Ökonometrie

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Die Ökonometrie ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, das die ökonomische Theorie sowie mathematische Methoden und statistische Daten zusammenführt, um wirtschaftstheoretische Modelle empirisch zu überprüfen und ökonomische Phänomene quantitativ zu analysieren.

Überblick

Der Begriff Ökonometrie wurde von Ragnar Frisch und Joseph Schumpeter in den frühen 1930ern entwickelt. Dieser Prozess kulminierte in der Gründung der Econometric Society und dem Journal Econometrica (1933).

Ökonometrische Methoden werden vor allem in der Volkswirtschaftslehre, aber auch in anderen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, wie z. B. Betriebswirtschaftslehre, Soziologie oder Politikwissenschaft, eingesetzt. Zu den wichtigsten Hilfsmitteln beim Schätzen ökonometrischer Modelle zählt dabei die Regressionsanalyse. In der modernen Ökonometrie werden computerorientierte Modelle immer wichtiger. Hierzu zählen z. B. Monte-Carlo-Simulation, nichtlineare Modelle, Bayessche Ökonometrie, Volatilität, oder künstliche neuronale Netze. Ebenfalls weitverbreitet sind Methoden zur Ausnutzung von Quasi-Experimenten, so zum Beispiel Instrumentvariablen oder Regressions-Diskontinuitäts-Analysen. Im Zusammenhang mit Paneldaten sind außerdem lineare Paneldatenmodelle und dynamische Paneldatenmodelle zu nennen.

Begriffe

Einzelgleichung

Mit Einzelgleichungsschätzungen werden nur einzelne Zusammenhänge geschätzt:

  • Konsumfunktion: Wie verändert sich der Konsum, wenn sich das gesamtwirtschaftliche Einkommen in bestimmter Weise verändert?
  • Investitionsfunktion: Wie verändern sich die Investitionen, wenn sich der Zinssatz ändert?

Die links des Gleichheitszeichens stehende Variable (zum Beispiel der Konsum) ist die zu erklärende Variable, das explanandum, die rechts des Gleichheitszeichens stehenden Variablen (zum Beispiel das Einkommen) sind die erklärenden Variablen, das explanans. Sie sind die zu schätzenden konstanten Größen, Regressionsparameter genannt, und geben die Stärke des Einflusses der erklärenden Variablen auf die zu erklärende Variable wieder. Ein solchermaßen zu schätzender Regressionsparameter wäre etwa die marginale Konsumquote.

In den Einzelgleichungen werden die zu erklärenden Variablen auch als endogene Variable bezeichnet, die erklärenden als exogene. Oft tritt die zu erklärende Variable links des Gleichheitszeichens selbst zeitlich verzögert auch rechts als erklärende Variable auf, die sogenannte verzögerte Endogene.

Modell

Ökonometrische Modelle bestehen aus Schätzgleichungen und Definitionsgleichungen. Schätzgleichungen wie die Konsumfunktion oder die Investitionsfunktion werden mit Hilfe ökonometrischer Verfahren geschätzt (lineare Regression). Die Schätzgleichungen selbst werden dabei nach wirtschaftstheoretischen Hypothesen (Ökonomischen Modellen) spezifiziert, also etwa die Hypothese, dass der Konsum durch das Einkommen bestimmt wird, oder dass die Investitionen sich mit der Höhe des Zinssatzes verändern.

Definitionsgleichungen bestimmen einen festen Zusammenhang zwischen verschiedenen Merkmalen und werden nicht geschätzt. So setzt sich z. B. das Bruttoinlandsprodukt definitionsgemäß aus Konsum, Investition, Staatsausgaben sowie Export abzüglich Import zusammen.

Im Unterschied zu den Einzelgleichungen treten die endogenen Variablen selbst als erklärende Variable in anderen Schätzgleichungen auf. Jedes ökonometrische Modell hat jedoch auch exogene Variablen, die durch keine Gleichung erklärt werden. Diese stellen die Annahmen eines ökonometrischen Modells dar. Beispielsweise könnte ein ökonometrisches Modell die Entwicklung des Welthandels unerklärt lassen und als exogene Variable vorgeben (die dann die Exporte erklärt usw.). Typische exogene Variablen sind auch die Steuersätze, etwa der Umsatzsteuersatz.

Sind viele Variablen eines Modelles exogen, spricht man von einem hohen Bedingtheitsgrad. Erklären sich die meisten Variablen endogen selbst gegenseitig, dann spricht man von einem niedrigen Bedingtheitsgrad.

Zusätzliche Informationen

Nicht alle Informationen können in einen Modellmechanismus ohne weiteres eingegeben werden. Solche einmaligen Einflüsse müssen „per Hand“ in das Modell eingegeben werden, indem man die zu erklärende Variable um eine bestimmte Konstante additiv („Add“) oder um einen bestimmten Faktor multiplikativ verändert (englisch add-factoring).

Anwendung

Werden volkswirtschaftliche Modelle ökonometrisch spezifiziert, werden also die wechselseitigen Abhängigkeiten mit Hilfe ökonometrischer Methoden geschätzt, erhält man ökonometrische (Makro-)Modelle. Diese Anwendung der Ökonometrie heißt Makroökonometrie. Bei der halbjährlich in Deutschland durchgeführten Gemeinschaftsdiagnose wird beispielsweise ein ökonometrisches Modell begleitend eingesetzt.

Solche gesamtwirtschaftlichen ökonometrischen Modelle können eingesetzt werden, um die wirtschaftliche Entwicklung vorherzusagen (Wirtschaftsprognose) oder um wirtschaftspolitische Maßnahmen zu simulieren. Es lässt sich beispielsweise berechnen, wie sich die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf die Gesamtwirtschaft auswirkt. Es ist jedoch umstritten, ob dies durch solch ein Modell erfassbar ist und ob ökonometrische Verfahren alternativen Methoden überlegen sind. Anwendungen sind vor allem in Medien zu finden, die der Politikberatung dienen, wie zum Beispiel im Wirtschaftsdienst.[1][2][3]

IBM entwickelte 1974 eine ökonometrische Planungssprache auf der Basis von APL.[4]

Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften

Ein 1969 von der Schwedischen Reichsbank anlässlich ihres 300-jährigen Bestehens gestifteter Preis im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Da er jährlich zusammen mit den Nobelpreisen verliehen wird und mit der gleichen Preissumme dotiert ist, wird er im allgemeinen Sprachgebrauch als Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften oder Wirtschaftsnobelpreis bezeichnet. Mit ihm wurden folgende Wissenschaftler für ihre Forschungen im Bereich der Ökonometrie ausgezeichnet:

Siehe auch

Literatur

  • Angrist, Joshua D./Pischke, Jörn-Steffen: Mostly Harmless Econometrics: An Empiricist's Companion, Princeton University Press, 2008 – Überblick über gängige Methoden in der modernen Angewandten (Mikro-)Ökonometrie
  • Ludwig von Auer: Ökonometrie – Eine Einführung 7. Auflage, Springer, Berlin 2016, ISBN 978-3-662-47868-4
  • Ludwig von Auer: Ökonometrie – Das R-Arbeitsbuch, Springer, Berlin 2017, ISBN 978-3-662-49181-2
  • William H. Greene: Econometric Analysis. 5. Auflage, Prentice Hall International, 2002, ISBN 0-13-110849-2- englischsprachiges Standardlehrbuch
  • Peter Hackl: Einführung in die Ökonometrie. Pearson Studium, München 2004, ISBN 3-8273-7118-X
  • Ullrich Heilemann, Werner Gaab, Jürgen Wolters: Arbeiten mit ökonometrischen Modellen. Physica-Verlag, 2004, ISBN 3-7908-0154-2
  • Volker Oppitz und Volker Nollau: Taschenbuch Wirtschaftlichkeitsrechnung. Carl Hanser Verlag, 2003, ISBN 3-446-22463-7
  • Peter Kennedy: A Guide to Econometrics. 5. Auflage. MIT Press, 2003, S. 1–2 und 6–8.
  • Verbeek, Marno A Guide to Modern Econometrics. 5. Auflage, Wiley Custom, 2017, ISBN 0-470-85773-0

Weblinks

Wiktionary: Ökonometrie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Ullrich Heilemann, Georg Quaas, Jens Ulrich: Gesamtwirtschaftliche Wirkungen der Haushaltspolitik des Koalitionsvertrages. In: Wirtschaftsdienst. 86. Jahrgang (2006), Heft 1. S. 27–36.
  2. Ullrich Heilemann, Stefan Wappler, Georg Quaas, Hagen Findeis: Qual der Wahl? Finanzpolitik zwischen Konsolidierung und Konjunkturstabilisierung. In: Wirtschaftsdienst 88. Jg., Heft 9, September 2008, S. 586–593.
  3. Georg Quaas, Mathias Klein: Struktureller Wandel und Krisenbewältigung der deutschen Volkswirtschaft. In: Wirtschaftsdienst, 91. Jg. (2011), Heft 3, S. 186–193.
  4. F. Schober und K. Spielberg: APL Econometric Planning Language (EPLAN). In: Proceedings of the eighth international conference on APL. S. 359–387 (September 22–24, 1976, Ottawa)