Muskovit
Muskovit | |
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Sternförmig verzwillingte Muskovitkristalle aus Minas Gerais, Brasilien (Größe 5,9 cm × 5,1 cm × 3,6 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen | |
Chemische Formel | KAl2[(OH,F)2|AlSi3O10] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Schichtsilikate (Phyllosilikate) – Glimmergruppe – Seladonit-Muskovit-Reihe |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.EC.15 (8. Auflage: VIII/H.10) 71.02.02a.01 |
Ähnliche Minerale | Lepidolith, Paragonit, Talk |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin oder trigonal |
Kristallklasse; Symbol | siehe Modifikationen |
Raumgruppe | siehe Kristallstruktur |
Häufige Kristallflächen | {001}, {110}, seltener {010} und {111}[4] |
Zwillingsbildung | Zwillingsachse [310], Zwillingsebene (001) und Bildung von 6-zackigen Sternen[5]; Orientierte Verwachsungen mit Biotit und anderen Glimmern[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2,5 parallel [001]; parallel [001][5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,77 bis 2,88; berechnet: 2,83[5] |
Spaltbarkeit | sehr vollkommen nach {001} |
Bruch; Tenazität | uneben |
Farbe | farblos, gelblich, bräunlich, selten rötlich, grünlich |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | transparent bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, Perlmuttglanz, matt |
Radioaktivität | kaum messbar |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,552 bis 1,576[6] nβ = 1,582 bis 1,615[6] nγ = 1,587 bis 1,618[6] |
Doppelbrechung | δ = 0,035 bis 0,042[6] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 2vx=30° bis 47° |
Pleochroismus | schwach, farblos oder bläulich-grünlichgelb-bläulichgrün |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | in HCl oder H2SO4 nicht löslich |
Besondere Merkmale | seltene pleochroitische Höfe um Zirkon-Einschlüsse |
Muskovit (auch Muskowit, Tonerdeglimmer, Katzensilber, Antonit, Frauenglas, Kaliglimmer) ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Glimmergruppe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Er kristallisiert je nach Modifikation im monoklinen oder trigonalen Kristallsystem mit der allgemeinen chemischen Zusammensetzung KAl2[(OH,F)2|AlSi3O10]. Strukturell gehört er zu den Schichtsilikaten.
Muskovit entwickelt meist tafelige, blättrige, schuppige Kristalle, aber auch massige Aggregate in gelblicher, bräunlicher, rötlicher oder grünlicher Farbe. Auch farblose Kristalle sind bekannt. Seltener, dafür aber in metergroßen Kristallen, tritt Muskovit auch pseudohexagonal auf, das heißt die Kristallform zeigt durch Zwillingsbildung eine scheinbar hexagonale Symmetrie.
Seine Spaltbarkeit ist sehr vollkommen und die Spaltblätter sind elastisch biegsam. Diese Eigenschaft, die er mit den Dunkelglimmern (Biotit) gemeinsam hat, kann Gesteinen eine schieferige Struktur verleihen.
Etymologie und Geschichte
Muskovit bedeutet auf russisch so viel wie Moskauer Glas und wurde 1850 von James Dwight Dana so benannt, da es in Russland in großen, grobblättrigen Aggregaten vorkommt und früher zur Verglasung von Fenstern und Heiligenbildern verwendet wurde. Durch seine Hitzebeständigkeit eignet es sich auch sehr gut als Schutzglas für Ofenfenster.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Muskovit zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Seladonit die „Seladonit-Muskovit-Reihe (Phengite)“ mit der System-Nr. VIII/H.10 und den weiteren Mitgliedern Aluminoseladonit, Boromuskovit, Chromphyllit, Chromseladonit, Ferro-Aluminoseladonit, Ferroseladonit, Ganterit, Nanpingit, Paragonit, Roscoelith und Tobelith bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Muskovit ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen oder oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es alleiniger Namensgeber die „Muskovitgruppe“ mit der System-Nr. 9.EC.15 und den weiteren Mitgliedern Aluminoseladonit, Boromuskovit, Seladonit, Chernykhit, Chromseladonit, Chromphyllit, Ferro-Aluminoseladonit, Ferroseladonit, Ganterit, Montdorit, Nanpingit, Paragonit, Roscoelith, Tainiolith und Tobelith bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Muskovit in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er als Mitglied und Namensgeber der „Glimmergruppe (Muskovit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.02.02a innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 2:1-Lagen“ zu finden.
Kristallstruktur
Muskovit kristallisiert polytyp in monokliner Symmetrie, die als Muskovit-1M, Muskovit-2M1 und Muskovit-2M2 bezeichnet werden, sowie in trigonaler Symmetrie mit der Bezeichnung Muskovit-3T und in trikliner Symmetrie mit der Bezeichnung Muskovit-2A.
Polytyp | Kristallsystem | Raumgruppe | Gitterparameter und Formeleinheiten pro Elementarzelle (Z) |
---|---|---|---|
Muskovit-1M | monoklin | C2/m (Nr. 12) | a = 5,21 Å; b = 8,99 Å; c = 10,27 Å und β = 101,6° sowie Z = 2 |
Muskovit-2M1 | C2/c (Nr. 15) | a = 5,20 Å; b = 9,03 Å; c = 20,11 Å und β = 95,8° sowie Z = 4 | |
Muskovit-2M2 | C2/c (Nr. 15) | a = 8,96 Å; b = 5,17 Å; c = 20,31 Å und β = 100,7° sowie Z = 4 | |
Muskovit-3T | trigonal | P3112 (Nr. 151) | oder P3121 (Nr. 152)a = 5,21 Å und c = 29,8 Å sowie Z = 3 |
Muskovit-2A | triklin | C1 (Nr. 2, Stellung 3)[8] | a = 5,19 Å; b = 9,01 Å; c = 20,04 Å; α = 90,0°; β = 95,7° und γ = 90,0° sowie Z = 4 |
Modifikationen und Varietäten
Muskovit ist eine Sammelbezeichnung für die Modifikationen:
- Muskovit-2M1 – monoklin-prismatisch – 2/m (C2h)
- Muskovit-1M, auch Muskovit-2Md – monoklin
- Muskovit-3T – trigonal
Folgende Varietäten sind bisher bekannt
- Alurgit – rot durch Einlagerung von Mangan
- Astrolith – weiß bis gelb
- Damourit – Pseudomorphose nach Topas oder Korund
- Fuchsit – durch einen geringen Chromanteil (1 bis 5 %) schuppiges, grünschillerndes Aggregat (benannt nach dem Chemiker und Mineralogen Johann Nepomuk von Fuchs[1])
- Gilbertit – massiges Aggregat
- Margarodit – enthält Natrium und Calcium
- Mariposit – enthält bis zu einem Prozent Chrom
- Phengit – stark kieselsäurehaltig
- Pinit – Pseudomorphose nach Cordierit[9]
- Pinitoid – Pseudomorphose nach Kalifeldspat[9]
- Serizit (auch Sericit) – Feinkörniges bzw. feinschuppiges Muskovit- oder auch Paragonit-Aggregat (Korngröße < 0,1 mm)
Bildung und Fundorte
Muskovit ist ein wichtiges gesteinsbildendes Mineral und bildet sich durch Metamorphose vor allem in Glimmerschiefer oder Gneis, aber auch magmatisch in Granit oder Pegmatit, wo es Kristalle von bis zu 5 Metern und 85 Tonnen bilden kann, wie sie unter anderem in der „Inikurti-Mine“ bei Nellore in Indien zutage traten.[10] Er kommt in vielen sauren Tiefengesteinen und kristallinen Schiefern vor, jedoch nicht in Ergussgesteinen. Verwittert er, so entsteht durch Abgabe von Kalium ein Tonmineral, das Illit oder Hydromuskovit genannt wird. Als Begleitminerale treten unter anderem Alkalifeldspate und Plagioklase, Biotit, Quarz, Topas und Turmalin[5] sowie Erzminerale wie Spodumen, Amblygonit, Kassiterit und Tantalit-(Mn) auf.
Muskovit ist weltweit an vielen Orten anzutreffen, wobei insgesamt bisher (Stand: 2013) rund 13.000 Fundorte als bekannt gelten.[11]
In Deutschland fand man das Mineral unter anderem an vielen Orten im Bayerischen Wald (Bodenmais, Drachselsried, Vilshofen), in der Eifel (Ettringen, Niedermendig, Niederzissen), im Eppsteiner Schiefer des Vordertaunus[12][13], im Erzgebirge (Ehrenfriedersdorf, Freiberg, Oberlausitz), im Fichtelgebirge (Tröstau, Weißenstadt), im Harz (Bad Harzburg), in der Münchberger Gneismasse, im Oberpfälzer Wald (Waidhaus), im Odenwald (Reichelsheim), im Schwarzwald (Hornberg, Wittichen), im Siegerland, im Spessart, im Thüringer Wald (Gottlob, Henneberg) und im Vogtland (Lengenfeld).[14]
In Österreich konnte Muskovit bisher vor allem in Kärnten (Hüttenberg, Gurktaler Alpen, Hohe Tauern), Salzburg (Nassfeldtal, Habachtal, Untersulzbachtal), der Steiermark (Fischbacher Alpen, Koralpe) und Tirol (Kalstal, Zemmgrund, Zillertal) gefunden werden.[14]
In der Schweiz wurde das Mineral vor allem in den Kantonen Graubünden (Vorder- und Hinterrheintal), Tessin (Valle Maggia, Valle Leventina) und Wallis (Binntal) gefunden.[14]
Gut ausgebildete Kristallstufen von bis zu 10 Zentimetern Größe kennt man auch aus den Alabashka-Pegmatiten bei Murzinka (Oblast Swerdlowsk) im Ural.[10]
Fast durchsichtige Muskovitscheibe mit Hämatit-Einschlüssen aus Chandler’s Hollow, Delaware (Gesamtgröße 32,0 cm × 22,9 cm × 0,2 cm)
Rauchquarz und Muskovit auf Mikroklin aus der „Little Three Mine“, San Diego County, Kalifornien (Größe 6,8 cm × 6,8 cm × 2,4 cm)
Verwendung
Muskovit ist wegen seiner guten Wärme- und elektrischen Isolation ein wichtiger Rohstoff in der technischen Industrie. Früher wurde er auch oft für hitzebeständige Ofenfenster und in Russland für Verglasungen (Moskauer Glas) verwendet.
Fein vermahlen dient er (auch mit anderen Glimmerarten) als Füllstoff und zur inneren Verstärkung von Beschichtungssystemen. Füllstoffe auf Basis Muskovit-Glimmer haben einen weiten Bereich an Partikelgrößen, der von 0,001 mm bis zu 0,5 mm reicht.[15] In der Kosmetik findet der Muskovit zusammen mit dem Biotit Verwendung in Lippenstiften und anderen Kosmetika, um einen langanhaltenden Glanz zu gewähren.
Die Varietät Fuchsit (Chrom-Muskovit) diente in der Malerei als grünes Pigment und ist durch die Verwendung bei indianischen Kunstgegenständen aus Guatemala bekannt. Sie wird auch zu Schmuckstücken verarbeitet.
Siehe auch
Literatur
- James Dwight Dana: Mica Family: Muscovite In: A System of Mineralogy 3. Auflage, George P. Putnam, New York 1850, S. 356–358 (PDF 254,4 kB)
Weblinks
- Mineralienatlas:Muskovit (Wiki)
- RRUFF Database-of-Raman-spectroscopy – Muskovite
- Mineralien-Lexikon – Muskovit
- Kremer-Pigmente – Fuchsit als grünes Pigment
- Webmineral – Muscovite (englisch)
- Muskovit im Natur-Lexikon
Einzelnachweise
- ↑ a b c
- ↑ Christof Exner: Über Muskowit-Epidot-Albitkornbildung im Mauthausener Granit In: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen Band 4, Kapitel 1, 1954, S. 312–319 doi:10.1007/BF01140402
- ↑ Haymo Heritsch: Die Bildungsbedingungen des Granat-Disthen-Paragonit-Muskowit-Glimmerschiefers vom Gaberl, Stubalpe, Weststeiermark In: Mitteilungen naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark Band 113, Graz 1983, S. 5–14 (PDF 2,3 MB)
- ↑ a b
- ↑ a b c d Muscovite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 70,9 kB)
- ↑ a b c d Mindat – Muscovite
- ↑
- ↑ Die Nummerierung dieser Achsenstellung entspricht nicht der Reihenfolge der International Tables for Crystallography, da diese dort nicht aufgeführt wird.
- ↑ a b Udo Neumann: Mineralverwachsungen (Polymorphien, Para- und Pseudomorphosen, Epitaxien und Zwillingsbildungen) (Memento vom 13. November 2011 im Internet Archive). (Universität Tübingen).
- ↑ a b
- ↑ Mindat – Anzahl der Fundorte für Muskovit
- ↑ Michaela Winkelmann: Palynostratigraphische Untersuchungen am Südrand des Rheinischen Schiefergebirges (Südtaunus, Südhunsrück). Herbert Utz Verlag, 1997, Kapitel 1.5.1.2 Eppsteiner Schiefer-Folge, S. 9 PDF
- ↑ wirtz-hattersheim.de: Natursteinwerk Fischbach, Fischbach (Taunus)
- ↑ a b c Fundortliste für Muskovit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- ↑ Detlev Gysau, Füllstoffe, Technologie des Beschichtens. Vincentz, Hannover 2006 (§ 5.2.3 Glimmer)