Brannerit
Brannerit | |
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Angewitterter, aber vollkommen entwickelter Branneritkristall aus der „Dieresis Mine“, El Cabril, Córdoba, Andalusien, Spanien (Größe: 6,1 cm × 4,2 cm × 3,7 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Cordobait |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide und Hydroxide |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
4.DH.05 (8. Auflage: IV/D.22) 08.03.04.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[3] |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12)[2] |
Gitterparameter | a = 9,81 Å; b = 3,77 Å; c = 6,92 Å β = 119,0°[2] |
Formeleinheiten | Z = 2[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4,5 bis 5,5[4] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,2 bis 5,43; berechnet: [5,20]; synthetisch UTi2O6: 6,37[4] |
Spaltbarkeit | nicht definiert |
Bruch; Tenazität | muschelig |
Farbe | schwarz, bräunlich-olivgrün, gelbbraun bis gelb |
Strichfarbe | dunkelgrünlichbraun bis gelblichbraun |
Transparenz | undurchsichtig, in dünnen Schichten braunrot durchscheinend |
Glanz | in frischem Zustand Glasglanz, sonst pech- oder harzähnlich bis matt[4] |
Radioaktivität | sehr stark |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = 2,23 bis 2,3[5] |
Doppelbrechung | keine, da durch Radioaktivität isotropisiert |
Brannerit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der idealisierten Zusammensetzung UTi2O6[1], ist also chemisch gesehen ein Uran-Titan-Oxid. Da in natürlich gebildetem Brannerit allerdings meist geringe Anteile Uran durch Calcium, Yttrium und/oder Cer bzw. geringe Anteile Titan durch Eisen diadoch ersetzt sind, wird die Formel oft auch mit (U,Ca,Y,Ce)(Ti,Fe)2O6[2] angegeben.
Brannerit ist im Allgemeinen undurchsichtig und nur in dünnen Schichten und Splittern rötlich durchscheinend. Er bildet nur undeutlich ausgebildete, prismatische Kristalle, die allerdings bis zu 30 Zentimeter groß werden können.[4] Meist findet er sich jedoch in Form gerundeter Körner und massiger Aggregate von schwarzer, bräunlicholivgrüner, gelbbrauner bis gelber Farbe bei dunkelgrünlichbrauner bis gelblichbrauner Strichfarbe. Frische Mineralproben weisen einen pech- bis glasähnlichen Glanz auf, der durch Verwitterung mit der Zeit in einen eher harzähnlichen Glanz übergeht, bis die Proben schließlich matt werden.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Brannerit nahe Kelley Gulch, etwa 14 Meilen nordwestlich von Stanley im Custer County des US-Bundesstaates Idaho. Beschrieben wurde das Mineral 1920 durch Frank L. Hess und Roger C. Wells, die es nach dem amerikanischen Geologen und ehemaligen Präsidenten der Stanford University (Kalifornien) John Casper Branner (1850–1922) benannten.
Typmaterial des Minerals wird im National Museum of Natural History in Washington D.C. in den USA unter den Katalog-Nr. 105793 und 114997 aufbewahrt.[4]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Brannerit zur Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 und verwandte Verbindungen)“, wo er zusammen mit Orthobrannerit und Thorutit die „Brannerit-Reihe“ mit der System-Nr. IV/D.22 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Brannerit ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen (± mittelgroßen) Kationen; Lagen kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Orthobrannerit und Thorutit die „Brannerit-Orthobrannerit-Gruppe“ 4.DH.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Brannerit in die Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ in die Abteilung der „Mehrfachen Oxide mit Nb, Ta und Ti“ ein. Hier ist er zusammen mit Thorutit in der unbenannten Gruppe 08.03.04 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide mit Nb, Ta und Ti und der Formel A(B2O6)“ zu finden.
Kristallstruktur
Brannerit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 9,81 Å; b = 3,77 Å; c = 6,92 Å und β = 119,0° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Eigenschaften
Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 33,5 % sehr stark radioaktiv. Unter Berücksichtigung der Mengenanteile der radioaktiven Elemente in der idealisierten Summenformel sowie der Folgezerfälle der natürlichen Zerfallsreihen wird für das Mineral eine spezifische Aktivität von etwa 60,221 kBq/g[3] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g). Der zitierte Wert kann je nach Mineralgehalt und Zusammensetzung der Stufen deutlich abweichen, auch sind selektive An- oder Abreicherungen der radioaktiven Zerfallsprodukte möglich und ändern die Aktivität.
Aufgrund seiner Radioaktivität ist Brannerit meist völlig metamikt, das heißt seine Kristallstruktur wurde durch seine eigene, ionisierende Strahlung zerstört.
Modifikationen und Varietäten
Absit ist eine nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für eine ThO2-haltige Varietät von Brannerit.[6][7][8]
Bildung und Fundorte
Brannerit bildet sich entweder primär in granitischen Pegmatiten und granitischen Gneisen, verkieselten Konglomeraten und hydrothermalen Quarz- und Calcit-Adern oder findet sich detritisch in Seifenlagerstätten. Als Begleitminerale treten unter anderem Apatit, Gold, Rutil, Uraninit, Xenotim, Zirkon.
Als eher seltene Mineralbildung kann Brannerit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2013) rund 200 Fundorte.[9] Neben seiner Typlokalität Kelley Gulch konnte das Mineral unter anderem noch an mehreren Orten in Idaho sowie am Bokan Mountain (Prince-of-Wales-Insel) in Alaska, in den Swisshelm Mountains (Cochise County) in Arizona, an mehreren Fundpunkten in Colorado, Kalifornien, Nevada, New Mexico und Washington gefunden werden.
In Deutschland trat Brannerit bisher nur in der Uranlagerstätte Müllenbach bei Baden-Baden in Baden-Württemberg, der Uranlagerstätte bei Mähring und im Wölsendorfer Fluoritbergbaugebiet in Bayern zutage.
In Österreich konnte das Mineral unter anderem im Gebiet um Friesach und Hüttenberg, in den Hohen Tauern von Kärnten bis Salzburg sowie bei Oberdorf im Lamingtal und bei Eisenerz in der Steiermark gefunden werden.
In der Schweiz fand sich Brannerit auf der Mürtschenalp im Murgtal (Kanton Glarus) und im Vorderrheintal (Graubünden), bei Augstchamm im Weisstannental (St. Gallen), in Iragna (Tessin) sowie in der Grube Lengenbach im Binntal und bei Tête des Econduits am Mont Chemin im Kanton Wallis.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Finnland, Frankreich, Guyana, Indien, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Kirgisistan, Marokko, der Mongolei, Namibia, Norwegen, Polen, Russland, Sambia, Schweden, der Slowakei, in Spanien, Südafrika, Tschechien, Ukraine, Ungarn und im Vereinigten Königreich (Großbritannien).[10]
Verwendung
Bei lokaler Anhäufung dient Brannerit gelegentlich zusammen mit anderen Uranmineralen als Uranerz.
Vorsichtsmaßnahmen
Aufgrund seiner starken Radioaktivität sollten Proben von Brannerit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern aufbewahrt und fernab von Mensch und Tier gelagert werden. Die Aufnahme in den Körper (Inkorporation) und direkter Körperkontakt sollten vermieden werden. Beim Umgang mit dem Mineral ist Sicherheitskleidung, mindestens in Form von Mundschutz und Handschuhen, zu tragen.
Literatur
- Frank L. Hess, Roger C. Wells: Brannerite, a new uranium mineral. In: Journal of the Franklin Institute. Band 189, 1920, S. 225–237 (PDF, 525,8 kB).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 394.
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 543 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; Februar 2013 (PDF 1,3 MB)
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 221.
- ↑ a b Webmineral - Brannerite
- ↑ a b c d e Brannerite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 72,4 kB)
- ↑ Mindat - Brannerite
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
- ↑ Alte Mineralnamen und Synonyme bei indra-g.at
- ↑ Mineralienatlas: Absit
- ↑ Mindat - Anzahl der Fundorte für Brannerit
- ↑ Fundortliste für Brannerit beim Mineralienatlas und bei Mindat