Mineral
Ein Mineral (aus mittellateinisch aes minerale „Grubenerz“, im 16. Jahrhundert nach französischem Vorbild geprägt) ist im Gegensatz zum Gestein ein einzelnes Element oder eine einzelne chemische Verbindung, die im Allgemeinen kristallin und durch geologische Prozesse gebildet wurde.[1] Der Plural lautet Minerale (in der Wissenschaft in Deutschland und Österreich verwendet) oder Mineralien (von Sammlern, Händlern und in der Deutschschweiz als Synonym zu Minerale verwendet).[2]
Die Mehrzahl der heute bekannten und von der International Mineralogical Association (IMA) als eigenständig anerkannten rund 5.800 Mineralarten (Stand 2022)[3] ist anorganisch, doch auch einige organische Substanzen wie beispielsweise Mellit und Evenkit oder die Nierensteinbildner Whewellit und Weddellit sind als Minerale anerkannt, weil sie sich auch in freier Natur bilden.[3] Einschließlich aller bekannten Mineral-Varietäten und synonymer Bezeichnungen (ca. 1200) sowie noch nicht anerkannter Mineralarten (ca. 120) existieren allerdings über 6.800 Mineralnamen (Stand 2018/19).[4]
Die Lehre von den Mineralen ist die Mineralogie, die von ihrer Verwendung und Bearbeitung die Lithurgik.
Abgrenzungen und Ausnahmen
Im Allgemeinen gelten nur Elemente und chemische Verbindungen als Mineralien, die natürlich, chemisch einheitlich und von wenigen Ausnahmen abgesehen anorganisch, fest und kristallin sind:[5]
Homogenität
Die Begriffe „chemisches Element“ und „chemische Verbindung“ beinhalten eine feste Zusammensetzung und eine definierte chemische Struktur. Stoffgemische sind keine Minerale. Die Zusammensetzungen von Mineralen können jedoch eine gewisse Variation aufweisen (Mischkristalle), solange sie strukturell homogen sind.
Eine chemische Verbindung kann mit verschiedenen Strukturen auftreten. Chemisch einheitliche Gemische von verschiedenen Phasen unterschiedlicher Struktur sind ebenfalls keine Minerale. So kann z. B. Feuerstein (Hornstein) aus reinem SiO2 bestehen, ist aber kein Mineral, sondern ein Gemisch der strukturell unterschiedlichen Minerale Tiefquarz, Mogánit und Opal und somit ein Gestein.
Kristallinität
Einige natürlich vorkommende Verbindungen sind nicht kristallin. Diese Substanzen können in zwei Kategorien unterteilt werden:
- amorph: Dies sind Substanzen, die nie kristallin waren.
- metamikt: Ehemals kristalline Substanzen, deren Fernordnung durch ionisierende Strahlung zerstört wurde.
Die Bestimmung von Struktur und Zusammensetzung mit einer Vollständigkeit, die ausreicht, um amorphe Phasen eindeutig voneinander abzugrenzen, ist meist schwierig bis unmöglich. Daher werden nichtkristalline natürliche Verbindungen von vielen Wissenschaftlern unter der Bezeichnung Mineraloide zusammengefasst.[1] Der Begriff ist allerdings vorwiegend in amerikanischen Lehrbüchern gebräuchlich. Im deutschen Sprachraum ist er dagegen nicht eingeführt.[6]
Natürliche amorphe Substanzen können als Mineral anerkannt werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Vollständige chemische Analysen, die den gesamten Zusammensetzungsbereich der Substanz abdecken
- Physikochemische (spektroskopische) Daten, die die Einzigartigkeit der Substanz belegen
- Die Substanz lässt sich nicht durch physikalische Behandlung (z. B. Erhitzen) in einen kristallinen Zustand überführen.
Beispiele hierfür sind Georgeit und Calciouranoit.[1]
Metamikte Substanzen können Minerale sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Substanz ursprünglich kristallin war und die gleiche Zusammensetzung hatte (z. B. Fergusonit-Y).[1]
Flüssigkeiten werden im Allgemeinen nicht zu den Mineralen gezählt. Flüssiges Wasser ist beispielsweise kein Mineral, Eis hingegen schon. Eine Ausnahme ist Quecksilber: Es kommt als Element auf der Erde nur flüssig und gasförmig vor, wird aber als Flüssigkeit dennoch als Mineral anerkannt. Erdöl und alle übrigen, auch festen, nicht kristallinen Bitumen sind Stoffgemische und keine Minerale.[1]
Extraterrestrische Substanzen
Die Prozesse, die zur Bildung extraterrestrischer Substanzen, z. B. in Meteoriten und Mondgesteinen, beitragen, sind ähnlich denen, die auch auf der Erde stattfinden. Infolgedessen werden natürlich vorkommende Komponenten extraterrestrischer Steine und kosmischen Staubes als Minerale bezeichnet (z. B. Tranquillityit, Brownleeit).[1]
Anthropogene Substanzen
Von Menschen erzeugte Substanzen sind keine Minerale. Wenn solche anthropogenen Substanzen identisch mit Mineralen sind, werden sie als „synthetische Äquivalente“ bezeichnet.
Auch Materialien, die durch geologische Prozesse aus synthetischen Substanzen entstanden sind, werden im Allgemeinen nicht als Minerale bezeichnet. Eine Ausnahme bilden einige Substanzen, die früher bereits als Minerale anerkannt worden sind, z. B. einige Minerale, die sich bei der Reaktion von antiken metallurgischen Schlacken mit Seewasser gebildet haben.
Natürliche Substanzen, die durch menschliche Aktivitäten umgewandelt wurden, können als Minerale anerkannt werden, wenn die menschlichen Aktivitäten nicht direkt auf die Erzeugung neuer Substanzen ausgerichtet waren. Substanzen, die bei Gruben- oder Haldenbränden neu gebildet werden, können durch die IMA anerkannt werden, wenn der Brand nicht durch Menschen ausgelöst und dort kein Material anthropenen Ursprungs abgelagert wurde.[7]
Biogene Substanzen
Biogene Substanzen sind Verbindungen, die ausschließlich durch biologische Prozesse ohne geologischen Anteil gebildet worden sind, wie z. B. Muschelschalen oder Oxalatkristalle in Pflanzengeweben. Diese Verbindungen sind keine Minerale.
Sobald geologische Prozesse an der Bildung der Verbindungen beteiligt waren, können diese Substanzen als Minerale anerkannt werden. Beispiele hierfür sind Minerale, die sich aus organischen Bestandteilen in Schwarzschiefern oder aus Fledermausguano in Höhlen gebildet haben, sowie Bestandteile von Kalksteinen oder Phosphoriten organischen Ursprungs.[1]
Vorkommen
Mit Ausnahme der natürlichen Gläser und der Kohlegesteine sind alle Gesteine der Erde und anderer Himmelskörper aus Mineralen aufgebaut. Am häufigsten kommen etwa dreißig Minerale vor, die sogenannten Gesteinsbildner. Daneben findet man Minerale auch als Kolloide im Wasser oder als Feinstaub in der Luft. Auch Wasser selbst ist ein Mineral, wenn es in Form von Wassereis vorliegt.[8]
Mineralbildung
Minerale bilden sich
- durch Kristallisation aus Schmelzen (magmatische Mineralbildung) oder aus wässrigen Lösungen (hydrothermale und sedimentäre Mineralbildung) oder aus Gasen durch Resublimation (zum Beispiel an Vulkanen)
- während der Metamorphose durch Festkörperreaktionen aus anderen Mineralen oder natürlichen Gläsern.
Primärminerale entstehen zeitgleich mit dem Gestein, dessen Teil sie sind, während sich Sekundärminerale durch eine spätere Veränderung des Gesteins (Metamorphose, hydrothermale Überprägung oder Verwitterung) bilden.
Man unterscheidet zwei Phasen der Mineralbildung: Zunächst lagern sich mehrere Atome oder Ionen zusammen und bilden einen Kristallisationskeim (Keimbildung). Wenn dieser einen kritischen Keimradius überschreitet, wächst er weiter und es entsteht ein Mineral (Kristallwachstum). Nach zahlreichen Umwandlungsreaktionen mit anderen Mineralen, mit der Luft oder mit dem Wasser kommt es schließlich zur Zerstörung der Minerale durch die Verwitterung. Die Ionen, aus denen das Kristallgitter aufgebaut war, gehen wieder in Lösung oder gelangen bei der Anatexis in eine Gesteinsschmelze (Magma). Schließlich beginnt der Zyklus an einem anderen Ort von vorn.
Zur Bestimmung des Abkühlalters siehe Spaltspuren.
Eine besondere Form der Mineralbildung aus der Lösung ist die Biomineralisation. Darunter versteht man die Bildung von Mineralen durch Organismen. Folgende Minerale können auf diesem Wege entstehen:
- Calcit, Vaterit und Aragonit bilden die Schalen von Schnecken, Muscheln, Foraminiferen und Coccolithophoriden.
- Hydroxylapatit baut die Knochen aller Wirbeltiere und zusammen mit Fluorapatit den Zahnschmelz von Säugetieren auf.
- Magnetit dient einer Reihe von Lebewesen als Kompass zur Orientierung im Erdmagnetfeld. Dies hat man zunächst bei magnetotaktischen Bakterien festgestellt. Es ist heute auch von Insekten, Weichtieren, Fischen, Vögeln und Säugetieren bekannt.
Weitere Formen der Mineralbildung aus der Lösung beziehungsweise durch die Reaktion von Mineralen mit Wasser spielen in der Technischen Mineralogie eine Rolle:
Calcit dient der Neutralisation von Säuren einschließlich Kohlensäure unter Bildung von Wasserhärte, Pyrit wirkt als Reduktionsmittel bei der bakteriellen Elimination von Nitrat durch Denitrifikation, während Tonminerale Neutralisationsreaktionen bei niedrigen pH-Werten und Ionenaustauschreaktionen bewirken können. Bei der Trinkwasseraufbereitung entstehen als Reaktionsprodukte bei der Elimination von Eisen(II)- und Manganionen Goethit und δ-MnO2, Calcit kann bei Enthärtungsreaktionen (Entkarbonisierung) gebildet werden. Bei der Abwasserbehandlung können bei ausreichend hohen Phosphatkonzentrationen in den Abwasserbehandlungsanlagen wasserklare Kristalle von Struvit, einem Ammonium-Magnesiumphosphat, entstehen. Diese können den Querschnitt von Leitungen verengen. Bei der Korrosion von Stahl und Gusseisen im Kontakt mit Wasser können je nach Wasserbeschaffenheit Goethit, Magnetit und Lepidokrokit, bei höherer Karbonathärte auch Siderit, in phosphathaltigen Wässern Vivianit, in sulfathaltigen Wässern Troilit und in schwefelwasserstoffhaltigen Wässern Greigit gebildet werden. Aus Kupfer kann sich Cuprit, Malachit oder Azurit bilden, während aus Blei hauptsächlich Hydrocerussit entsteht.
Kristallographie
Frei kristallisierte Minerale zeigen äußerlich eine geometrische Form mit definierten natürlichen Flächen, die in feststehenden Winkelverhältnissen zueinander stehen, je nach dem spezifischen Kristallsystem, dem das Mineral zugeordnet ist. Dies wird auch als Gesetz der Winkelkonstanz (Nicolaus Steno) bezeichnet. Die symmetrische Anordnung der Flächen ist Ausdruck der inneren Struktur eines kristallinen Minerals: Es zeigt eine wohlgeordnete Atomstruktur, die durch vielfach wiederholte Aneinanderreihung sogenannter Elementarzellen entsteht, die die kleinste Struktureinheit des Minerals ausmachen. Man unterscheidet aufgrund der inneren Symmetrie sechs bis sieben Kristallsysteme, nämlich das kubische, das hexagonale, das trigonale, das tetragonale, das orthorhombische, das monokline und das trikline System. Das hexagonale und das trigonale System werden von manchen Mineralogen gelegentlich zusammengefasst. Zwei oder mehr Mineralindividuen, die in einer bestimmten kristallographischen Orientierung miteinander verwachsen sind, bezeichnet man als Zwillinge. Sie entstehen beim Wachstum oder bei der Deformation des Gesteins. Vielfachzwillinge bilden oft sogenannte Zwillingslamellen, die nicht mit den Entmischungslamellen verwechselt werden dürfen, die entstehen, wenn ein Mischkristall bei der Abkühlung thermodynamisch instabil wird und sich Präzipitate bilden.
Eigenschaften
Optische Eigenschaften
Bestimmung mit bloßem Auge:
- Farbe: Man unterscheidet idiochromatische Minerale (zum Beispiel Cinnabarit), die durch die formelwirksamen Elemente gefärbt sind, allochromatische Minerale (zum Beispiel Quarz), deren oft verschiedene Farben aus verschiedenen Spurenelementen und Defekten des Kristallgitters resultieren, und pseudochromatische Minerale, deren Farben wie bei Opalen durch Lichtbrechung oder Interferenz hervorgerufen werden.
In der Erzmikroskopie sieht man stets die Komplementärfarbe der wirklichen Farbe, da im Auflicht gearbeitet wird.
- Die Farbe in Mineralen resultiert aus der Absorption von Licht der Komplementärfarbe durch einen oder mehrere der folgenden Prozesse:
- Übergänge von Elektronen zwischen den durch das Kristallfeld aufgespaltenen d- oder f-Orbitalen der Übergangsmetalle oder Lanthanoide (z. B. die Rotfärbung des Rubins durch Chromionen auf der Aluminiumposition)
- Übergänge von Elektronen zwischen zwei Kationen oder zwischen Kation und Anion (z. B. die Blaufärbung des Saphirs durch Übergänge zwischen Titan- und Eisenverunreinungen)
- Übergänge von Elektronen vom Valenz- in das Leitungsband von Halbleitern (z. B. die Rotfärbung des Cinnabarits)
- Übergänge von Elektronen vom Valenzband in das Akzeptorniveau einer Verunreinigung (z. B. Blaufärbung von Diamant aufgrund von Bor)
- Übergänge von Elektronen vom Donatorniveau einer Verunreinigung in das Leitungsband (z. B. Gelbfärbung von Diamant aufgrund von Stickstoff)
- Übergänge von Elektronen zwischen s- und d-Bändern in Leitern (z. B. Farbe des Goldes)
- Änderung des Energiezustandes eines Elektrons auf einer Anionenvakanz
- Beugungseffekte an niederdimensionalen Strukturen (z. B. Opal)
- Strichfarbe: Sie ist die Farbe des pulverförmigen Minerals, die sich oft von der Färbung seiner Oberfläche unterscheidet. Bei Silikaten ist der Strich heller als die Eigenfarbe, bei Sulfiden ist er dunkler. Wenn ein Mineral mehrere Farben haben kann, ist die Strichfarbe meist weiß (z. B. Korund, Beryll), ebenso bei farblosen Mineralien. Wenn ein Mineral nur eine Farbe haben kann, entspricht diese oft der Strichfarbe (z. B. Lasurit, Malachit). Der Strich wird üblicherweise an einem unglasierten Keramikplättchen geprüft.
- Glanz: Man unterscheidet zwischen Matt (d. h., das Mineral zeigt überhaupt keinen Glanz), Seidenglanz (wie ein Lichtschimmer auf Naturseide), Perlmuttglanz (wie die Innenseite mancher Muschelschalen), Glasglanz (wie einfaches Fensterglas), Fettglanz (wie Fett), Diamantglanz (wie ein geschliffener Diamant), Metallglanz (wie poliertes Metall) und Wachsglanz.
- Transparenz: Man unterscheidet durchsichtige (zum Beispiel Calcit), durchscheinende (zum Beispiel Hämatit) und opake Minerale (zum Beispiel Kassiterit). In der Regel sind Gesteinsbildende Minerale durchsichtig oder durchscheinend und Erze opak. Daher werden erstere im Durchlicht und letztere im Auflicht untersucht.
- Kristallform: Die Kristallform setzt sich aus der Tracht und dem Habitus zusammen. Erstere bezeichnet die dominierende kristallographische Form, letzterer Verhältnis der Längen des Kristalls.
Bestimmung mit der Polarisationsmikroskopie in Durchlicht:
- Pleochroismus: Bei einigen durchsichtigen Mineralen sind die Farben und Farbtiefen in verschiedenen Richtungen unterschiedlich. Erscheinen zwei Farben nennt man dies Dichroismus, bei drei Farben Trichroismus beziehungsweise Pleochroismus. Die Bezeichnung wird auch als Sammelbezeichnung für beide Arten der Mehrfarbigkeit verwendet.
- Brechungsindex: Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit in Luft zur Lichtgeschwindigkeit im Mineral wird durch Immersionsmethoden, näherungsweise auch durch die Stärke des Reliefs und die Bewegung der Becke’schen Linie, einer hellen Linie an einer Korngrenze, beim Bewegen des Mikroskoptisches bestimmt. Dabei gilt der Merksatz: Hinunter (mit dem Tisch), höher (Mineral mit der höheren Lichtbrechung als das Nachbarmineral), hinein (Bewegung der Becke’schen Linie).
- Doppelbrechung: Differenz der Brechungsindizes in den verschiedenen Richtungen des Kristalls. Sie wird unter gekreuzten Polarisatoren mit Hilfe von Farbtafeln aus der Interferenzfarbe bestimmt.
Bestimmung mit der Polarisationsmikroskopie im Auflicht (Erzmikroskopie):
- Reflexionsgrad: Anteil des zurückgeworfenen Lichtes. Bestimmung mittels Erzmikroskopie. Charakteristisch für die Unterscheidung von Gold von Sulfidmineralen.
- Bireflektanz: Richtungsabhängigkeit der Farbe in der Erzmikroskopie, die unter einem Polarisator erkennbar ist.
- Anisotropieeffekte: Unter gekreuzten Polarisatoren in der Erzmikroskopie beobachtbare Farberscheinungen in opaken Mineralen.
- Innenreflexe: Diffuse Reflexion des Lichtes an Grenzflächen zu Verunreinigungen, die der Strichfarbe entspricht und unter gekreuzten Polarisatoren in Dunkelstellung am besten sichtbar ist.
Bestimmung mit speziellen Mikroskopen:
- Lumineszenz: Einige Minerale emittieren Licht, wenn sie eine wie auch immer geartete Anregung erfahren. Nach Art der Anregung unterscheidet man unter anderem Chemolumineszenz, Tribolumineszenz, Kathodolumineszenz und Thermolumineszenz, nach Art des ausgesandten Lichtes UV-, VIS- und IR-Lumineszenz. Kurze Lumineszenz heißt Fluoreszenz, länger anhaltende Phosphoreszenz.
Mechanische Eigenschaften
- Dichte: Sie hängt von der chemischen Zusammensetzung und Struktur ab. Die Dichte der Mineralien, Gesteine und Erze schwankt zwischen 1 und 20 (g·cm−3). Werte unter 2 werden als leicht empfunden (Bernstein 1,0), solche von 2 bis 4 als normal (Quarz 2,6) und jene über 4 erscheinen uns als schwer (Bleiglanz 7,5). Minerale mit einer Dichte von > 3,0 heißen Schwerminerale. Die Dichtetrennung ist eine wichtige Aufbereitungsmethode. Wird die Dichte auf die Dichte von Wasser bezogen, so wird sie relative Dichte „o“ genannt und ist dann einheitenlos.
- Härte: Sie wird durch die Stabilität der chemischen Bindungen im Mineral bestimmt und durch ihre Ritzbeständigkeit ermittelt. Angegeben wird sie in der Mineralogie durch ihren Wert auf der Mohs-Skala, die von 1 (sehr weich, Beispiel Talk) bis 10 (sehr hart, Beispiel Diamant) reicht.
- Spaltbarkeit: Tendenz eines Minerals, entlang bestimmter kristallographischer Ebenen zu spalten. Man unterscheidet nicht vorhandene Spaltbarkeit (zum Beispiel Quarz), undeutliche Spaltbarkeit (zum Beispiel Beryll), deutliche Spaltbarkeit (zum Beispiel Apatit), gute Spaltbarkeit (zum Beispiel Diopsid), vollkommene Spaltbarkeit (zum Beispiel Sphalerit) und äußerst vollkommene Spaltbarkeit (zum Beispiel Glimmer). Sie beschreibt Kristallebenen, zwischen denen nur schwache Kräfte bestehen und an denen daher der Kristall gespalten werden kann. Beispielsweise hat Calcit drei Spaltebenen und ist so sehr vollkommen spaltbar. Quarz besitzt dagegen gar keine Spaltebene.
- Bruchverhalten: Bricht ein Mineral nicht entlang seiner Spaltebenen, treten oft charakteristische Bruchstrukturen auf. Man unterscheidet muscheligen Bruch (zum Beispiel Quarz), faserigen Bruch (zum Beispiel Kyanit), splittrigen Bruch (zum Beispiel Chrysotil), ebenen Bruch und unebenen Bruch.
- Zähigkeit oder Tenazität: Man unterscheidet spröde Minerale (zum Beispiel Quarz) von biegsamen (zum Beispiel Muskovit).
Magnetische Eigenschaften
- Magnetismus: Man unterscheidet ferromagnetische Minerale (zum Beispiel Eisen), ferrimagnetische Minerale (zum Beispiel Magnetit), paramagnetische Minerale (zum Beispiel Biotit), diamagnetische Minerale (zum Beispiel Quarz) und antiferromagnetische Minerale (zum Beispiel Hämatit). Üblicherweise werden nur Ferro- und Ferrimagnetismus mit Hilfe einer Kompassnadel bestimmt.
Elektrische Eigenschaften
- Elektrische Leitfähigkeit: Die meisten Minerale sind Nichtleiter, einige Sulfide und Oxide sind Halbleiter, gediegene Metalle sind Leiter. Covellin ist mit einer Sprungtemperatur von 1,63 Kelvin der einzige bekannte natürlich vorkommende mineralische Supraleiter.[9]
- Piezoelektrizität: Fähigkeit, eine mechanische Schwingung in eine elektrische Wechselspannung umzuwandeln und umgekehrt. Beispiel: Quarz.
- Pyroelektrizität: Fähigkeit, eine Temperaturdifferenz in eine Ladungstrennung umzuwandeln. Beispiel: Turmalin
Chemische Eigenschaften
- Flammenfärbung: Einige Elemente verfärben eine Flamme. Diese Eigenschaft wird in der Flammenprobe verwendet, um auf die chemische Zusammensetzung eines Minerals zu schließen. Gasbrenner sind in abgedunkelten Räumen dazu am besten geeignet.
- Schmelzbarkeit: Sie beschreibt das Verhalten vor dem Lötrohr, also die Schmelzreaktion.
- Reaktion mit Salzsäure: Karbonate reagieren unterschiedlich stark mit heißer, teilweise auch mit kalter Salzsäure. Diese Eigenschaft ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium für diese Mineralgruppe.
Geruchseigenschaften
Schwefelhaltige Minerale lassen sich oft am Geruch erkennen, der beim Anschlagen entsteht.
Geschmackseigenschaften
Die Unterscheidung von Halit und Sylvin erfolgt traditionell dadurch, dass letzterer bitter schmeckt.
Sonstige Eigenschaften
- Radioaktivität: Dies ist die Eigenschaft, hochenergetische Strahlung ohne Energiezufuhr auszusenden. Man unterscheidet traditionell drei Arten von Strahlen: Alpha-, Beta- und Gammastrahlen. Die Strahlenmessung erfolgt mit einem Geigerzähler. Radioaktivität ist auch in niedrigen Dosen potentiell gesundheitsschädlich. Radioaktive Minerale sind zum Beispiel Uraninit, aber auch Apatit, der Uran als Spurenelement anstelle von Phosphor einbaut.
- Mobilisierung: Mineralien werden durch den Bergbau mobilisiert, können aber auch durch natürliche Vorgänge (Erosion) freigesetzt werden. Bei den toxikologisch relevanten schwermetallhaltigen Mineralien übersteigt die Mobilisierung durch den Menschen bei weitem die natürlichen Prozesse.[10]
Bedeutung
Petrologische Bedeutung
Jedes Mineral ist nur unter bestimmten Druck-Temperatur-Bedingungen thermodynamisch stabil. Außerhalb seines Stabilitätsbereiches wandelt es sich mit der Zeit in die dort stabile Modifikation um. Einige Phasenumwandlungen erfolgen schlagartig beim Verlassen des Stabilitätsfeldes (zum Beispiel Hochquarz-Tiefquarz), andere sind kinetisch gehemmt und dauern Millionen Jahre. Teilweise ist die Aktivierungsenergie sogar so hoch, dass die thermodynamisch instabile Modifikation als metastabile Phase erhalten bleibt (zum Beispiel Diamant-Graphit). Diese Hemmung der Reaktion führt zu einem „Einfrieren“ des thermodynamischen Gleichgewichts, das zu einem früheren Zeitpunkt herrschte. Daher liefert der Mineralbestand eines Gesteins Informationen über die Bildung und Entwicklungsgeschichte eines Gesteins und trägt damit zur Kenntnis des Ursprungs und der Entwicklung des Planeten Erde bei (siehe auch Präsolares Mineral).
Lagerstättenkundliche Bedeutung
Mineralische Rohstoffe werden in Energierohstoffe, Eigenschaftsrohstoffe und Elementrohstoffe unterteilt. Energierohstoffe sind zum Beispiel die Minerale Uraninit und Thorit als Kernbrennstoffe. Eigenschaftsrohstoffe werden ohne chemische Zerlegung in der Technik verwendet, darunter fallen zum Beispiel Quarz für die Glas- und Tonminerale für die keramische Industrie. Elementrohstoffe werden mit dem Ziel abgebaut, ein bestimmtes chemisches Element zu gewinnen. Handelt es sich dabei um ein Metall, so spricht man von einem Erz. Eine Anreicherung von Rohstoffen bezeichnet man als Lagerstätte, wenn sie wirtschaftlich abbaubar ist. Der Begriff ist somit ökonomisch, nicht wissenschaftlich geprägt: Ob ein gegebenes Vorkommen kommerziell ausgebeutet werden kann, hängt von den Abbau- und Aufbereitungskosten und dem Marktwert des enthaltenen Metalls ab – während der Eisenanteil von Mineralen bei bis zu 50 % liegen muss, um einen finanziellen Gewinn zu erzielen, reichte im Jahr 2003 bei dem wesentlich wertvolleren Platin bereits ein Anteil von 0,00001 % dazu aus. Neben der Gliederung nach der Verwendung des Rohstoffs ist auch eine Klassifizierung nach der Entstehung üblich. Sedimentäre Lagerstätten, wie zum Beispiel die gebänderten Eisenerzformationen, bildeten sich durch Fällungsreaktionen bei Änderung von pH-Wert, Druck und Temperatur oder durch den Einfluss von Bakterien oder durch Verwitterungsprozesse und den Transport von Mineralen aus ihrem ursprünglichen Entstehungsgebiet und ihre Ablagerung als (Seifen), zum Beispiel von Seifengold, am Grund von Flüssen, Seen oder flachen Meeren. Hydrothermale Lagerstätten bilden sich, indem Oberflächen- oder Tiefenwässer bestimmte Elemente aus den umgebenden Gesteinen lösen und diese an anderer Stelle ablagern oder aus Restfluiden nach der Erstarrung eines Magmas. Magmatische Lagerstätten entstehen durch die Kristallisation eines Magmas. Ein Beispiel sind viele Platin- und Chromit-Lagerstätten. Metamorphe Lagerstätten entstehen erst durch die Umwandlung von Gesteinen, zum Beispiel Marmor-Lagerstätten.
Gemmologische Bedeutung
Einige Minerale finden als Schmuck Verwendung. Wenn sie transparent sind und ihre Härte größer als 7 ist, bezeichnet man sie als Edelsteine, andernfalls als Schmucksteine. 95 Prozent des weltweiten Umsatzes auf diesem Markt wird mit Diamanten erzielt, der Rest fast überwiegend mit Saphiren, Smaragden, Rubinen und Turmalinen. Um die durch Farbe und Glanz beeinflusste Schönheit eines Schmucksteins zur Geltung zu bringen, muss er geschliffen und poliert werden. Dazu existieren zahlreiche verschiedene Schliffformen: Durchsichtige oder durchscheinende Varietäten werden in der Regel mit Facettenschliffen versehen, bei denen meist in festen Winkelbeziehungen zueinanderstehende Flächen, die sogenannten Facetten, die Lichtreflexion maximieren. Undurchsichtige Minerale erhalten hingegen glatte, einflächige Schliffe. Der Asterismuseffekt eines Sternsaphirs beispielsweise lässt sich nur durch den Cabochonschliff erzielen. Das Feuer eines im Brillantschliff geschliffenen Diamanten hängt in der Hauptsache von der Einhaltung bestimmter Winkelverhältnisse der einzelnen Facetten ab und entsteht durch die Aufspaltung des weißen Lichtes in die einzelnen sichtbaren Farben (Dispersion).
Sonstige Bedeutung
Einige Minerale finden auch als Mittel zur Körperpflege Verwendung. Lavaerde beispielsweise, ein gemahlener Ton, der reich an Tonmineralen der Saponitgruppe ist, wird bereits seit der Antike als Körper- und Haarreinigungsmittel verwendet. Andere Minerale, wie zum Beispiel Talk, dienen ebenso als Rohstoff in der bildenden Kunst wie auch medizinischen Zwecken (Pleurodese, Gleitmittel bei der Tablettenherstellung).
In vielen alten Kulturen, aber auch in der modernen Esoterik schrieb und schreibt man bestimmten Mineralen gewisse Schutz- und Heilwirkungen zu. Beispielsweise galt bereits im Alten Ägypten der Karneol aufgrund seiner an Blut erinnernden Farbe als „Lebensstein“ und spielte bei Bestattungsritualen wie auch als Schutz- und Schmuckstein der Pharaonen eine entsprechende Rolle. Legendär sind auch die angeblichen Heil- und Schutzkräfte des Bernsteins, die schon von Thales von Milet und Hildegard von Bingen beschrieben wurden.
Minerale können auch als Sammelobjekt von Bedeutung sein, entweder in wissenschaftlichen Mineralsammlungen zur Darstellung des Mineralbestands eines Fundortes (Typmaterial) oder für private Hobbysammler, die sich auf Fundortsammlungen oder verschiedene systematische Sammlungen spezialisiert haben. Aufgrund der Seltenheit vieler Minerale, die zudem oft nur in sehr kleinen Proben zu bekommen sind, sammeln Privatsammler mit Spezialisierung auf systematische Sammlungen aus Platz- und Kostengründen gerne auch Micromounts.
Systematik der Minerale
Siehe auch
Literatur
- Ernest H. Nickel, Joel D. Grice: The IMA Commission on new Minerals and Mineral Names: Procedures and Guidelines on Mineral Nomenclature. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, 1998, S. 1–16 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 336 kB; abgerufen am 6. April 2022]).
- E. H. Nickel: The Definition of a Mineral. In: The Canadian Mineralogist. Band 33, 1995, S. 689–690 (PDF 270 kB (Memento vom 5. Mai 2021 im Internet Archive)).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3.
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0.
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8 (Erstausgabe: 1891).
- Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1.
- Dietlinde Goltz: Studien zur Geschichte der Mineralnamen in Pharmazie, Chemie und Medizin von den Anfängen bis Paracelsus (= Sudhoffs Archiv. Band 14). Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1972, DNB 730238059.
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8.
- Hermann Harder (Hrsg.): Lexikon für Mineralien- und Gesteinsfreunde. Luzern/ Frankfurt am Main 1977.
- Josef Ladurner, Fridolin Purtscheller: Das große Mineralienbuch. 2., durchgesehene Auflage. Pinguin Verlag, Innsbruck 1970 (online verfügbar bei austria-forum.org).
Weblinks
- Homepage der International Mineralogical Association – Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC). In: cnmnc.main.jp. International Mineralogical Association, abgerufen am 25. Juni 2020.
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF; 2,44 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 25. Juni 2020 (englisch).
- Christoph Lenz: Die Schwierigkeit der Definition des Mineralbegriffs. In: geoberg.de. vom 3. Februar 2005. (Memento vom 16. Oktober 2013 im Internet Archive)
- Mineralienatlas Hauptseite, Mineralienatlas:Mineral (Wiki und Datenbank, deutsch)
- Mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Juni 2020 (englisch, umfangreiche Mineralien-, Bilder- und Fundstellendatenbank).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g The Definition of a Mineral, Nickel 1995
- ↑ Duden: Mineral.
- ↑ a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2022. (PDF; 3,07 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2022, abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. In: Spektrum. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-34659-0 (docplayer.org).
- ↑ Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 4.
- ↑ Ritsuro Miyakaki, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC). Newsletter 50. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, 2019, S. 847–853 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 303 kB; abgerufen am 13. April 2020]).
- ↑ Siehe z. B. Systematik der Minerale, 4.AA.05.
- ↑ Francesco Di Benedetto u. a.: First evidence of natural superconductivity: covellite. In: European Journal of Mineralogy. 18, Nr. 3, 2006, S. 283–287, doi:10.1127/0935-1221/2006/0018-0283.
- ↑ G. Eisenbrand, M. Metzler: Toxikologie für Chemiker, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1994, S. 264, ISBN 3-13-127001-2.