Gemeindeverband (Deutschland)

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Dreieck mit dem Bund an der Spitze, darunter in Schichten die Bundesländer, optional Regierungsbezirke, (Land-)Kreise, optional Gemeindeverbände und Gemeinden. Die strikte Schichtung wird durchbrochen durch Stadtstaaten und Kreisfreie Städte, die Aufgaben mehrerer Schichten wahrnehmen.BundBundesländer/FlächenländerBundesländer/Stadtstaaten(Regierungsbezirke)(Land-)KreiseGemeindeverbände(Gemeindeverbandsangehörige/Kreisangehörige Gemeinden)(Gemeindeverbandsfreie) Kreisangehörige GemeindenKreisfreie Städte
Vertikale Staatsstruktur Deutschlands

Ein Gemeindeverband ist in Deutschland der Zusammenschluss von mindestens zwei Gemeinden zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Zweck, im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung in größerem Umfange öffentliche Aufgaben unter Beibehaltung der Selbstständigkeit der Mitgliedsgemeinden wahrzunehmen.

Allgemeines

Der Gemeindeverband ist eine Form der interkommunalen Zusammenarbeit und wird mehrfach im Grundgesetz erwähnt,[1] dort allerdings als unbestimmter Rechtsbegriff verwendet. Die Konkretisierung von Form und Organisation des Zusammenschlusses zu Gemeindeverbänden wurde den Bundesländern überlassen, die hierfür eigens Regelungen geschaffen haben. Diese Regelungen (etwa das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit, GkG NRW) sind teilweise uneinheitlich erfolgt. So wird im GkG NRW der Gemeindeverband als bekannt vorausgesetzt und der Zweckverband nach § 5 Abs. 2 GkG NRW dem Gemeindeverband gleichgestellt.

Geschichte

In § 3 des württembergischen Verwaltungsedikts von 1822 war festgelegt, dass jede Gemeinde das Recht habe, „alle auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegenheiten zu besorgen, ihr Gemeindevermögen selbständig zu verwalten […]“[2] Hier wird zwar erstmals der Begriff des Gemeindeverbands erwähnt, ist aber in diesem Zusammenhang wohl als „Einheit der Gemeinde“ zu verstehen. Für Rudolf von Gneist vollzog sich im Jahr 1870 wirtschaftliche Selbstverwaltung wie obrigkeitliche Selbstverwaltung grundsätzlich im Rahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden.[3] Im Jahr 1928 subsumierte Hans Peters alle Erscheinungsformen kommunaler Selbstverwaltung, also auch Gemeinden, unter den Begriff des Gemeindeverbands.[4] Gemeinden und Gemeindeverbände waren ab 1945 die zuerst wieder funktionsfähigen öffentlichen Körperschaften.

Rechtsfragen und Abgrenzung

Rechtliche Grundlagen

Der Begriff des Gemeindeverbands ist konstitutionell nicht legaldefiniert und wird im Grundgesetz unterschiedlich verwendet. Sicher ist, dass er die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Kreise und Gemeinden umfasst.[5] Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gilt auch für Gemeindeverbände, sofern ihre Mitglieder ausschließlich Bürger sind. Durch die einzig zulässige Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts sind die Gemeindeverbände eine juristische Person des öffentlichen Rechts, haben dadurch eine eigene Rechtspersönlichkeit und weisen Pflichtmitglieder auf. Er gehört kraft seiner Rechtsform und Satzungsgewalt zu den Selbstverwaltungskörperschaften. Sein Körperschaftsstatus erfordert eine Satzung (Gemeindeverbandssatzung), aus der die Verbandsmitglieder (Mitgliedskommunen), die Organe (Gemeindeverbandsorgane), sein Verbandsgebiet und die Regelung seiner Finanzen hervorgehen.

Gemeindeverbände im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Landessatzung für Schleswig-Holstein sind einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 1979 zufolge nur solche kommunalen Zusammenschlüsse, die entweder zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildete Gebietskörperschaften sind oder die diesen Körperschaften jedenfalls nach dem Gewicht ihrer Selbstverwaltungsaufgaben sehr nahe kommen.[6] Ein lediglich geringer Umfang von Selbstverwaltungsaufgaben genügt demnach für Gemeindeverbände nicht.

Abgrenzung

In der Rechtswissenschaft besteht weitgehend Einigkeit lediglich darüber, dass die Landkreise als Gemeindeverbände zu qualifizieren sind, während die Zweckverbände wegen ihrer begrenzten Aufgaben nicht zu ihnen gerechnet werden. Die wörtliche Auslegung des Begriffes ist unergiebig, weil sie keine Bestimmung der wesentlichen Begriffsmerkmale ermöglicht. Sie lässt lediglich einen Rückschluss auf einen – wie auch immer gearteten – Verband von Gemeinden zu. Es handelt sich um einen typischen Sammelbegriff, der auch in der heutigen Gesetzessprache und Rechtswissenschaft ohne feste Konturen geblieben ist.

Der Gemeindeverband ist abzugrenzen insbesondere von solchen Formen der Zusammenarbeit von Gemeinden, denen als solche keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Beispiel ist dafür in Nordrhein-Westfalen die öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder in Baden-Württemberg die Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft zwischen Gemeinden.

Arten

Je nach Stellung im hierarchisch gegliederten Verwaltungsaufbau unterscheidet man

Je nachdem, ob die Mitglieder eines Gemeindeverbands Bürger oder Gemeinden/Gemeindeverbände sind, ist der Gemeindeverband eine unmittelbare oder mittelbare Gebietskörperschaft. Gemeindeverbände kommen in der Regel als freiwilliger Zusammenschluss von Gemeinden („Freiverband“) zustande, aber auch der gesetzlich erzwungene Pflichtverband ist möglich. Insbesondere sind die Landkreise (Kreise) vom Staat geschaffene Institutionen mit eigenen, nicht von den Gemeinden abgeleiteten Rechten.

Eine weitere Einteilung ergibt sich bezüglich der Mitglieder eines Gemeindeverbandes:

  • Der Gemeindeverband ist Gebietskörperschaft, falls seine Mitglieder die einzelnen Bürger eines bestimmten Gebietes sind. Das Mitgliedschaftsrecht der einzelnen Bürger äußert sich dabei insbesondere in der Wahl einer Volksvertretung für das Gebiet des Gemeindeverbandes. Die Gebietskörperschaft besitzt Gebietshoheit, d. h. den unmittelbaren Durchgriff auf ein bestimmtes Gebiet.
  • Der Gemeindeverband ist Bundkörperschaft, falls seine Mitglieder Gemeinden oder andere Gemeindeverbände eines bestimmten Bezirkes sind. Das oberste Organ einer Bundkörperschaft wird von den Mitgliedskörperschaften gewählt. Die Bundkörperschaft besitzt keine Gebietshoheit. Da das Niveau demokratischer Legitimation in den Gebietskörperschaften höher ist, sind deren Zuständigkeiten (z. B. Kreis) oftmals sehr viel weiter gezogen als die der Bundkörperschaften (z. B. Zweckverband).

Aufgaben

Die Aufgaben des Gemeindeverbands müssen ausschließlich innerhalb der Daseinsvorsorge liegen. Gemeindeverbänden kommt nicht wie Gemeinden an sich ein eigener Aufgabenkreis (örtliche Angelegenheiten) zu, er muss vielmehr gesetzlich oder satzungsmäßig ausgeformt werden. Hierbei übernehmen Gemeindeverbände meist übergemeindliche oder ergänzende Ausgleichsaufgaben, die eine einzelne Gemeinde wegen ihrer Finanz- und/oder Verwaltungskraft nicht erfüllen kann. Deshalb soll die Gründung von Gemeindeverbänden verhindern, dass die Erfüllung bestimmter kommunaler Aufgaben an der fehlenden Leistungsfähigkeit einer einzelnen Gemeinde scheitert. Diese Aufgaben können nach Zuschnitt, technischen Voraussetzungen, Finanzierbarkeit oder geschichtlichem Verständnis von den Gemeinden oder Landkreisen nicht „optimal“ wahrgenommen werden.[7] Gemeindeverband und Zweckverband unterscheiden sich durch die Ausrichtung ihrer Aufgaben. Beim Gemeindeverband sind die Aufgaben regelmäßig gebietsbezogen, beim Zweckverband hingegen vor allem gegenstandsbezogen. Die Finanzierung der Aufgaben erfolgt durch satzungsmäßig festgelegte Umlagen, die seine Mitglieder zu entrichten haben.

Beispiele

Anhand der vorgenannten Unterscheidungen gibt es folgende Beispiele von Gemeindeverbänden (Gebietskörperschaften, Bundkörperschaften):

Gebietskörperschaft Bundkörperschaft
oberhalb
der
Kreisebene
auf
Kreisebene
unterhalb
der
Kreisebene
  1. In Einzelfällen können Ämter Kreisgrenzen überschreiten.

Gemeinden und Gemeindeverbände nach Ländern

Quelle der Gemeindezahlen: unten stehende Listen (Stand: 1. Januar 2012)

Land Gemeinden davon
verbandsfrei*
Gemeinde-
verbände**
Städte kreisfreie
Städte °
Land-
kreise °
durchschnittliche
Einwohnerzahl
der Gemeinden[8]
durchschnittliche
Fläche (km²)
der Gemeinden[8]
Baden-Württemberg 1.101 190 270 312 (00) 09 35 0.009.767 032,40
Bayern 2.056 992 314 317 (00) 25 71 0.006.099 033,11
Berlin 0.001 001 000 001 (00) 01 00 3.460.725 887,70
Brandenburg 0.419 148 053 112 (00) 04 14 0.005.974 070,37
Bremen 0.002 002 000 002 (00) 02 00 0.330.353 209,62
Hamburg 0.001 001 000 001 (00) 01 00 1.786.448 755,16
Hessen 0.426 426 000 189 (00) 05 21 0.0 14.242 048,80
Mecklenburg-Vorpommern 0.783 040 078 084 (00) 02 06 0.002.098 029,62
Niedersachsen 1.008 286 132 163 0(10) 8 38 0.007.855 045,85
Nordrhein-Westfalen 0.396 396 000 270 (23) 22 31 0.045.133 086,08
Rheinland-Pfalz 2.306 048 162 128 (00) 12 24 0.001.736 008,61
Saarland 0.052 052 000 017 00(1) 0 06 0.019.569 049,40
Sachsen 0.458 234 090 174 (00) 03 10 0.009.060 040,22
Sachsen-Anhalt 0.220 103 018 104 (00) 03 11 0.010.614 092,95
Schleswig-Holstein 1.116 080 085 063 (00) 04 11 0.002.540 014,07
Thüringen 0.907 157 079 126 (00) 06 17 0.002.464 017,83
Deutschland 11.2520 3.1560. 1.2810. 2.0630. (110) 10700 2950 0.007.266 031,35

* Eigene Gemeindeverwaltung – keine Mitgliedschaft in einem Gemeindeverband „unterhalb“ der Kreisebene. (Amt (BB, MV, SH), Gemeindeverwaltungsverband (BW, HE), Samtgemeinde (NI), Verbandsgemeinde (RP, ST), Verwaltungsverband (SN), Verwaltungsgemeinschaft (BY, ST, TH), Zweckverbände unterhalb der Kreisebene).
** In Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gibt es keine Gemeindeverbände „unterhalb“ der Kreisebene.
° In der Spalte Landkreise sind die drei Kommunalverbände besonderer Art, die Region Hannover, der Regionalverband Saarbrücken und die Städteregion Aachen, die dem Deutschen Landkreistag angehören, eingerechnet. Die Städte Hannover, Saarbrücken und Aachen besitzen Sonderrechte, die den Rechten kreisfreier Städte ähneln. Auch für die Stadt Göttingen gelten, obwohl seit 1964 kreisangehörig, weitgehend weiter die Vorschriften für kreisfreie Städte.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Art. 28 GG, Art. 84 GG, Art. 85 GG, Art. 91e GG, Art. 93 GG, Art. 104b GG, Art. 105 GG, Art. 106 GG, Art. 107 GG, Art. 108 GG, Art. 115c GG, Art. 120 GG, Art. 134 GG, Art. 135a GG.
  2. Hans Peters (Hrsg.): Kommunalverfassung. Springer, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-86960-0, S. 83 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Rudolf von Gneist: Die preußische Kreis-Ordnung. 1870, S. 98 ff.
  4. Hans Peters: Grenzen der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen. 1928, S. 62.
  5. BVerfGE 119, 331 (352f.), Online
  6. BVerfGE 52, 95 (109)
  7. Eberhard Schmidt-Aßmann, Peter Badura (Hrsg.): Besonderes Verwaltungsrecht. Walter de Gruyter, Berlin 2005, ISBN 978-3-89949-195-1, S. 117 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. a b Statistisches Bundesamt (Memento des Originals vom 11. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.destatis.de (Stand: 31. Dezember 2010)