Milchersatz

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Eine Flasche Sojamilch

Als Milchersatz, Milchersatzprodukt oder umgangssprachlich Pflanzenmilch werden Nahrungsmittel bezeichnet, die geschmacklich oder optisch sowie vom Fett- oder Eiweißgehalt her Milch oder Milcherzeugnissen ähneln, ohne aus dieser hergestellt zu sein.

Im weiteren Sinn gehört zum Milchersatz auch Kulturmilch, die in Fermentationsprozessen mit Hilfe von Pilzen, Hefen oder Algen ohne den Einsatz von Tieren gewonnen wird.

Gründe für die Verwendung von Pflanzenmilch sind Klimaschutz, Tierwohl oder auch die eigene Gesundheit.[1]

Zusammensetzung

In Deutschland ist Pflanzenmilch seit 1990 zugelassen.[2] Charakteristisch für diese Produkte ist, dass sie frei von Cholesterin, tierischem Protein sowie Milchzucker sind.

Eine Untersuchung zur Zusammensetzung von Pflanzenmilch betrachtete 148 Varianten von drei Kontinenten. Davon waren:[3]

Alle schnitten gut ab, was den Gehalt an Salz, Energie und gesättigten Fettsäuren anging. Der Proteingehalt variierte zwischen 0 und 10 g pro Portion. Das Niveau der B12- und Vitamin-D-Anreicherung war eher gering. Über die Hälfte war mit Kalzium angereichert. Insbesondere für die Zielgruppe der Veganer aber auch Vegetarier ist eine Anreicherung mit Vitamin D, B12 und Kalzium wichtig, da diese Nährstoffe beim Auslassen von Kuhmilch sonst in der Ernährung gering ausfallen könnten.[3]

Es „wird auch an Milch aus dem Labor geforscht. Start-ups wie New Culture, Perfect Day oder Turtle Tree Labs züchten das Milcheiweiß Casein nach.“[4] Auf Basis der richtigen Mikroorganismen soll Casein auch ohne Kuh produziert werden.[5]

Arten

Im weiteren Sinn:

Markt

In Deutschland sinkt die Menge an getrunkener Kuhmilch seit Jahren. Währenddessen verzeichnet der Markt für Pflanzenmilch konstante Wachstumsraten, 2020 lag der Marktanteil bei etwa 4 %.[6] Zwischen 2018 und 2020 verdoppelte sich der Umsatz mit Pflanzenmilch.[7] Mit Stand 2021 stammt etwa jeder zehnte Liter Milch in Deutschland aus Pflanzenmilch.[8] 93 % der Konsumenten haben schon mal Pflanzenmilch gekauft.[7] Am Deutschen Markt vertreten sind etwa 50 Marken. Hafer stellt unter allen pflanzlichen Ausgangsstoffen die bevorzugte Basis dar.[7] Erhebliche Mengen werden dabei importiert. Im Jahr 2020 wurden 206 Millionen Liter Pflanzenmilch im Wert von 134 Millionen Euro importiert, was 46 % über dem Vorjahresniveau lag. Gegenüber 2017 beträgt der Zuwachs 130 %.[9]

2018 konsumierten 25 % der Briten vorwiegend Pflanzenmilch.[10]

Laut einer Erhebung des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten sank der Konsum von Kuhmilch zwischen 2013 und 2017 um 12 %. Gleichzeitig stieg der Konsum von Pflanzenmilch um 36 %. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass Pflanzenmilch Kuhmilch nicht eins zu eins ersetze.[11]

Rechtslage

Bezeichnung

Ist die Grundlage pflanzlich, werden die Produkte auf der Verpackung als Pflanzendrink bzw. je nach Ausgangszutat als Mandeldrink, Sojadrink, Reisdrink, Haferdrink etc. gekennzeichnet. Der Begriff „Milch“ hat in der Europäischen Union einen Bezeichnungsschutz und darf nur Produkte bezeichnen, die durch Melken aus einem Euter gewonnen worden sind (zum Beispiel Kuhmilch, Schafmilch, Ziegenmilch).[12] Begriffe wie „Pflanzenmilch“, „Sojamilch“ usw. sind umgangssprachlich und in der Öffentlichkeit weit verbreitet, dürfen von Herstellern und Anbietern entsprechender pflanzlicher Getränke aber nicht verwendet werden.[13] Eine Ausnahme ist Kokosmilch gemäß dem Beschluss 2010/791/EU.[14] Da diese als traditionelles Lebensmittel in asiatischen Gerichten verwendet wird, darf sie auch im Handel so genannt werden.[15]

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts gab es auch die Bezeichnung vegetabile Milch.[16]

Besteuerung

Die Umsatzsteuer auf pflanzlichen Milchersatz ist von Land zu Land verschieden. In Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich wird der gleiche Steuersatz wie für Milch tierischen Ursprungs angewandt. In Deutschland, Griechenland, Italien, Österreich, der Slowakei und Spanien werden unterschiedliche Steuersätze angewandt. Die Unterschiede reichen von 85 % höherer Steuer in Griechenland bis zu 450 % höherer Steuer in Italien. In Deutschland wird Pflanzenmilch mit 19 % Mehrwertsteuer belegt, tierische Milch mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.[17][18][19][20]

Weblinks

Commons: Milchersatz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. Milchalternativen im Marktcheck. Abgerufen am 11. November 2021.
  2. Brockhaus. Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. völlig neu bearbeitete Auflage, Band 18 Math-Mosb, Leipzig, Mannheim, 2005–2006; Lemma Milchimitate, Milchersatzprodukte, Seite 457.
  3. a b Winston J. Craig, Ujué Fresán: International Analysis of the Nutritional Content and a Review of Health Benefits of Non-Dairy Plant-Based Beverages. In: Nutrients. Band 13, Nr. 3, 4. März 2021, ISSN 2072-6643, doi:10.3390/nu13030842, PMID 33806688 (englisch).
  4. Ernährung: Oatly & Co.: Wie vegane Alternativen die Milchbranche aufmischen. Abgerufen am 13. April 2021.
  5. Those Vegan Cowboys Develop Casein From Microbes to Make Dairy Without the Cow. In: vegconomist – the vegan business magazine. 12. April 2021, abgerufen am 13. April 2021 (britisches Englisch).
  6. https://www.agrarzeitung.de/nachrichten/politik/milchindustrie-konkurrenz-durch-pflanzendrinks-90902
  7. a b c A guest post from Future Grocery Shopping The German Plant-based Milk Market. In: vegconomist – the vegan business magazine. 6. Mai 2021, abgerufen am 8. Mai 2021 (britisches Englisch).
  8. Ernährung: Oatly & Co.: Wie vegane Alternativen die Milchbranche aufmischen. Abgerufen am 12. April 2021.
  9. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 1. Juni 2021, zitiert nach Ernährungsumschau 8/2021, Seite M447
  10. https://www.theguardian.com/food/2019/jul/19/plant-based-milk-the-choice-for-almost-25-of-britons-now
  11. https://www.ers.usda.gov/amber-waves/2020/december/plant-based-products-replacing-cow-s-milk-but-the-impact-is-small/
  12. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 (Anhang VII), abgerufen am 21. November 2019 In der Verordnung heißt es ausdrücklich: „Der Ausdruck ‚Milch‘ ist ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten.“ Daher werden diese Produkte im Handel z. B. als „Mandelgetränk“ oder „Mandeldrink“ o. ä. verkauft.
  13. Stefan Sauer: EuGH-Urteil – Soja-Drink darf nicht „Milch“ heißen. In: Frankfurter Rundschau. 14. Juni 2017, abgerufen am 27. Februar 2019.
  14. 2010/791/EU: Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2010 zur Festlegung des Verzeichnisses der Erzeugnisse gemäß Anhang XII Abschnitt III Nummer 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates In: Amtsblatt der Europäischen Union.
  15. Milchersatz darf nicht Milch heißen. In: eatsmarter.de. Abgerufen am 10. Dezember 2019.
  16. Carl von Noorden, Hugo Salomon: Handbuch der Ernährungslehre. Erster Band Allgemeine Diätetik (Nährstoffe und Nahrungsmittel Allgemeine Ernährungskuren). Springer, 2013, ISBN 978-3-7091-9933-6, S. 311 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Erstausgabe: 1920).
  17. ProVeg Plant Milk Report. Abgerufen am 17. Februar 2020 (englisch).
  18. Goods and Services Tax Industry Issues Detailed Food List. Abgerufen am 17. Februar 2020 (englisch).
  19. Umsatzsteuergesetz (UStG) Anlage 2 (zu § 12 Absatz 2 Nummer 1, 2, 12, 13 und 14) Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände. Abgerufen am 20. Januar 2020.
  20. BFH Urteil v. 9. Februar 2006 – V R 49/04. Abgerufen am 20. Januar 2020.