Elfstedentocht

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Elfstedentocht-Denkmal (Fotomosaik) an einer Brücke bei Giekerk
Detail (Mosaikfliesen) des Elfstedentocht-Denkmals

Elfstedentocht (niederländisch), auch Alvestêdetocht (friesisch) oder deutsch Elfstädtetour, ist die Bezeichnung für ein Natureis-Langstreckenrennen im Eisschnelllauf, das in den Niederlanden stattfindet und als bedeutendes kulturelles Ereignis erlebt wird.

Eine Elfstedentocht wird in strengen Wintern in der niederländischen Provinz Friesland (friesisch Fryslân) auf zugefrorenen Entwässerungskanälen, Flüssen und Seen durchgeführt, entlang der elf friesischen Orte mit historischem Stadtrecht, und zieht bis zu 17.000 Läufer und 1,5 Millionen Zuschauer an. Seit der ersten Elfstedentocht im Jahre 1909 wurde die wetterabhängige „Tour der Touren“ bisher fünfzehnmal durchgeführt, zuletzt 1997.

Strecke

Verlauf der Elfstedentocht
2019 errichteter Bogen am Ziel der Elfstedentocht

Über zugefrorene Kanäle und kleine Seen führt die fast 200 Kilometer lange Strecke vom Kanal Zwette in Leeuwarden im Uhrzeigersinn über zehn weitere friesische Städte und dann zurück nach Leeuwarden, wo sich das Ziel am nordöstlichen Stadtrand auf der Bonkevaart befindet. Zwischen dem Weiler Bartlehiem und Dokkum wird ein längerer Abschnitt in beide Richtungen gelaufen.

Bis 1933 und im Jahr 1941 wurde die Strecke gegen den Uhrzeigersinn gelaufen.

Elfstedentocht-Städte
Friesisch Niederländisch km ab
Start
Snits Sneek 022
Drylts IJlst 026
Sleat Sloten 040
Starum Stavoren 066
Hylpen Hindeloopen 077
Warkum Workum 086
Boalsert Bolsward 099
Harns Harlingen 116
Frjentsjer Franeker 129
Dokkum Dokkum 174
Ljouwert Leeuwarden 199

Organisation

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Elfstedentocht 1985

Veranstaltet wird das Ereignis von dem Verein Koninklijke Vereniging de Friesche Elf Steden (deutsch Königliche Vereinigung die Friesischen Elf Städte), der etwa 30.000 Mitglieder hat. Eine Elfstedentocht findet nur statt, wenn die Eisdicke auf der gesamten Strecke mindestens 15 cm beträgt. Eventuell wird dafür das Eis an einigen kritischen Stellen durch Implantation von Eisplatten verstärkt.

Nur Mitglieder des Vereins dürfen an der Tour teilnehmen. Startberechtigt sind alle Mitglieder, die am 1. Juni 2014 Mitglied waren. Später eingetretene Mitglieder können das Startrecht über eine Warteliste erlangen.[1] Diese Regelung wurde im Dezember 2014 eingeführt und gilt seit dem Winter 2015/16.[2] Zuvor wurden etwa 16.000 Startplätze größtenteils unter den Mitgliedern verlost. Diese hatten in jedem zweiten Winter das Recht, an der Elfstedentocht teilzunehmen – sofern sie stattfand. Neben den ausgelosten Läufern hatte auch ein Teil jener Mitglieder Startrecht, die schon 1986 Mitglied des Vereins waren.[3] Das Startrecht ist nicht übertragbar.

Es gibt zwei Kategorien von Teilnehmern: Tourenfahrer („toertochtrijders“) und Wettkampfläufer („wedstrijdrijders“). Gestartet wird gruppenweise schon ab den frühen Morgenstunden, angefangen wird mit den Wettkampfläufern.

Es gibt mehrere Kontrollposten, an dem die Kontrollkarte jedes Teilnehmers abgestempelt werden muss. Für manche Kontrollposten gibt es feste Schließzeiten; verspätet eintreffende Fahrer dürfen die Tour nicht fortsetzen. Der letzte Kontrollposten am Ziel in Leeuwarden schließt um Mitternacht.[4] Wer die Elfstedentocht in voller Länge absolviert, alle Stempel eingesammelt und vor Mitternacht das Ziel erreicht hat, erhält das Elfstedenkruisje, eine Medaille in Form eines Malteserkreuzes. Die Wettkampfteilnehmer bekommen das Elfstedenkruisje nur, wenn sie die Siegerzeit um nicht mehr als 20 % überschreiten. Für den Gesamtsieger, sowie die ersten elf Plätze, jeweils der Männer- und Frauenwertung, gibt es zusätzlich gesonderte Preise.

Geschichte

Inoffizielle Touren gab es schon im 18. und 19. Jahrhundert. Offiziell wurden bisher 15 Elf-Städte-Touren durchgeführt. Im Winter 1985 nahm auch Prinz Willem-Alexander, der heutige König, als 18-Jähriger an der Elfstedentocht teil.

Aufl. Jahr Datum Teiln.
(Start)
Teiln.
(Ziel)
Sieger Wohnort Zeit
(h)
km
1. 1909 10202. Januar 00023 00007 Minne Hoekstra Warga 13:50 189
2. 1912 20707. Februar 00063 00024 Coen de Koning Arnhem 11:40 189
3. 1917 12727. Januar 00150 00092 Coen de Koning (2) Etten-Leur 09:53 189
4. 1929 21212. Februar 00301 00114 Karst Leemburg Leeuwarden 11:09 191
5. 1933 01616. Dezember 00512 00481 Abe de Vries
Sipke Castelein
Dronrijp
Wartena
09:53 195
6. 1940 13030. Januar 03.404 00152 Piet Keijzer
Auke Adema
Cor Jongert
Durk van der Duim
Sjouke Westra
De Lier
Frjentsjer
Alkmaar
Warga
Warmenhuizen
11:30 198,5
7. 1941 20606. Februar 01.900 01.672 Auke Adema Frjentsjer 09:19 198,5
8. 1942 12222. Januar 04.832 03.936 Sietze de Groot Weidum 08:44 198
9. 1947 20808. Februar 02.061 00309 Jan van der Hoorn Ter Aar 10:51 191
10. 1954 20303. Februar 02.735 02.206 Jeen van den Berg Heerenveen 07:35 198,5
11. 1956 21414. Februar 06.329 04.843 - (*) 190,5
12. 1963 11818. Januar 09.862 00126 Reinier Paping Ommen 10:59 196,5
13. 1985 22121. Februar 16.455 13.290 Evert van Benthem St. Jansklooster 06:47 196,8
14. 1986 22626. Februar 16.999 14.989 Evert van Benthem (2) St. Jansklooster 06:55 199,3
15. 1997 10404. Januar 16.738 11.460 Henk Angenent Woubrugge 06:49 199,6
(*) Jan van der Hoorn, Aad de Koning, Jeen Nauta, Anton Verhoeven und Maus Wijnhout liefen entgegen den Regeln Arm in Arm als Erste über die Ziellinie. Daher wurde 1956 kein Sieger anerkannt.

Bei der Kältewelle in Europa 2012 gab es im Februar 2012 keine Tour.[5] Grund hierfür war die zu geringe Eisdicke auf der Strecke.[6] Während der Zeit der deutschen Besetzung der Niederlande fand die Tour zweimal (1941 und 1942) statt.

Ungeachtet der Witterungsbedingungen wurde der Wettbewerb nach 2021 auch für 2022 wegen der weltweit anhaltenden COVID-19-Pandemie abgesagt.[7]

Bedeutung

Die Bedeutung der Elfstedentocht in den Niederlanden ist hoch. Die Elfstedentocht ist nicht nur eine populäre reale Veranstaltung, sondern ein nationaler Mythos. Sie wird „die Tour der Touren“ (fy: tocht fan de tochten, nl: tocht der tochten) genannt. Sobald es in einem Winter mehrere Tage lang friert, wird in den Medien über eine Neuauflage der Veranstaltung diskutiert. Der Niederländische Wetterdienst (KNMI) hält ein Dossier auf seiner Website aktuell und veröffentlicht umfangreiche Modellrechnungen zu der zu erwartenden Eisdicke in den folgenden Tagen.[8] Fernsehanstalten senden Außenreporter zu den Kanälen, um über die Zunahme der Eisdicke zu berichten.

Trivia

  • Da das Wetter selten eine Elfstedentocht zulässt, wurde eine Alternative Elfstedentocht eingerichtet, die seit 1989 jährlich im Januar auf dem Weißensee in Kärnten ausgetragen wird.
  • 1986 nahm der jetzige König Willem-Alexander an der Elfstedentocht teil, und zwar unter dem Allonym W.A. van Buren.[9]
  • Auch in anderen Sportarten gibt es Rennen und Touren entlang dieser elf friesischen Städte.
    • Seit 1912 existiert eine Radtour (Fietselfstedentocht) am Pfingstmontag mit (heutzutage) 15.000 Teilnehmern.[10]
    • Seit 1946 wird eine Fünf-Tage-Wanderung (11-Stedenwandeltocht) in der Himmelfahrtswoche durchgeführt.[11]
    • Seit 1985 gibt es jedes Jahr im Mai eine als Elfsteden Roeimarathon bezeichnete Ruderregatta.
    • Im Juni 2019 gelang Maarten van der Weijden die schwimmende Elfstedentocht.[12]
  • Wer sowohl die Elfstedentocht als auch die Fietselfstedentocht und die 11-Stedenwandeltocht (nicht zwangsläufig im selben Jahr) erfolgreich beendet hat, erhält seit 1987 auf Wunsch ein handkalligraphiertes Diplom. Mehr als eintausend solcher Auszeichnungen konnten bereits verliehen werden.[13]

Literatur

  • Marcus Jan Adriani Engels: De Elfstedentochten - Friesland, het land der schaatsenrijders. Kuurstra, Amsterdam 1947
  • Jan Kaay: Langs elf steden: belevenissen op elf-stedentochten. West-Friesland, Hoorn 1950
  • Piet Maaskant, Jeen van den Berg: Elfstedentocht, 1890-1956. Oisterwijk, 's-Gravenhage 1956
  • Fenno L. Schoustra: Elfstedentocht: de schaatsen scherp. Schoustra, Leeuwarden 1970
  • Pieter de Groot, Henk van der Meulen, Willem H. Stegenga: De Elfstedentocht 1909-1985: de complete Elfstedengeschiedenis!. Friese Pers Boekerij, Leeuwarden 1985, ISBN 90-330-1344-4
  • Johannes Lolkama: Triomf en tragiek in de historie van de Elfstedentocht. 2. Auflage, Wever, Franeker 1986, ISBN 90-6135-415-3
  • Johannes Lolkama: De tocht der tochten: de complete Elfstedengeschiedenis vanaf 1740. Victoria, Akkrum 1996, ISBN 90-71293-09-2
  • Ron Couwenhoven, Henny Korver: IJspret & ijsleed. BZZTôH, 's-Gravenhage 1997, ISBN 90-5501-479-6
  • Leo van Houten: De Elfstedentocht - een hele toer - achtergronden, belevenissen, adviezen en statistieken. Van Houten, Alkmaar 1997, ISBN 90-901-1083-6
  • Ron Couwenhoven, Huub Snoep: Negentig jaar elfstedentocht 1909-1999. 2. erweiterte Auflage, De Vrieseborch, Haarlem 2001, ISBN 90-6076-452-8
  • Gosse Blom: Kleine encyclopedie van de Elfstedentocht. 6. erweiterte Auflage, Eerste Friese Schaatsmuseum, Hindeloopen 2003, ISBN 90-71293-12-2
  • Marnix Koolhaas, Jurryt van de Vooren: De mannen van '63. Verhalen van de zwaarste Elfstedentocht aller tijden, nu met compleet overzicht van alle tochten. 3. Auflage, Van Wijnen, Franeker 2009, ISBN 978-90-5194-263-7

Film

Die zwölfte Elfstedentocht im Jahr 1963 ist Thema eines Spielfilms des Regisseurs Steven de Jong mit dem Titel De hel van '63 (Die Hölle von '63), der 2009 in die niederländischen Kinos kam. Trotz schlechter Kritiken erreichte der Film eine so hohe Zuschauerzahl, dass der Regisseur die Gouden Filmtrofee (Goldener Filmpreis) erhielt.[14]

Weblinks

Commons: Elf-Städte-Tour – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise