Die Galerie im Setzkasten

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Die Galerie im Setzkasten ist eine Sammlung von Unikaten, angefertigt für einen Setzkasten, wie er zu Zeiten des Bleisatzes verwendet wurde. Initiator dieses kleinen «Museums» grafischer Künste ist der gelernte Schriftsetzer und ehemalige Druckereileiter Arno Stolz.

Idee

Die Idee zu diesem Projekt hatte Stolz 1979, als sein Sohn ihm und seiner Frau Edith eine Miniaturmalerei in der Größe eines Setzkastenfaches mit den Initialen E & A schenkte.[1] Charakteristische Originalbeiträge von national und international bekannten Grafikdesignern, Illustratoren und Typografen sollten den Setzkasten füllen. Ab 1980 begann Stolz handschriftlich verfasste Briefe an Gestalter weltweit zu schicken. Den Briefen legte er eine schematische Zeichnung des Setzkastens bei, in der er das zugewiesene Setzkastenfach für den jeweiligen Gestalter markierte. Anton Stankowski, Otl Aicher, Willem Sandberg, Karl Oskar Blase, Kurt Weidemann, Christof Gassner, Hermann Zapf – die ersten Gestalter antworteten rasch, waren vom Projekt angetan und steuerten ihrerseits Namen von Gestaltern bei, die in der Sammlung vertreten sein müssten.

Umfang

Die Galerie umfasst insgesamt vier Setzkästen: Setzkasten 1 wurde von 1980 bis 1996 befüllt. Seine Maße sind: 610 mm hoch, 960 mm breit und 26 mm tief. Er hat 125 Fächer, das kleinste Fach ist 50 × 40 mm groß, die elf großen Fächer sind 106 × 85 mm. Setzkasten 2 wurde von 1985 bis 1997 befüllt. Maße und Fächer sind mit denen des Setzkastens 1 identisch. Neben den beiden großen Setzkästen gehören zur Galerie noch ein Ziffernkasten mit zehn Fächern und ein Bruchziffernkasten mit 22 Fächern. Beide Kästen sind jeweils 280 mm hoch, 220 mm breit und 22 mm tief. Befüllt wurden sie von 1999 bis 2014. Alle vier Setzkästen mit 282 Beiträgen waren nach 34 Jahren mit Werken von Gestaltern aus 24 Nationen befüllt: Belgien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Japan, Kroatien, Kuba, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Tschechien, Türkei, Ungarn, USA und Venezuela.[2]

Inhalt

In den Setzkästen befinden sich neben zweidimensionalen Arbeiten aus Papier und Karton eine ganze Reihe dreidimensionaler Objekte. Zum Beispiel das ei von Milton Glaser und die in Gips gegossene Messinglinie mit Bleilettern von Wolfgang Weingart. An Materialien finden sich in den Setzkästen Acrylglas, Blattgold, Blei, Draht, Elefantenhaut, Farbfolie, Farbpapiere, Feinsilber, Fotopapier, Gips, Holz, Japanpapier, Karton, Klarsichtfolie, Kordel, Kunststoff, Messingzahnräder aus Uhren, Papier, Spiegel, Spiegelfolie, Stein, Sumi-Tusche, Wellpappe, Zelluloid. Die von den Gestaltern angewandten Techniken sind ebenfalls breit gefächert: Acryl, Aquarell, Buchdruck, Buntstift, Filzstift, Kupferdruck, Kugelschreiber, Offsetdruck, Prägedruck, Siebdruck, Tempera, Tintenstrahldruck, Tusche.

Sammlung

Die umfangreiche Korrespondenz von Stolz mit Gestaltern aus aller Welt ergab auch eine Sammlung von ca. 600 Briefhüllen und Briefen, von Hand oder mit Schreibmaschine geschrieben. Mit manchen Gestaltern tauscht Stolz heute noch jährlich einen Neujahrsgruß aus. Außerdem finden sich in der Sammlung Plakate, Bücher, Druckgrafiken, Zeichnungen, Fotografien und Alternativen zum Setzkastenbeitrag – Geschenke der Gestalter an den Sammler Arno Stolz.

Gestalter (Auswahl)

Veröffentlichung

Fachzeitschriften für Typografie, Gestaltung und Druck wie Baseline, Page und Druckspiegel, berichteten in der 1980er und 1990er Jahren über die Galerie im Setzkasten. Die Bandbreite der Gestalter und ihre teils persönlichen Widmungen für den Sammler Stolz weckten das Interesse. Die Zeit, in der die Setzkästen auf dem Sperrmüll landeten oder auf Flohmärkten verkauft wurden, lag noch nicht lange zurück.

2014 schloss David Fischbach sein Studium Kommunikationsdesign im Fachbereich Design an der Hochschule Düsseldorf mit einer Buchgestaltung über Die Galerie im Setzkasten und den Sammler Arno Stolz ab. Die 9k-Galerie in Willich stellte 2016 erstmals alle vier Sätzkästen aus und zeigte Plakate, Grafiken, Zeichnungen, Neujahrskarten, Bücher, Objekte, Briefumschläge und 160 Briefe aus der Sammlung. 2019 veröffentlichte der Niggli Verlag das Buch von Fischbach. Erik Spiekermann schrieb im Vorwort: «Arnos einfache Idee war also ein Geniestreich. Die Reduktion auf dieses kleine Behältnis hat uns alle angespornt, wie überhaupt die besten Lösungen enge Vorgaben brauchen, um nicht als kreative Allgemeinplätze zu enden.»[4]

Literatur

  • Berthold Hengstermann, Helmut Schmidt Rhen: Arnos Stolz. In: OETZ. Zeitschrift im Fachbereich Design der Fachhochschule Düsseldorf, Nr. 13, Januar 1986, S. 30–31.
  • Kurt Wolf: „Die Galerie im Setzkasten.“ Interview mit dem Dortmunder Schriftsetzer Arno  Stolz. In: Der Druckspiegel. Fachzeitschrift für deutsche und internationale Drucktechnik. Ausgabe 1/1987.
  • Albert Dommer: Typografie statt Typen. In: Page, Nr. 2 Februar 1992.
  • Hans Dieter Reichert: Type case 1+2. In: Baseline. International Typographics Magazine. Nr. 28, Bradbourne Publishing, Kent 1999, ISSN 0954-9226.
  • Herbert Lechner: Klein-Kunst: Die Galerie im Setzkasten. In: novum, 1/2019, Stiebner Verlag, ISSN 1438-1753.
  • David Fischbach (Hrsg.): Die Galerie im Setzkasten. Der Sammler Arno Stolz. Niggli Verlag, Salenstein 2019, ISBN 978-3-7212-0986-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. David Fischbach (Hrsg.): Die Galerie im Setzkasten. Der Sammler Arno Stolz. Niggli Verlag, Salenstein 2019, ISBN 978-3-7212-0986-0, S. 5.
  2. David Fischbach (Hrsg.): Die Galerie im Setzkasten. Der Sammler Arno Stolz. Niggli Verlag, Salenstein 2019, ISBN 978-3-7212-0986-0, S. 292–293.
  3. David Fischbach (Hrsg.): Die Galerie im Setzkasten. Der Sammler Arno Stolz. Niggli Verlag, Salenstein 2019, ISBN 978-3-7212-0986-0, S. 288–289.
  4. David Fischbach (Hrsg.): Die Galerie im Setzkasten. Der Sammler Arno Stolz. Niggli Verlag, Salenstein 2019, ISBN 978-3-7212-0986-0, S. 4.

Koordinaten: 51° 15′ 9,4″ N, 6° 35′ 22,5″ O