(174567) Varda

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Asteroid
(174567) Varda
Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops
Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 27. April 2019 (JD 2.458.600,5)
Orbittyp DO (ESDO)[1] oder
Cubewano («Heiss»),[2][3]
«Distant Object»[4]
Große Halbachse 46,116 AE
Exzentrizität 0,142
Perihel – Aphel 39,589 AE – 52,643 AE
Neigung der Bahnebene 21,5°
Länge des aufsteigenden Knotens 184,1°
Argument der Periapsis 180,1°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs 1. April 2094
Siderische Umlaufzeit 313 a 2 M
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit 4,350[5] km/s
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser
Masse 2.65 ± 0.03 · 1020 [6]Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Masse kg
Albedo 0,102 ± 0,024[6]
Mittlere Dichte [6] g/cm³
Rotationsperiode 5,91 ± 0,06 h (0,246) d[7]
Absolute Helligkeit 3,097[8] – 3,930[9] mag
Spektralklasse C[10]
B-V= 0,886 ± 0,025[8]
V-R= 0,540 ± 0,030[11]
V- I =1,156 ± 0,029[8]
B-R= 1,450 ± 0,040[12]
Geschichte
Entdecker Jeffrey A. Larsen
Datum der Entdeckung 21. Juni 2003
Andere Bezeichnung 2003 MW12
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.

(174567) Varda (frühere Bezeichnung 2003 MW12) ist ein großes transneptunisches Objekt im Kuipergürtel, das bahndynamisch als erweitertes Scattered Disk Object (DO) oder als Cubewano klassifiziert ist. Aufgrund ihrer Größe von rund 717 km ist sie ein Zwergplanetenkandidat. Varda hat einen natürlichen Begleiter namens Ilmarë, der knapp die Hälfte des Durchmessers des Asteroiden aufweist. Da beide um den gemeinsamen Schwerpunkt kreisen, kann das System auch als Doppelasteroiden-System aufgefasst werden.

Entdeckung und Benennung

Varda wurde am 21. Juni 2003 von Jeffrey A. Larsen mit dem 0,9–m–Spacewatch-Teleskop am Steward-Observatorium des Kitt-Peak-Observatoriums im Rahmen eines Projektes der United States Naval Academy entdeckt.[13] Die Entdeckung wurde am 7. Januar 2006 bekanntgegeben; der Planetoid erhielt zunächst die vorläufige Bezeichnung 2003 MW12[14] und später von der IAU die Kleinplaneten-Nummer 174567.

Varda wurde am 16. Januar 2014 nach der Sternenkönigin Varda Elentári aus J. R. R. Tolkiens Silmarillion benannt.

Nach ihrer Entdeckung ließ sich Varda auf Fotos bis zum 19. März 1980, die im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) am Siding-Spring-Observatorium gemacht wurden, zurückgehend identifizieren und so ihre Umlaufbahn genauer berechnen. Seither wurde der Planetoid durch verschiedene Teleskope wie das Hubble-, Herschel- und das Spitzer-Weltraumteleskop sowie verschiedene erdbasierte Teleskope beobachtet. Im April 2017 lagen insgesamt 216 Beobachtungen über einen Zeitraum von 36 Jahren vor. Die bisher letzte Beobachtung wurde im Juli 2018 am Purple Mountain-Observatorium durchgeführt.[15][4] (Stand 25. März 2019)

Eigenschaften

Die Bahn von Varda (weiß) im Vergleich mit Pluto und den Planeten.

Umlaufbahn

Varda umläuft innerhalb von 313,18 Jahren die Sonne auf einer elliptischen Umlaufbahn zwischen 39,59 AE und 52,64 AE Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,142, die Bahn ist 21,50° gegenüber der Ekliptik geneigt. Derzeit ist der Planetoid 46,63 AE von der Sonne bzw. 47,16 AE von der Erde entfernt. Das Perihel durchläuft sie das nächste Mal 2094, der letzte Periheldurchlauf dürfte also im Jahre 1781 erfolgt sein.

Marc Buie (DES) stuft den Planetoiden als erweitertes SDO (ESDO bzw. DO) ein,[1] während das Minor Planet Center ihn als Cubewano einordnet, wobei er zu den bahndynamisch «heißen» klassischen KBO gehören würde; letzteres führt ihn auch als Nicht-SDO und allgemein als «Distant Object».[4][2][16]

Größe und Rotation

Untersuchungen 2013 mit dem Herschel-Weltraumteleskop (Instrumente SPIRE und PACS) kombiniert mit den überarbeiteten Daten des Spitzer-Weltraumteleskops (Instrument MIPS) kamen 2014 zu dem Schluss, dass der Durchmesser von Varda etwa 705 km, der von Ilmarë etwa 361 km beträgt. Eine Sternbedeckung am 10. September 2018 bestimmte den Durchmesser von Varda auf 716,6 km.[17] Ausgehend von einem Durchmesser von 716,6 km ergibt sich Gesamtfläche von etwa 1.613.000 km², was in etwa der Fläche des Iran inklusive Armenien entspricht. Die scheinbare Helligkeit von Varda beträgt 20,33 m.[18]

Da anzunehmen ist, dass sich Varda aufgrund ihrer Größe im hydrostatischen Gleichgewicht befindet und somit weitgehend rund sein müsste, sollte sie die Kriterien für eine Einstufung als Zwergplanet erfüllen. Mike Brown geht davon aus, dass es sich bei Varda höchstwahrscheinlich um einen Zwergplaneten handelt. Nach Gonzalo Tancredi ist es nur möglicherweise einer.[19]

Anhand von Lichtkurvenbeobachtungen rotiert Varda in 5 Stunden und 54,6 Minuten einmal um ihre Achse. Daraus ergibt sich, dass sie in einem Varda-Jahr 464518,8 Eigendrehungen („Tage“) vollführt. Dies ist allerdings noch mit einigen Unsicherheiten behaftet, da die damalige Beobachtungszeit nicht ausreichte und die Fehlerquote bei ungefähr 30 % liegt.

Bestimmungen des Durchmessers für Varda
Jahr Abmessungen km Quelle
2008 730,0 Tancredi[20]
2010 801,0 Tancredi[19]
2013 592,0 +91,0−84,0 Lellouch u. a.[21]
2014 792,0 +91,0−84,0 (System)
705,0 +81,0−75,0
Vilenius u. a.[6]
2014 <412,0 (System)
<366,0
Thirouin u. a.[7]
2015 722,0 +82,0−76,0 Grundy u. a.[8]
2013 878,06 LightCurve DataBase[10]
2018 716,6 ± 4,8 Anderson u. a.[17]
2018 689,0 Brown[22]
Die präziseste Bestimmung ist fett markiert.

Innerer Aufbau

Durch die Analyse der Umlaufbahn des Mondes Ilmarë konnte die Masse des Systems auf 2,65 · 1020 kg bestimmt werden. Bei Durchmessern von etwa 717 km und 361 km ergibt sich eine Dichte von 1,25 ± 0,40 g/cm³ – kaum höher als die von Wasser.[6] Die Oberflächen von Varda und Ilmarë erscheinen im sichtbaren Spektrum und im nahen Infraroten rötlich. Das Spektrum zeigt keine Absorptionslinien von Wassereis, dafür aber von Methanoleis.[8]

Mond

2011 gab ein Astronomenteam um Keith S. Noll die Entdeckung eines Begleiters mit dem Namen Ilmarë bekannt,[11][23] der 326 km Durchmesser aufweist und anhand von Bildern des Hubble-Weltraumteleskops aufgespürt wurde. Er umkreist das gemeinsame Baryzentrum mit Varda in 5 Tagen und 18 Stunden in einem mittleren Abstand von 4809 ± 400 km. Ein Umlauf von Ilmarë dauert also 23,35 Varda-Tage. Die Systemmasse wurde auf 2.664 ± 0.064 · 1020 bestimmt. Da beide um das gemeinsame Baryzentrum kreisen und eine vergleichbare Größe aufweisen, kann das System als Doppelasteroiden-System aufgefasst werden. Benannt wurde sie nach Vardas Zofe im Silmarillion.

Das Varda-System in der Übersicht:

Komponenten Physikalische Parameter Bahnparameter Entdeckung
Name Durch­messer
(km)
Relativ­größe (%) Masse (kg) Große Halbachse (km) Umlaufzeit (d) Exzentrizität Inklination zur Ekliptik Datum Entdeckung
(174567) Varda
716,6 100,00 2,66 · 1020 21. Juni 2003
Ilmarë
(Varda I)
326,0 45,49 ? 4809 5,75058 0,0215 21,2° 26. April 2009

Siehe auch

Weblinks

Commons: 174567 Varda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Marc W. Buie: Orbit Fit and Astrometric record for 174567. SwRI (Space Science Department). Abgerufen am 25. März 2019.
  2. a b MPC: MPEC 2010-S44: Distant Minor Planets (2010 OCT. 11.0 TT). IAU. 25. September 2010. Abgerufen am 4. März 2019.
  3. Wm. R. Johnston: List of Known Trans-Neptunian Objects. Johnston’s Archiv. 7. Oktober 2018. Abgerufen am 25. März 2019.
  4. a b c (174567) Varda beim IAU Minor Planet Center (englisch) Abgerufen am 25. März 2019.
  5. v ≈ π*a/periode (1+sqrt(1-e²))
  6. a b c d e E. Vilenius u. a.: “TNOs are Cool”: A survey of the trans-Neptunian region X. Analysis of classical Kuiper belt objects from Herschel and Spitzer observations (PDF). In: Astronomy and Astrophysics. 564, Nr. A35, 25. März 2014, S. 18. arxiv:1403.6309. doi:10.1051/0004-6361/201322416.
  7. a b A. Thirouin u.a.: Rotational properties of the binary and non-binary populations in the trans-Neptunian belt. In: Astronomy and Astrophysics. 569, 8. September 2014, S. A3. arxiv:1407.1214. bibcode:2014A&A...569A...3T. doi:10.1051/0004-6361/201423567.
  8. a b c d e W. Grundy u.a.: The mutual orbit, mass, and density of the large transneptunian binary system Varda and Ilmarë (PDF). In: Icarus. 257, 4. Mai 2015, S. 130–138. arxiv:1505.00510. bibcode:2015Icar..257..130G. doi:10.1016/j.icarus.2015.04.036.
  9. H. Boehnhardt u.a.: Photometry of Transneptunian Objects for the Herschel Key Program “TNOs are Cool”. In: Earth, Moon, and Planets. 114, Nr. 1–2, November 2014, S. 35–57. bibcode:2014EM&P..114...35B. doi:10.1007/s11038-014-9450-x.
  10. a b LCDB Data for (174567) Varda. MinorPlanetInfo. Dezember 2016. Archiviert vom Original am 7. Februar 2019. Abgerufen am 25. März 2019.
  11. a b W. Grundy: Varda and Ilmarë (174567 2003 MW12). Lowell-Observatorium. Archiviert vom Original am 25. März 2019. Abgerufen am 25. März 2019.
  12. S. Tegler u. a.: Two Color Populations of Kuiper Belt and Centaur Objects and the Smaller Orbital Inclinations of Red Centaur Objects (PDF). In: The Astronomical Journal. 152, Nr. 6, Dezember 2016, S. 210, 13. bibcode:2016AJ....152..210T. doi:10.3847/0004-6256/152/6/210.
  13. Jeffrey A. Larsen, Eric A. Roe, C. Elise Albert: The Search for Distant Objects in the Solar System Using Spacewatch. In: The Astronomical Journal. 133, Nr. 4, 20. Februar 2007, S. 1247–1270. bibcode:2007AJ....133.1247L. doi:10.1086/511155.
  14. MPC: MPEC 2006-A28: 2003 MW12. IAU. 7. Januar 2006. Abgerufen am 25. März 2019.
  15. (174567) Varda in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch). Abgerufen am 25. März 2019.
  16. MPC: MPEC List Of Centaurs and Scattered-Disk Objects. IAU. Abgerufen am 25. März 2019.
  17. a b C. Anderson u. a.: (174567) Varda 2018 Sep 10. Wayback Machine. 10. September 2018. Archiviert vom Original am 18. September 2018. Abgerufen am 25. März 2019.
  18. (174567) Varda in der Datenbank der „Asteroids – Dynamic Site“ (AstDyS-2, englisch).
  19. a b Gonzalo Tancredi: Physical and dynamical characteristics of icy “dwarf planets” (plutoids) (PDF). In: IAU (Hrsg.): Icy Bodies of the Solar System: Proceedings IAU Symposium No. 263, 2009. 2010. doi:10.1017/S1743921310001717. Abgerufen am 25. März 2019.
  20. Gonzalo Tancredi, Sofía Favre: DPPH List. In: Dwarf Planets and Plutoid Headquarters, von Which are the dwarfs in the solar system?. November. Abgerufen am 25. März 2019.
  21. E. Lellouch u.a.: “TNOs are Cool”: A survey of the trans-Neptunian region. IX. Thermal properties of Kuiper belt objects and Centaurs from combined Herschel and Spitzer observations (PDF). In: Astronomy and Astrophysics. 557, Nr. A60, 10. Juni 2013, S. 19. bibcode:2013A&A...557A..60L. doi:10.1051/0004-6361/201322047.
  22. Mike Brown: How many dwarf planets are there in the outer solar system?. CalTech. 12. November 2018. Abgerufen am 25. März 2019.
  23. Wm. R. Johnston: Asteroids with Satellites – (174567) Varda and IImare. Johnston’s Archiv. 31. Januar 2015. Abgerufen am 25. März 2019.