Amtsgeheimnis
Das Amtsgeheimnis ist ein Geheimnis, das sich auf einen bestimmten, nachvollziehbaren Personenkreis von Amtsträgern beschränkt. Diese unterliegen dem Amtsgeheimnis, d. h. der Schweigepflicht. Der Geheimhaltungspflicht unterliegen auch Personen, denen bloß einzelfallweise ein Amt übertragen wird (zum Beispiel gerichtlich eingesetzte Übersetzer oder Sachverständige). Die Verletzung des Amtsgeheimnisses kann dienstrechtliche (Disziplinarverfahren), arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dem Amtsgeheimnis entspricht das Dienstgeheimnis der im Dienstverhältnis Stehenden. Sonderfälle des Amtsgeheimnisses sind weiterhin das Sozialgeheimnis und das Steuergeheimnis.
Mehr als 110 Länder, darunter Deutschland (auf Bundesebene), haben Informationsfreiheitsgesetze eingeführt, in vielen Staaten wurden derartige Regelungen schon in den vergangenen 20 Jahren eingeführt.[1] In weiteren Ländern sind entsprechende Gesetze zur Transparenz der Verwaltung geplant. Ein solches Gesetz gewährt den Bürgern ein subjektives Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen, doch findet dieses Recht seine Grenze in mannigfaltigen Ausnahmetatbeständen.
Österreich
In Österreich ist das Amtsgeheimnis seit 1925 in Artikel 20, Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes verankert.
Österreich ist Europas letzte Demokratie mit einer umfassenden gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht im Verfassungsrang. Die Amtsverschwiegenheit ist dabei in Art. 20 Abs. 3 B-VG wie folgt formuliert:
Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit).[2]
Die Amtsverschwiegenheit besteht auch für Funktionäre, die von einem allgemeinen Vertretungskörper – etwa der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer – bestellt werden. Das Amtsgeheimnis steht in einem Spannungsfeld mit der in Artikel 20, Abs. 4 der Bundesverfassung festgeschriebenen Auskunftspflicht für Behörden bei einer Bürger-Anfrage, die im Auskunftspflichtgesetz auf Bundesebene geregelt ist.
Die Amtsverschwiegenheit ist im Beamten-Dienstrechtsgesetz festgeschrieben.[3] Beamte und ehemalige Beamte, die das Amtsgeheimnis verletzen, können mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.[4]
2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 |
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2 | 3 | 1 | 0 | 1 | 3 | 3 | 3 | 1 | 3 |
Diskussion über Abschaffung
Österreich liegt seit Jahren in einer internationalen Bewertung der nationalen Rechtslage zum Recht auf Information unter 111 Ländern an letzter Stelle und hat damit die schwächsten gesetzlichen Vorgaben für den Zugang zu staatlicher Information.[6]
Seit 2013 wird in Österreich über die Streichung des Amtsgeheimnisses aus der Verfassung und die Einführung eines Grundrechts auf Informationszugang sowie den Beschluss eines Informationsfreiheitsgesetzes diskutiert. Angeregt wurde die Diskussion insbesondere durch die Bürgerrechtsorganisation Forum Informationsfreiheit, die in einer von mehr als 13.000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützten Petition ein Transparenzgesetz nach Vorbild Hamburgs forderte.[7]
Das von SPÖ und ÖVP beschlossene Arbeitsübereinkommen der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 sieht die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor.[8] Im Arbeitsprogramm für 2017/2018, in dem die Regierung im Jänner 2017 ihre Pläne für den Rest der Legislaturperiode neu festlegte, findet sich keine solche Referenz mehr.[9]
Im März 2014 ging ein Entwurf für eine Verfassungsänderung durch eine vorparlamentarische Begutachtung und wurde Ende 2014 von der Regierung beschlossen.[10] Im November 2015 wurde ein Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz einer Ausschussbegutachtung im Verfassungsausschuss des Parlaments unterzogen, der zwischen Regierungsparteien und den Landesregierungen akkordiert war.[11] Der Entwurf wurde von Nicht-Regierungsorganisationen und Journalisten-Organisationen als unambitioniert und unzureichend kritisiert.[12]
Beide Gesetzesentwürfe benötigen eine Zweidrittelmehrheit und liegen weiterhin beim Verfassungsausschuss, der das Thema im Oktober 2016 im Rahmen eines öffentlichen Experten-Hearings behandelte.[13]
Im Juni 2017 scheiterte die Abschaffung erneut.[14]
Auch ein parlamentarischer Vorstoß der Liste Jetzt im Februar 2019 wurde durch die Parteien ÖVP und FPÖ im Verfassungsausschuss abgewehrt.[15]
Im Juni 2020 beriet die Bundesregierung aus ÖVP und Grüne erneut über die Abschaffung.[16]
Siehe auch
Weblinks
- § 353b StGB – Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht
- § 355 StGB – Verletzung des Steuergeheimnisses
- Seminararbeit zum Wandel von Amtsgeheimnis und Informationsfreiheit (PDF-Datei; 266 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Access Info Europe, Center for Law and Democracy: Right to Information Rating. Abgerufen am 31. Januar 2017 (englisch).
- ↑ RIS - Bundes-Verfassungsgesetz Art. 20 – Bundesrecht konsolidiert, tagesaktuelle Fassung. In: ris.bka.gv.at. Abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ RIS – Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 § 46 – Bundesrecht konsolidiert. In: ris.bka.gv.at. Abgerufen am 9. November 2016.
- ↑ RIS – Strafgesetzbuch § 310 – Bundesrecht konsolidiert, tagesaktuelle Fassung. In: ris.bka.gv.at. Abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ Kriminalstatistik. Statistik Austria, abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ Access Info Europe, Center for Law and Democracy: Right to Information Rating. Abgerufen am 31. Januar 2017 (englisch).
- ↑ Forum Informationsfreiheit: Transparenzgesetz.at. Abgerufen am 31. Januar 2017.
- ↑ Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013–2018. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundeskanzleramt Österreich, archiviert vom Original am 25. Juli 2016; abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ SPÖ, ÖVP: Für Österreich: Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundeskanzleramt, archiviert vom Original am 31. Januar 2017; abgerufen am 31. Januar 2017.
- ↑ 395 d.B. (XXV. GP) – Bundes-Verfassungsgesetz, Änderung. In: parlament.gv.at. Abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ 1/AUA (XXV. GP) – Antrag gem. § 27 GOG betreffend Informationsfreiheitsgesetz – IFG inkl. Stellungnahmen. In: parlament.gv.at. Abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ Amtsgeheimnis: "Leere Versprechen der Regierung". Abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ Parlaments-Korrespondez Nr. 1036/2016. In: parlament.gv.at. Österreichisches Parlament, abgerufen am 25. Oktober 2016.
- ↑ Abschaffung des Amtsgeheimnisses gescheitert derstandard.at, abgerufen am 30. Juni 2017
- ↑ Parlaments-Korrespondez Nr. 749/2019. In: parlament.gv.at. Österreichisches Parlament, 1. Juli 2019, abgerufen am 19. Juli 2019.
- ↑ Edtstadler kündigt Gesetzesentwurf zu Abschaffung des Amtsgeheimnisses an. In: derStandard.at. 1. Juni 2020, abgerufen am 5. Juni 2020.