Alexander Schmorell

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Alexander Schmorell, bearbeitete Photographie von Angelika Knoop-Probst (1918–1976), der Schwester von Christoph Probst, Ostern 1939 bei Marienau

Alexander Schmorell (* 3. Septemberjul. / 16. September 1917greg. in Orenburg, Russland; † 13. Juli 1943 in München-Stadelheim) war Mitbegründer der Widerstandsgruppe Weiße Rose. In der russisch-orthodoxen Kirche wird er seit Februar 2012 als Neumärtyrer verherrlicht und daher auch Alexander von München genannt.[1][2]

Leben

Alexander Schmorell entstammte der Familie des ostpreußischen Pelzhändlers Karl-August Schmorell (1832–1902), die seit 1855 in der am Ural liegenden Stadt Orenburg ansässig war, dort Ämter in der Stadtverwaltung bekleidete und Industriebetriebe wie Brauereien und Fabriken für chirurgisches Material besaß. Seine russische Mutter Natalja Wwedenskaja war die Tochter eines orthodoxen Priesters und ließ Alexander russisch-orthodox taufen. Als er zwei Jahre alt war, starb sie während des Bürgerkriegs an Typhus. Mit seinem Vater, dem deutschen Arzt Hugo Schmorell, und dessen zweiter Frau Elisabeth, geborene Hoffmann (1892–1982), emigrierte Alexander 1921 im Alter von vier Jahren nach München. Das russische Kindermädchen zog mit nach Deutschland. Sie nahm in seiner Entwicklung die Stelle der verstorbenen Mutter ein. Da sie kaum Deutsch sprach, wuchs Alexander Schmorell zweisprachig auf.

Er besuchte 1935 gemeinsam mit Christoph Probst das Neue Realgymnasium in München. Nach seinem Abitur 1936 wurde er zum Reichsarbeitsdienst im Allgäu eingezogen und leistete seit November 1937 den Militärdienst bei der Reitenden Artillerie der Wehrmacht ab, wobei er bereits mit dem Nationalsozialismus in Konflikt[3] gekommen sein soll. 1938 nahm er als Soldat beim Anschluss Österreichs und anschließend am Einmarsch der Wehrmacht in die Tschechoslowakei teil. Nach seinem Wehrdienst begann der auch künstlerisch begabte Schmorell auf Anregung seines Vaters im Sommersemester 1939 ein Medizinstudium in Hamburg, wo er Traute Lafrenz kennenlernte. Im Sommer 1940 musste er als Sanitätsunteroffizier am Frankreichfeldzug teilnehmen.

Grab der Familie Schmorell in München

Im September 1940 kam Schmorell zur Weiterführung des Studiums zurück nach München. Er wurde der 2. Studentenkompanie der Medizinstudenten (Bergmannstraße) zugeteilt, wo er Ende Juni 1941 Hans Scholl und ab Sommersemester 1942 auch Willi Graf kennenlernte. Im Herbst 1941 lernte er Lilo Ramdohr bei privaten Zeichenkursen des Ateliers von Hein König in Schwabing kennen und wurde Privatschüler bei Lilo Ramdohrs Nachbarn, dem Bildhauer Karl Baur, in der Prinzenstraße in Neuhausen.

Von Mai bis Juli 1942 verfasste er zusammen mit Hans Scholl die ersten vier Flugblätter der Weißen Rose. Ab Ende Juli 1942 nahm er, zur Feldfamulatur als Sanitätsfeldwebel in der Studentenkompanie, gemeinsam mit Hans Scholl, Willi Graf, Hubert Furtwängler und Jürgen Wittenstein am Krieg gegen die Sowjetunion teil. Schmorell vermittelte ihnen dabei ein näheres Verständnis seines Geburtslandes. Zurück aus Russland, setzte er im Wintersemester 1942/43 sein Studium in München fort.

Gegen Ende November 1942 reiste Schmorell durch Vermittlung der Freundin Lilo Ramdohr zusammen mit Hans Scholl zu Falk Harnack nach Chemnitz, um Verbindung mit Widerstandskreisen in Berlin aufzunehmen. Im Dezember 1942 suchte er mit Hans Scholl den Kontakt zu Kurt Huber. Gemeinsam verfassten sie im Januar 1943 das fünfte Flugblatt „Aufruf an alle Deutschen!“, das Schmorell dann in österreichischen Städten verteilte. Zusammen mit Hans Scholl und Willi Graf schrieb er auch Parolen wie „Nieder mit Hitler“ und „Freiheit“ an Hauswände in München.

Nach der Verhaftung von Christoph Probst und den Geschwistern Scholl versuchte Schmorell mit Unterstützung verschiedener Bekannter und mit einem gefälschten Pass über Schloss Elmau[4] in die Schweiz zu fliehen, was aber nicht gelang. So kehrte er nach München zurück und wurde am 24. Februar 1943, dem Tag der Beerdigung seiner Freunde, in einem Luftschutzkeller am Habsburgerplatz in München erkannt, denunziert und verhaftet. Zuvor war er zur öffentlichen Fahndung ausgeschrieben und auf seine Ergreifung eine Belohnung in Höhe von 1.000 RM[5] (entspricht heute ungefähr 4.100 EUR[6]) ausgesetzt worden.

Schmorell wurde am 19. April 1943 im zweiten Prozess gegen die Weiße Rose vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Im Alter von 25 Jahren wurde er am 13. Juli 1943 zusammen mit Kurt Huber im Gefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet. Schmorells Leichnam wurde auf dem Friedhof am Perlacher Forst im Grab Nr. 76-1-26 beigesetzt.

Verehrung

Im November 1981 sprach die russische Auslandskirche die Neumärtyrer Russlands während der NS-Periode heilig. Eine Verherrlichung Alexander Schmorells wurde zwar nicht durchgeführt,[7] aber er wird zusammen mit den Neumärtyrern Russlands als Märtyrer verehrt.[1] Im Jahr 2007 beschloss die russisch-orthodoxe Kirche im Ausland die Heiligsprechung von Alexander Schmorell; der Festakt zur Heiligsprechung fand am 4. Februar 2012 in der Münchner Kathedralkirche statt.[8] Der Gedenktag des hl. Alexander von München in der Liturgie ist der 13. Juli.

Schmorellplatz in München-Harlaching, 2010
Teilansicht des Bodendenkmals vor der LMU München

Gedenken und Ehrungen

In Rostock und Kassel sind Schulen nach Schmorell benannt. In Grünwald, Halle (Westfalen), Bad Oeynhausen, Westerstede, der Gemeinde Schlangen, in Unterhaching, Neuss und in Dormagen gibt es Alexander-Schmorell-Straßen, in München-Harlaching und Raunheim (Hessen) einen Schmorellplatz.[9] Im russischen Orenburg vergibt die Stiftung Weiße Rose jährlich Alexander-Schmorell-Stipendien an vier Studenten, seit dem 24. Dezember 2013 ist dort eine zentral gelegene Parkanlage nach Alexander Schmorell benannt.

Ausstellungen

  • Münchner DenkStätte Weiße Rose (Dauerausstellung im Hauptgebäude der LMU, München, Wanderausstellung ist in mehreren Sprachen ausleihbar)
  • Die Weiße Rose – Gesichter einer Freundschaft; der Kulturinitiative Freiburg e.V. (Wanderausstellung in deutscher Sprache entleihbar)
  • Orenburger Memorialzentrum Weiße Rose, Russland (zweisprachige deutsch-russische Dauerausstellung in der Orenburger staatlichen pädagogischen Universität)

Literatur

  • Alexa Busch: Erinnerungen an Alexander Schmorell. Buchfeld Verlag, Au 2017, ISBN 978-3-98133-803-4.
  • Igor Chramow: Die russische Seele der „Weißen Rose“. Helios Verlag, Aachen 2013, ISBN 978-3-86933-099-0.
  • Igor Chramow (Hrsg.): Alexander Schmorell. Gestapo-Verhörprotokolle. Februar-März 1943 (RGWA 1361K-1-8808), Dimur-Verlag, Orenburg 2005, ISBN 5-7689-0125-6.
  • Gregor Fernbach (Hrsg.): „Vergesst Gott nicht!“ – Leben und Werk des heiligen Alexander (Schmorell) von München. Edition Hagia Sophia, ISBN 978-3937129839, Wachtendonk, 2013.
  • Lilo Fürst-Ramdohr: Freundschaften in der Weißen Rose. Verlag Geschichtswerkstatt Neuhausen, München 1995, ISBN 3-931231-00-3.
  • Peter Goergen: Willi Graf – Ein Weg in den Widerstand. Röhrig Universitätsverlag, Sankt Ingbert 2009, ISBN 978-3-86110-458-2.
  • Kulturinitiative e.V. Freiburg: Die Weiße Rose – Gesichter einer Freundschaft, 2004. (Broschüre)
  • Christiane Moll (Hrsg.): Alexander Schmorell, Christoph Probst. Gesammelte Briefe, Lukas Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86732-065-8.
  • Elena Perekrestov: Alexander Schmorell. Saint of the German Resistance, Holy Trinity Publications, New York 2017, ISBN 978-0-88465-421-6.
  • Christian Petry: Studenten aufs Schafott. Die weiße Rose und ihr Scheitern, Piper Verlag, München 1968.
  • Hans Pointner: Alexander Schmorell. In: Russische Spuren in Bayern. Hrsg. Mir e. V., Zentrum russischer Kultur in München. München 1997, S. 183–190, ISBN 3-9805300-2-7.
  • Hertha Schmorell, Die Familie Schmorell. In: Das russische München. Hrsg. Mir e.V., Zentrum russischer Kultur in München. München 2010, S. 145–153, ISBN 978-3-98-05300-9-5.
  • Jutta Schubert: Zu blau der Himmel im Februar. Kulturmaschinen, Berlin 2013, ISBN 978-3-943-977-01-1.
  • Inge Scholl: Die Weiße Rose. Fischer Verlag, ISBN 3-596-11802-6.
  • Peter Selg: Alexander Schmorell. 1917 – 1943. Der Idealismus der „Weißen Rose“ und das geistige Russland, Verlag des Ita Wegman Institutes, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-905919-55-4.
  • Sönke ZankelSchmorell, Alexander. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 262 f. (Digitalisat).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Über das Leben und das Werk des Märtyrers Alexander von München. In: Sobor.de, 30. September 2011.
  2. Jakob Wetzel: Weiße-Rose-Mitgründer heilig gesprochen: Alexander von München. In: Süddeutsche Zeitung, 5. Februar 2012.
  3. Ulli Stang (Hrsg.): Sophie und Hans Scholl: 22. Febr. 1942 von Nazis ermordet. Hrsg. von DKP Marburg, Stadtteilgruppe Nord Am Grün 9, Marburg 1983, S. 3.
  4. Dietmar Müller-Elmau (Autor und Hrsg.): Schloss Elmau – Eine deutsche Geschichte. Kösel, München 2015, S. 30.
  5. 1000 RM Belohnung. In: Salzburger Zeitung. Salzburger Landeszeitung. Salzburger Volksblatt, 25. Februar 1943, S. 5 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/szt
  6. Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt, ist auf volle 100 EUR gerundet und bezieht sich auf Januar 2024.
  7. Neue russische Märtyrer (Sonntag nahe 25.1./7.2.)
  8. Engel staunten ob deiner Geduld in der FAZ vom 7. Februar 2012, S. 27.
  9. 14 Ergebnisse bei der Suche nach Schmorell. In: Zeit Online, Wie oft gibt es Ihre Straße?