschwung der Stadt bezog, welcher dazu führte, dass weite Teile der Landbevölkerung die Dörfer verließen und in die Stadt zogen („Ich habe diese Landluft satt…“). Die Juden der Stadt Łódź sangen spöttisch „Itzek, komm mit nach Lodz …“ und setzten die damals zur Industriemetropole aufsteigende Stadt dabei ironisch dem gelobten Land gleich.[2] Aber es gab auch zahlreiche andere Versionen so z. B. „Leo, wir geh’n nach Lodz, wir bau’n ein Haus und eine Fabrik…“[3] Noch heute gilt die Stadt als außergewöhnliches Beispiel für Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts.

Im Jahre 1915 veröffentlichten die beiden Österreicher Fritz Löhner-Beda, ein Operettenlibrettist, und Artur Marcell Werau ihren Titel Rosa, wir fahr’n nach Lodz. Dabei handelte es sich um ein Soldatenlied („Marsch-Couplet“), denn deren „Rosa“ war der 30,5-cm-Mörser des Österreichisch-Ungarischen Heeres, der von der böhmischen Rüstungsfirma Skoda hergestellt wurde, das Gegenstück zu Kruppsdicker Bertha“ in Deutschland. Im österreichischen Originaltext ist Franzls schwere Braut nichts anderes als der Mörser „Rosa“, mit dem er bei Kriegsbeginn die Hochzeitsreise nach Lodz antritt.[4] Das Lied war als persiflierender „Hymnus über unsere 30,5 ctm. Mörser, genannt Rosa“[5] gedacht.

In Deutschland wurde das österreichische Kriegslied durch die 13-teilige ORF-Fernsehserie Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk (Regie: Wolfgang Liebeneiner, mit Fritz Muliar als Schwejk) bekannt, sie wurde ab dem 6. Februar 1972 in Österreich und Deutschland ausgestrahlt. Hierin war auch das Lied Rosa, wir fahr’n nach Lodz enthalten. Auf diesem Weg lernte auch der Schlagerkomponist Leo Leandros Text und Melodie kennen.[6]

Leandros beauftragte den Hamburger Texter und Musikproduzenten Klaus Munro, einen neuen Text zur Melodie zu verfassen. Munro beließ es bei dem Bezug auf Łódź und orientierte sich wieder an der Landfluchtszene, die den Originaltext beherrschte. Das Plattenlabel Philips/Phonogram war vom Text nicht überzeugt; er entspreche weder dem Zeitgeist noch dem Image von Vicky Leandros.[7] Vicky Leandros war eher auf mediterran orientierte und romantische Balladen spezialisiert. Typisches Beispiel hierfür war der Titel Ich hab die Liebe gesehn (Musik: Mikis Theodorakis), der nach Veröffentlichung im Juli 1972 mit Rang 2 und mit 820.000 Exemplaren Vickys bislang erfolgreichster deutscher Hit war.

Vickys Vater Leo Leandros fungierte als Produzent bei Theo, wir fahr‘n nach Lodz und ließ sich von den Widerständen des Labels nicht beirren. Im Gegenteil, der fanfarenartig sequenzierte Melodieverlauf des Eröffnungsmotivs war für Schlager sehr ungewöhnlich, gab dem Stück aber eine markante und wiedererkennbare Charakteristik. Der humoristische, leicht ironisch gefärbte Tonfall des Evergreens erhält wiederum durch den Gegensatz des „zivilen“ Texts zu der „martialischen“ Musik einen geschickten Ausgleich.

( Hörbeispiel?/i) Das markante Eröffnungsmotiv des Liedes

Veröffentlichung und Erfolg

Datei:Vicky Leandros - Theo, wir fahr'n nach Lodz.jpg
Vicky Leandros: Theo, wir fahr’n nach Lodz

Die Single Theo wir fahr‘n nach Lodz / Du und ich und der Himmel wurde Anfang Mai 1974 veröffentlicht, und die A-Seite hatte am 16. Mai TV-Debüt in der in Saarbrücken aufgezeichneten ZDF-Fernsehsendung Starparade. Die Platte verkaufte sich bis Juli 400.000 Mal,[4] wurde in Deutschland erstmals am 27. Mai 1974 in den deutschen Singlecharts notiert und blieb dort für 28 Wochen (davon 18 Wochen in den Top 10).[8] Für eine Woche platzierte er sich auf Rang eins und avancierte zum Sommerhit. Es blieb für Leandros der einzige Nummer-eins-Hit in Deutschland. Im selben Jahr veröffentlichte der bayerische Sänger Balthasar eine Parodie mit dem Titel Marie, mir bleim dahoam.

Das Lied war 1975 Leitmotiv der Derrick-Folge Alarm auf Revier 12.

Nachfolgend erschienen zahlreiche andere Versionen, so z. B. Leo, wir geh’n nach Lodz, wir bau’n ein Haus und eine Fabrik …. Von Leandros’ Interpretation wurde auch eine US-amerikanische Version produziert (unter dem Titel Henry, Let’s Go to Town), die Briten kennen das Lied als Danny, Teach Me to Dance. Die französische Version Théo, on va au bal wurde in Kanada und Frankreich veröffentlicht.[9] In Polen wurde das Lied erst 2009 einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als es für einen Werbefilm des städtischen Tourismusamtes für Łódź eingesetzt wurde.[10][11]

Von Otto Waalkes wurde das Lied in seiner Parodie des Wort zum Sonntag aufgegriffen.[12]

Der Komponist von „Rosa, wir fahr’n nach Lodz“, Artur Marcell Werau, starb 1931, der Texter Fritz Löhner-Beda wurde 1942 im Konzentrationslager Auschwitz von den Nazis ermordet.

Einzelnachweise

  1. Hanswilhelm Haefs: Das 3. Handbuch des nutzlosen Wissens. 2002, S. 93.
  2. vgl. Christian Emden, Catherine Keen, David R. Midgley: Imagining the City. Band 2, Frankfurt und New York 2006, S. 180; Winston Chu: The German Minority in Interwar Poland. 2012, S. 117.
  3. Moritz Pirol: Halalí 2: Zehn Porträts. Orpheus 2010 (2. Auflage), S. 227f.
  4. a b Der Spiegel 32/1974 vom 5. August 1974, Tadellos gebaut, S. 91 f.
  5. Artur M. Werau, Rosa, wir fahr'n nach Lodz, 1915
  6. Moritz Pirol, Halalí 2: Zehn Porträts, 2010, S. 229.
  7. Ingo Grabowsky/Martin Lücke, Die 100 Schlager des Jahrhunderts, 2008, S. 102 ff.
  8. Vgl. Günter Ehnert (Hrsg.): Hit Bilanz. Deutsche Chart Singles 1956-1980. Hamburg: Taurus Press, 1990, S. 122
  9. Coverinfo
  10. Oberbürgermeisterin der Stadt lädt ein. Vicky, komm’ doch mal nach Lodz! Bild.de, 23. August 2012
  11. Video auf youtube, abgerufen am 29. Januar 2016
  12. Otto Waalkes - Theo, wir fahr'n nach Lodz!

Literatur

  • Peter E. Nasarski (Hrsg.), Edmund Effenberger: Lodz – „Gelobtes Land“. Von deutscher Tuchmachersiedlung zur Textilmetropole im Osten. Berlin/Bonn 1988, ISBN 3-922131-63-8.

Weblinks