Anzefahr
Anzefahr Stadt Kirchhain Koordinaten: 50° 50′ 41″ N, 8° 51′ 57″ O
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Höhe: | 213 m ü. NHN |
Fläche: | 6,65 km²[1] |
Einwohner: | 739 (30. Jun. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 111 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Postleitzahl: | 35274 |
Vorwahl: | 06422 |
Stadtgebiet von Kirchhain mit Lage der zwölf Ortsteile
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Anzefahr aus Richtung Osten
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Anzefahr ist ein etwa 750 Einwohner zählender Stadtteil der Kleinstadt Kirchhain im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Er liegt etwa drei Kilometer nordwestlich der Kirchhainer Kernstadt.
Geschichte
Die älteste bekannte Erwähnung des Ortes erfolgte am 6. März 1226 n. Chr. als Ancevar in einer Urkunde der ritterschaftlichen Familie Riedesel.[1] Der erste Namensteil deutet auf germanische Halbgötter aus vorchristlicher Zeit, der zweite Namensteil auf eine überörtliche Straßenverbindung hin. Freigelegte Brandflachgräber deuten jedoch auf eine deutlich ältere Siedlungslage hin.
Der Theologe Heinrich Joseph Wetzer wurde am 19. März 1801 in Anzefahr geboren. Er war der Herausgeber der ersten Auflage von Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon, dem heute noch gültigen Standardwerk über katholische Theologie.
Zum 1. Februar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Anzefahr im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis als Stadtteil in die Stadt Kirchhain eingegliedert.[3][4] Für Anzefahr, wie für alle ehemals eigenständigen Stadtteile von Kirchhain, wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]
Staats- und Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten, in denen Anzefahr lag, und deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Amt Amöneburg
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel (durch Reichsdeputationshauptschluss), Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Kirchhain
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg[7]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain[8]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Kreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Der Kreis Kirchhain war für die Verwaltung und das Justizamt Amöneburg war als Gericht erster Instanz für Anzefahr zuständig. Das Justizamt Amöneburg war bis 1831 Assistenzamt des Justizamts Kirchhain und danach selbständiges Justizamt.[9] Nach der preußischen Annexion von Kurhessen wurde der Bereich des Justizamts Amöneburg am 1. September 1867 dem zum Amtsgericht Kirchhain umbenannten bisherigen Justizamt Kirchhain zugeschlagen, aber dies wurde am 1. Januar 1868 revidiert und das ehemalige Justizamt Amöneburg wurde als Amtsgericht Amöneburg weitergeführt.[10][11] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. Zum 1. Oktober 1932 wurde das Amtsgericht Amöneburg aufgehoben und sein Sprengel dem des Amtsgerichts Kirchhain zugeordnet.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Anzefahr 780 Einwohner. Darunter waren 6 (0,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 147 Einwohner unter 18 Jahren, 315 zwischen 18 und 49, 168 zwischen 50 und 64 und 150 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 315 Haushalten. Davon waren 84 Singlehaushalte, 87 Paare ohne Kinder und 117 Paare mit Kindern sowie 21 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 57 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 210 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[12]
Einwohnerentwicklung
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1585: | 27 Haushalte |
• 1664: | 30 Haushalte |
• 1747: | 169 Einwohner |
• 1838: | Familien: 40 nutzungsberechtigte, 5 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 10 Beisassen. |
Anzefahr: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 287 | |||
1840 | 322 | |||
1846 | 347 | |||
1852 | 376 | |||
1858 | 337 | |||
1864 | 333 | |||
1871 | 306 | |||
1875 | 304 | |||
1885 | 282 | |||
1895 | 289 | |||
1905 | 310 | |||
1910 | 342 | |||
1925 | 368 | |||
1939 | 363 | |||
1946 | 506 | |||
1950 | 531 | |||
1956 | 537 | |||
1961 | 531 | |||
1967 | 605 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 780 | |||
2015 | 759 | |||
2019 | 739 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Kirchheim:[13][2]; Zensus 2011[12] |
Historische Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | 26 evangelische-lutherische, 314 katholische Einwohner |
• 1885: | 11 evangelische (= 3,89 %), 272 katholische (= 96,11 %) Einwohner |
• 1961: | 45 evangelische (= 8,47 %), 481 katholische (= 90,58 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1838: | Familien: 30 Ackerbau, 18 Gewerbe, 7 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 93 Land- und Forstwirtschaft, 100 Produzierendes Gewerbe, 45 Handel und Verkehr, 38 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Sehenswürdigkeiten und Kultur
Bauwerke
- Die barocke katholische Pfarrkirche St. Michael.
- Ordensmühle an der Ohm
Vereine
Das Vereinsleben im Stadtteil wird durch den Chor der Pfarrei Anzefahr, die Freiwillige Feuerwehr, die Kolpingsfamilie, den Männergesangsverein „MGV 1903 Cäcilia Anzefahr“ und den Tischtennisclub „TTC 1952 Anzefahr e.V.“ geprägt.[14]
Wirtschaft und Infrastruktur
- Die zur Schnellstraße ausgebaute Bundesstraße 62 verläuft südlich des Ortes.
- Außerdem gibt es zusätzlich zu dem Haupt-Bahnhof Kirchhain in der Kernstadt den weiteren Haltepunkt Kirchhain-Anzefahr an der Main-Weser-Bahn, an dem stündlich der Mittelhessen-Express hält.
- Anzefahr ist Pfarrdorf und hat eine Grundschule, einen Kindergarten und eine Bücherei.
Literatur
- Literatur über Anzefahr nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Anzefahr In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Suche nach Anzefahr In: Deutsche Digitale Bibliothek
Weblinks
- Stadtteil Anzefahr. In: Webauftritt der Stadt Kirchhain.
- Anzefahr. Ortsgeschichte. In: www.anzefahr.de. Private Website
- Anzefahr, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Anzefahr, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 30. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 4. August 2015.
- ↑ a b Haushaltsplan 2020. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, S. 3, abgerufen im November 2020.
- ↑ Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328, Abs. 54 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 402.
- ↑ Hauptsatzung. (PDF; 193 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, abgerufen im November 2020.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 7 f. (online bei Google Books).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 74.
- ↑ Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 68 .
- ↑ Einwohnerzahlen von 30. Juni 2015. In: Webauftritt Stadt Kirchhain. (Memento vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive)
- ↑ Hans-Christoph Nahrgang: Anzefahr – eine Gemeinde mit regem Vereinsleben und gutem Gemeinschaftssinn. In: MyHeimat.de, abgerufen am 4. August 2009