Anabasis (Xenophon)

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Die Anabasis in der 1374 geschriebenen Handschrift Mailand, Biblioteca Ambrosiana, A 78 inf., fol. 100r

Die Anabasis ist das bekannteste Geschichtswerk des antiken griechischen Schriftstellers Xenophon, das um 370 v. Chr. verfasst wurde. Es behandelt hauptsächlich den sogenannten „Zug der Zehntausend“, den Rückzug der griechischen Söldner, die der achämenidische Prinz Kyros der Jüngere für den (letztlich erfolglosen) Aufstand gegen seinen älteren Bruder Artaxerxes II. angeworben und nach Mesopotamien geführt hatte. Von diesem „Hinaufmarsch“ (altgriechisch ἀνάβασις ‚Anabasis‘) der Griechen nach Asien leitet sich der Titel des Werkes her.

Die Anabasis Xenophons besteht aus sieben Büchern. Plutarch zufolge veröffentlichte der Autor das Werk zunächst unter dem Decknamen Themistogenes von Syrakus. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass ein gewisser Themistogenes tatsächlich ebenfalls ein ähnliches Werk wie Xenophon verfasst hat, das verloren gegangen ist, sodass bei Plutarch eine Verwechslung vorliege (siehe Brill’s New Jacoby, Nr. 108).

Kyros der Jüngere und Artaxerxes waren beide Söhne des persischen Großkönigs Dareios II. aus der Dynastie der Achämeniden. Nach Dareios’ Tod wurde Artaxerxes dessen Nachfolger und bestieg als Artaxerxes II. den Thron. Der ehrgeizige Kyros musste sich hingegen mit der Verwaltung Kleinasiens begnügen, wo er als Oberkommandeur fungierte. Schließlich plante Kyros einen Umsturz, sammelte dazu ein Heer, das vor allem aus griechischen Söldnern bestand, und marschierte im Frühjahr 401 v. Chr. gegen seinen Bruder.

Die Route der Zehntausend

Den Zug der Zehntausend beschrieb Xenophon aus Sicht seiner persönlichen Teilnahme. Er begleitete den Zug der griechischen Söldner zunächst nur als ein dem Kyros bekannt gemachter und von diesem in Dienst genommener Kriegsberichterstatter. Xenophon nahm in seinem Werk deutlich Partei für Kyros. Nach dem Tod des Kyros und der anschließenden Ermordung der griechischen Heerführer während ihrer Verhandlungen mit den Persern erkannte er jedoch die nun gebotenen Maßnahmen. Sehr von Nutzen waren ihm dabei seine rhetorischen Fähigkeiten, mit denen er vor allem am Morgen nach der Schlacht von Kunaxa die gänzlich demoralisierten Griechen wieder aufrichtete. Er wurde – neben Cheirisophos – dazu gewählt, das Kommando zu übernehmen, und führte die Griechen anschließend nach Norden ans rettende Ufer des Schwarzen Meeres.

Xenophon beschreibt anschaulich den Rückzug und die Entbehrungen des griechischen Söldnerheeres von Babylon durch das kleinasiatische Hochland bis zur Schwarzmeerküste. Berühmt als literarischer und historischer Topos für eine Rettung nach langer Mühsal wurde, wie das ganze Heer auf der letzten Hügelkette vor dieser Küste in den Ausruf

Θάλαττα, θάλαττα

(Thálatta! Thálatta! – „das Meer, das Meer!“, Xenophon, an. 4, 7, 24) ausbrach und auf einmal zu laufen begann. Wichtig für Historiker sind auch seine Berichte über Land und Leute, Sitten und Gebräuche. Diese geben eine exakte und detailgetreue Beschreibung von Vegetation und tierischem Leben, so dass sie heute noch Biologen Aufschluss über jene Zeiten geben können.

Traditionell (und geradezu sprichwörtlich) ist Xenophons Anabasis wegen ihres lupenreinen attischen Dialektes und ihrer durchsichtigen Sprache das erste Werk griechischer Literatur, das Schüler lesen; diese Rolle ist vergleichbar mit Caesars De bello Gallico im Lateinunterricht. Die erste Übersetzung ins Deutsche erfolgte um 1540.

Übersetzungen

  • Xenophon’s Feldzug des jüngern Cyrus. Übersetzt von Leonhard Tafel. Stuttgart 1828 (Google); Stuttgart 21843 (Google); Stuttgart 51861 (Google).
  • Xenophon: Des Kyros Anabasis. Übersetzt von Helmuth Vretska. Reclam, Ditzingen 1999, ISBN 3-15-001184-1.

Literatur

  • Robin Lane Fox (Hrsg.): The Long March. Xenophon and the Ten Thousand. Yale University Press, New Haven CT u. a. 2004, ISBN 0-300-10403-0.
  • John W. I. Lee: A Greek Army on the March. Soldiers and Survival in Xenophon’s Anabasis. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2007, ISBN 978-0-521-87068-9.
  • Otto Lendle: Kommentar zu Xenophons Anabasis (Bücher 1–7). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, ISBN 3-534-12813-3.
  • Oliver Stoll: Gemeinschaft in der Fremde. Xenophons „Anabasis“ als Quelle zum Söldnertum im Klassischen Griechenland? In: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft. 5, 2002, S. 123–183 (gfa.gbv.de [PDF; 434 kB)].
  • Robin Waterfield: Xenophon’s Retreat. Greece, Persia, and the End of the Golden Age. Belknap Press, Cambridge MA 2006, ISBN 0-674-02356-0.

Weblinks