Konzil von Mantua (1459)

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PinturicchioPius II. beruft das Konzil von Mantua ein, in der Piccolomini-Bibliothek, Dom von Siena

Das Konzil von Mantua im Jahr 1459, oder der Kongress von Mantua, wurde von Papst Pius II., nur wenige Wochen nach der Papstwahl einberufen um die weltlichen Fürsten zur Unterstützung eines Kreuzzuges gegen die Türken zu animieren. Der im Jahr darauf abgehaltene Fürstenkongress, der von Juni 1459 bis Januar 1460 tagte[1], sollte einen Krieg gegen die Osmanen zu organisieren, die 1453 Konstantinopel eingenommen hatte. Er appellierte an die Herrscher Europas, nicht mehr gegeneinander zu kämpfen, sondern sich gegen den gemeinsamen Feind des Christentums zu vereinen.[2] Die Kriege in Norditalien waren gerade mit dem Frieden von Lodi zu Ende gegangen, aber in England wurden gerade die Rosenkriege geführt und der Dreizehnjährige Krieg der preußischen Städte mit dem Landadel gegen den Deutschen Orden, deren Unterstützung entscheidend gewesen wäre.[3]

Ablauf des Konzils

Der Papst hat am 13. Oktober 1458, eineinhalb Monate nach seiner Wahl, die Bulle Vocavit vos pius vor den Gesandten der italienischen Städte vorgelesen, womit er die politischen Mächte der Christenheit zu einem Kongress mit dem Thema der Organisation eines Kreuzzuges gegen die Türken einlud. Die größte Gefahr für den Papst war, dass die dieta (Versammlung) zu einem echten Konzil werden konnte, auf dem die päpstliche Autorität thematisiert und angezweifelt werden konnte.[4]

Pius II. betrat Mantua am 27. Mai und sein langer Weg zum Versammlungsort glich einer Prozession. Er eröffnete das Konzil am 1. Juni und erwartete als Gast von Ludovico III. Gonzaga bis September die Vertreter der verschiedenen Herrscher. Am 26. September bat er die Anwesenden um einen neuen Kreuzzug gegen die Osmanen. Es waren die Kardinäle Bessarion und Juan de Torquemada anwesend. Philipp III. von Burgund wurde von Herzog von Clevès vertreten, der den jungen burgundischen Kleriker Ferry de Clugny mitbrachte. Die Humanistin Isotta Nogarola schrieb ein Rede zugunsten des Kreuzzuges und sandte sie dem Papst.

Für einen Kreuzzug waren nicht alle Kirchenführer. Der venezianische Kardinal Ludovico Trevisan, Patriarch von Aquileia, traf Pius II. am 16. März in Siena und folgte ihm nach Mantua, obwohl er gegen die Einberufung des Konzils war.[5]

Beschlüsse

Das gegenseitige Misstrauen zwischen kaiserlichen und fürstlichen Vertretern führte in Mantua zu langwierigen Diskussionen. Letztlich aber besiegte der Papst die Sturheit der Deutschen „dulcioribus verbis“, sodass man sich am 19. Dezember 1459 auf die Provisio Germaniae einigen konnte. Diese umfasste das bereits Nikolaus V. in Aussicht gestellte Heer von 40.000 Mann, unter Voraussetzung, dass Italien eine Flotte bereitstellte. Zwei weitere Reichstage zur Sicherung des Reichsfriedens und zur Diskussion von Aufstellung, Finanzierung und inneren Reichsfrieden wurden für den kommenden März angesetzt.[6]

Wirkung

Als das Konzil im Januar 1460 aufgelöst wurde, war eine wirkungslose Forderung nach einem neuen Kreuzzug gegen die Ungläubigen beschlossen und von Pius am 14. Januar verkündet worden. Der einberufene Kongress wurde nur schwach besucht und machte klar, dass die Fürsten die Türkenabwehr als Propagandamittel bzw. bereits als Spielstein einer neuen ‚Realpolitik‘ nutzten.[7] In zähen Verhandlungen errang Pius nur unverbindliche Zusagen, während die weit wichtigsten Adressaten, der französische König Karl VII. und der deutsche Kaiser Friedrich III., dem Kongress keine größere Bedeutung beimessend, selbst nicht erscheinen und ihre Gesandten sich trotz eindringlicher Aufforderung vonseiten der Kurie erst nach der Auflösung des Kongresses in Mantua einfanden[1].

Nach dem Konzil Mantua marschierte niemand gen Osten. Im Reich brach Krieg aus. Die anberaumten Reichstage in Deutschland für die Planung des Kreuzzuges blieben schlecht besucht und wurden von der Reichs-Opposition dominiert. Diese torpedierte den Finanzierungsplan unter Berufung auf Konzilsbeschlüsse und sprach der Versammlung die repräsentative Legitimation ab. Als nach insgesamt drei Reichstagen ein weiterer in Anwesenheit des Kaisers gefordert wurde, gab der Legat Bessarion zermürbt auf.[8]

Einer der wenigen europäischen Herrscher, die den Kreuzzug voll und ganz unterstützten, war Vlad III., obwohl er zu sehr damit beschäftigt war, seine Heimat Walachei zu verteidigen, um Truppen zu Verfügung zu stellen.[9] Pius II. versuchte weiter, die christlichen Fürsten zu einem Kreuzzug zu bewegen, um Konstantinopel zu befreien. Er starb drei Jahre später in Ancona.

Zum Abschluss des Kongresses in Mantua verfasste Pius zwei Bullen, deren Inhalt die Papstpolitik der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kennzeichnet. Die erste, die Ecclesiam Christi, gibt die Beschlüsse des Kongresses wieder: ein auf drei Jahre angesetzter Krieg gegen die Türken, die Ablassbedingungen für aktive wie passive Teilnahme am Kreuzzug, sowie Bestimmungen hinsichtlich der Finanzierung des geplanten Kreuzzugunternehmens. Die zweite Papstbulle, die Execrabilis et pristinis temporibus, richtet sich gegen die im 15. Jahrhundert verbreitete Praxis der Konzilsappellation und verbietet diese mit der Androhung des Banns und des Interdikts.[1] Damit war es untersagt, gegen eine Entscheidung des Papstes Appellation an ein Konzil einzulegen.[10] Nach der am 18. Januar 1460 erlassenen Bulle Execrabiliswar eine Appellation an ein allgemeines Konzil gegen den Papst mit der Exkommunikation belegt. Damit war dem Konziliarismus ein wichtiges Instrument aus der Hand genommen.[11]

Konzil in der Kunst

Pius II. in Mantua während des Konzils, Fresko von Pinturicchio in der Piccolomini-Bibliothek, Dom von Siena

Der Maler Andrea Mantegna wurde 1457 von Ludovico III. nach Mantua eingeladen: obwohl er in Padua blieb, malte er für den Podestà Orazione nell’orto (heute in der National Gallery von London): Auf dem Gemälde schlafen die Apostel in Getsemani, während Jerusalem als Konstantinopel dargestellt wird, auf dessen Denkmälern nun der Halbmond steht, ein Zeichen für die Eroberung durch die Osmanen.[12]

Eine der vielen Deutungen des Gemäldes Die Geißelung Christi von Piero della Francesca besagt, dass es sich auf das Konzil von Ferrara/Florenz beziehe und auf dessen Versuch, die Kirchen des Ostens und des Westens wieder zu vereinigen, und dass es insofern ein Manifest an das folgende Konzil von Mantua sei. Einige Jahre nach dem Tod des Papstes stellte Pinturicchio die Einberufung des Konzils unter den Szenen aus dem Leben von Pius II. in der Piccolomini-Bibliothek am Dom von Siena dar.

Tarot-Historiker wie Heinrich Brockhaus[13] haben erklärt, dass das sogenannte Mantegna Tarocchi während der Ratstagungen hergestellt wurde.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Yigit Topkaya: Die Sultanstaufe durch den Papst: Ekklesiologische Motive eines Briefes in Augen-Blicke sichtbarer Gewalt? Eine Geschichte des ›Türken‹ in medientheoretischer Perspektive (1453–1529) S. 59–92
  2. Oratio de bello contra Turcos gerendo facta in conventu Mantuano a. 1459 Eröffnungsrede des Papstes auf dem Kongress von Mantua 1459 bei: Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters
  3. Eröffnung des Kongresses von Mantua. La Biblioteca Teresiana, abgerufen am 17. Mai 2019 (italienisch).
  4. Panagiotis Kourniakos S. 59
  5. Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. Ludovico Trevisano. 2018, abgerufen am 17. Mai 2019 (englisch).
  6. Fabian Fischer, S. 41
  7. Johannes Helmrath: Pius II. in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 492–494
  8. Fabian Fischer, S. 43
  9. Treptow, Kurt W.: Vlad III Dracula: the life and times of the historical Dracula. The Center for Romanian Studies, 2000, ISBN 973-98392-2-3.
  10. Konzilsappellation in: Deuscher Enzyklopädie
  11. Hannah Tietze: Die Bulle Execrabilis Pius’ II. aus dem Jahr 1460 und ihre Auswirkungen auf die Konzilsappellationen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In: Concilium Medii Aevi. Band 12, 2009.
  12. J. H. Whitfield: Mantegna and Constantinople (= The Burlington Magazine. Nr. 886). Januar 1977, S. 41.
  13. Brockhaus, Ein edles Geduldspiel: „Die Leitung der Welt oder die Himmelsleiter“, die sogenannten Taroks Mantegnas.