Ikait

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Ikait
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
  • Hydrocalcit
  • IMA 1962-005
Chemische Formel Ca[CO3]·6H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
5.CB.25 (8. Auflage: V/D.01)
15.01.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[1]
Gitterparameter a = 8,79 Å; b = 8,31 Å; c = 11,02 Å
β = 110,5°[1]
Formeleinheiten Z = 4[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,77; berechnet: [1,833][2]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe kalkweiß
Strichfarbe weiß
Transparenz Bitte ergänzen!
Glanz Bitte ergänzen!
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,455[3]
nβ = 1,538[3]
nγ = 1,545[3]
Doppelbrechung δ = 0,090[3]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 45° (gemessen); 30° (berechnet)[3]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten dehydratiert bei über 8 °C zu Calcit

Ikait ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Ca[CO3]·6H2O[1], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calciumcarbonat.

Da Ikait chemisch nur bis etwa 8 °C stabil ist und darüber aufgrund von Kristallwasserverlust in Calcit übergeht, finden sich überwiegend nur Pseudomorphosen von Calcit nach Ikait, die auch als „Glendonit“ bezeichnet werden. Echte Ikaitkristalle haben einen tafeligen Habitus und werden meist nur wenige Millimeter groß. Bekannt sind allerdings auch submarine, säulige Mineral-Aggregate von mehreren Dezimetern Dicke und mehreren Metern Höhe mit einer porösen Rinde aus kleinen, glänzenden Ikaitkristallen.[4]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Ikait im Ikkafjord (auch Ikka Firth oder Ika Fjord), genauer im dortigen „Ikka-Grønnedal-Komplex“ nahe Ivittuut in Grönland[5] und beschrieben 1963 durch den dänischen Mineralogen Hans Pauly[6], der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ikait zur Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Barringtonit, Hellyerit, Lansfordit, Monohydrocalcit und Nesquehonit die „Nesquehonit-Lansfordit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/D.01 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Ikait in die neue Klasse der „Carbonate und Nitrate“ ein (die Borate bilden hier eine eigene Klasse). Dort gehört das Mineral nach wie vor in die Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Elementgruppenzugehörigkeit der Metalle, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen Kationen (Alkali- und Erdalkali-Carbonate)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.CB.25 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ikait wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 15.01.04 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Carbonate mit A+(XO3)·x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Ikait kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 8,79 Å; b = 8,31 Å; c = 11,02 Å und β = 110,5° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Eigenschaften

Ikait ist chemisch instabil und dehydratiert bei über 8 °C, das heißt, er verliert sein Kristallwasser und geht in das Mineral Calcit über.

Modifikationen und Varietäten

Glendonit von der russischen Halbinsel Kola (Größe: 10,3 × 7,7 × 5,9 cm)

Glendonit ist die bekannteste Pseudomorphose von Calcit nach Ikait. Ähnliche Pseudomorphosen von Calcit nach Ikait sind auch unter den Namen Fundylit, Jarrowit oder Thinolith bekannt, wobei letztere eigentlich eine Pseudomorphose von Calcit nach Gaylussit bezeichnet.[7]

Eine sehr begehrte, aber äußerst seltene Varietät sind die sogenannten „Pineapple Opale“ (auch Opal-Pineapple), igel- bzw. ananasförmige Pseudomorphosen von Opal nach Ikait, die bisher nur in Opalfeldern nahe White Cliffs[8] und Andamooka in Australien gefunden wurden.[9]

Bildung und Fundorte

Ikait bildet sich in Meerwasser unter anaeroben Bedingungen in periglazialer und glaziomariner Umgebung, das heißt geologischen Gebieten, die durch Frost und Gletscher gebildet bzw. beeinflusst wurden oder werden, mit reich an organischem Material.

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Ikait bisher nur in wenigen Mineralproben nachgewiesen werden und als bekannt gelten bisher (Stand: 2013) weniger als 10 Fundorte.[10] Seine Typlokalität Ikkafjord ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Grönland, wo allerdings auch mit einer Länge von 10 Metern die bisher größten, säuligen Mineral-Aggregate gefunden wurden.[11]

Weitere Fundorte sind unter anderem

Als wichtige Entdeckung gilt der Ikaitfund in der Antarktis, namentlich im Adélieland, der Bransfieldstraße und dem Weddell-Meer[3], mit möglicherweise großer Bedeutung im globalen Kohlenstoffkreislauf. Entdeckt wurde das Mineral dort in zwei Antarktis-Expeditionen in den Jahren 2006 und 2007 von einem Wissenschaftlerteam unter Gerhard Dieckmann.[6]

Siehe auch

Literatur

  • H. Pauly: Ikait, nyt mineral der danner skaer. In: 'Naturens Verden (Copenhagen). Juni 1963, S. 168–192 (dänisch).
    • H. Pauly: Ikaite, a new mineral from Greenland. In: Arctic. Band 16, 1963, S. 263–264 (englisch).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 591 (Erstausgabe: 1891).

Weblinks

Commons: Ikaite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 305.
  2. Ikaite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 16. April 2018]).
  3. a b c d e f g h i Mindat – Ikaite
  4. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 581 (Erstausgabe: 1891).
  5. Mindat – Typlokalität Ikka-Grønnedal complex, Ikka Firth (Ika fjord), Ivittuut (Ivigtut), Arsuk Firth, Arsuk, Kitaa (West Greenland) Province, Greenland
  6. a b scinexx – Das Wissensmagazin: Klima: Wichtiges Mineral im Meereis entdeckt. Ikait mit großer Bedeutung im globalen Kohlenstoffkreislauf
  7. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 582 (Erstausgabe: 1891).
  8. White Cliffs Opal
  9. Mindat – Pineapple Opal
  10. Mindat – Anzahl der Fundorte für Ikait
  11. a b c The Giant Crystal Project Site – Ikaite (Memento vom 8. November 2012 im Internet Archive)
  12. David Nield: Huge, 'Impossible' Crystals in Denmark Have Finally Been Explained by Scientists, auf: sciencealert vom 16. Oktober 2020