Appalachen

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Appalachen
Ausdehnung der Appalachen

Ausdehnung der Appalachen

Blick in die Blauen Berge am Blue Ridge Parkway

Blick in die Blauen Berge am Blue Ridge Parkway

Höchster Gipfel Mount Mitchell (2037 m)
Lage Ost-USA, Seeprovinzen in Kanada
Koordinaten 36° N, 82° WKoordinaten: 36° N, 82° W
Gliederung der Appalachen laut USGS

Die Appalachen (englisch Appalachian Mountains) sind ein bewaldetes Gebirgssystem im Osten Nordamerikas, das sich (geologisch betrachtet) über eine Länge von 2400 Kilometer von den Long Range Mountains an der Westküste der kanadischen Insel Neufundland bis in den Norden des US-Bundesstaates Alabama erstreckt. Obwohl ihr höchster Gipfel mehr als 2000 Meter hoch ist, haben die Appalachen sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch ihrer Morphologie einen Mittelgebirgscharakter. Nur wenige Berge erheben sich über mehr als 1200 m Höhe, und viele Bergkuppen bleiben deutlich unter 800 m.

Geographisch betrachtet werden die neufundländischen Gebirge nicht zu den Appalachen gezählt. Demgegenüber jedoch werden die westlich der White Mountain Appalachen liegenden Green Mountains (Vermont) sowie weiter westlich – getrennt durch die Seen Lake Champlain, Lake George und Great Sacandaga Lake – die Adirondack Mountains (New York) den nördlichen Appalachen zugeschlagen.[1] Geologisch gehören die beiden letztgenannten Gebirge zu den Laurentinischen Bergen Kanadas.

Benannt sind die Appalachen nach dem indigenen Stamm der Apalachee. Für die Appalachenregion als Kultur- und Wirtschaftsraum wird auch die Bezeichnung Appalachia verwendet.[2]

Geographische Einordnung

Die Appalachen begrenzen den Nordamerikanischen Kraton (Laurentia) bzw. die Nordamerikanische Plattform nach Südosten. Sie sind damit eine Art morphologisches Gegenstück zur Nordamerikanischen Kordillere, die den Kraton nach Westen begrenzt. Die geologische Geschichte der Appalachen unterscheidet sich jedoch deutlich von jener der westlichen Gebirge Nordamerikas. Ihre Faltengürtel sind deutlich älter und hingen ursprünglich mit ähnlich alten Faltengürteln in Nordwestafrika sowie West- und Mitteleuropa zusammen, die heute teilweise ebenfalls in Form von Bergländern (z. B. dem Antiatlas in Marokko und dem Zentralmassiv in Frankreich) zutage treten (siehe unten). Infolge von Kontinentaldrift und dem dadurch verursachten Aufbrechen des Nordatlantiks wurden die Faltengürtel der Appalachen von denen Westeuropas und Nordwestafrikas getrennt. Dies führte auch zur Entstehung der Küstentiefländer, die sich südöstlich und östlich an die Appalachen anschließen. Dort liegen Gesteine mit „appalachischer“ Faltung tief im Untergrund, überlagert von Sedimenten jüngerer erdgeschichtlicher Epochen.

Mit ihren Ausläufern ziehen sich die Appalachen von Mississippi bis nach Kanada (Neufundlands Long Range Mountains). Die spezielle geographische Konstellation mit den Appalachen im Osten und der Nordamerikanischen Kordillere im Westen ermöglicht es, dass polare, kalte Luftmassen aus dem Norden, von der Hudson Bay nach Süden ziehend, im Mittleren Westen der USA auf tropische, sehr warme, feuchte Luftmassen treffen können, die vom Golf von Mexiko nach Norden ziehen. Bei derartigen Wetterlagen bilden sich oft schwere Gewitterstürme bis hin zu Tornados mit teils katastrophalen Auswirkungen, weshalb die entsprechende Region auch als Tornado Alley bezeichnet wird.

Historische Geologie

Paläogeographie im heutigen Osten der USA gegen Ende der Akadischen Orogenese im späten Mitteldevon

Die gefalteten und aufeinander überschobenen Gesteinskomplexe der Appalachen, die zu einem nicht unwesentlichen Teil aus marinen Sedimentgesteinen bestehen, repräsentieren den nordamerikanischen Teil eines alten Kettengebirges, das erdgeschichtlich älter ist als der Atlantik. Es erstreckte sich im späten Karbon vor rund 300 Millionen Jahren quer durch den damaligen Urkontinent Pangäa und wird als Herzynisches System bezeichnet. Die entsprechende Gebirgsbildung wird Alleghenische Orogenese genannt und ist das Pendant der Variszischen Orogenese in West- und Mitteleuropa. Das heutige Nordamerika begann sich vor rund 200 Millionen Jahren, in der späten Trias, wieder von Nordwestafrika zu lösen, sodass das mittlerweile stark erodierte Herzynische System auseinandergerissen wurde. Dessen Gesteine finden sich östlich des Atlantik unter anderem im Antiatlas in Marokko, in der Iberischen Meseta in Spanien, im Zentralmassiv in Frankreich sowie in der Rheinischen und Böhmischen Masse in Mitteleuropa.

In den Appalachen finden sich jedoch auch Faltenkomplexe, die vor der Alleghenischen Orogenese entstanden sind und sich ebenfalls über den Atlantik verfolgen lassen, unter anderem in die Grampian Mountains in Schottland. Sie werden der Takonischen Orogenese (Ordovizium, ca. 440 Millionen Jahre vor heute) und Akadischen Orogenese (Devon, ca. 400 Millionen Jahre vor heute) zugerechnet. Die geologische Geschichte der Appalachen reicht daher bis weit ins Altpaläozoikum zurück und umfasst die Schließung mindestens zweier Ozeanbecken.

Im Gegensatz zu den Bergen der jungen Kettengebirge wie dem Himalaya, den Rocky Mountains und den Alpen, ist das heutige Relief der Appalachen nicht infolge plattentektonischer Konvergenz entstanden, sondern durch einfache Heraushebung eines Teils des alten Gebirgsblockes aus dem Untergrund im mittleren Miozän, vor etwa 15 Millionen Jahren.[3] Dabei kam es teilweise zu Reliefumkehr, indem das alte Vorlandbecken mitherausgehoben wurde und heute in Form des Appalachen-Plateaus teils höhere Berge bildet als der alte gefaltete Gebirgsrumpf (beispielsweise mit dem ca. 1450 Meter hohen Mount Porte Crayon in West Virginia). Seit Beginn der Atlantiköffnung sind schon mindestens zwei „Ur-Appalachengebirge“ herausgehoben und wieder abgetragen worden, einmal im mittleren Jura und einmal in der frühen Kreide.[3]

Gliederung von Westen nach Osten

Im Westen der Appalachen liegen das Allegheny-Plateau und das Cumberland-Plateau.

Höchste Berge

Nachfolgend sind die jeweils höchsten Berge der Appalachen in den amerikanischen Bundesstaaten und kanadischen Provinzen sowie Territorien mit Anteil an diesem Gebirge aufgelistet, absteigend sortiert nach Höhe:

Historische Bedeutung

Historisch gesehen waren die Appalachen für die ersten Einwanderer die erste Hürde auf dem Weg nach Westen. 1763, am Ende des Siebenjährigen Krieges, setzte Großbritannien den Hauptkamm der Appalachen als Grenze der weißen Besiedlung als Geste für die mit ihm verbündeten Indianervölker fest. Die Königliche Proklamation von 1763 besagte, dass die Beziehungen zwischen britischen Siedlern und Indianern fortan durch Trennung (segregation) und nicht durch Interaktion (interaction) bestimmt sein solle.[4] Dies wurde jedoch schon in den 1770er-Jahren durch die Besiedelung Kentuckys unter der Leitung von Daniel Boone durchbrochen. Bei ihrer vermessungstechnischen Erschließung wirkte der spätere General und 1. Präsident der USA, George Washington, als Geometer mit.

Wirtschaftliche Bedeutung

Mountaintop Removal Mining

In den Appalachen finden sich große Steinkohlevorkommen. Diese werden per Mountaintop Removal Mining abgebaut. Dabei werden zunächst die Bergkuppen, unter denen die Steinkohle ansteht, gesprengt und abgetragen, anschließend die Steinkohle im Tagebau gewonnen. Insgesamt wurden so in den Appalachen auf einer Fläche von 5700 Quadratkilometern ca. 500 Bergkuppen abgetragen, die Landschaft dabei gravierend verändert und durch Bergbaurückstände langfristig belastet.[5][6]

Erschließung

Die erste Verbindung durch die Appalachen war die Wilderness Road durch den Cumberland Gap. Die erste moderne Straße war die 1839 fertiggestellte National Road von Cumberland (Maryland) nach Vandalia (Illinois).

Die erste Bahnstrecke durch die Appalachen wurde von der Baltimore and Ohio Railroad gebaut. 1853 verband sie Baltimore mit dem Ohio in Wheeling (West Virginia). 1854 wurde die Bahnstrecke Pittsburgh–Harrisburg(–Philadelphia) der Pennsylvania Railroad geschlossen.

Bis 1857 durchstachen die Norfolk and Western Railway im Tal des New River und die Southern Railway bei Asheville (North Carolina) die Appalachen. 1873 verband die Chesapeake and Ohio Railway Richmond über Staunton mit Huntington (West Virginia).

Tourismus

Die Appalachen bieten gute Wander- und Tourenmöglichkeiten, darunter:

Mountain people

Die in den Appalachen lebenden Amerikaner haben eine eigene Identität entwickelt und werden in den USA als englisch mountain people (oder

mountainmen

) bezeichnet. Kennzeichnend für die

mountain people

ist ein eigener Dialekt, eigene Musik, ein eigenes Selbstbewusstsein und niedriges Einkommen.[7]

Trivia

Siehe auch

Literatur

  • Mari-Lynn Evans, Robert Santelli, Holly George-Warren (Hrsg.): The Appalachians: America’s First and Last Frontier. West Virginia University Press, Morganstown 2012, ISBN 978-1-935978-96-1.

Weblinks

Commons: Appalachen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Conradin Burga, Frank Klötzli und Georg Grabherr (Hrsg.): Gebirge der Erde – Landschaft, Klima, Pflanzenwelt. Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-4165-5. S. 202–203.
  2. The Appalachian Region – Appalachian Regional Commission (Memento vom 2. Dezember 2008 im Internet Archive)
  3. a b C. Wylie Poag, William D. Sevon: A record of Appalachian denudation in postrift Mesozoic and Cenozoic sedimentary deposits of the U.S. Middle Atlantic continental margin. Geomorphology. Bd. 2, Nr. 1–3, 1989, S. 119–157, doi:10.1016/0169-555X(89)90009-3
  4. Colin Gordon Calloway: The Scratch of a Pen, 1763 and the Transformation of North America, Oxford University Press, 2006, Seite 92 ff.
  5. Die Kuppen fliegen weg. In: Frankfurter Rundschau, 1. Juli 2008. Abgerufen am 16. Mai 2012.
  6. Weg mit den Bergen. In: Die Zeit, 18. Oktober 2007. Abgerufen am 16. Mai 2012.
  7. Appalachian Mountain People: A Study Of Stereotypes
  8. Grace Toney Edwards: Mountain Culture Sheltered Rudolph. (Memento vom 11. Juni 2015 im Internet Archive) Newsday, 10. Juni 2003
  9. Appalachian Film List. The Historic Struggle (Blog des auf die Geschichte der Appalachenregion spezialisierten High-School-Geschichtslehrers Robert Baker), bei Abruf (19. Juni 2019) zuletzt aktualisiert am 11. Februar 2013