Gottfried John
Gottfried John (* 29. August 1942 in Berlin; † 1. September 2014 in Utting am Ammersee) war ein deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Hörspielsprecher und Autor.
Seine Schauspielkarriere in Theater, Film und Fernsehen erstreckte sich von den 1960er-Jahren bis 2013 und umfasste über 100 Film- und Fernsehproduktionen. Bedeutend war seine Rolle als Kleinganove Reinhold Hoffmann in Rainer Werner Fassbinders 14-teiliger Alfred-Döblin-Verfilmung Berlin Alexanderplatz – bis dato einer der längsten Filme, die jemals gedreht wurden.[1] International bekannt wurde John 1995 als General Ourumov in dem James-Bond-Film GoldenEye.
Leben
Herkunft und Ausbildung
Gottfried Johns Vater war ein bereits verheirateter Ingenieur, den er nie kennengelernt hat.[2] Mit seiner Mutter wurde er während des Zweiten Weltkrieges nach Ostpreußen evakuiert. Nach Kriegsende zog er mit ihr in Deutschland von Stadt zu Stadt. Nachdem ihr das Sorgerecht entzogen worden war, wuchs er bis zu seinem 15. Lebensjahr in Heimen auf. In einem Heim brach er sich auch die Nase, was sein Gesicht unverwechselbar machte.[3] Danach lebte er bis 1960 mit seiner Mutter in Paris, anschließend in Berlin, wo er Schauspielunterricht bei Marlise Ludwig nahm.
Theater
Sein Bühnendebüt gab John am Schillertheater. 1963 spielte er an der Landesbühne Hannover, 1965 am Theater Krefeld, danach in Heidelberg.[1][4] Im August 2006 spielte er in Bertolt Brechts Dreigroschenoper im Berliner Admiralspalast die Rolle des Jonathan Jeremiah Peachum in einer Inszenierung von Klaus Maria Brandauer.
Film, Fernsehen und Synchron
1960 debütierte John in einer kleinen Rolle als Telefonist in Claude Autant-Laras Die Nacht der Liebenden, bevor er 1971 von Regisseur Volker Vogeler mit der Titelrolle in dem Filmdrama Jaider – der einsame Jäger betraut wurde. Später arbeitete er für mehrere Film- und Fernsehproduktionen sowie mehrere Theaterinszenierungen mit Rainer Werner Fassbinder zusammen, wo er u. a. 1980 den Kleinganoven Reinhold Hoffmann in der 14-teiligen Alfred-Döblin-Verfilmung Berlin Alexanderplatz gab.[1]
1985 wurde John von Xaver Schwarzenberger und Otto Waalkes als Gangster Sonnemann in der Filmkomödie Otto – Der Film, dem bis heute dritterfolgreichsten deutschen Kinofilm seit Beginn der Zuschauerzahlenerfassung 1968, besetzt. Der internationale Durchbruch kam für ihn 1995 an der Seite von Pierce Brosnan als General Ourumov in dem James-Bond-Film GoldenEye. Ein Jahr später spielte er unter der Regie von Volker Schlöndorff in Der Unhold, nach einem Roman von Michel Tournier mit John Malkovich in der Titelrolle. 2000 war er in Lebenszeichen – Proof of Life neben Meg Ryan und Russell Crowe zu sehen. Für seine Rolle als Julius Caesar in Asterix und Obelix gegen Caesar, dem erste Realfilm der Comicreihe Asterix, wurde er ebenfalls im Jahr 2000 als bester Nebendarsteller mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet.
2006 spielte er in Miguel Alexandres Fernsehzweiteiler Störtebeker an der Seite von Ken Duken die Rolle des Konrad von Wallenrode. In dem von Ulrich König inszenierten Märchenfilm Rumpelstilzchen aus der Filmreihe Sechs auf einen Streich übernahm John 2009 die Rolle des goldgierigen Königs. Dani Levy besetzte ihn 2010 in seinem Filmdrama Das Leben ist zu lang als alternden Filmstar Georg Maria Stahl. In der Romanverfilmung Rubinrot aus der Buchreihe Liebe geht durch alle Zeiten von Kerstin Gier hatte er 2013 als Dr. White seine letzte Rolle auf der Kinoleinwand vor seinem Tod im September 2014. Danach trat er in keiner Rolle mehr in Erscheinung.
John war neben seinen Arbeiten auf der Bühne vor der Kamera als Synchronsprecher tätig. Dem US-amerikanischen Schauspieler Dustin Hoffman lieh er 2008 in der DreamWorks-Animations-Actionkomödie Kung Fu Panda sowie in der Fortsetzung Kung Fu Panda 2 (2011) die Stimme der Figur des Meister Shifu.
Autorentätigkeit und Privates
2000 erschien unter dem Titel Bekenntnisse eines Unerzogenen im Econ Verlag eine Autobiografie Gottfried Johns. 2003 veröffentlichte er als Autor mit Das fünfte Wort einen selbstgeschriebenen Roman im Ullstein Verlag.
Nachdem John seinen Wohnsitz zwölf Jahre lang in dem belgischen Grenzort Kelmis gehabt hatte, lebte er ab 2008 mit seiner Ehefrau in Utting am Ammersee, unweit von München.[4][5][6] Dort starb Gottfried John am 1. September 2014 im Alter von 72 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung.[7][8] Das Grab befindet sich auf dem Friedhof seines letzten Wohnortes.[9]
Filmografie
Kinofilme
- 1960: Die Nacht der Liebenden
- 1962: Café Oriental
- 1962: Das Mädchen und der Staatsanwalt
- 1971: Jaider – der einsame Jäger
- 1975: Mutter Küsters’ Fahrt zum Himmel
- 1977: Und Rosa und Marilyn und …
- 1977: Die Bibel – Abraham
- 1978: Despair – Eine Reise ins Licht
- 1978: Fedora
- 1978: Ich hab’ dich lieb
- 1978: In einem Jahr mit 13 Monden
- 1979: Die Ehe der Maria Braun
- 1980: Lili Marleen
- 1983: Ente oder Trente
- 1984: Super
- 1984: Die Mitläufer
- 1984: Chinese Boxes
- 1985: Mata Hari
- 1985: Otto – Der Film
- 1988: Schön war die Zeit
- 1990: Der Sommer des Schakals (Death Has a Bad Reputation)
- 1990: Hotel zur Unsterblichkeit (Wings of Fame)
- 1992: Die Verfehlung
- 1992: Die Zeit danach
- 1993: Novalis – Die blaue Blume
- 1995: James Bond 007 – GoldenEye
- 1996: Der Unhold (The Ogre)
- 1998: Bin ich schön?
- 1999: Asterix und Obelix gegen Caesar
- 2000: Lebenszeichen – Proof of Life (Proof of Life)
- 2002: Nancy & Frank – A Manhattan Love Story
- 2003: Sams in Gefahr
- 2003: Im Visier des Bösen (Entrusted)
- 2004: Nullachtfuffzehn
- 2005: The Piano Tuner of Earthquakes
- 2007: Die Flut – Wenn das Meer die Städte verschlingt (Flood)
- 2009: John Rabe
- 2009: Operation Schwarze Blumen (Flores Negras)
- 2010: Das Leben ist zu lang
- 2013: Rubinrot
Fernsehfilme
- 1971: Carlos
- 1973: Welt am Draht (Zweiteiler)
- 1977: Bolwieser (Zweiteiler)
- 1977: Edwards Film
- 1978: Marija
- 1978: 1982: Gutenbach
- 1978: Wo die Liebe hinfällt
- 1979: Die große Flatter (Dreiteiler)
- 1979: Theodor Chindler (Achtteiler)
- 1979: Die Ratten
- 1980: Berlin Alexanderplatz (Mehrteiler)
- 1980: Reiseabrechnung
- 1983: Die Matrosen von Kronstadt
- 1985: Bartholomé oder die Rückkehr der weißen Götter
- 1985: Die Schwärmer
- 1985: Verworrene Bilanzen
- 1986: Pattbergs Erbe
- 1986: Bluterbe (Of Pure Blood)
- 1986: Das Gehirn zu Pferde
- 1986: Franza
- 1988: Blue Blood. Leben und Sterben in der Society
- 1990: Night of the Fox
- 1990: Drehort Pfarrhaus (Dreiteiler)
- 1990: Allein gegen die Mafia (Fünfteiler)
- 1991: Elfenbein
- 1991: Ich schenk dir die Sterne
- 1991: Pakt mit dem Tod (Colpo di Coda)
- 1993: Das Sahara-Projekt (Dreiteiler)
- 1994: Die Bibel – Abraham
- 1994: Baldipata
- 1994: Beckmann und Markowski: Tödliches Netz (Zweiteiler)
- 1994: Die Falle
- 1995: Ein letzter Wille
- 1995: Brüder auf Leben und Tod
- 1996: Bedrohliche Schatten
- 1996: Beckmann und Markowski: Im Zwiespalt der Gefühle
- 1998: Mein zweites Leben
- 1998: Die Fremde in meiner Brust
- 1998: Glatteis
- 1999: Balzac – Ein Leben voller Leidenschaft
- 1999: Beckmann und Markowski: Gehetzt
- 2000: Teuflischer Engel
- 2001: Maria Magdalena (Gli amici di Gesù – Maria Maddalena)
- 2002: Churchill – The Gathering Storm (The Gathering Storm)
- 2002: Der Solist – In eigener Sache
- 2003: Augustus – Mein Vater der Kaiser (Imperium: Augustus)
- 2004: Julie – Agentin des Königs (Julie, chevalier de Maupin)
- 2004: Die schöne Braut in Schwarz
- 2004: Renzo e Lucia
- 2006: Störtebeker (Zweiteiler)
- 2007: Das zweite Leben
- 2008: Das Papst-Attentat
- 2009: Rumpelstilzchen
- 2010: Aghet – Ein Völkermord (Dokumentation)
- 2011: Liebe und Tod auf Java (Zweiteiler)
- 2012: Die Löwin
Fernsehserien- und reihen
- 1972: Acht Stunden sind kein Tag (5 Folgen)
- 1975: Der Kommissar (Folge Der Held des Tages)
- 1976: Derrick (Folge Das Superding)
- 1976: Jörg Preda berichtet (2 Folgen)
- 1985: Ein Fall für zwei (Folge Fluchtgeld)
- 1989: Ein Fall für zwei (Folge Seitensprung)
- 1993: Space Rangers (6 Folgen)
- 1994: Polizeiruf 110: Arme Schweine
- 1994: Wolffs Revier (Folge Taekwondo)
- 1995: Tatort: Der König kehrt zurück
- 2002: Die Cleveren (Folge Arzt und Dämon)
- 2004: Donna Leon – Acqua Alta
Synchronrollen
- 2008: Kung Fu Panda als Meister Shifu für Dustin Hoffman
- 2011: Kung Fu Panda 2 als Meister Shifu für Dustin Hoffman
Hörspiele (Auswahl)
- 1969: Der Konzern (als Paul Barnett) von Hermann Ebeling, Regie: Andreas Weber-Schäfer
- 1970: Der Fall Kovac (als Assistent Wessel) von Michail Krausnick nach Howard Fast, SDR, Regie: Andreas Weber-Schäfer
- 1970: Gehirn Nr. 45 (als Student Schieke) von Horst Krautkrämer nach Ardrey Marschall, SDR, Regie: Andreas Weber-Schäfer
- 1973: Der Unentbehrliche (als Regierungsagent Pentzold) von Horst Zahlten, SDR, Regie: Andreas Weber-Schäfer
- 1976: Pferde (als Otmar), RIAS-Berlin, nach einer Geschichte von Anna Zepf in 35 Szenen, Regie: Hans Ulrich Minke, seitdem nie wieder im Radio gesendet
- 1978: Tödliche Dosis für Millionen (als Brospier) von Hans Peter Preßmar, SDR, Regie: Andreas Weber-Schäfer
- 1995: Dracula (als van Helsing), Dreiteiler des WDR nach dem gleichnamigen Roman von Bram Stoker, Regie: Annette Kurth[10]
- 2003: 20.000 Meilen unter den Meeren (als Erzähler/Aronnax) nach Jules Verne, Regie: Walter Adler, MDR und Radio Bremen, ISBN 3-89940-285-5
- 2005: Ritter Artus und die Ritter der Tafelrunde (als Merlin), Kinderhörspiel in 6 Teilen von Karlheinz Koinegg, WDR, Regie: Angeli Backhausen
Hörbücher
- Gottfried John liest: Die toten Seelen von Nikolai Gogol. 2006, ISBN 978-3-7831-2794-2.
- Gottfried John liest: Die Stunden von Michael Cunningham. 2007, ISBN 978-3-86604-759-4.
Bibliografie
- Gottfried John: Bekenntnisse eines Unerzogenen, Autobiografie, Econ Verlag, Berlin 2000, ISBN 978-3-430-15109-2.
- Gottfried John: Das fünfte Wort, Roman, Ullstein Verlag, Berlin 2003, ISBN 978-3-550-08427-0.
Auszeichnungen
- 1982: Großer Hersfeld-Preis für die Rolle als Jago in Othello
- 2000: Bayerischer Filmpreis für Asterix & Obelix gegen Caesar (Bester Nebendarsteller)
- 2004: Euregio Filmball Bester Euregio-Schauspieler
- 2006: DIVA-Award in der Kategorie European Award (Hall of Fame)
Literatur
- Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 464.
- Alexandra Obradović: Gottfried John – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 32, 1999.
- C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 344.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 229 f.
Weblinks
- Literatur von und über Gottfried John im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- fehlende IMDb-Kennung (Fehler 1: IMDb-Kennung weder in der Vorlage noch in Wikidata vorhanden)
- Gottfried John bei filmportal.de
- Gottfried John in der Deutschen Synchronkartei
- Gottfried John bei prisma
Einzelnachweise
- ↑ a b c Gottfried John. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 26. Juni 2021.
- ↑ Krebstod mit 72 Jahren – Trauer um Gottfried John. In: Bayerischer Rundfunk. 2. September 2014, archiviert vom Original am 6. September 2014; abgerufen am 4. September 2014.
- ↑ Wie der einsame Wolf ein Weltstar wurde. In: FAZ.NET, 2. September 2014, abgerufen am 3. September 2014.
- ↑ a b Der James-Bond-Bösewicht mit der Boxernase. In: Die Welt, 29. August 2012.
- ↑ Gottfried John. In: Deutsches Filmhaus.de, 8. September 2012.
- ↑ Gottfried John lebt wieder in Deutschland. In: Bunte, 20. Januar 2008.
- ↑ Gottfried John ist tot. In: Focus, 2. September 2014, abgerufen am 2. September 2014.
- ↑ Die Schicksalsschläge der Fassbinder-Stars. In: N24, 3. September 2014, abgerufen am 3. September 2014.
- ↑ knerger.de: Das Grab von Gottfried John
- ↑ Dracula. In: 1 Live, abgerufen am 1. Februar 2014.
Personendaten | |
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NAME | John, Gottfried |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Hörspielsprecher und Autor |
GEBURTSDATUM | 29. August 1942 |
GEBURTSORT | Berlin, Deutsches Reich |
STERBEDATUM | 1. September 2014 |
STERBEORT | Utting am Ammersee, Bayern, Deutschland |