Mondsichelmadonna
Als Mondsichelmadonna oder Strahlenkranzmadonna und auch Madonna im Strahlenkranz (auch apokalyptische Madonna)[1] wird in der christlichen Ikonografie ein Marienbildnis bezeichnet, das durch die Perikope der apokalyptischen Frau in der Offenbarung des Johannes geprägt ist. Die Mutter Gottes steht auf der Mondsichel; meist hält sie das Jesuskind in ihren Armen.
Ursprünge
Das Bildnis der Mondsichelmadonna geht auf den Bericht der Vision des Johannes von einer kosmischen und von einem Drachen verfolgten schwangeren Frau zurück, die mit Sternen gekrönt und mit der Sonne bekleidet auf dem Mond steht und dem letzten apokalyptischen Gefecht zwischen dem Drachen und dem Erzengel Michael ausgesetzt wird.
„Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen. Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. (Offb, 12,1–5 EU)“
Darstellungen
Die älteste bekannte bildliche Darstellung der Mondsichelmadonna findet sich im Hortus Deliciarum.[2] In der Gotik wandeln sich die Züge der apokalyptischen Frau zunehmend ins Madonnenhafte wie die Initiale A im Graduale von St. Katharinenthal (um 1312). Die älteste bekannte Holzplastik ist die sogenannte Hirschmadonna (Erfurt, Angermuseum, um 1370).[1]
Im ausgehenden Mittelalter wurde dem Typus auch der Titel Unsere liebe Frau vom Siege beigelegt. Mondsichelmadonnen wurden im 15. Jahrhundert meist als Einzelfiguren, in Marienleuchtern sowie als Altarbestandteile ausgeführt. Zuweilen stellte man auch die thronende Madonna mit dem Mondsymbol verbunden dar (Madonna aus Ulm, um 1420/25).
Das Mondsichelmotiv wurde so beliebt, dass man ältere Madonnen nachträglich mit Strahlenkranz und Mondsichel versah (Leuchtermadonna Bad Doberan 1300, ergänzt 15. Jahrhundert). Im 16. Jahrhundert kam zur Mondsichel die Schlange als Symbol des Bösen, deren Kopf von Maria zertreten wird, vgl. (Gen 3,15 EU). Der Typ der Mondsichelmadonna wandelte sich im 17./18. Jahrhundert in den Typ der Maria Immaculata.
Mondsichel-Madonna am linken Haupt-Portal des Kölner Domes
- Kapelle Eusebius Altar Strigel1.jpg
Altaraufsatz mit Mondsichelmadonna in der Kapelle St. Eusebius von Bernhard Strigel (1486)
- Winser Madonna.jpg
Winser Madonna aus Winsen (Aller) aus der Zeit um 1490
- Ueberlinger Muenster Madonna.jpg
Strahlenkranz-Madonna auf der Mondsichel aus dem Jahr 1510 des Überlinger Münsters
- Maria mit Jesuskind, Marienkirche (Flensburg), Bild 1.JPG
Mondsichelmadonna an der Flensburger Marienkirche von 1589
- Mariensäule, München.jpg
Mariensäule, München, 1638
- Würzburg Madonna.jpg
Hausmadonna, um 1713 geschaffen von Jakob van der Auwera, in Würzburg[3]
- Maria an der Spitze der Marienkapelle Würzburg.jpg
Strahlenkranzmadonna auf dem Turm der Marienkapelle in Würzburg (nach einem Modell Jakobs van der Auwera 1713 von dem Würzburger Goldschmied Martin Nötzel geschaffen)[4]
- Monstranz (neugotisch) Detail Mondsichelmadonna - Pfarrkirche Kärlich (Ausschnitt).JPG
Detail einer neugotischen Monstranz in der Pfarrkirche Kärlich
- Woman Apocalypse Hungary.jpg
Ungarischer Nazarenerstil (Ferenc Szoldatits)
Volkstümliche Mondsichelmadonna in einer süddeutschen Kapelle (vermutlich aus dem 20. Jahrhundert)
- Basilika Seckau, Engelskapelle, Fresko "Seckauer Apokalypse" von Herbert Boeckl, 1952-1960, 11.JPG
Fresko der Seckauer Apokalypse von Herbert Boeckl, Engelkapelle der Basilika Seckau (1952–1960)
Apokalyptische Frau von Fritz Koenig an der Fassade der Kirche Maria Regina Martyrum (Berlin) um 1960
Mondsichelmadonna auf Altären
Die Mondsichelmadonna findet sich auf einer Reihe von Altären, besonders in Mecklenburg[1], aber auch in angrenzenden Teilen Brandenburgs, etwa in der Dorfkirche Pröttlin. Auf dem Schnitzaltar in Röbel, der im 16. Jahrhundert angefertigt wurde und seinen Platz im rechten Seitenschiff von St. Marien fand, ist die gekrönte Mondsichelmadonna mit dem Jesuskind von Heiligenfiguren umgeben: St. Georg und Barbara, St. Katerina und Jacob, St. Jost und Apollonia, St. Hedwig und Nicolaus.[5]
Mondsichelmadonna auf Siegel und Wappen
Die Mondsichelmadonna findet sich oft auf Wappen und Siegeln, so etwa im Wappen von Umkirch oder Waldshut-Tiengen. Auch andernorts weist die Mondsichel auf Maria hin; zum Beispiel befinden sich im Wappen von Langenmosen die Mariensymbole Mondsichel (auch „Halbmond“ genannt) und Marienkrone.[6]
Siehe auch
Literatur
- Engelbert Kirschbaum, Wolfgang Braunfels (Hrsg.): Lexikon der Christlichen Ikonografie. Herder, 1994, ISBN 3-451-22568-9.
- Lexikon der Kunst. Band 5 (T–Z.) 1978, ISBN 3-88436-111-2, S. 314, unter dem Stichwort Unbefleckte Empfängnis.
- Vera Henkelmann: Spätgotische Marienleuchter. Formen – Funktionen – Bedeutungen (= Eikoniká. Kunstwissenschaftliche Beiträge, im Auftrag der Görres-Gesellschaft, Band 4). Schnell und Steiner, Regensburg 2014, ISBN 978-3-7954-2694-1.
Weblinks
- Eintrag im großen Kunstlexikon von P.W. Hartmann der FU Berlin
Einzelnachweise
- ↑ a b c Mondsichelmadonna. In: H. Sachs, E. Badstübner, H. Neumann: Christliche Ikonographie in Stichworten. Leipzig 1988, ISBN 3-7338-0095-8, S. 261.
- ↑ Hortus Deliciarum. In: H. Sachs, E. Badstübner, H. Neumann: Christliche Ikonographie in Stichworten. Unveränderte Auflage. Leipzig 1988, ISBN 3-7338-0095-8, S. 185.
- ↑ Stefan Kummer: Architektur und bildende Kunst von den Anfängen der Renaissance bis zum Ausgang des Barock. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände; Band 2: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1477-8, S. 576–678 und 942–952, hier: S. 646.
- ↑ Stefan Kummer: Architektur und bildende Kunst von den Anfängen der Renaissance bis zum Ausgang des Barock. 2004, S. 646.
- ↑ Abbildung in: Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Neubrandenburg. Berlin 1982, S. 326.
- ↑ Gemeinde Langenmosen: Wappen. In: Haus der Bayerischen Geschichte. Abgerufen am 5. März 2019.