Achszähler
Achszähler sind elektronische Bauteile zum Zählen der Radsätze vorbeifahrender Züge und dienen der Gleisfreimeldung. Ihr Prinzip beruht darauf, dass die durch die angeschlossenen Sensoren (Zählpunkt, Radsensor) gezählten Achsen bei Einfahrt in einen Gleisabschnitt mit denen bei der Ausfahrt verglichen werden.[1]
Das üblicherweise in signaltechnischen Planunterlagen verwendete Symbol für einen Achszähler zeigt zwei Punkte, durchzogen von einer horizontalen Linie.[2]
Während einige europäische Infrastrukturbetreiber vielfach auf Achszähler setzen, kommen sie bei anderen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz.[3]
Technik
An einem Gleisabschnitt sind mehrere punktuelle Sensoren, sogenannte Achszählkontakte oder Radsensoren, eingebaut, die die Fahrzeugachsen an motorgetriebene oder elektronische Achszählwerke melden. Wichtig für die Funktion ist eine Richtungserkennung, weshalb in Achszählkontakten zwei Kontaktsysteme hintereinander eingebaut sind. Herstellerabhängig ist das auch in einem gemeinsamen Gehäuse möglich. Bei elektronischen Achszählern ist ein Teil der Anschaltung in einem Gleisanschlussgehäuse nahe den Schienenkontakten eingebaut, die Auswertung erfolgt jedoch in der Regel zentralisiert im Stellwerk.
Beim Einfahren in den mit einem Achszähler ausgerüsteten Gleisabschnitt werden die Achsen der Schienenfahrzeuge eingezählt, beim Ausfahren ausgezählt. Ein zuvor „besetzter“ Gleisabschnitt wird wieder als frei gemeldet, wenn dieselbe Anzahl an eingezählten Achsen auch ausgezählt wurde; ist die Anzahl der ein- und ausgezählten Achsen ungleich, wird der Abschnitt weiter als „besetzt“ registriert. Werden, auch zwischenzeitlich, mehr Achsen aus- als vorher eingezählt, dann führen diese Minusachsen zu einer Störungs- und Besetztmeldung.
Bei der Deutschen Bahn werden hauptsächlich induktive Schienenkontakte eingesetzt: Ein Sender auf der Schienenaußenseite strahlt ein Magnetfeld ab, das auf einen Empfänger auf der Schieneninnenseite wirkt. Wenn sich ein Rad durch dieses Feld bewegt, wird die Feldänderung als „gezählte Achse“ erkannt. Die Fahrtrichtung wird durch zeitliche Verschiebung der Feldrichtungsänderung zum zweiten Sender-/Empfängerpaar erkannt. Die allgemein verwendete, historisch gewachsene Benennung als „Achszähler“ ist somit technisch betrachtet nicht korrekt, da hier ein Rad und keine Achse detektiert wird.
Vorteilhaft gegenüber der Gleisfreimeldung durch Nf-Gleisstromkreise wirkt sich aus, dass eine aufwändige elektrische Isolierung des Gleises entfällt, die Länge eines Achszählabschnittes nur von der Art der Datenübertragung zwischen Zählpunkt und Auswerteeinrichtung abhängt und damit praktisch unbegrenzt ist. Auch stören im lückenlosen Gleis keine Isolierstöße und für die Triebstromrückführung bei elektrischer Traktion mit Fahrleitung sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich.
Nachteilig hingegen ist, dass die Freimeldung des Gleises nur mittelbar erfolgt und z. B. nach Arbeiten oder Störungen das Freisein des betreffenden Abschnittes manuell festgestellt werden muss. Die Grundstellung eines Achszählabschnittes (Abschnitt frei) muss danach durch eine zähl- und nachweispflichtige Hilfsbedienung, die Achszählgrundstellung, hergestellt werden.[4] Es gibt auch technische Lösungen, einen vorübergehend gestörten Achszählpunkt automatisiert zu überbrücken und (unter Auswertung des darauf folgenden Zählpunktes) zurückzusetzen.[5]
Auf der S-Bahn-Stammstrecke Stuttgart wird der Einsatz redundanter Achszählpunkte erwogen, um die Betriebsstabilität zu verbessern.[6]
Hersteller
Geschichte
Schweiz
Im Jahre 1913 beschäftigte sich der damalige Obertelegrapheninspektor der SBB, P. Frei, mit dem Problem einer Blockstelle im Hauenstein-Basistunnel zur Unterteilung der 9,8 km langen Strecke Olten Tannwald-Tecknau.[7] Wegen des Dampfbetriebes konnte die Blockstelle im Tunnel nicht besetzt werden. Da Gleisisolierung schon wegen der Länge der Abschnitte nicht in Frage kam, wurde eine Lösung mittels Achszähler gesucht. Die größte Schwierigkeit machte der Impulsgeber, während als Zähler ein Apparat Bauart Zaugg[8] zu dieser Zeit im Versuchsbetrieb stand. Als Impulsgeber diente ein isoliertes Schienenstück von 650 mm Länge, das in ein über drei Schwellen reichendes Stahlgussstück zusammen mit den benachbarten Schienenenden isoliert eingeklemmt war. Mit einem kleinsten Achsabstand von 1,3 m war der Impulsabstand bei 100 km/h 0.045 s, die Impulsdauer die Hälfte. Bei Güterzügen zeigte sich die Schwierigkeit, dass angeschliffene Räder zwei Impulse durch Hüpfen veranlassen konnten.
Der Achszähler enthielt zwei gleiche, hintereinander sitzende gezahnte Schalträder, von denen jedes durch eine von einem Elektromagneten angetriebene Klinke im gleichen Drehsinne angetrieben wurde. Die beiden Elektromagnete waren mit den Impulsgebern, einer am Anfang, der andere am Ende der Zählstrecke, verbunden. Eine der Achsen der Schalträder war hohl und über die andere geschoben, so dass sie zwei Zeiger antreiben konnten, von denen der eine vor dem andern lag. Überdeckten sich die Zeiger, so wurde ein Stromkreis geschlossen, der den freien Zustand des Zählabschnittes anzeigte. Die zur Blockstelle gehörenden vier Blockfelder normaler Bauart für die doppelspurige Strecke waren in dem Stellwerk in Olten Tannwald aufgestellt, von dem aus auch die Ein- und Ausfahrsignale dieser Strecke bedient werden. Die für Anfangs- und Endfeld jeder Richtung gemeinsame Taste war sowohl von der normalen Tastensperre des Endfeldes als auch von einer zusätzlichen Tastensperre abhängig, deren Spule im Stromkreis der Zeiger des Achszählers lag. Diese Tastensperre war so ausgebildet, dass sie auslöste, wenn der Spulenstrom einmal unterbrochen wurde und dann wiederkehrte, also erst, wenn sowohl die Belegung der Strecke, als auch das Freiwerden gemeldet wurde.
Das Schienenstück wurde zur Verhinderung von „Hüpfern“ mit mechanisch bewegte Pedalkontakte ersetzt und später durch einen induktiven Zahlgeber abgelöst. Der Zähler stand unter anderem auch im Simplontunnel im Einsatz. Die Erfindung wurde aufgrund erhöhter Fahrgeschwindigkeiten um das Jahr 1930 abgelöst.
Literatur
- Andreas Hegger, Ulrich-Markus Fährmann, Klaus Restetzki: Grundwissen Bahn. Verlag Europa-Lehrmittel, 6. Auflage 2012, ISBN 978-3-8085-7423-2, Seite 277 f.
- Jörn Pachl: Systemtechnik des Schienenverkehrs. Springer Vieweg Wiesbaden, 7. Auflage 2013, ISBN 978-3-8348-2586-5, Seite 63 ff.
- Hans G. Wägli: Hebel, Riegel und Signale: Eisenbahnsicherungstechnik in der Schweiz: die Entwicklung der mechanischen Einrichtungen, Grafenried: Diplory Verlag, 2018. S. 349
Weblinks
Informationen über Achszähler bei den Herstellerfirmen:
- Frauscher
- Scheidt & Bachmann
- Siemens
- Thales (PDF, Seite 13)
- Pintsch
Einzelnachweise
- ↑ Andreas Hegger u. a.: Grundwissen Bahn. Verlag Europa-Lehrmittel, 6. Auflage 2012, ISBN 978-3-8085-7423-2, Seite 277 f.
- ↑ Andreas Hegger u. a.: Grundwissen Bahn. Verlag Europa-Lehrmittel, 6. Auflage 2012, ISBN 978-3-8085-7423-2, Seite 275.
- ↑ Colin Bailey: European Railway Signalling. Hrsg.: Institution of Railway Signal Engineers. A & C Black, London 1995, ISBN 0-7136-4167-3, S. 136.
- ↑ Andreas Hegger u. a.: Grundwissen Bahn. Verlag Europa-Lehrmittel, 6. Auflage 2012, ISBN 978-3-8085-7423-2, Seite 492.
- ↑ Automatic Reset. (PDF) In: myprodcts-thales.com. Thales Transportation, 2013, S. 7, abgerufen am 19. September 2022 (englisch).
- ↑ Martin Retzmann: Digitaler Knoten Stuttgart (DKS): Besondere Ansätze bei der ETCS-Ausrüstung. (PDF) In: tu-dresden.de. DB Projekt Stuttgart-Ulm, 6. Mai 2021, S. 41, abgerufen am 7. Mai 2021.
- ↑ P. Frei: Ueber die Sicherung des Zugverkehrs durch elektrische Blockapparate auf der Strecke Olten-Tecknau der neuen Hauensteinlinie. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 69 (1917), Heft 8 (archiviert in E-Periodica der ETH-Bibliothek, PDF; 3,7 MB).
- ↑ R. Zaugg: Bahn-Sicherungseinrichtungen mit Achsenzählern. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 116 (1940), Heft 23 (archiviert in E-Periodica, PDF; 5,0 MB).