Kirche Wedereitischken

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Kirche Wedereitischken
(Kirche Sandkirchen)
Кирха Ведерайтишкена
Swjato-Wwedenskaja-Kirche
Кирха Свято-Введенская
Baujahr: 1906 bis 1907
Grundinstandsetzung:
2006 bis 2008
Einweihung: 22. Dezember 1907 (evang.)
20. Juli 2008 (orth.)
Stilelemente: Backsteinkirche, Neugotik
Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Wedereitischken
(Kirchenprovinz Ostpreußen, Kirche der Altpreußischen Union)
Lage: 54° 58′ 53,2″ N, 22° 17′ 46,5″ OKoordinaten: 54° 58′ 53,2″ N, 22° 17′ 46,5″ O
Standort: Timofejewo
Kaliningrad, Russland
Zweck: Evangelisch-lutherische,
seit 2008: orthodoxe Pfarrkirche
Gemeinde: Orthodoxe Gemeinde Timofejewo
Bistum: Diözese Kaliningrad und Baltijsk,
Russisch-orthodoxe Kirche

Die Kirche Wedereitischken (russisch Кирха Ведерайтишкена, der Ort hieß zwischen 1938 und 1946: Sandkirchen) war bis 1945 evangelisches Gotteshaus für das dazugehörige ostpreußische Kirchspiel des heute Timofejewo genannten Ortes in der Oblast Kaliningrad in Russland. Seit 2008 ist die Kirche russisch-orthodoxe Gottesdienststätte.

Geographische Lage

Timofejewo liegt 22 Kilometer südöstlich der Stadt Sowetsk (Tilsit) am linken Ufer der Scheschuppe (1938 bis 1945: Ostfluss). Von der russischen Regionalstraße R 508 (27A-27) bei Petropawlowskoje (Eggleningken, 1938 bis 1946 Lindengarten) führt eine Nebenstraße (27K-140) in nördliche Richtung nach Liwenskoje (Galbrasten, 1938 bis 1946 Dreifurt), die durch Timofejewo verläuft. Eine Bahnanbindung besteht nicht.

Die Kirche steht innerhalb des Ortes westlich der Hauptstraße nach Liwenskoje[1].

Kirchengebäude

Die Geschichte der Kirche Wedereitischken nimmt ihren Anfang im beginnenden 20. Jahrhundert[2]. Vor dem Bau der Kirche standen Altar und Taufstein im Schulgebäude, das als Notkirche diente. Im Jahre 1906 fand die Grundsteinlegung für das Gotteshaus statt. Am 4. Adventsonntag (22. Dezember) 1907 wurde es seiner Bestimmung übergeben.[3]

Die Kirche ist ein unverputzter Ziegelbau mit Westgiebel und spitzem Turm sowie einem gerade geschlossenen Chor mit Anklängen an die Architektur der Ordenszeit. Sie war mit Altar, Kanzel und Taufstein ausgestattet. Kaiserin Auguste Viktoria, die Ehefrau Kaiser Wilhelms II. soll der Kirche eine Bibel in silbernem Einband geschenkt haben.[4]

Die Kirche besaß von Anfang an eine Orgel. Ihr Geläut bestand aus zunächst zwei, später aus drei Glocken. Eine von ihnen wurde im Ersten Weltkrieg zum Einschmelzen abgeliefert, wurde dann aber wieder ersetzt.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kirche unversehrt, wurde aber in den Folgejahren zweckentfremdet und diente als Pferdestall, Getreidespeicher und auch Baumateriallager, nachdem sie völlig entkernt worden war. Das Hauptportal zum Turm wurde erweitert und stellte eine Quadratbresche dar. Die fehlende Gebäudepflege führte schließlich zum Einsturz des Daches.

Im Jahre 2005 wurde das einstige evangelische Gotteshaus der Russisch-orthodoxen Kirche übergeben.[3] Nach Jahren liebevoller Restaurierung und Herrichtung des Gebäudes in orthodoxem Stil (Einbau einer Ikonostase) wurde das dann Swjato-Wwedenskaja-Kirche („Mariä-Tempelgang-Kirche“, auch: „Mariä-Opfer-Kirche“) genannte Gotteshaus am 20. Juli 2008 von Erzbischof Kyrill I.,[4] damals Metropolit von Smolensk und Kaliningrad, dann Patriarch von Moskau und Russland, feierlich eingeweiht.[1]

Kirchengemeinde

Wedereitischken, seinerzeit ein unscheinbarer Ort an der Scheschuppe, wurde aufgrund seiner zentralen Lage im Jahre 1902 als Kirchdorf erwählt[5]. Zwei Jahre später wurde es auch Pfarrort, nachdem seit 1901 jedoch schon Hilfsprediger den „Seelsorgebezirk“ Wedereitischken betreuten. Das dazugehörige Kirchspiel[6] entstand durch Abtrennungen von der Kirche Budwethen (Altenkirch), der Kirche Lasdehnen (Haselberg) und der Kirche Wischwill. Durch den neuen Kirchort konnten den Gemeindegliedern weite Wege und Umwege zu den Gottesdiensten erspart werden.

Insgesamt gehörten 16 Dörfer, Ortschaften und Wohnplätze zum Kirchspiel, zu dem im Jahre 1925 2800 Gemeindeglieder gehörten. Im Kirchspielgebiet[7], durch das sich die Scheschuppe (Ostfluss) mit vielen Windungen auf einer Länge von zwölf Kilometern, teils mittendurch, teils als westliche und nördliche Begrenzung, schlängelte, war die Bevölkerung nahezu zu 100 % evangelischer Konfession. Die Kirchengemeinde war patronatlos. Sie gehörte bis 1945 zur Diözese Ragnit im Kirchenkreis Tilsit-Ragnit innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.

Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung in Folge des Zweiten Weltkrieges sowie die antikirchliche Politik der Sowjetunion brachten das kirchliche Leben in Timofejewo zum Erliegen.

Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts fassten hier orthodoxe Christen Fuß, denen die evangelische Pfarrkirche überstellt wurde. Für evangelische Kirchenglieder ist Sabrodino (Lesgewangminnen, 1938 bis 1946 Lesgewangen) die nächstgelegene Gemeinde. Sie gehört zur Propstei Kaliningrad[8] (Königsberg) der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Kirchspielorte (bis 1945)

Zwischen 1902 und 1945 bestand das evangelische Kirchspiel Wedereitischken (Sandkirchen) mit seinen 16 Orten[5][9]:

Name Änderungsname
1938 bis 1946
Russischer Name Name Änderungsname
1938 bis 1946
Russischer Name
Alt Krauleidszen
1936–38: Alt Krauleidschen
Hohenflur (Ostpr.) Chworostjanka Klein Kackschen Kleinbirkenhain Alexejewka
Aszen
1936–46: Aschen
Chworostjanka Klein Rudminnen Kleinruden Abramowo
Dannenberg Talniki Klein Schillehlen Kleinschollen Kalatschejewo
*Dickschen Lindbach Abramowo Königshuld II Bobrowo
*Galbrasten Dreifurt Liwenskoje Mikehnen Micheln Talniki
Groß Kackschen seit 1936:
Birkenhain (Ostpr.)
Sadowo Neu Krauleidszen
1936–38: Neu Krauleidschen
Sammelhofen Timofejewo
*Groß Rudminnen Wietzheim Bobrowo Wedereitischken Sandkirchen Timofejewo
*Groß Schillehlen Großschollen Petropawlowskoje *Weedern Talniki

Pfarrer (bis 1945)

An der Kirche Wedereitischken amtierten bis 1945 fünf evangelische Geistliche[10]:

  • Kurt Knorr, 1901–1902
  • Paul Lenkeit, 1902–1908
  • Franz Schrader, 1909–1911
  • Otto Obereigner[11], 1910–1916
  • Ludwig Reimer, 1917–1945

Einzelnachweise

  1. a b Кирха Ведерайтишкена - Die Kirche Wedereitischken bei prussia39.ru (mit Aufnahmen aus dem Jahre 2012)
  2. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, S. 112, Abb. 501
  3. a b Timofejewo - Wedereitischken/Sandkirchen bei ostpreussen.net
  4. a b A.P. Bachtin, Kirchen Ostpreußens. Alte und neue Fotos. Informationen zur Geschichte, in der Reihe: Sehenswürdigkeiten in der Region Kaliningrad, A 87, Kaliningrad (Verlag Baltpromo), 2013, S. 68–69
  5. a b Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3: Dokumente, Göttingen, 1968, S. 489
  6. Edeltraut Zenke, Das Kirchspiel Sandkirchen (Wedereitischken) (Memento des Originals vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tilsit-ragnit.de
  7. Walter Broszeit, Aus dem Kirchspiel Sandkirchen (Wedereitischken)@1@2Vorlage:Toter Link/www.tilsit-ragnit (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info
  9. Ein * kennzeichnet einen Schulort
  10. Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, S. 147
  11. Pfarrer Obereigner wechselte als Superintendent nach Pogegen und war von 1933 bis 1945 Generalsuperintendent für das Memelgebiet