Essigsäureanhydrid

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Strukturformel
Strukturformel von Essigsäureanhydrid
Allgemeines
Name Essigsäureanhydrid
Andere Namen
  • Acetanhydrid
  • Ac2O
  • Ethansäureanhydrid
Summenformel C4H6O3
Kurzbeschreibung

farblose, stechend riechende Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 108-24-7
EG-Nummer 203-564-8
ECHA-InfoCard 100.003.241
PubChem 7918
Eigenschaften
Molare Masse 102,09 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,08 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

−73 °C[2]

Siedepunkt

140 °C[2]

Dampfdruck
  • 5,06 hPa (20 °C)[2]
  • 9,49 hPa (30 °C)[2]
  • 17,0 hPa (40 °C)[2]
  • 29,9 hPa (50 °C)[2]
Löslichkeit
Brechungsindex

1,3901 (20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol 06 – Giftig oder sehr giftig 05 – Ätzend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226​‐​302​‐​331​‐​314​‐​335
P: 210​‐​260​‐​280​‐​303+361+353​‐​305+351+338​‐​312 [2]
MAK
  • DFG: 5 ml·m−3, 21 mg·m−3[2]
  • Schweiz: 5 ml·m−3 bzw. 20 mg·m−3[5]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−624,4 kJ/mol[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Essigsäureanhydrid (Acetanhydrid), auch Ac2O abgekürzt, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Säureanhydride mit der Summenformel C4H6O3. Sie ist ein Essigsäurederivat, das durch die Kondensation zweier Essigsäuremoleküle entsteht. Dabei verbinden sich die Carboxygruppen zweier Moleküle Essigsäure unter Eliminierung von Wasser.

Herstellung

Im Labor

Im Labor kann Essigsäureanhydrid durch Reaktion von Acetylchlorid mit Natriumacetat unter Abspaltung von Natriumchlorid synthetisiert werden:

Statt Natriumacetat kann auch ein anderes Alkalisalz der Essigsäure verwendet werden.

Industrielle Herstellung

Die großtechnische Herstellung erfolgt durch Dehydratisierung (Wasserabspaltung) von Essigsäure bei 800 °C:

Bei der Synthese ist eine rasche Abkühlung und Trennung der Produkte notwendig, da andernfalls die Rückreaktion zu Essigsäure ablaufen kann.

Eine andere Möglichkeit bietet die Carbonylierung von Methylacetat nach dem Tennessee-Eastman-Verfahren:

Datei:Tennessee-Eastman-Essigsäureanhydrid-Prozess-2.png

Ein Teil des Produktstroms wird mit Methanol wieder zum Methylacetat umgesetzt und wieder in den Prozess zurückgegeben. Die Synthese des Essigsäureanhydrids erfordert daher nur CO und Methanol. Als Katalysator dienen vor allem Rhodium- und Iridium-Komplexe. Die Umsetzung findet bei erhöhtem CO-Druck und Temperaturen um 200 °C statt.

Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

So wie andere Säureanhydride lässt sich auch Essigsäureanhydrid mit Alkoholen zu den entsprechenden Estern und mit Ammoniak bzw. mit Aminen zum entsprechenden Amid umsetzen.

Beim Einbringen in Wasser löst sich die Verbindung zunächst und wird dann durch Hydrolyse zu Essigsäure gespalten. Die Spaltung erfolgt in heißem Wasser wesentlich schneller als in kaltem Wasser und ist basen- bzw. säurekatalysiert. In kaltem Wasser beträgt die Löslichkeit 13,6 %.[7]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Essigsäureanhydrid bildet entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 49 °C.[2][8] Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,0 Vol.‑% (85 g/m³) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 10,2 Vol.‑% (430 g/m³) als obere Explosionsgrenze (OEG).[2][8] Entsprechend der Dampfdruckfunktion ergibt sich ein unterer Explosionspunkt von 46 °C.[2] Der maximale Explosionsdruck beträgt 7 bar.[2] Die Grenzspaltweite wurde mit 1,17 mm bestimmt.[2] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[8] Die Zündtemperatur beträgt 330 °C.[2][8] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Verwendung

Essigsäureanhydrid ist das kommerziell wichtigste aliphatische Anhydrid. Rund eine Million Tonnen werden pro Jahr produziert. Dabei wird es hauptsächlich für die Umsetzung mit Alkoholen zu Acetaten verwendet. Häufige Einsatzgebiete sind die Herstellung von Celluloseacetat, N-Acetyl-4-aminophenol (Paracetamol) und Acetylsalicylsäure sowie zur Absolutierung von Eisessig. Es ist zudem unabdingbar bei der Herstellung von Heroin, weswegen in vielen Ländern versucht wird, durch die Kontrolle des Zugangs zu Essigsäureanhydrid die Herstellung dieser halbsynthetischen Droge einzudämmen. Im Grundstoffüberwachungsgesetz ist es in der Kategorie 2 aufgelistet, somit sind Herstellung, Ein-, Ausfuhr und Handel ab einer Menge von 100 Liter registrierungspflichtig.

In der Synthesechemie wird Essigsäureanhydrid oft auch zum Aufbau von Schutzgruppen genutzt, das einen Alkohol in einen weniger reaktiven Ester überführt.

Diacetylperoxid, welches als Radikalbildner bei Polymerisationsreaktionen eingesetzt wird, lässt sich aus Essigsäureanhydrid und Natriummetaborat-peroxidhydrat herstellen.

Im Gemisch mit Schwefelsäure (9 Teile Essigsäureanhydrid auf 1 Teil Schwefelsäure) wird es zur Acetolyse verwendet.

Ferner wird Essigsäureanhydrid zur Acetylierung von Holz verwendet, eine Holzmodifikation zur Verbesserung der Eigenschaften (u. A. Feuchtigkeitsresistenz) von Nadelhölzern.

Einzelnachweise

  1. a b Eintrag zu Essigsäureanhydrid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q Eintrag zu Essigsäureanhydrid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 29. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
  3. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-4.
  4. Eintrag zu Acetic anhydride im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 108-24-7 bzw. Essigsäureanhydrid), abgerufen am 2. November 2015.
  6. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-26.
  7. Claudia Synowietz (Hrsg.): Taschenbuch für Chemiker und Physiker. begründet von Jean d’Ans, Ellen Lax. 4. Auflage. Band II: Organische Verbindungen. Springer, Berlin 1983, ISBN 3-540-12263-X.
  8. a b c d E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.