Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von ÖNACE)
Flagge der Europäischen Union

Verordnung (EG) Nr. 1893/2006

Titel: Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
NACE Revision 2
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Wirtschaftsrecht, Amtliche Statistik
Grundlage: EGV insbesondere Art. 285 Abs. 1
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Anzuwenden ab: 1. Januar 2008
Fundstelle: ABl. L 393, 30. Dezember 2006, S. 1–39
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist in Kraft getreten und anwendbar.
Bitte den Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union beachten!

Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft
URL ec.europa.eu/eurostat/ramon/nomenclatures
Anbieter Europäische Kommission (RAMON)
Sprachen Amtssprachen der Europäischen Union, plus z. B. Türkisch
Inhalte Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE)

Die Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (französisch Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne), meist nur als NACE bezeichnet, ist ein System zur Klassifizierung von Wirtschaftszweigen, das von Seiten der Europäischen Union auf Basis der ISIC (

International Standard Industrial Classification of all Economic Activities

) der Vereinten Nationen[1] entworfen wurde. Ihr entspricht auch die Schweizerische

Nomenclature Générale des Activités économiques

(NOGA).

Diese Klassifikationen dienen zur Einordnung von Daten im Rahmen der gemeinsamen Statistik durch die Eurostat, wie auch die einzelstaatliche amtlichen Statistik, und bezieht sich auf statistische Einheiten, also einen einzelnen Betrieb oder eine Gruppe von Betrieben, die eine wirtschaftliche Gesamtheit, also ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig, bilden.

Aufbau

Eine NACE-Klasse ist für die detaillierte Zuordnung von Einheiten zu Wirtschaftszweigen relevant und die unter die einzelnen Klassen fallenden Einheiten üben so weit wie möglich die gleichen Tätigkeiten aus.[2] Die NACE Rev. 2 gliedert sich in (in Klammern Rev 1.1):

  • 21 Abschnitte (ehem. 17) – Buchstabencode
  • 88 Abteilungen (ehem. 62) – zweistelliger Nummercode
  • 272 Gruppen (ehem. 224) – dreistelliger Nummerncode
  • 629 Klassen (ehem. 514) – vierstelliger Nummerncode

Gewisse Gruppen werden gemäß Verordnung (EG) Nr. 586/2001 zu fünf industriellen Hauptgruppen (Vorleistungsgüter, Investitionsgüter, Verbrauchsgüter, Gebrauchsgüter und Energie) aggregiert.

Tabelle: NACE Rev. 2: Abschnitte und NACE Rev. 1.1

Die folgende Tabelle umfasst die Abschnitte und die Nummern der zugehörigen Abteilungen gemäß NACE Rev. 2 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 und, diesen gegenübergestellt, die Abschnitte der NACE Rev. 1.1 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 29/2002

NACE Rev. 2 und Vergleich mit der NACE Rev. 1.1
NACE Rev. 2 NACE Rev. 1.1
Abteilungen Abschnitt Bezeichnung Abschnitt Bezeichnung
01–03 A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei A Land- und Forstwirtschaft
B Fischerei und Fischzucht
05–09 B Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden C Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden
10–33 C Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren D Herstellung von Waren
35 D Energieversorgung E Energie- und Wasserversorgung
36–39 E Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen
41–43 F Baugewerbe/Bau F Bau
45–47 G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern
49–53 H Verkehr und Lagerei  (I) Verkehr und Nachrichtenübermittlung
55–56 I Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie H Beherbergungs- und Gaststätten
58–63 J Information und Kommunikation I Verkehr und Nachrichtenübermittlung
64–66 K Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen J Kreditinstitute und Versicherungen (ohne Sozialversicherung)
68 L Grundstücks- und Wohnungswesen K Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen
69–75 M Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen
77–82 N Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen
84 O Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung (→ Öffentlicher Dienst) L Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung
85 P Erziehung und Unterricht M Erziehung und Unterricht
86–88 Q Gesundheits- und Sozialwesen N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen
90–93 R Kunst, Unterhaltung und Erholung O Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen
94–96 S Erbringung von sonstigen Dienstleistungen
97–98 T Private Haushalte mit Hauspersonal; Herstellung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen durch private Haushalte für den Eigenbedarf ohne ausgeprägten Schwerpunkt P Private Haushalte
99 U Exterritoriale Organisationen und Körperschaften Q Exterritoriale Organisationen und Körperschaften


Beispiel einer NACE-Klassifikation

Eine NACE-Klasse erhält also einen vierstelligen Code, und eine statistische Einheit wird in ihrer Tätigkeit der für sie relevanten Klasse zugeteilt. So wäre beispielsweise das Veröffentlichen eines Nachschlagewerkes im Internet:

Abschnitt J – Information und Kommunikation
63 Informationsdienstleistungen
63.1 Datenverarbeitung, Hosting und damit verbundene Tätigkeiten; Webportale
63.12 Webportale
Diese Klasse umfasst „den Betrieb sonstiger Websites, die als Internet-Portale fungieren, beispielsweise Medien-Websites mit regelmäßig aktualisiertem Inhalt“

Geschichte

Die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Klassifikation datiert zurück in die 1960er-Jahre.[3]

Die

Nomenclature des Industries établies dans les Communautés Européennes

(NICE) wurde 1961–1963 erarbeitet, sie beruhte anfangs auf einem dreistelligen Code, und wurde später feiner untergliedert. Ihre Hauptgruppen waren Bergbau, die Energiewirtschaft, das Verarbeitendes Gewerbe/die Herstellung von Waren und Baugewerbe/Bau. 1965 wurde die

Nomenclature du Commerce dans la CEE

(NCE) für die Zweige des Handels erstellt. 1967 kamen eine Nomenklatur für Dienstleistungen und eine für Landwirtschaft dazu. Mit 1970 wurden diese Systeme zur NACE –

Nomenclature générale des activités économiques dans les Communautés Européennes

vereint. Sie hatte zwei Nachteile, zum einen war sie nicht Gemeinschaftsrecht, Daten wurden in der einzelstaatlichen Statistik innerhalb traditioneller Systeme erhoben, und andererseits wurde sie nicht in einem anerkannten internationalen Rahmen entwickelt.

Um auch eine internationale Vergleichbarkeit sicherzustellen, wurde beschlossen, die Internationale Standardklassifikation der Wirtschaftszweige (ISIC) Rev. 3 zu übernehmen, die im Februar 1989 von der Statistikkommission der Vereinten Nationen angenommen worden war. Der Grund für die europäische Version war die unzureichende Gliederung der Kennzahlen zur Beobachtung und Darstellung der europäischen Volkswirtschaften. Zudem galt es eine sachgerechte Überarbeitung eines solchen Klassifikationssystems vorzunehmen sowie den Veränderungen von Technologie und Wirtschaftsstrukturen Rechnung zu tragen. Dennoch wurde sichergestellt, eine Kompatibilität zwischen NACE und ISIC in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Vereinten Nationen aufrechtzuerhalten. Die NACE Rev. 1 wurde mit der Verordnung Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 eingeführt.[4]

2002 wurden einige kleinere Anpassungen, die NACE Rev. 1.1, vorgenommen, sie enthielt Aktualisierung neu entstandener Tätigkeiten (zum Beispiel Callcenter) und eine Anpassung an den Wandel in Wirtschaft und Technologie des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Veröffentlicht wurde sie in der Verordnung (EG) Nr. 29/2002 der Kommission vom 19. Dezember 2001.[5]

Gleichzeitig wurde aber auch eine Überarbeitung der NACE begonnen (Verordnung (EG) Nr. 1893/2006, Dezember 2006, Bestimmungen über die Umsetzung der NACE Rev. 2 und den koordinierten Übergang). Zwischen 2000 und 2007 wurde eine umfangreichere Revision internationaler und europäischer Güter- und Wirtschaftszweigsystematiken durchgeführt (Operation 2007), die in die Revision einflossen sind.[6] Auch Implementiert sie die aktuelle ISIC Rev. 4.

Die NACE Rev. 2 ist ein Kompromiss zwischen dem Detaillierungsgrad, wie er von „den Hauptnutzern“ gefordert wird, und der Arbeitsbelastung der statistischen Ämter.[7] Die NACE Rev. 2 ist im Prinzip vom 1. Januar 2008 an für Statistiken, in denen auf Wirtschaftszweige Bezug genommen wird, anzuwenden[8] (Artikel 8 NACE-Verordnung enthält Einzelheiten zur Umsetzung).

Verwandte Klassifikationen

Zentrales Anliegen der NACE Rev. 2 ist auch der Abgleich mit den anderen statistischen Systematiken, die innerhalb der EG und im Umgang mit der internationalen Ebene verwendet werden.[9]

Europaebene

CPA
Europäische Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen (
Classification of Products by Activity
)
KN
Kombinierte Nomenklatur – Europäische Warensystematik für die Außenhandelsstatistik verwendete europäische Warensystematik
PRODCOM
Europäisches System für Produktionsstatistiken im Bergbau und Verarbeitenden Gewerbe/der Herstellung von Waren für die Statistik der Industrieproduktion in der EU

Internationale Ebene

ISIC
International Standard Industrial Classification (Internationale Standardklassifikation der Wirtschaftszweige) der Vereinten Nationen
CPC
Central Product Classification (Zentrale Gütersystematik) der Vereinten Nationen
BEC
Broad Economic Categories (Systematik der Güter nach großen Wirtschaftskategorien), Klassifikation der Vereinten Nationen für die Gruppierung der Außenhandelsgüter nach großen wirtschaftlich wichtigen Kategorien für die Wirtschaftsanalyse
SITC
Standard International Trade Classification (Internationales Warenverzeichnis für den Außenhandel) der Vereinten Nationen
HS
Harmonisiertes System zur Bezeichnung und Codierung der Waren der Weltzollorganisation

Neben den EU-Mitgliedstaaten verwenden auch Norwegen und die Schweiz eine NACE-kompatible Statistik, wie auch ungefähr zehn weitere Staaten außerhalb der EU bzw. die Kandidatenländer wie die Türkei. Über 150 Länder in der ganzen Welt verwenden Wirtschaftszweigsystematiken, die entweder auf der NACE oder auf der ISIC beruhen.[10][11]

Verfügbarkeit

Die NACE steht u. a. auf dem Online-Klassifikationsserver „RAMON“ der EU-Behörde Eurostat zur Verfügung.

Nationale Verwendung

Die gemeinsame statistische Systematik der Wirtschaftszweige „verbessert die Vergleichbarkeit zwischen nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Klassifikationen und somit auch von nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Statistiken.“[12] Zur Berücksichtigung nationaler Notwendigkeiten können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 der Verordnung jedoch zusätzliche Positionen und Ebenen in ihren nationalen Klassifikationen einführen, die die NACE weiter untergliedern.

  • Die in der deutschen amtlichen Statistik gebräuchliche Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2003 baut auf NACE Rev. 1.1 auf. Die aktuelle Ausgabe 2008, auch WZ 2008 genannt, baut auf NACE Rev. 2 auf.
  • ÖNACE ist der Name des in Österreich gebräuchlichen Klassifikationssystems. Im Jänner 2008 wurde das bisherige System (ÖNACE 2003, basierend auf NACE Rev. 1.1) revidiert. Die derzeitige Klassifikation heißt ÖNACE 2008 und basiert auf NACE Rev.2.[13][14]
  • Schweizerische Übernahme ist die Systematik NOGA (
    Nomenclature Générale des Activités économiques
    )
    , deren aktuelle Version die NOGA 2008 ist, welche auf der NACE Rev. 2 beruht. Die NOGA-Systematik wird vom Bundesamt für Statistik betreut und von diesem auch in vielen eigenen Erhebungen angewendet.[15]

Siehe auch

Normen und Gesetze

Vorgängerversionen:

Literatur

  • eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2 Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (= Methodologies and Workingpapers). 2008, ISBN 978-92-79-04740-4, ISSN 1977-0383 (ec.europa.eu [PDF] Katalognummer: KS-RA-07-015-DE-N).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. unstats.un.org – ISIC Rev.4
  2. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 2.1 Kriterien für die Ausarbeitung der NACE. Kriterien für Klassen 40., S. 23.
  3. Weblink eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 1.3 NACE: Vorgeschichte und rechtlicher Rahmen – Von der NICE zur NACE Rev. 2, S. 16 ff.
  4. Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990
  5. Verordnung (EG) Nr. 29/2002 der Kommission vom 19. Dezember 2001
  6. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 1.4 Die NACE-Revisionen. 36., S. 19.
  7. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 37., S. 20.
  8. Zit. wörtl. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 31., S. 19.
  9. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 1.1 Die NACE und das integrierte System der Wirtschaftszweig- und Gütersystematiken. Das internationale System von Wirtschaftssystematiken 3., S. 15 f.
  10. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 4.3 Verbindung mit anderen multinationalen Klassifikationen 132. Sonstige Klassifikationen, S. 45.
  11. eurostat (Hrsg.): NACE Rev. 2. 4.1 Verbindungen zu internationalen Systematiken. Die internationale Familie von Wirtschafts- und Sozialsystematiken, S. 41 ff.
  12. Verordnung (EG) Nr. 1893/2006, Artikel 1
  13. ÖNACE 2008 und deren Implementierung (Memento des Originals vom 9. Januar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.statistik.at, Statistik Austria
  14. ÖNACE 2008 – Klassifikation der Wirtschaftstätigkeiten, Wirtschaftskammer Österreich
  15. NOGA-Systematik (Memento des Originals vom 14. Juni 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bfs.admin.ch, Bundesamt für Statistik der Schweiz