Actio tutelae directa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die actio tutelae directa war eine bereits im Zwölftafelgesetz enthaltene römische Klage des Mündels (pupillus) gegen den Vormund (tutor) auf Rechnungslegung nach Beendigung der Vormundschaft. Im Gegenzug konnte der Vormund mittels der actio tutelae contraria Aufwendungsersatz verlangen.[1]

Bei Verurteilung wegen eines dem Mündelvermögen vorsätzlich oder fahrlässig zugefügten Schadens stand dem Mündel ein auf die doppelte Höhe des Schadens gerichteter Zahlungsanspruch gegen den Vormund zu. Die Verurteilung hatte für den Vormund infamierende Wirkung (infamia mediata).

Der Rechtshistoriker Otto Lenel zitiert in seinem ersten Hauptwerk, dem Edictum Perpetuum, eine durch Adolf August Friedrich Rudorff[2] erfolgte Rekonstruktion der Formel wie folgt:[3]

„Quod Ns Ns Ai Ai tutelam gessit, quidquid ob eam rem Nm Nm Ao Ao dare facere oportet ex fide bona, eius iudex Nm Nm Ao Ao c. s. n. p. a.“

Die actio tutelae directa gehört zu den ganz wenigen römischen Klageformeln, die uns im Original überliefert sind. Sie war Mitfund im Babatha-Archiv am Toten Meer, das drei solcher Formeln enthielt. Diese Formeln waren an die Rechtsgepflogenheiten der Provinz angepasst.

Gemäß § 1833 BGB haftet der Vormund dem Mündel für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. George Long: Tutor In: William Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities. John Murray, London 1875 (englisch).
  2. Vgl. Adolf August Friedrich Rudorff: Das Recht der Vormundschaft aus den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten entwickelt. 3 Bde. Ferdinand Dümmler, Berlin 1832–1834 (Digitalisat)
  3. Otto Lenel: Edictum Perpetuum. Ein Versuch zu seiner Wiederherstellung. 3., verbesserte Auflage. Bernhard Tauchnitz Verlag, Leipzig 1927 (zuerst 1883), S. 318 (Digitalisat; PDF; 54,6 MB).