Bügeleisenofen

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Bügeleisenofen mit nummerierten Bügeleisen mit abnehmbarem Griff

Der Bügeleisenofen, auch Plättofen genannt, ist ein spezieller Ofen des 19. Jahrhunderts. Er unterscheidet sich von einem Kochofen durch einen Aufsatz, an dem ein oder aber gleichzeitig mehrere Plätteisen aufgeheizt werden können.[1][2] Letzterer fand Verwendung bei Hutmachern, Büglerinnen und Schneidern, die große Mengen an Bügelwäsche zu bewältigen hatten.[3]

Bügeleisenöfen wurden in unterschiedlichen Ausführungen und Größen hergestellt und hatten eine längliche oder vieleckige Form. An jedem Ofen konnten mindestens so viele Personen arbeiten, wie Bügeleisenfächer vorhanden waren, wobei jeder ein zweites Bügeleisen zum Wechseln brauchte.[4] Am effizientesten jedoch konnte eine Arbeiterin bügeln, wenn sie sechs Bügeleisen zur Verfügung hatte, um diese häufig wechseln und somit eine gleichbleibende Wärme der Bügeleisen erreichen konnte.[1]

Im 18. Jahrhundert wurden die Bügeleisen noch auf einem sogenannten Kohlenfeuer heiß gemacht, das waren tönerne oder gusseiserne Becken, auf die zwei Bügeleisen gestellt und erhitzt werden konnten. Mancherorts gab es die sogenannten Plätt-Töpfe (auch Platttöpfe), in diesen wurden die Bolzen für Bügeleisen direkt in den glühenden Kohlen erhitzt. Der Nachteil war, dass die Bügeleisen verrußten, vor allem aber die schädlichen Gase sich in den Arbeitsräumen ausbreiteten und eingeatmet wurden.[3][5][6][7]

Geschichte

In Wien, Berlin, Hamburg und Fürth wurden Mitte des 19. Jahrhunderts Bade- und Waschanstalten nach englischem Vorbild errichtet, wo große Öfen zum Erhitzen von 30–40 Bügeleisen eingesetzt wurden.[8]

Kleinere Modelle bestanden aus einem abnehmbaren Aufsatz für Bügeleisen, der in den Ofen eingehängt oder daraufgestellt wurde, je nachdem, ob man mit diesem Ofen auch den Raum heizen wollte oder nicht.[9][10] Der sogenannte Plätteisenwärmer war eine gusseiserne Platte mit zwei bis drei Öffnungen zum Einhängen der Plätteisen, der sich gegen die Ofenringe des Sparherds austauschen ließ.[11] Das Aufheizen der Plätteisen war aufwendig,[12] in 20 Minuten konnte man etwa vier oder mehr Bügeleisen erhitzen und heiß erhalten.[3] Es gab auch Bügeleisen mit abnehmbarem Griff und eine Nummerierung, um das jeweils am längsten erhitzte Eisen zu erkennen. Auch gab es eine nummerierte Sortierung der Bügeleisen nach Gewicht, wobei die leichteren Bügeleisen mit den Nummern 1–3 für den Haushalt bestimmt waren, die schwereren mit den Nummern 4–7 für Schneiderwerkstätten, Waschanstalten oder Hotellerien.[13]

Wie im Bulletin de la Société d’Encouragement im Februar 1863 dargestellt, wurde der sogenannte Heizapparat für Bügeleisen von Herrn Chambon-Lacroisade aus Paris verbessert. Die prismenförmige Konstruktion hatte mehrere Einbuchtungen, wo die Bügeleisen eingehängt und aufgeheizt werden konnten. Auf drei Füßen stehend, befand sich der kleine gusseiserne Ofen auf einem drehbaren Tischchen, was den ständigen Wechsel der abgekühlten beziehungsweise aufgeheizten Bügeleisen für die Arbeiter erleichterte. Diese Öfen konnten auch zum Erwärmen des Zimmers genutzt werden, und es konnte ein Kochgefäß daraufgestellt werden. Einige Chambon-Lacroisade-Modelle hatten noch einen blechernen, das Rauchrohr umgebenden Wasserbehälter, der aus einem kleinen Wasserhahn heißes Wasser lieferte.[3]

Um 1870 wurde der sogenannte (französische) Revolver-Plättofen in Österreich und Deutschland vorgestellt, dessen Vorteile der sehr niedrige Kohleverbrauch sowie sein geringer Platzbedarf waren. Er heizte die Bügelstube nicht übermäßig auf, war ebenfalls drehbar und so klein, dass er nur mit nussgroßen Kohlestückchen befeuert werden konnte. Zur besseren Handhabung musste er auf eine Erhöhung gestellt werden. Das Rauchrohr konnte zum Fenster hinaus oder in einen anderen Ofen geleitet werden. Es dauerte ebenfalls zwanzig Minuten, bis vier Plätteisen die richtige Hitze hatten, so dass vier Arbeiter mit acht Plätteisen ununterbrochen den damals 12-stündigen Arbeitstag hindurch bügeln konnten.[14]

Um 1865 wurden Versuche gemacht, Bügeleisen mit Gas zu beheizen. Sogenannte Gasplätteisen wurden 1866 beispielsweise vom Wagenfabrikanten Urban aus Hannover patentiert. Seine Erfindung war ein transportabler Apparat, der die Bügeleisen im Innern mit Leuchtgas erhitzte, was zwar komfortabel, aber wegen der Giftigkeit des Gases gefährlich war.[1] 1873 wurden in der Deutschen Industrie-Zeitung Gasplätteisen vorgestellt, die direkt am Griff mit dem Gasschlauch verbunden und von innen her beheizt wurden.[15] Diese Erfindung des Technikers Gerlach konnte die Aufheizzeit auf fünf bis zehn Minuten absenken, und die Gefahr der Vergiftung mit Kohlenstoffmonoxid bestand somit nicht mehr.[16][15] Das „Gerlach’sche Bügeleisen“ war aus Messing.[17]

Ungefähr zwanzig Jahre später stellte das Polytechnische Journal die Dessauer Gasplätten ohne Schlauch vor. Die sogenannte Plättbatterie wurde an einer Wand neben dem Gasanschluss befestigt und konnte zwei oder mehr Plätten aufnehmen. Die gefährlichen Abgase wurden durch einen Dunstabzug abgeführt.[18]

Nach der Erfindung der elektrischen Bügeleisen im Jahr 1888 konnten Bügeleisen auch auf eine konstante Temperatur aufgeheizt werden. Die Bügeleisenöfen sind heute noch Sammler- und Museumsstücke.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. a b c Chambon's Plättofen. In: Wilhelmine Buchholz (Hrsg.): Wasser und Seife, oder, Allgemeines Wäschebuch: umfassend die ganze Praxis de Wäsche, sowohl für den kleinen und grossen Haushalt wie die grösste Bleicherei und Wäscherei ... : ein gründliches Lehr-, Hand- und unentbehrliches Hülfsbuch für die werdende und schon ausgebildete Wäscherin. Verlag J. P. F. E. Richter, Hamburg und Leipzig 1866, S. 383, 388, 394 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Illustrirte Zeitung: Leipzig, Berlin, Wien, Budapest, New York. Weber, 1871, S. 429–430 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b c d Chambon - Lacroisade’s Heizapparate für Bügeleisen. In: Polytechnisches Journal. 169, 1863, S. 176–178.
  4. Revolver-Plättofen. In: Dr. H. Hager und Dr. E. Jacobsen (Hrsg.): Industrie-Blätter. Wochenschrift für Fortschritt in Gewerbe, Hauswirtschaft, Gesundheitspflege. Band 7, Nr. 29. Louis Gerschel Verlagsbuchhandlung, Berlin 1870, S. 228 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Johann Karl Gottfried Jacobsson: Johann Karl Gottfried Jacobssons technologisches Wörterbuch: oder alphabetische Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker, wie auch aller dabey vorkommenden Arbeiten, Instrumente, Werkzeuge, und Kunstwörter, nach ihrer Beschaffenheit und wahrem Gebrauch. Dritter Theil, von M bis Schl. bey Friedrich Nicolai, 1783, S. 269 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Jean Antoine Nollet: Die Hutmacherkunst. Kanter, 1767, S. 78 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-Stadt-Haus- und Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung: Mit 23 Kupfern. von Hus bis Hy. Sieben und zwanzigster Theil. gedruckt bey Joseph Georg Traßler, 1789, S. 149 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Die Bade- und Waschanstalt in Wien. In: Gewerbeverein der Stadt Fürth (Hrsg.): Gewerbzeitung: Organ für die Interessen des bayerischen Gewerbstandes. Band 6, Nr. 18. Schmid’s Buchhandlung, Fürth 1856, S. 69–70 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. F. A. Grenier: Verbesserte Oefen. In: Der praktische Maschinenbauer: ein Handbuch für Maschinenbauer, Mechaniker, Kunstdrechsler und Fabrikbesitzer. Verlag Gottfried Basse, Quedlinburg und Leipzig 1844, S. 199–202 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Deutsches Eisenofen Museum – Sammlung nach Ofentypen. Abgerufen am 17. März 2018.
  11. Der Plätteisenwärmer. In: Paul Traugott Meissner (Hrsg.): Die Ventilation und Erwärmung der Kinderstube und des Krankenzimmers (etc.). Verlag L. Förster, Wien 1852, S. 73–74 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Graf von Rumford: Beiträge zur Lehre von der Wärme in physikalischer und ökonomischer Rücksicht. Beschreibung von Feuerungsanstalten zu verschiedenem ökonomischen Gebrauche, als Muster zur Nachahmung 4. Eine Waschanstalt für Familien. In: Ludwig Wilhelm Gilbert (Hrsg.): Annalen der Physik. Band 4. Rengersche Buchhandlung, Halle 1800, S. 233 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Der Volksbote für den Bürger und Landmann: 1867,[2]. Kirschbaum & Schuh, 1867 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Revolver-Plättofen. In: Wiener Industrie- und Gewerbe-Zeitung: Organ zur Förderung der Arbeit und ihrer Interessen. Nr. 12. Zamarski & Dittmarsch, 1871 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. a b Gasplätteisen. In: Max Dietzmann (Hrsg.): Deutsche Industrie-Zeitung: Organ d. Handelskammern zu Chemnitz, Dresden, Plauen und Zittau. Nr. 11. Bureau der Deutschen Industrie-Zeitung - Eduard Focke, Chemnitz 1873, S. 106 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. Revue der Entdeckungen und Erfindungen. III. Miscellaneen: Gasbügeleisen. In: Der Welthandel: illustrirte Monatshefte für Handel & Industrie, Länder- & Völkerkunde. Band 6, Nr. 3. Julius Maier, Stuttgart 1874, S. 135 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. Gerlach's Gasbügeleisen. In: Prof. Dr. Rudolph Böttger (Hrsg.): Polytechnisches Notizblatt für Gewerbtreibende, Fabrikanten und Künstler. Nr. 6. Verlag von E. G. Kunze's Nachfolger, Mainz 1873, S. 88 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. Die neuen Gasheizapparate der Deutschen Continental-Gas-Gesellschaft zu Dessau. In: Polytechnisches Journal. 275, 1890, S. 270–274.