Argentinisches Tageblatt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Argentinisches Tageblatt
Argentinisches Tageblatt
Beschreibung Argentinische Wochenzeitung
Sprache Deutsch
Verlag Alemann S.R.L.
Erstausgabe 1878
Erscheinungsweise freitags
Verkaufte Auflage 10.000 Exemplare
Reichweite etwa 0,05 Mio. Leser
Chefredakteur Stefan Kuhn
Herausgeber Juan Alemann
Weblink www.tageblatt.com.ar
ZDB 966047-1

Argentinisches Tageblatt ist der Name einer deutschsprachigen Auslandszeitung, die 1874 gegründet wurde und in Buenos Aires erscheint. Sie erscheint zurzeit wöchentlich, nachdem sie von 1889 bis 1981 täglich erschien. Sie dient als Unterhaltungs- und Kommunikationsmedium für die deutschen, schweizerischen und österreichischen Gemeinschaften in Argentinien.

Geschichte

Der Vorläufer des Argentinischen Tageblatts, der Argentinische Bote, wurde 1874 von Johann Alemann (in der Schweiz zuvor Allemann, 1826–1893),[1][2] einem Einwanderer aus dem Bernischen, der in der Schweiz Redaktor verschiedener Blätter gewesen war, als Kommunikationsmedium für die Siedler der Provinz Santa Fe gegründet. In diesem Format erschien die Zeitung nur ein Jahr lang. Alemann und seine Söhne Theodor und Moritz zogen sodann nach Buenos Aires um, von wo aus die Zeitschrift als Argentinisches Wochenblatt 1878[1] erneut herausgegeben wurde. Das rasche Ansteigen der deutschsprachigen Gemeinschaft und die Notwendigkeit, ein Mitteilungsorgan von kommunaler Bedeutung zu unterhalten, gaben dem Wochenblatt Impulse. Die Familie Alemann ließ sich dauerhaft in der Bundeshauptstadt nieder und widmete sich der wöchentlichen Herausgabe der Zeitschrift.

Ab 29. April 1889 erschien die inzwischen erfolgreiche Wochenzeitung täglich und nennt sich seither Argentinisches Tageblatt. Zu den Mitarbeitern gehörte ab 1889 Johann Rudolf Müller. 1893 starb Johann „Juan“ Alemann, dessen Söhne Theodor und Moritz führten den Verlag weiter. Nach dem Tod Theodor Alemanns 1925 übernahm dessen Sohn Ernesto, ein in Deutschland ausgebildeter Journalist die Herausgebertätigkeit. Ernesto Alemann engagierte sich auch für die Pestalozzi-Schule Buenos Aires. In seiner äußerst liberalen Einstellung verteidigte die Zeitung die Haltung der Weimarer Republik und war hierin eine Ausnahme unter der deutschen Presse im Ausland, die in der Regel reaktionär war. Das Argentinische Tageblatt widersetzte sich vehement dem Nationalsozialismus, was zu einigen Konflikten führte. Es wurde von dem Teil der deutschen Gemeinschaft in Argentinien boykottiert, der zur nationalsozialistischen Ideologie neigte, und es erhielt wiederholt Bombendrohungen. Seine Verbreitung im Dritten Reich wurde nach dem Machtantritt Adolf Hitlers und seiner Regierung verboten. 1936 wurde Ernesto Alemann offiziell der Doktortitel der Universität Heidelberg wegen dessen Opposition zum NS-Regime entzogen.

Auf der anderen Seite wirkte das Argentinische Tageblatt während der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland als Kommunikationsmedium der exilierten deutschen Gegner des NS-Regimes in ganz Lateinamerika sowie eines großen Teils der dortigen deutschsprachigen jüdischen Gemeinschaft. Die offiziellen Vertreter Deutschlands in Argentinien und Persönlichkeiten, die der NSDAP, die in Argentinien Tausende von Mitgliedern hatte, nahestanden, strengten sechs Prozesse gegen das Tageblatt an. Auch in der Nachkriegszeit hatte das Argentinische Tageblatt wegen seiner antitotalitaristischen Haltung Schwierigkeiten. Die die Regierung von Juan Domingo Perón, der im letzten Kriegsjahr eine vermeintliche Politik der Neutralität einschlug und zugleich enge Beziehungen zur deutschen Regierung unterhielt, belegte die Zeitung Anfang der 1950er Jahre mit einer Papierrationierung, die zu einer zeitweiligen Schließung des zugehörigen Verlages führte.

Nach dem Militärputsch von 1976 unterstützte die Publikation die neuen Machthaber. Leitartikel forderten „Nacht- und Nebelaktionen“ ein, bei denen Gegner des Regimes verschwinden sollten.[3] Roberto Alemann, der Sohn des Herausgebers, wurde zum Wirtschaftsminister der Militärs bestellt und damit Teil des Regimes unter dem zwischen 1976 und 1983 30.000 Menschen verschwanden durch Akte des Staatsterrorismus getötet wurden.

Das Argentinische Tageblatt befindet sich bis heute im Besitz der Familie Alemann. Herausgeber und Verlagsdirektor war bis zu seinem Tod am 27. März 2020 der vorgenannte Roberto Alemann, ein liberaler Wirtschaftswissenschaftler, der zweimal Wirtschaftsminister war; einmal in der bürgerlich-radikalen Regierung von Arturo Frondizi sowie in der Militärdiktatur. Seit seinem Tod führt dessen Bruder Juan Alemann die Zeitung. 1981 kehrte das Tageblatt unter Beibehaltung seines Namens zu einer wöchentlichen Erscheinungsweise als Samstagsausgabe zurück. Seit 2014 ist das Tageblatt bereits am Freitag erhältlich.

2012 wurde die Zeitung mit dem erstmals vergebenen Medienpreis „Dialog für Deutschland“ einer CDU/CSU-nahen Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ ausgezeichnet.[4]

Das Argentinische Tageblatt hat eine gedruckte Auflage von 10.000 Exemplaren. Seine Reichweite wird auf etwa 50.000 Leser geschätzt.

Weblinks

Literatur

  • Sebastian Schöpp: Das ‚Argentinische Tageblatt‘ 1933 bis 1945. Ein Forum der antinationalsozialistischen Emigration. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-932089-02-2.
  • Peter Bussemeyer: 50 Jahre Argentinisches Tageblatt. Werden und Aufstieg einer Auslanddeutschen Zeitung. Buenos Aires 1939.

Einzelnachweise

  1. a b Markus Bürgi: Johann Allemann. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 26. November 2002, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  2. Max Ruh: Allemann. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 5. Juni 2001, abgerufen am 30. Dezember 2020 (Max Ruh schreibt im Artikel Allemann: „Der aus phonet.[ischen] Gründen vollzogene Namenswechsel von A.[llemann] auf Alemann wurde 1904 von der Schweizer Regierung genehmigt.“ Allemann würde sonst auf Spanisch als Aieman ausgesprochen).
  3. Horacio Verbitsky: El país: Genocidios, Página/12, 2012-06-03.
  4. Pressemeldung der Stiftung „Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ (PDF)