Acetyliertes Holz
Acetyliertes Holz ist Holz, welches in einem Verfahren der chemischen Holzmodifikation mit Essigsäureanhydrid behandelt wurde, um die Besiedlung durch holzzerstörende Pilze oder Insekten zu erschweren und so seine gebrauchstaugliche Einsatzdauer im Außenbereich zu verlängern. Essigsäure ist nicht toxisch. Verwertung und Entsorgung des Holzes sind uneingeschränkt möglich.[1]
Acetyliertes Holz nimmt kaum noch Feuchtigkeit auf, wodurch sich Dimensionsstabilität und Dauerhaftigkeit verbessern.[1]
Herstellung
Ausgangsstoff für acetyliertes Holz ist lignocellulosehaltiges Material. Da die Holzacetylierung darauf abzielt, dauerhaftes Holz für den Außenbereich zu produzieren, kommt gewöhnlich Bauholz zum Einsatz. Die Acetylierung erfolgt üblicherweise mit Essigsäureanhydrid in speziellen Edelstahl-Reaktoren. Da es beim Kontakt des im Holz enthaltenen Wassers und dem zugegebenen Essigsäureanhydrid zur Abspaltung von Essigsäure kommt, bestimmt insbesondere der Feuchtegehalt des Rohmaterials den Verbrauch an Essigsäureanhydrid. Dementsprechend ist es von Vorteil, möglichst trockenes Rohmaterial zu verwenden. Grundsätzlich lässt sich jede Holzart acetylieren. Da sich aber jede Holzart etwas unterschiedlich bei der Acetylierung verhält, muss die Acetylierung auf die jeweilige Holzart abgestimmt werden, um die angestrebten Produkteigenschaften zu erreichen. So gelten Eichen- und Fichtenholz als schwer, hingegen Erlen-, Pappel- und Birkenholz als leicht imprägnierbare Holzarten.[1]
Ablauf und beteiligte Reaktionen
Das Verfahren beginnt mit dem Beschicken des Reaktors mit Rohmaterial und der Einspritzung der Essigsäureanhydridlösung. Die Zugabe der Lösung kann unter Vakuum, bei Überdruck oder Atmosphärendruck erfolgen. Um das Holz bis in möglichst tiefe Lagen mit der Lösung zu durchtränken, folgt eine Imprägnierung bei Drücken von 2 bis 5 bar oder unter Vakuum. Wurde die Essigsäureanhydridlösung nicht bereits warm (70–150 °C) eingespritzt, wird sie spätestens jetzt, während der Imprägnierung, zusammen mit dem Holz erwärmt. Bei Temperaturen von ca. 120 °C werden das Holz und das Reagenz zur eigentlichen Reaktion gebracht. Dabei werden die Hydroxygruppen (-OH) der Holzzellwand zu Essigsäureestern verestert und Essigsäure freigesetzt. Die Veresterung findet hauptsächlich an den Hydroxygruppen der Zellwandpolymere Lignin und Hemicellulose statt. Eine Entwässerung, d. h. ein Abzug überschüssiger, nicht vom Holz aufgenommener Essigsäureanhydrid-Lösung kann entweder vor der Acetylierungsreaktion oder spätestens danach erfolgen. Um das zwar vom Holz aufgenommene, jedoch nicht in Reaktion gegangene Essigsäureanhydrid als auch die entstandene Essigsäure aus dem Holz zu extrahieren, wird ein Endvakuum erzeugt. Schließlich wird das Holz durch eine Abdestillation mit Wasser oder Wasserdampf gereinigt, sodass es im Wesentlichen frei wird von Essigsäureanhydrid und Essigsäure. Dies dient vor allem dazu, eine nachträgliche, im Gebrauchszustand unerwünschte Geruchsausdünstung der Essigsäure aus dem fertigen Produkt an die Umgebung zu vermeiden. Die bei der Entwässerung, der Vakuumextraktion und Nachbehandlung anfallende Lösung wird gesammelt und aufgetrennt. Aus der darin enthaltenen Essigsäure kann Essigsäureanhydrid rückgewonnen und dem Prozess wieder zugeführt werden.[1]
Beurteilung des Acetylierungserfolgs
Um den Erfolg, d. h. den Grad der Acetylierung, zu beurteilen, können verschiedene Methoden eingesetzt werden. Weil die Einlagerung der Acetylgruppen, ähnlich wie durch Wassermoleküle, eine Quellung des Holzes zur Folge hat, kann zum einen der Volumenzuwachs als Parameter für den Acetylierungsgrad dienen. Zum anderen kann die Gewichtszunahme WPG (weight percent gain) der Holzmasse nach erfolgter Acetylierung herangezogen werden. Hierbei kann zusätzlich Rückschluss auf die im Holz gebundene Menge an Essigsäureanhydrid geschlossen werden. Als weitere Parameter können Auswaschwiderstand, elektrische Leitfähigkeit oder Methoden wie HPLC-Analytik oder Spektrophotometrie für die Beurteilung des Acetylierungserfolgs genutzt werden.[1]
Eigenschaften
Mit der Acetylierung wird die molekulare Zusammensetzung des Holzes dauerhaft verändert. Die chemische Modifikation beeinflusst diverse mechanische, physikalische Eigenschaften sowie die Dauerhaftigkeit des Holzes gegenüber holzabbauenden Insekten und Mikroorganismen (s. u.). Abhängig von Holzart und Intensität der Imprägnierung führt die Acetylierung in der Regel zu einer Dunkelverfärbung sowie zu einer Erhöhung von Dichte und Härte.[2] Abhängig vom Aufwand der Nachbehandlung kann das fertige Produkt mehr oder weniger stark, bis gar nicht mehr nach Essigsäure riechen.[1]
Wasserabsorption
Bei der Acetylierung reagieren die hydrophilen Hydroxygruppen der Zellwandpolymere chemisch zu hydrophoben Acetoxygruppen. Die Hygroskopizität des Holzes, d. h. die Eigenschaft, Wasser auf- bzw. abzugeben, wird dadurch stark eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass acetyliertes Holz gegenüber unbehandeltem Holz einen niedrigeren maximalen Gleichgewichtsfeuchtegehalt aufweist. So kann die maximale Gleichgewichtsholzfeuchte eines unbehandelten Holzes von ca. 25–30 % durch Acetylierung mit einem WPG von 20 auf ca. 10 bis 12 % herabgesetzt werden. Gleichzeitig verringert sich die Geschwindigkeit der Wasseraufnahme.[1]
Stehvermögen
Der Austausch der hydrophilen Hydroxygruppen der Zellwandpolymere durch hydrophobe Acetylgruppen wirkt sich zudem positiv auf das Stehvermögen, d. h. die Dimensionsstabilität bei wechselndem Umgebungsklima, des Holzes aus. So zeigt acetyliertes Holz im Vergleich zu unbehandeltem Holz eine um 70 bis 80 % reduzierte Quellung und Schwindung.[1]
Dauerhaftigkeit
Durch die Acetylierung wird die natürliche Dauerhaftigkeit des Holzes, d. h. seine Widerstandsfähigkeit gegen den Abbau durch Pilze, Insekten usw. deutlich verbessert. Ein Herabsetzen der maximalen Gleichgewichtsfeuchte auf 10–20 % bei acetyliertem Holz verhindert die für das Pilzwachstum erforderliche Mindestholzfeuchte. Des Weiteren werden die von Pilzen leicht abzubauenden Molekülstrukturen des Zellwandverbands durch die Acetylierung so verändert, dass die Pilzhyphen ab bestimmten Acetylierungsgraden nicht mehr in den Zellwandverband eindringen und diesen abbauen können. Verschiedene Hölzer können durch Acetylierung vollständig gegen Braun-, Weiß- oder Moderfäule geschützt werden und eine Dauerhaftigkeitsklasse von 1 erreichen. Auch kann die Resistenz des Holzes gegenüber dem Abbau von Tunnelbakterien und Termiten durch Acetylierung verbessert werden.[1]
Verwitterungsbeständigkeit
Neben Verwitterungsvorgängen biologischer Herkunft, wie z. B. durch holzabbauende Pilze, unterliegt dem Sonnenlicht und Niederschlag ausgesetztes Holz einem photochemischen Verwitterungsprozess. An der dem Sonnenlicht zugewandten Holzoberfläche entstehen u. a. dunkelfarbige niedermolekulare Abbauprodukte aus photooxidativen Reaktionen, die im Wesentlichen durch die UV-Strahlung ausgelöst werden. Diese Abbauprodukte werden mit der Zeit vom Regen ausgewaschen, was eine Ausbleichung des Holzes und eine veränderte Oberflächenstruktur zur Folge hat. Weil acetyliertes Holz eine geringere Gleichgewichtsfeuchte als unbehandeltes Holz aufweist, erfolgt die Auswaschung der Abbauprodukte langsamer. Zudem läuft die photooxidative Zersetzung der acetylierten Zellwandpolymere langsamer ab. Die Acetylierung kann den photochemischen Verwitterungsvorgang im Holz somit nicht aufhalten, ihn jedoch etwas verlangsamen.[1]
Markt
- Aktuell gibt es nur einen Hersteller von Acetyliertem Holz unter dem Markennamen Accoya. Die Firma Accsys Technologies (ehemals Titan Wood) mit Sitz in London und bislang einer Produktionsstätte in Arnhem in den Niederlanden begann nach langer Forschung 2007 mit der Herstellung des Produkts aus Monterey-Kiefer in größerem Maßstab.[3]
Alternative Modifikationsprozesse von Holz
- Furfuryliertes Holz (Kebony) wird ebenfalls aus Monterey-Kiefer hergestellt.[4]
- Thermisch modifiziertes Holz (englisch: Thermally Modified Timber, kurz TMT)
- Druckimprägnierung
Literatur
- Holger Militz: Übersichtsbericht – Acetyliertes Holz – (Naturwissenschaftliche und technologische Grundlagen, materialtechnische und ökonomische Möglichkeiten und Grenzen, aktueller Stand der Umsetzung). SGD Süd-Forstliche Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz, 2011. online auf: FAWF.Wald-RLP.de abgerufen am 6. Januar 2014, PDF; 915 KB
- Ulf Lohmann: Holzlexikon. 4. Auflage. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86820-086-7.
- Callum A. S. Hill: Wood Modification: Chemical, Thermal and Other Processes. Wiley 2006, ISBN 0-470-02172-1.
- Fuchs, W. (1928). Zur Kenntnis des genuinen Lignins, I.: Die Acetylierung des Fichtenholzes. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 61(5), 948–951.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j Holger Militz: Übersichtsbericht - Acetyliertes Holz - (Naturwissenschaftliche und technologische Grundlagen, materialtechnische und ökonomische Möglichkeiten und Grenzen, aktueller Stand der Umsetzung). SGD Süd-Forstliche Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz, 2011, abgerufen im August 2020.
- ↑ Ulf Lohmann: Holzlexikon. 4. Auflage. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86820-086-7.
- ↑ Accoya Herstellungsprozess (Englisch). In: Accoya.com
- ↑ Kebony Herstellungsprozess (Englisch). In: de.Kebony.com