Anna Waser

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Anna Waser: Selbstbildnis, 83 × 68 cm, gemalt 1691.
Portrait von Anna Waser um 1770.

Anna Waser (getauft am 16. Oktober 1678 in Zürich; † 20. September 1714 ebenda) war eine Schweizer Malerin und Radiererin des Hochbarocks. Sie gilt als die erste namentlich bekannte Schweizer Malerin der Geschichte.

Leben

Anna Waser wurde 1678 als fünftes Kind einer wohlhabenden und angesehenen Zürcher Familie geboren. Ihre Eltern waren Esther Müller und der Amtsmann Johann Rudolf Waser, ein gebildeter und vorurteilsloser Mann, der das Talent der Tochter nach Kräften förderte. Er liess sie zur Malerin ausbilden, obgleich das allen gesellschaftlichen Konventionen widersprach. Als sie bei ihrem ersten Lehrer Johannes Sulzer nichts mehr lernen konnte, brachte er die Vierzehnjährige nach Bern zu Joseph Werner, einem der führenden Schweizer Maler. Vier Jahre blieb sie als das einzige Mädchen unter seinen männlichen Schülern in seiner «Lernwerkstatt für Malerei». Dann kehrte sie zu ihrer Familie nach Zürich zurück. Dort erhielt sie Porträtaufträge aus dem grossen Bekanntenkreis. Auch ausserhalb der Stadt wurde man auf die junge Malerin aufmerksam. Im Jahr 1699, Anna Waser war nun 21 Jahre alt, berief sie der kunstsinnige Graf Wilhelm Moritz von Solms-Braunfels als Hofmalerin auf sein Schloss Braunfels an der Lahn in Hessen. Das hätte der Anfang einer grossen Karriere werden können. Aber dazu kam es nicht.

Statt eine geplante Reise nach Paris anzutreten, wurde sie nach Zürich zurückgebeten, da die Mutter erkrankt war und ihr Bruder Johann Rudolf, ein Hauslehrer in Braunfels, sich entschloss, als Feldprediger nach Holland zu reisen. Ab etwa 1702 musste sich Anna Waser in Zürich nun um den Haushalt ihrer Eltern kümmern und die Malerei wurde notgedrungen zur Nebentätigkeit. Sie malte nur hier und da ein Porträt oder eine dieser kleinen Schäferszenen, für die sie seinerzeit berühmt gewesen war. Im Jahr 1708 gab sie zusammen mit ihren Schwestern Anna Maria und Elisabeth Waser einige kalligrafische Vorlagen heraus. Sie schickte ihre Autobiografie, ein in Silberstifttechnik ausgeführtes Selbstbildnis und andere Kunstwerke an Jacob von Sandrart für eine geplante Fortschreibung des von seinem Onkel Joachim von Sandrart begründeten Künstlerlexikons Teutsche Academie. Zu dieser Fortschreibung kam es aber nicht mehr, weil Jacob von Sandrart noch im selben Jahr verstarb.[1] Eine alte Chronik berichtet: «Mit 30 Jahren verlor sie ihre Leibs- und Gemütskräfte». Ein paar Jahre dämmerte sie vor sich hin. Eine ihrer letzten Arbeiten, eine Silberstiftzeichnung, ist versehen mit der Datierung 1711. Im Jahr 1714 starb Anna Waser im Alter von 35 Jahren an den Folgen eines Sturzes.

Werk

Ihre von den zeitgenössischen Kritikern so sehr gelobten Werke sind bis auf wenige Zeichnungen und Miniaturen fast alle verloren gegangen. Auch die erwähnte Autobiografie ist verschollen. Ihre Nachfahrin Maria Waser (1878–1939) schrieb 1913 den Roman Die Geschichte der Anna Waser. Das Selbstporträt von 1691 entstand wohl auf Anregung von Anna Wasers Lehrer Johannes Sulzer, den sie zur Erinnerung in ihrem Selbstbildnis auf der Staffelei darstellte.

Ehrung

Gedenktafel von Anna Waser am Haus «Zur Alten Post», Münstergasse 19 in Zürich
Gedenktafel von Anna Waser am Haus «Zur Alten Post», Münstergasse 19 in Zürich

Anna Waser wurde anlässlich der ersten Frauenehrung am Sechseläuten 1998 von der Gesellschaft zu Fraumünster geehrt. Ihre Gedenktafel befindet sich am Haus «Zur alten Post» an der Münstergasse 19 in Zürich, in dem sie einen grossen Teil ihres Lebens verbrachte.

Literatur

  • Carl Brun: Schweizerisches Künstler-Lexikon. Hrsg.: Schweizerischer Kunstverein. III. Band. Huber, Frauenfeld 1913, S. 427 ff. (Digitalisat).
  • Gottfried Sello: Malerinnen aus fünf Jahrhunderten. Ellert und Richter, Hamburg 1988, ISBN 3-89234-077-3.
  • Maria Waser: Die Geschichte der Anna Waser – Ein Roman aus der Wende des 17. Jahrhunderts. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1913 (Digitalisat der Auflage 1922); Neuauflage: Classen, Zürich 1978, ISBN 3-7172-0279-0
  • Verena Bodmer-Gessner: Die Zürcherinnen, Kleine Kulturgeschichte der Zürcher Frauen. Verlag Berichthaus, Zürich 1961, S. 70/71, S. 179/180
  • Susann L. Pflüger: Neujahrsblatt der Gesellschaft zu Fraumünster auf das Jahr 2016 (Zehntes Stück), Edition Gutenberg Band 10, Nr. 10, Zürich 2016, ISSN 1663-5264

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Johann Kaspar Fuessli: Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweitz. Band 2. David Gessner, Zürich 1757, S. 228 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).