Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Das Allgemeine Deutsche Kommersbuch (ADK, auch Lahrer Kommersbuch oder Lahrerbibel) ist das bekannteste Kommersbuch (Liederbuch für den Gebrauch auf der studentischen Kneipe) in Deutschland. Es erschien erstmals 1858 und erreichte im Jahre 2021 seine 167. Auflage. Es ist im deutschen Sprachraum das am häufigsten aufgelegte Liederbuch. In seiner neuesten, stark erweiterten Ausgabe enthält es wieder über 700 Lieder, darunter hauptsächlich Studenten- und Volkslieder.
Das ADK wird eigens für den Besteller von Hand gebunden und entsprechend den Wünschen des Bestellers ausgestattet, etwa in Leder gebunden, mit Biernägeln versehen, mit dem Zirkel der Verbindung und mit Farbschnitt versehen. Die dadurch entstehenden verschiedenen Ausgaben werden zur Unterscheidung traditionell durchbuchstabiert.
Das ADK erschien bis zum Jahr 1999 beim Verlag Moritz Schauenburg in Lahr. Seit dem Jahr 2000 wird es im Morstadt Verlag in Kehl verlegt.
Vorgeschichte
Ursprünglich wurde studentisches Liedgut nur mündlich oder handschriftlich weitergegeben. Die älteste bekannte Sammlung ist die Niederrheinische Liederhandschrift (1574). Das erste gedruckte, rein studentische Liederbuch stammt von Christian Wilhelm Kindleben. Er gab die Studentenlieder 1781 in Halle heraus. Die heute gebräuchliche Fassung von Gaudeamus igitur wurde darin das erste Mal gedruckt. Kindleben hatte mit dem Buch jedoch keinen Erfolg. Es enthielt für die Zeit zu viel Anstößiges, sodass es konfisziert und Kindleben aus Halle ausgewiesen wurde.
Im Geist der Befreiungskriege und mit der Gründung der Urburschenschaft verbreiteten sich Kommersbücher immer mehr. Ferdinand August Serig druckte 1825 die bewusst burschenschaftlich gehaltene Auswahl deutscher Lieder von Daniel Runge, die bald zum Standardwerk wurde. Ab der 4. Auflage von 1836 gab es jedoch kaum noch Änderungen und der „Serig“ verlor wieder an Bedeutung.
Der Mediziner Hermann Schauenburg publizierte 1843 zusammen mit Rudolf Löwenstein und Justus Wilhelm Lyra das Buch Deutsche Lieder nebst ihren Melodien in Leipzig bei Robert Friese. Durch den Erfolg dieses sogenannten „Leipziger Commersbuches“ wurde der „Serig“ endgültig verdrängt.
Geschichte
Nach einigen Jahren konnte Hermann Schauenburg überredet werden, ein neues Kommersbuch auf der Grundlage der Deutschen Lieder zu schaffen. Sein Bruder Moritz Schauenburg hatte in Lahr die Druckerei Geiger übernommen und daraus seinen eigenen Verlag aufgebaut. Nach einigen medizinischen Schriften Hermann Schauenburgs wurde auch das Kommersbuch dort gedruckt. Für die musikalische Redaktion wurden die Komponisten und Musikpädagogen Friedrich Silcher und Friedrich Erk, der Bruder des Volksliedforschers Ludwig Erk,[1] gewonnen.
Die Deutschen Lieder wurden nicht einfach neu aufgelegt, sondern alle deutschen Universitäten wurden angeschrieben, um herauszufinden, welches die beliebtesten Lieder unter den Studenten waren.[2] Das Ergebnis wurde 1858 zum 300-jährigen Bestehen der Universität Jena als das Allgemeine Deutsche Commersbuch veröffentlicht. Der Erfolg war so groß, dass innerhalb eines Jahres die 4. erweiterte Auflage erschien.[3] In dieser bitten die Verleger um Geduld, da zur Zeit des Drucks bereits fast die gesamte Auflage vorbestellt war und kündigen die 5. Auflage als unveränderter Nachdruck an.[4]
Um sich der Zeit anpassen zu können, wurde das Buch in zwei Teile unterteilt. Der Hauptteil sollte unverändert bleiben und enthielt in drei Abschnitten die wichtigsten Vaterlands-, Studenten- und Volkslieder. Im Anhang, der auch in der 1. Auflage schon 73 Lieder umfasste, sollten eher unbekanntere oder regionale Lieder unterkommen, die in den Antworten der Universitäten seltener genannt wurden und bei denen man sich nicht ganz sicher war, ob sie in den folgenden Auflagen enthalten sein würden. Diese Unterteilung machte man vor allem, um die Druckplatten des Hauptteils noch lange verwenden zu können und behielt sie, mit nur wenigen Änderungen, bis zur 24. Auflage 1881 bei. Der Anhang war zu diesem Zeitpunkt fast so groß wie der Hauptteil (305 bzw. 318 Lieder).
Nach dem Tod Hermann Schauenburgs 1876 übernahm Ludwig Eichrodt im folgenden Jahr die Redaktion. Zur 25. Auflage 1882 ordnete er den gesamten Inhalt neu. Aus dem alten Hauptteil wurden 52 Lieder (vorerst) nicht übernommen, aus dem Anhang 25. Dafür kamen 163 Lieder neu dazu. Obwohl im Jahr darauf die 26. Auflage erschien scheint die Nachfrage nach der Jubiläumsausgabe so groß gewesen zu sein, dass bis 1885 noch die sogenannten 2., 3. und 4. Abdrucke der 25. Auflage erschienen. Inhaltlich entsprachen sie allerdings der 26. Auflage von 1883, die noch einmal um 6 Lieder erweitert worden war. Danach wurde eine weitere 26. Auflage (1886) aufgelegt, die wiederum überarbeitet worden war, sich – vom Titelbild abgesehen – aber bis zur 50. Auflage (ca. 1895) nicht mehr änderte.
Ab 1893 führte Eduard Heyck das Allgemeine Deutsche Kommersbuch bis in die Zeit des Nationalsozialismus weiter. Unter ihm erlebte das ADK seine größten Erfolge. Im Durchschnitt erschienen 3 Auflagen pro Jahr, sodass nach der 54. einzelne Auflagen zusammengefasst wurden. Nur die 75. und 100. Jubiläumsauflage wurden einzeln gedruckt. Zu letzterer stellte Heyeck fest, dass nach über 50 Jahren seit der Erstausgabe die älteren Auflagen kaum noch zu finden waren. Um etwas Dauerhafteres zu schaffen wurde zusätzlich zur normalen Ausgabe eine auf 1000 Stück limitierte Geschenkausgabe herausgegeben.
Im Dritten Reich wurden Studentenverbindungen verboten (siehe Geschichte der Studentenverbindungen). Heyck versuchte das Lahrer Kommersbuch der Zeit anzupassen, indem er die 144.-150. Auflage von 1929 nach der Machtergreifung mit dem Anhang Der Sieg ist erstritten – Lieder der neuen Zeit versah. Der Inhalt wird von nationalsozialistischen Kampfliedern wie dem Horst-Wessel-Lied und Sieg Heil bestimmt. Es enthält aber auch einige traditionelle Studentenlieder. Die Gleichschaltung ließ sich jedoch nicht aufhalten. Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund druckte seine eigenen Liederbücher und für 20 Jahre erschien kein Allgemeines Deutsches Kommersbuch mehr.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieben Verbindungen unter dem Alliierten Kontrollrat verboten und es gab vorerst keinen Bedarf für eine Neuauflage des ADK. Erst als sich ab 1947 (noch verbotenerweise) die ersten alten Verbindungen neu gründeten, das generelle Verbot 1950 und die Verbote von Korporationen durch die Universitäten in den 1950er Jahren für unrechtmäßig erklärt wurden, gab es auch wieder Interesse an studentischen Liederbüchern. Der neue Herausgeber Walter Haas mühte sich jahrelang redlich, um 1953 die 151. Auflage zu präsentieren. Die Umstände machten es ihm jedoch nicht einfach. Er schreibt im Vorwort:
- Fremdes Verlagsrecht engte den beherzten Griff nach wertvollem Liedgut unserer Zeit ein.[5]
So entstand nach 340 gestrichenen und nur 82 neuen Liedern, sowie vielen gestrichenen Strophen die dünnste Auflage seit der 5. von 1859. Nach 100 Jahren gab man 1958 mit der 154.–155. Auflage die Frakturschrift auf. Erdmann Werner Böhme beriet Haas ab 1956 in musikalischen Belangen und führte das Lahrer Kommersbuch ab 1965 weiter. Die nachfolgenden Auflagen brachten wenig Änderung und kaum Neues. Das Lahrer Kommersbuch blieb ein Schatten seiner selbst.
Im Jahr 1999 wurde der Verlag Moritz Schauenburg in Lahr abgewickelt. Die Veröffentlichung des Kommersbuches übernahm 2000 der Morstadt Verlag in Kehl, nicht weit von Lahr. Nach einigen unveränderten Auflagen wurde das Allgemeinen Deutsche Kommersbuch zu seinem 150-jährigen Jubiläum durch Thorsten Stepath völlig überarbeitet und stark erweitert. Nachdem die Nachkriegsauflagen rigoros gekürzt worden waren, sind in der 165. Auflage 124 Lieder wieder und 154 neu aufgenommen worden. Sich auf den ursprünglichen Grundsatz besinnend, ein allgemeines, ein Volksbuch zu sein, gehören zu den neuen Liedern solche mit Regionalbezug und Bezug zu deutschen Universitätsstädten, zeitgenössisches Liedgut und die gebräuchlichsten Weihnachtslieder. Die Tonlagen wurden an heutige Bedürfnisse angepasst und Gitarrenharmonien hinzugefügt. Das Inhaltsverzeichnis enthält auch die Seitenzahlen der 160. bis 164. Auflage. Des Weiteren sind Verweise auf Lieder, die auch auf andere Melodien gesungen werden können, und ein biographisches Verzeichnis der Verfasser und Vertoner enthalten.[6]
Auflage | Erscheinungs- jahr1 |
Seiten- anzahl2 |
Anzahl der Liednummern3 |
Bemerkung |
---|---|---|---|---|
1. | 1858 | 444 | 389 | Hrsg. Hermann Schauenburg und Moritz Schauenburg, musikalische Redaktion: Friedrich Silcher und Friedrich Erk |
2. | vermutlich ungekennzeichnete Nachdrucke der Erstauflage | |||
3. | ||||
4. | 1859 | 477 | 456 | sehr verbesserte Auflage |
5. | 1859 | 477 | 456 | unveränderte Auflage; Lahr, M. Schauenburg & C. / Leipzig, G. E. Schulze; Jenaer Jubiläums Commersbuch zum 300. Stiftungsfest der Universität |
6.1. | 1861 | 562 | 536 | stark fehlerhaft mit falschen Seitenzahlen und 16 Liedern im Inhaltsverzeichnis, die seit der 5. Auflage gestrichen wurden |
6.2. | 1861 | 578 | 549 | korrigierte, erweiterte Auflage, mit Jubiläumstitelbild der 5. Auflage |
7. | 1862 | 578 | 549 | mit Jubiläumstitelbild der 5. Auflage |
8. | 1862[7] | 578 | 549 | Lahr, M. Schauenburg & C. |
9. | 1863 | 578 | 549 | mit Jubiläumstitelbild der 5. Auflage |
10. | 1865 | 578 | 549 | oder früher |
11. | 1867 | 578 | 549 | mit Jubiläumstitelbild der 5. Auflage |
12. | 1869 | 578 | 549 | |
13. | 1870 | 584 | 560 | |
14. | 1871 | 624 | 621 | |
15. | 1872 | 624 | 621 | |
16. | 1873 | 624 | 621 | Straßburg, M. Schauenburg, 4 neue Lieder zur „Eröffnungsfeier der Universität Straßburg“ nach dem Inhaltsverzeichnis angefügt |
17. | 1874 | 628 | 625 | Straßburg, M. Schauenburg (M Fr. Silcher und Fr. Erk), die 4 Straßburger Lieder wurden in den regulären Anhang aufgenommen |
18. | 1877 | 628 | 625 | fortgeführt durch Ludwig Eichrodt |
19. | ||||
20. | 1877 | 628 | 625 | |
21. | 1877 | 628 | 625 | |
22. | 1878 | 628 | 625 | vermehrt durch die Lachner’schen Melodien zu V. von Scheffels Liedern |
23. | 1879 | 628 | 625 | vermehrt durch die Lachner’schen Melodien zu V. von Scheffels Liedern |
24. | 1880/81 | 628 | 625 | |
25.1. | 1882 | 696 | 695 | Jubiläumsausgabe, völlig überarbeitet (77 Lieder gestrichen und 168 neu aufgenommen), die seit der 1. Auflage bestehende Einteilung in einen festen Hauptteil und einen variablen Anhang wurde aufgegeben |
26.1. | 1883 | 704 | 701 | Anhang mit 6 neuen Liedern |
25.2. | 1883 | 704 | 701 | Jubiläumsausgabe, zweiter Abdruck |
25.3. | 1884 | 704 | 701 | Jubiläumsausgabe, dritter Abdruck |
25.4. | 1884/85 | 704 | 701 | Jubiläumsausgabe, vierter Abdruck |
26.2. | 1886 | 716 | 709 | teilweise mit angepasstem Titelbild zum 500-jährigen Jubiläum der Heidelberger Universität August 1886 |
27. | 1886 | 716 | 709 | mit Jubiläumstitelbild der 26. Auflage von 1886 |
28. | 1886 | 716 | 709 | |
29. | 1886 | 716 | 709 | mit Jubiläumstitelbild der 26. Auflage von 1886 |
30. | 1886 | 716 | 709 | alternatives Titelbild mit Stadtansicht Heidelbergs |
31. | 1888 | 716 | 709 | mit Jubiläumstitelbild der 26. Auflage von 1886 |
32. | 1888 | 716 | 709 | |
33. | 1888 | 716 | 709 | Ausgaben entweder mit Jubiläumstitelbild der 26. Auflage von 1886 oder alternativem Titelbild mit einer Stadtansicht von Heidelberg |
34. | 1888 | 716 | 709 | Ausgaben entweder mit Jubiläumstitelbild der 26. Auflage von 1886 oder alternativem Titelbild mit einer Stadtansicht von Heidelberg |
35. | 1888 | 716 | 709 | |
36. | 1889 | 716 | 709 | alternatives Titelbild mit Stadtansicht Heidelbergs |
37. | 1890 | 716 | 709 | |
38. | 1890 | 716 | 709 | alternatives Titelbild mit Stadtansicht Heidelbergs |
39. | 716 | 709 | alternatives Titelbild mit Stadtansicht Heidelbergs | |
40. | 1891 | 716 | 709 | |
41. | 1891 | 716 | 709 | |
42. | 1891 | 716 | 709 | sowohl mit klassischer Bootsszene als auch mit alternativem Titelbild mit Stadtansicht Heidelbergs |
43. | 716 | 709 | ||
44. | 1893 | 716 | 709 | fortgeführt durch Eduard Heyck |
45. | 1893 | 716 | 709 | |
46. | 716 | 709 | ||
47. | 716 | 709 | ||
48. | 716 | 709 | ||
49. | 716 | 709 | ||
50. | 716 | 709 | ||
51. | 1896 | 735 | 811 | oder danach, Neue Bearbeitung, u. a. Lieder mit den Melodien von Otto Lob aufgenommen, Sitz ich beim vollen Glase doppelt abgedruckt, spätestens ab 53. einmal durch So komm in unsern schönen Reigen ersetzt |
52. | ||||
53. | 735 | 811 | ||
54. | 735 | 811 | ||
55.–58. | 735 | 811 | in Wikisource aufgenommen | |
59.–62. | 735 | 811 | ||
63.–66. | 1898 | 735 | 811 | |
67.–68. | 735 | 811 | ||
69.–70. | 735 | 811 | ||
71.–74. | 1904 | 735 | 811 | oder früher |
75. | 1906 | 752 | 832 | |
76.–80. | 1907 | 752 | 832 | |
81.–85. | 1908 | 752 | 832 | Widmung von Weihnachten 1908 |
86.–90. | 768 | 850 | ||
91.–95. | 1909 | 768 | 850 | |
96.–99. | 1912 | 768 | 850 | Widmung von Weihnachten 1912 |
100. | 1914 | 760 | 821 | Neben der regulären Ausgabe erschien eine auf 1000 Stück limitierte und nummerierte großformatige Sonderausgabe im Ganzleder-Einband mit ornamentaler Blindprägung und goldgeprägtem Rückentitel, dreiseitig gepunztem Goldschnitt, Zweifarbendruck, sowie einer besonderen Illustration. |
101.–110. | 1914 | 760 | 821 | |
111.–114. | 1919 | 760 | 821 | |
115.–120. | 1920 | 760 | 821 | 3 Lieder ausgetauscht |
121.–126. | 1922 | 760 | 821 | |
127.–135. | 1925 | 745 | 803 | unterstützt durch Alfred Schlenker und Hans Joachim Moser |
136.–138. | 1926 | 745 | 803 | |
139.–141. | 1928 | 745 | 803 | |
142.–143. | 1928 | 745 | 803 | |
144.–150. | 1929 | 686 | 739 | in allen anderen Auflagen vorhanden und nur in dieser gestrichen: Ade zur guten Nacht, Ein feste Burg ist unser Gott |
151. | 1953 | 525 | 488 | fortgeführt durch Walther Haas |
152.–153. | 1956 | 525 | 505 | |
154.–155. | 1958 | 525 | 505 | |
156. | 1963 | 543 | 495 | in allen anderen Auflagen vorhanden und nur in dieser gestrichen: Im Kreise froher, kluger Zecher |
157. | 1970 | 543 | fortgeführt durch Erdmann Werner Böhme | |
158. | 1974 | 543 | in allen anderen Auflagen vorhanden und nur in dieser gestrichen: Der schönste Ort, davon ich weiß | |
159. | 1976 | 543 | ||
160. | 1978–1996 | 543 | 491 | auch „unveränderter Nachdruck 1990“ bzw. „unveränderter Nachdruck 1992“ |
161. | 2000 | 543 | 491 | ab dem Jahr 2000 vom Morstadt Verlag [1863] in Kehl am Rhein von Michael Foshag herausgegeben |
162. | 2004 | 543 | 491 | |
163. | 2005 | 543 | 491 | |
164. | 2007 | 543 | 491 | |
165. | 2008 | 780 | 716 | 150 Jahre Allg. Dt. Kommersbuch – völlig neu überarbeitete, erweiterte Auflage, ISBN 978-3-88571-336-4. |
166. | 2013 | 780 | 716 | |
167. | 2021 | 780 | 716 |
Aufbau
Jede Auflage des Allgemeinen Deutschen Kommersbuches ist nach dem gleichen Schema aufgebaut. Am Anfang steht die Farblithografie der Rheinpartie von Caspar Scheuren (1857) als Vortitel. Danach folgt das Titelblatt mit dem Namen, dem Verweis auf die ersten musikalischen Redakteure Friedrich Silcher und Friedrich Erk, gefolgt von der Nummer der Auflage (ab 151. eine Seite weiter), Verlagsnamen und -ort. Das Jahr ist nicht in allen Auflagen angegeben. Nach dem Titelblatt gibt es in folgenden Auflagen ein Vorwort:
- 75.,
- 100.,
- 127–135.,
- 150.,
- 151. (erste Auflage nach dem Zweiten Weltkrieg),
- 154–155. (100 Jahre Lahrer Kommersbuch),
- 157.,
- 161. (erste Auflage im Morstadt Verlag) und
- 165. (150 Jahre Lahrer Kommersbuch).
Außerdem wurden oft die Vorworte vergangener Auflagen (zum Teil auch gekürzt) noch einmal wiedergegeben. Die Widmung der ursprünglichen Verfasser an Ernst Moritz Arndt und dessen Antwort (ab der 6. Auflage als Faksimile) sind in jeder Auflage vorhanden.
Danach folgen der Liedteil und das Inhaltsverzeichnis. Am Ende wurde teilweise Werbung des Verlages angefügt oder mehrere leere Seiten Platz für Widmungen, individuelle Lieder oder Zusatzstrophen gelassen.
Titelbild
Das Frontispiz stammt im Original von Caspar Scheuren und zeigt Studenten bei einer Bootsfahrt auf dem Rhein. Insbesondere die umrahmenden Elemente wurden dabei in den verschiedenen Auflagen immer wieder verändert.
Zwischenzeitlich wurde eine Ansicht von Heidelberg als Titelbild verwendet.
Bootsfahrt
Das zentrale Element ist ein Bild von feiernden Studenten auf einem Boot mit Bergen im Hintergrund. Darüber ist ein mit Blumen und Bändern geschmückter Pokal vor gekreuzten Parisern, auf dem ein Putte sitzt. Links und rechts davon sind zwei Medaillen abgebildet, deren Randbereich zu besonderen Anlässen mit Text versehen wurde. Jeweils darunter – neben dem Titel – wurden die beiden ursprünglichen musikalischen Redakteure Silcher und Erk verewigt. Unterhalb der Bootsszene ist ein Adler mit Wappenschild und Kranz vor zwei weiteren Parisern dargestellt. Diese Variante wurde von der 1. bis mindestens zur 34. und wieder ab der 42. Auflage als Titelbild verwendet.
Einigen Details wurden immer wieder umgestaltet:
- Während der 51. Auflage wurde bei der Schreibweise von Commersbuch auf dem Titelbild von C zu K gewechselt. Auf dem Deckblatt fand das schon in der 26. Auflage von 1886 statt.
- Der Titel wurde mit unterschiedlich starken Verschnörkelungen versehen.
- Die beiden Medaillen im oberen Bildteil wurden aus besonderen Anlässen mit Gratulationen beschriftet:
- „Jenaer Jubiläums Commersbuch“ links und „Zum 300 jährigen Stiftungsfest 15–17. Aug. 1858“ rechts in der 5. bis 11. Auflage,
- „25. Auflage“ bzw. „Jubiläums Ausgabe“ nur im ersten Abdruck von 1882 und
- „Zum 500 jährigen Jubiläum“ bzw. „der Heidelberger Universität August 1886“ (26. (1886) bis mindestens 34. Auflage).
- Der geschmückte Pokal im oberen Teil enthält zwei gekreuzte Pariser, deren Klingen blass (bis 25. Auflage, 4. Abdruck) bzw. danach gar nicht ausgeführt sind.
- Ab der 25. Auflage, 4. Abdruck sind die Schatten, die die Sonne in dieser Szene werfen würde, schraffiert. Insbesondere ist dies an den Gesichtern des Studenten am Bug und des Steuermanns am Heck, sowie den Rücken der zum Ufer schauenden Studenten erkennbar.
- Die Sonne ist bis zur 24. Auflage etwas größer dargestellt als in späteren Auflagen, sodass die Pfeife des mittig stehenden Studenten sie teilweise verdeckt. In den Auflagen von 1882 bis 1884 fehlt die Sonne ganz – der Himmel ist teilweise bewölkt.
- Der Student mit dem erhobenen Glas trinkt in manchen Exemplaren bis zur 20. Auflage Rotwein, ansonsten Weißwein.
- Der Adler mit dem Schild im unteren Teil
- hat zwei Köpfe als Symbol der Teilung in Deutschen Bund und süddeutsche Staaten (1. bis 15. Auflage) bzw. in Ost- und Westdeutschland (ab der 151. Auflage), dazwischen, zur Zeit des Deutschen Reiches, hat er einen Kopf,
- ist grau mit großem Schnabel (bis zur 25. Auflage, 4. Abdruck), danach schwarz mit herausgestreckter Zunge.
- Die Schwingen sind bis zur 34. Auflage ausgebreitet und ab der 42. eher hängend.
- Der Schild wurde zweimal verkleinert (ab der 42. und nochmals ab der 151. Auflage).
- Der Schild gibt Ort und Namen des Verlags an, mit Ausnahme der 16. und 17. Auflage, wo aus Anlass der „Wiedereröffnung der Universität Straßburg“ nach dem Deutsch-Französischen Krieg „Strassburg“ statt „Lahr“ steht. Teilweise ist das Erscheinungsjahr angegeben (bis zur 6. Auflage), der Vorname Moritz abgekürzt und ein & Co angegeben (jeweils bis zur 11. Auflage).
- Um den Pokal und den den Adler umgebenden Kranz ist Couleurband gewickelt
- bis zur 7. Auflage farblos,
- danach teilweise mit den deutschen oder den preußischen Farben nach Jenaer Lesart (von unten nach oben),
- ab der 25. Auflage, 4. Abdruck vermutlich mit Rosa-Weiß-Moosgrün der Burschenschaft Franconia Freiburg um den Pokal und Blau-Weiß-Rot um den Kranz,
- ab der 151. Auflage wieder mit Schwarz-Rot-Gold (v.o.).
Heidelberg
Das alternative Titelbild zeigt das Heidelberger Schloss und die Heidelberger Altstadt. Eine ähnliche Szene mit Studenten wie in der ursprünglichen Variante ist unten angefügt. Im unteren Drittel sind an den Rändern links Ernst Moritz Arndt und rechts Joseph Victor von Scheffel porträtiert. Diese Variante fand mindestens von der 29. bis zur 42. Auflage Verwendung und enthält einen ähnlichen geschmückten Pokal wie die andere Variante, dessen Klingen aber sehr breit dargestellt sind. Ab der 31. Auflage wurde der Titel in dieser Variante zu Schauenburgs allgemeines Deutsches Commersbuch erweitert.
Lieder
Hermann Schauenburg erkannte, dass es für den Erfolg eines Kommersbuches unbedingt notwendig ist, aktuell zu sein. Deshalb wurde die Zusammenstellung der Lieder im Lahrer Kommersbuch mehrfach angepasst. Während der Hauptteil der ersten 24 Auflagen nahezu unverändert blieb, fand im Anhang von Anfang an ein stetiger Wechsel statt.
Bekannte und beliebte Lieder (insgesamt 128) wie Gaudeamus igitur, Ergo bibamus oder O alte Burschenherrlichkeit sind in allen 167 Auflagen enthalten. Andere Lieder, die neu aufgenommen wurden, sich aber nicht durchsetzen konnten (insgesamt 68), warf man dagegen bei der nächsten Veränderung der Druckvorlage wieder hinaus. Über 1600 verschiedene Lieder wurden im Laufe der Zeit im Allgemeinen Deutschen Kommersbuch abgedruckt. Die nachfolgende Tabelle vermittelt einen Eindruck der Veränderungen:
Auflage | 1..3 | 4..5 | 6.1 | 6.2..12 | 13 | 14..15 | 16..24 | 25.1 | 26.1..25.4 | 26.2..50 | 51..74 | 75..85 | 86..99 | 100..114 | 115..126 | 127..143 | 144–150 | 151 | 152–153 | 154–155 | 156 | 157 | 158 | 159 | 160..164 | 165..167 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Anzahl der Lieder | 387 | 456 | 536 | 549 | 564 | 621 | 625 | 712 | 718 | 729 | 814 | 834 | 853 | 832 | 832 | 818 | 746 | 488 | 505 | 505 | 495 | 491 | 490 | 490 | 491 | 716 |
neue Lieder | 71 | 96 | 13 | 24 | 57 | 4 | 164 | 6 | 27 | 275 | 20 | 19 | 83 | 4 | 31 | 98 | 81 | 49 | 7 | 28 | 29 | 8 | 1 | 15 | 278 | |
gestrichene Lieder | 2 | 16 | 0 | 9 | 0 | 0 | 77 | 0 | 16 | 190 | 0 | 0 | 104 | 4 | 45 | 171 | 338 | 32 | 7 | 38 | 33 | 9 | 1 | 14 | 53 | |
einzigartige Lieder | 1 | 8 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 3 | 0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 4 | 47 | 3 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 2 | 153 |
Anhang
Im Allgemeinen Deutschen Kommersbuch kommen verschiedene Formen von Anhängen vor. Bis zur 24. Auflage war der Anhang neben Vaterlands-, Studenten- und Volksliedern ein regulärer Abschnitt, in den die Lieder unterteilt wurden. Darüber hinaus kam es immer wieder vor, dass Lieder nach der eigentlichen Drucklegung kurzfristig noch mit eingebunden wurden. Dazu zählen z. B. Die Wacht am Rhein und die 3 Strassburger Lieder auf unnummerierten Seiten am Ende der 15. Auflage nach dem Inhaltsverzeichnis. Ab der 25. Auflage wurden die Strassburger Lieder wieder gestrichen und Die Wacht am Rhein bei den Vaterlandsliedern einsortiert. Am Ende der 71.–74. Auflage wurde das sogenannte Deutsche Flottenlied beigefügt und mit der Umstellung der 75. Auflage in den regulären Liedteil eingeordnet. Als dritte Form gab der Verlag Moritz Schauenburg, teils aus besonderem Anlass, vier thematische Anhänge heraus:
- Heidelberger Anhang 1912
- Anhang zur vierhundertjährigen Jubelfeier der Philipps-Universität zu Marburg 1927
- Anhang: Bergstudentische Lieder (Sang und Klang im Bergmannleben) von Albert Borchers, 1928
- Der Sieg ist erstritten – Lieder der neuen Zeit – Die 144.–150. Auflage wurde in den 1930er Jahren mit diesem 24-seitigen Anhang verkauft. Er enthält nationalsozialistische Kampflieder – wie das Horst-Wessel-Lied und Sieg Heil – aber auch einige traditionelle Studentenlieder. Die jüngsten Lieder sind mit dem Jahr 1933 angegeben.
Literatur
- Harald Lönnecker: Kommersbuch. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Supplement für beide Teile. Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2008, ISBN 978-3-7618-1139-9, Sp. 424–427 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- Theodor Hölcke: Vom deutschen Studentenlied. In: Historia Academica. Schriftenreihe der Studentengeschichtlichen Vereinigung des Coburger Convents. Heft 29/30, 1990/1991.
- Moritz Schauenburg, Verlagsbuchhandlung: Mein Kommersbuch – Illustriertes Preisverzeichnis mit einer Einleitung von Prof. Dr. Ed. Heyck
Weblinks
- Morstadt Verlag
- Allgemeines deutsches Kommersbuch im Internet
- Vorworte des Allgemeinen deutschen Kommersbuches aus verschiedenen Ausgaben, Faksimile eines Briefes von Ernst Moritz Arndt (PDF; 1,3 MB)
- Badische Zeitung zum 150. Jahrestag
Digitalisate
- Niederrheinische Liederhandschrift 1574 Digitalisat der Staatsbibliothek zu Berlin
- Christian Wilhelm Kindleben: Studentenlieder: Aus den hinterlassenen Papieren eines unglücklichen Philosophen Florido genannt. Halle (Saale) 1781, Digitalisat der SUB Göttingen
- Ferdinand August Serig Auswahl deutscher Lieder, 4. Auflage, Leipzig 1836, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek in der Google-Buchsuche
- Ferdinand August Serig Auswahl deutscher Lieder, 6. Auflage, Leipzig 1844, Digitalisat der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
- Ferdinand August Serig Auswahl deutscher Lieder, 8. Auflage, Leipzig 1858, Digitalisat der British Library in der Google-Buchsuche
- Hermann Schauenburg: Deutsche Lieder nebst ihren Melodien. Robert Friese (Hrsg.), Leipzig 1843, Digitalisat der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 4. Auflage, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 6. Auflage, Digitalisat der Österreichischen Nationalbibliothek in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 9. Auflage, Münchner DigitalisierungsZentrum der Bayerischen Staatsbibliothek
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 11. Auflage, Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 16. Auflage, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 23. Auflage, Digitalisat der Stanford University Library in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 25. Auflage, Digitalisat der University of Virginia in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 25. Auflage, 2. Abdruck, Digitalisat der Harvard University Library in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Commersbuch 27. Auflage, Digitalisat der University of Michigan
- Allgemeines Deutsches Kommersbuch 31. Auflage, Digitalisat der Oxford University in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Kommersbuch 41. Auflage Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek in der Google-Buchsuche
- Allgemeines Deutsches Kommersbuch 45. Auflage, Digitalisat der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar
- Taschen-Kommersbuch 1889 Erstauflage | Digitalisat der University of Illinois Library in der Google-Buchsuche
Einzelnachweise
- ↑ Elisabeth Noack: Erk (Familie). In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 16 (Supplement 2: Eardsen – Zweibrücken). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1976, DNB 550439609, Sp. 126–127 (= Digitale Bibliothek Band 60, S. 20595–20598)
- ↑ Allgemeines Deutsches Commersbuch, 16. Auflage, Verlag Moritz Schauenburg, Lahr, Vorwort o. S.Digitalisat in der Google-Buchsuche
- ↑ https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/7PO5E7T3QKT5UPPX6YVG54CPOS3DGYXC?issuepage=6
- ↑ Allgemeines Deutsches Commersbuch, 4. Auflage, Verlag Moritz Schauenburg, Lahr 1859, S. 478. Digitalisat in der Google-Buchsuche
- ↑ Allgemeines Deutsches Kommersbuch, 151. Auflage, Verlag Moritz Schauenburg, Lahr 1953, Vorwort o. S.
- ↑ Allgemeines Deutsches Kommersbuch, 165. Auflage, Morstadt Verlag, Kehl 2008, S. V–VI Vorwort
- ↑ Karlsruher Anzeiger, No. 175, Dienstag, 29. Juli, 1862, Seite 4 Deutsches Zeitungsportal(abgerufen am 28. Oktober 2021)