Agnes Elisabeth Overbeck

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Agnes Elisabeth Overbeck („E. Borisowitsch Lhwoff-Onégin“)

Agnes Elisabeth Overbeck, Pseudonyme Baroness Ella Overbeck und Baron Eugen Borisowitsch Lhwoff-Onégin, Spitzname Jimmy (* 10. Oktober 1870 in Düsseldorf; † 12. November 1919 in Stuttgart) war eine deutsche Komponistin und Pianistin.

Leben

Overbeck war eine Urenkelin des Lübecker Bürgermeisters Christian Adolph Overbeck, eine Großnichte des Malers Friedrich Overbeck und eine Nichte des Archäologen Johannes Adolph Overbeck. Nach der Trennung der Eltern zog die Mutter mit ihr und ihren Geschwistern nach London.

Sie erhielt eine Ausbildung am Londoner Royal College of Music und erlangte ein Diplom für Dirigierkunst, Orgelspiel, Klavierspiel und Komposition.[1] Sie war Klavierbegleiterin von Clara Butt und von Schülern von Manuel Patricio Rodríguez García in London.[1] In den 1890er Jahren freundete sie sich mit Edward Gordon Craig an und schrieb die Bühnenmusik für seine Adaptation von Alfred de Mussets On ne badine pas avec l’amour, die 1894 in Uxbridge aufgeführt wurde. 1898 lernte sie in Taormina Sinaida Hippius kennen und begann mit ihr eine Affäre. Mit Hippius kam sie nach St. Petersburg, wo 1902/1903 Bühnenmusiken für das Alexandrinski-Theater (die Ouvertüre Antigone, Phedre und Danse russe) entstanden.[2] Am 21. Februar 1904 gab es in East Stonehouse bei Plymouth eine Aufführung ihrer Petersburger Bühnenmusik, die Baroness Overbeck selbst dirigierte.[3][4]

Aus Petersburg kehrte sie unter dem Namen „Baron Eugen Borisowitsch Onégin“ (auch „Baron Eugen Borisowitsch Lhwoff-Onégin“) zurück und gab an, ein Großneffe des russischen Großfürsten Alexei Fjodorowitsch Lwow, Komponist der russischen Nationalhymne Bosche, Zarja chrani! (Gott, schütze den Zaren!), zu sein. Inwieweit Overbeck zu dieser Maskerade durch Clara Butt angeregt wurde, die gerne Männerhosen trug und Zigarren rauchte, ist ungeklärt. Overbeck war verantwortlich für die stimmliche Ausbildung der damals jungen Liedkünstlerin und späteren Opernsängerin Sigrid Onégin, die seinerzeit noch unter ihrem bürgerlichen Namen Lilly Hoffmann auftrat. Overbeck begleitete sie zugleich bei Auftritten am Klavier. Sie hatte Hoffmann bei einem Vorsingen am Spangenberg’schen Konservatorium, dem Vorläufer der heutigen Wiesbadener Musikakademie entdeckt. Die beiden gingen eine Beziehung ein – „das ungleiche Paar, die fast stattliche Siebzehnjährige, die den um neunzehn Jahre Älteren fast um Haupteslänge überragt, und den zierlichen, fast überzarten Gefährten. … Sie wußte, daß die Menschen sich darüber wunderten, daß sie, die so viele Freier ausgeschlagen, sich nun einem Manne verbunden fühlte … Trotzdem Lilly von klein auf eine zärtliche Liebe zu Kindern hatte …, durfte sie jetzt nicht an sich denken.“[1] Am 25. Januar 1913 heiratete Overbeck unter dem Namen Baron Onégin Lilly Hoffmann in London.[5] Die Mutter von Hoffmann hatte „ihre Abneigung gegen ihn noch nicht überwunden … Hier gab es nur eine Lösung, das Mädchen dem Willen der Mutter zu entziehen … Ohne die Mutter zu verständigen, fahren sie ab, lassen sich heimlich in London trauen.“[6] Von 1912 bis zu ihrem Tod 1919 lebte sie mit Hoffmann in Stuttgart, wo diese ein Engagement an der Oper hatte und nun unter dem Namen Sigrid Onégin auftrat. Während des Ersten Weltkriegs musste sich Overbeck als angeblicher „russischer Mann“ vor der Obrigkeit verstecken, bis „er“ 1916 denunziert und verhaftet wurde. Angeblich aufgrund ihres Einflusses erreichte Sigrid Onégin die Freilassung.[7]

Erhalten ist eine Aufnahme des von Overbeck komponierten Ave Maria, gesungen von Sigrid Onégin.[8]

Werke

  • Eleanore. Song, words by E. Mackay. London: C. Woolhouse, [1893]
  • [Two Songs.] London : R. Cocks & Co, 1894.
I've wept in Dreams. Words by Heine.
A Slave Girl's Song. Words by C. Kingsley.
  • Parted. Song, words by T. Hood. London : C. Woolhouse, [1893]
  • Since my Love now loves me not. [Song.] Words by Heine, translated by F. Johnson. London : C. Woolhouse, [1893]
  • Toi. Old French poetry. [Song.] London : C. Woolhouse, [1893]
  • The Voice of the Beloved. [Song.] Poetry ... from Marie Corelli's "Soul of Lilith". London : C. Woolhouse, [1893]
  • Four Lyrics. London : J. Williams 1903.
1. Les Sanglots longs. With long-drawn Sobs. French words P. Verlaine, English words M. C. Gillington.
2. Peu de Chose. Life's a Bubble. French words L. de Montenaeken, English words M. C. Gillington.
3. Butterflies, from J. Davidson's adaptation of F. Coppée's "Pour la Couronne".
4. Chanson d'Aspiration. Song of Aspiration. French words by E. Overbeck ... English words by M. C. Gillington.
  • Sonate pour piano et violon. London: Charles Woolhouse [o. J.]

Literatur

  • Sophie Fuller: „Devoted Attention“. Looking for Lesbian Musicians in Fin-de-Siècle Britain. In: Sophie Fuller, Lloyd Whitesell (Hrsg.): Queer Episodes in Music and Modern Identity. Urbana / Chicago 2002, S. 79–101.
  • Fritz Penzoldt: Sigrid Onégin. Leben und Werk. Magdeburg 1939. (Neuauflage unter dem Titel: Alt-Rhapsodie. Neustadt an der Aisch 1953.)
  • Isabel Sellheim: Die Familie des Malers Friedrich Overbeck (1789–1869) in genealogischen Übersichten. (= Deutsches Familienarchiv, Band 104.) Neustadt an der Aisch 1989, ISBN 3-7686-5091-X, GW ISSN 0012-1266.

Einzelnachweise

  1. a b c Fritz Penzoldt: Sigrid Onégin. Magdeburg 1939, S. 45.
  2. Sophie Fuller: „Devoted Attention“. Looking for Lesbian Musicians in Fin-de-siecle Britain. In: Queer episodes in music and modern identity. University of Illinois Press, 2002, ISBN 9780252027406, S. 87. – Fuller weiss allerdings nichts über ihr späteres Leben und hält sie für eine echte russische Adelige.
  3. The Strad, 16. Jahrgang 1904, S. 375. (auch besprochen in Musical Times)
  4. Es gab zu dieser Zeit auch eine echte Baronin Overbeck: Romaine von Overbeck geb. Goddard, die Frau von Gustav Freiherr von Overbeck (1830–1894) und zeitweilige Geliebte von Hans von Bülow.
  5. Isabel Sellheim: Die Familie des Malers Friedrich Overbeck (1789–1869) in genealogischen Übersichten. (= Deutsches Familienarchiv, Band 104.) Neustadt an der Aisch 1989, ISBN 3-7686-5091-X, GW ISSN 0012-1266, S. 189.
  6. Fritz Penzoldt: Sigrid Onégin. Magdeburg 1939, S. 49 f.
  7. Das Ausbleiben eines Skandals und die unkritische Erwähnung als „Ehemann“ in späteren Nachschlagewerken lassen darauf schließen, dass die Scheinehe nicht publik wurde.
  8. The Wilhelm Mengelberg Society, NEWSLETTER NO. 37: The German contralto Sigrid Onégin (1889–1943) often sang under Mengelberg. Her second husband, the German medical doctor Fritz Penzoldt, who survived her by 16 years, wrote her biography, published in Germany in 1939. He tells her life (uncommonly interesting for a musician) in the first person, as though she were writing her own story. Her first husband, who died in 1919 of a bad liver, was the Russian baron Eugen Borisowitsch Onégin, who was also her teacher & accompanist, & a.composer, whose songs she sang, one of which, Ave Maria, she recorded.