Natureis

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Der Begriff Natureis wird im Zusammenhang mit der Nutzung auf natürlichem Weg entstandenem Eis verwendet. Mit der Verbreitung von Kältemaschinen hat es keine praktische Bedeutung mehr für Kühltechnik bzw. Kühlzwecke.

Geschichte

Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der US-amerikanische Kaufmann Frederic Tudor begonnen, Natureis aus Neuengland in die Karibik, den Süden der USA aber auch nach Indien zu exportieren.[1] Seit den 1860er Jahren nahm die Anzahl von Eiskellern und Eishäusern stark zu.[2] Aus dem 19. Jahrhundert ist der Export von Natureis aus Norwegen nach England, Frankreich und in wärmeren Wintern auch nach Deutschland bekannt.[3] Insbesondere das südnorwegische Kragerø entwickelte sich zu einem der wichtigsten Zentren der europäischen Eisindustrie.[4] 1896 war das in Berlin in Häusern, Straßen und Geschäften verkaufte Eis fast ausschließlich Natureis.[5] Mit den 1950er bzw. 1960er Jahren kamen Eiskeller außer Gebrauch.[2]

Mit der Erfindung von Kältemaschine und elektrischem Antrieb ging die Bedeutung des Natureises für die Kühlung von Lebensmitteln rasch zurück. Eisfabriken lösten allmählich die Eiswerke ab. Etwa zwischen den 1930er und 1950er Jahren wurden Kühlschränke, überwiegend elektrisch betrieben, auch in Familienhaushalten gebräuchlich. In der Gastronomie ersetzte ein wärmeisolierter ebenerdiger Kühlraum den bisherigen Eiskeller. Die herkömmlichen Eisschränke wurden überflüssig. Auch wegen zweifelhafter Wasserqualität von Seen und Flüssen verlor die Nutzung dieses Eises für Kühlzwecke weitgehend an Bedeutung.

Einer der letzten Einsatzbereiche von Natureis war die Hochseefischerei, wo es noch in den 1930er Jahren in großem Umfang genutzt wurde als nordnorwegische Eisproduzenten mit der Kunsteisproduktion der europäischen Fischereihäfen in Konkurrenz traten.[6]

Eisernte

Datei:Eissägen auf dem De-Witt-See.webm Im Winter wurde Eis aus Seen, Teichen oder Fließgewässern entnommen. Es wurde entweder durch Zerhacken, Zersägen oder mit einem Eispflug in Eisschollen zerteilt, mit Fuhrwerken abtransportiert und eingelagert. Eiszapfen konnten auf Gerüstvorrichtungen entweder aus Holz oder Stahl im Freien aus Wasser, unabhängig von Gewässern, produziert werden.[7] So kam das Eis in Eiskeller und Eishäuser. In großen Städten gab es Eiswerke, die das Eis ganzjährig verkauften. Der Eismann lieferte es für die Kühlung von Lebensmitteln in Eisschränken an Haushalte.

Die Wasserqualität des verwendeten Eises hat großen Einfluss auf die Bauweise der Eisschränke, weil die im Wasser enthaltenen Organismen bzw. Stoffe in das Kühlgut eindringen und es verderben konnten.[8] Wasser aus schnell fließenden Gewässern von Bächen und Flüssen ist aus diesem Grund demjenigen von stehenden Gewässern, wie von Seen, Teichen und überfluteten Wiesen, vorzuziehen. Eine räumliche Trennung des Natureises vom direkten Kontakt mit dem Kühlgut erfolgte erst, nachdem sich diese Erkenntnis durchgesetzt hatte, und hatte zur Folge, dass eine konstruktive Barriere über einen einfachen Wärmeübertrager gebaut wurde.

Straßennamen, Teiche, Sportanlagen

Noch heute deuten geografische Bezeichnungen auf die ehemals bedeutsame Versorgung mit Natureis aus Teichen hin.

Die Eisteichstraße in Wien-Simmering (A) wurde 1904 benannt.[9]

Weitere Eisteichstraßen gibt es in Lannach (wie zwei Teichstraßen nächst zahlreichen Teichen), in Schwechat (150 m entfernt von der Schwechat, kein Teich erhalten), in Oberwaltersdorf bei einem großen Teich und Golfplatz, in Schwarzau am Steinfeld unweit der Schwarza; in Bremerhaven (D) nächst dem Fischereihafen der Weser (ehemaliger Teich bei der Erweiterung des Fischereihafens verfüllt und überbaut).

Eisteichgassen gibt es in Graz (A) (zum ehemaligen Ziegelwerk Eustacchio) mit der Eisteichsiedlung, in Brunn am Gebirge nahe dem Krotenbach, in Bruck an der Leitha unweit eines kleinen Teichs links des Leitha-Kanals und in Ruprechtshofen.

Am Eisteich: In Reisenberg (A) (Teich besteht) und nur 5 km entfernt in Ebreichsdorf (ohne Teich), Schwadorf (unweit der Schleuse an der Fischa); in Konradsreuth (D) (Teiche), Bad Salzungen, Medebach, Metzingen und Niddatal.

In Hof (Saale) (D) gibt es die Städtische Kunsteisbahn Eisteich nächst einem Teich bei der Sächsischen Saale. In Dresden gibt es den 30 m kleinen Eisteich Zschonergrund am Zschonerbach und 3 km westlich davon einen noch etwas kleineren Eisteich am Lotzebach.

Einen Eisteichweg gibt es in Hannover an einem Rinnsal 500 m nordwestlich der Schleuse Anderten.

In Münchberg gibt es ein Sportgelände Eisteich am Schlegelbächlein.

Einen Eisteich gibt es in Hausmannstätten (A), Am Wald; einen Eisteich als Eisarena zum Eislaufen in Schwabenberg.

Zahlreiche Gewässer Eisweiher gibt es in Deutschland, etwa in Egling.

Am Eisweiher heißt eine Straße rechts der Ache in Dornbirn (A).

Eisgassen gibt es in Zürich (CH) und zahlreichen deutschen Orten.

Eiswege gibt es in der Schweiz und in Deutschland. Das Eisweglein ist ein kleiner Verbindungsweg zur Kunsteisbahn Margarethen in Basel (CH).

Literatur

  • Natureishandel. In: D. Schmidt u. a.: Lexikon Kältetechnik. 3. Auflage. VDE Verlag, 2014, ISBN 978-3-8007-3575-4, S. 163
  • W. Berdrow: Die Gewinnung des Natureises. In: Die Gartenlaube. Heft 47, 1896, S. 796–798 (Volltext [Wikisource] – Illustrationen von W. Pape; berlin-eisfabrik.de).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Korneffel, DER SPIEGEL: Handel mit gefrorenem Wasser: Der Eiskönig von Boston. Abgerufen am 7. September 2021.
  2. a b Eiskeller, Eiswerke und Kühlhäuser in Schleswig-Holstein und Hamburg, ISBN 3-88042-962-6, S. 129.
  3. Eiskeller, Eiswerke und Kühlhäuser in Schleswig-Holstein und Hamburg, ISBN 3-88042-962-6, S. 11–12
  4. Den siste istid i Kragerø. Abgerufen am 30. Mai 2019 (englisch).
  5. Die Gewinnung des Natureises., abgerufen am 21. Februar 2017
  6. The Natural Ice Factory at Røsneshamn, Norway: How to Compete with Big-Tech by Using Nature. 12. November 2020, abgerufen am 7. September 2021 (englisch).
  7. Natur-Eis-Herstellung in Schwarzburg – Bild eines Eisengerüstes, Foto: Bernhardt, aus: Allgemeiner Wegweiser, Nr. 10, 9. März 1927, abgerufen am 20. Dezember 2014
  8. Vgl. Die Schädlichkeit des Natureises. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, Heft 15, Jg. 1892, S. 159–160, Digitalisat.
  9. Eisteichstraße im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien