Bahnstrecke Bodenheim–Alzey
Bodenheim–Alzey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer: | 3563 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | zuletzt 661 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die ehemalige Bahnstrecke Bodenheim–Alzey von Bodenheim über Gau-Odernheim nach Alzey hieß im Volksmund Amiche. Die 30,9 km lange Strecke verlief komplett in Rheinhessen in den Landkreisen Alzey-Worms und Mainz-Bingen und zwischen Alzey und Selzen links des Flusses Selz. Kurz nach Hahnheim-Selzen überquerte die Bahnstrecke den Fluss. Der Abschnitt zwischen Bodenheim und Undenheim wurde zu einem Bahntrassenradweg umgebaut.
Geschichte
Bau und Streckenführung
Nach dem Bau der Hauptstrecken der Hessischen Ludwigsbahn (Bahnstrecke Mainz–Ludwigshafen und Rheinhessenbahn) wurde auch in vielen Ortschaften der Provinz Rheinhessen der Wunsch, einen eigenen Bahnanschluss zu erhalten, größer. Für die Erschließung des Landesinneren gab es mehrere unterschiedliche Projekte: Die zunächst favorisierte Linienführung von Worms nach Nieder-Olm scheiterte am Widerstand der Stadt Mainz und dem Desinteresse einiger Ortschaften.
Einigen konnte man sich jedoch über eine Linienführung von Bodenheim über Odernheim (seit 1896 Gau-Odernheim genannt) nach Alzey, diese Strecke verfügt über keine nennenswerten Steigungen, da sie zum größten Teil parallel der Selz verläuft. Die Strecke entstand in zwei Phasen. Zunächst wurde am 1. Oktober 1879 der Abschnitt Bodenheim-Undenheim eröffnet.[1] Die Bauarbeiten für den zweiten Abschnitt von Undenheim nach Alzey wurden im September 1894 begonnen und zwei Jahre später beendet: Am 28. September 1896 erfolgte die feierliche Eröffnung. Zwei Tage später wurde der reguläre Betrieb aufgenommen. Der ursprünglich als „Harxheim (Rheinh.)“ bezeichnete Bahnhof wurde zum 1. April 1910 in „Harxheim-Lörzweiler“ umbenannt.[2] Am 10. Februar 1914 wurden auf der Strecke „mit Eintritt der Dunkelheit“ neue „Doppellichtvorsignale“ in Betrieb genommen, die dem heute noch gebräuchlichen Modell des Formsignals entsprachen.[3]
Bahnübergänge
Bei den Bahnübergängen handelte es sich hauptsächlich um unbeschrankte, nur mit Blinklichtanlagen ausgestattete Übergänge. Selbst eine Landstraße zwischen Framersheim und Gau-Köngernheim, heute Bestandteil der Deutschen Alleenstraße, war unbeschrankt. Durch die in diesem Bereich guten Sichtverhältnisse stellte dies auch kein größeres Problem dar.
Den einzigen mit Schranken ausgestatteten Bahnübergang gab es innerhalb von Gau-Odernheim kurz vor dem Bahnhof, da hier zwei Gleispaare die Straße überquerten.
Da die Strecke auch hauptsächlich durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet (Acker- und Weinbau) führte, waren auf den dortigen Feldwegen die Übergänge nur durch Andreaskreuze gesichert.
Betriebsstellen
Die Empfangsgebäude wurden als Typenbauten errichtet. Sie ähneln sich bis auf wenige Details: Entweder sind sie zweiteilig mit einem verbretterten Güterschuppen oder dreiteilig mit separatem Güterschuppen. Bei den zweiteiligen Bauten kann die Ausführung auch seitenverkehrt stattfinden. Im Erdgeschoss befanden sich die Diensträume und im ersten Stock die Wohnung des Bahnbediensteten.[4] Alle Gebäude befinden sich heute in privatem Eigentum und dienen als Wohnhäuser, sechs davon sind Kulturdenkmäler aufgrund des Rheinland-Pfälzischen Denkmalschutzgesetzes (Reihenfolge in Fahrtrichtung von Alzey nach Bodenheim):
- Gau Odernheim: Das Empfangsgebäude war ein zweiteiliger historistischer Klinkerbau aus der Zeit um 1890. Der Bahnhof trug die Bezeichnung Gau Bischofsheim (ohne Bindestreich), was an den unterschiedlichen Rechtschreibsystemen lag, die die großherzoglich-hessische Staatsverwaltung und die preußisch dominierte Eisenbahndirektion Mainz verwendeten (vgl. dazu hier). Zum 17. Mai 1953 wurde der Bahnhof zu einem Haltepunkt herabgestuft.[5] Das ehemalige Empfangsgebäude wird seit 1985 als Jugendclub genutzt.
- Selzen-Hahnheim: Zum 17. Mai 1953 wurde der Bahnhof zu einem Haltepunkt herabgestuft.[6]
- Bechtolsheim-Biebelnheim: Das Empfangsgebäude war ein zweiteiliger, historistischer Klinkerbau aus der Zeit von 1896, an den ein verbretterter Güterschuppen angebaut war. Zum 17. Mai 1953 wurde der Bahnhof zu einem Haltepunkt herabgestuft.[7]
- Undenheim-Köngernheim: dreiteiliger historistischer Typenbau, Güterschuppen verbrettert, um 1896
- Hahnheim: historistischer Klinkertypenbau, um 1896
- Mommenheim: dreiflügeliger, historistischer Typenbau, um 1896
- Gau-Bischofsheim: zweiflügeliger historistischer Klinkerbau
Bahnhof Undenheim-Köngernheim mit Güterschuppen (Straßenseite)
Bahnhof Mommenheim
Bahnhofsgebäude in Gau-Bischofsheim. Links der verbretterte Güterschuppen mit zweiteiligem Klinkerbau (ehemalige Gleisseite)
Stilllegung
Zum Wechsel in den Sommerfahrplan 1954 wurde der Betrieb auf der Strecke auf „Vereinfachten Nebenbahndienst“ umgestellt.[8]
Die Verbindung wurde am 31. Mai 1985 im Personenverkehr eingestellt, im Güterverkehr am 31. Mai 1985 zwischen Bodenheim und Harxheim-Lörzweiler, am 31. Dezember 1989 zwischen Harxheim-Lörzweiler und Selzen-Hahnheim und am 1. Januar 1995 schließlich auch zwischen Selzen-Hahnheim und Alzey. Danach folgte der allmähliche Gleisrückbau, wobei die ehemalige Gleistrasse schnell bebaut wurde, was eine Reaktivierung zusätzlich verhinderte. Das bis zuletzt als Bahnhofsgleis vorgehaltene Streckenstück bis Industriegebiet Alzey wurde Ende Dezember 2016 mit dem Ausbau der Weiche im Bahnhof Alzey stillgelegt. Somit ist die komplette Strecke seit Dezember 2016 nicht mehr befahrbar.
Rückbau
Heute sind die Gleise demontiert und der nördliche Teil der Strecke ist zu einem Fahrradweg ausgebaut. Am 12. Dezember 2003 wurde mit dem ersten Spatenstich zur Gau-Odernheimer Ortsentlastungsstraße auch das Schicksal des südlichen Teils der Strecke besiegelt, denn die Straße führt über die Trasse der ehemaligen Bahnlinie. Der Fahrradweg erhielt – ebenso wie vorher die Eisenbahnstrecke – den Namen Amiche.
Verkehr
Lokomotiven
Vier dreiachsige Tenderlokomotiven von Henschel & Sohn (Cassel) zogen damals zwölf Personen-, zwei Post- und Gepäckwagen (Gebrüder Gastell, Mainz-Mombach) sowie dreißig Güterwagen (Talbot, Aachen) über die Strecke.
In den letzten Jahrzehnten wurde die Nutzung von Dampf- auf Akku- und Dieselantrieb umgestellt.
Personenverkehr
Am Anfang verkehrten auf der Gesamtstrecke täglich fünf Personenzüge in beiden Richtungen sowie ein Frühzug von Undenheim/Köngernheim nach Alzey. Später gab es auch durchgehende Zugverbindungen von Alzey nach Mainz.
Ab den 1960er/1970er Jahren wurden hier hauptsächlich Schienenbusse der Baureihen Uerdinger Schienenbus und ETA 150 eingesetzt. Im letzten Jahrzehnt Anfang der 1980er Jahre teilweise aber auch von einer V 100 gezogene n-Wagen.
Eine Erwachsenen-Fahrkarte der zweiten Klasse von Alzey nach Bodenheim und zurück kostete am letzten Beförderungstag 14,00 DM[9] (entspräche einer heutigen Kaufkraft von 13,18 Euro).
Güterverkehr
Auch für den Güter- und Bahnpostverkehr wurde die Strecke benutzt. Hauptsächlich wurden die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Produkte wie in der Zuckerrübenkampagne, Getreide, Wein und sonstige Landwirtschaftliche Produkte auf der Strecke transportiert, wobei hier Zuckerrüben überwiegend zur Südzucker AG nach Offstein transportiert wurden. Für die Rübenkampagne wurden neben der Baureihe V 100 auch die Baureihe V 60 meist in Verbindung als Doppeltraktion für die Übergabegüterzüge der offenen Güterwagen der Regelbauart E benutzt.
Nostalgiefahrten
Nach Beendigung des planmäßigen Personenverkehrs gab es am 5. August 1989 und 31. Dezember 1992 mit einem Schienenbus der Baureihe VT 95 zwei Sonderfahrten.
Namensherkunft
Der Name Amiche geht wahrscheinlich zurück auf eine Frau namens Annemarie, die oft mit dieser Bahn unterwegs war; möglicherweise aber auch auf das französische ami (= Freund) oder auf einen Lokomotivführer namens Armin.
Amiche-Radweg
Die als Amiche-Radweg ausgeschilderte Route verläuft nur zum Teil auf dem Trassenverlauf der Bahnstrecke. Die größte Übereinstimmung zeigt sich zwischen Bodenheim und Undenheim. Ab Undenheim führt der Weg über die ebenfalls ehemalige Bahnstrecke Valtinche nach Nierstein. Um von dort wieder zum Ausgangspunkt nach Bodenheim zu kommen, empfiehlt sich der Rheinterrassen- und der Rhein-Radweg.
Soll jedoch dem Streckenverlauf des Amiches gefolgt werden, so ist ab Undenheim der Selztal-Radweg nach Alzey zu befahren.
Literatur
- Gerhard Fillinger und Manfred Hinkel: Die Nebenbahn Bodenheim–Alzey. Sutton Verlag, Erfurt 2006, 1. Auflage, ISBN 3866800711
- Manfred Hinkel: Vom glanzvollen Anfang bis zum traurigen Ende 1896–1985 - Dokumente aus 89 ‚Lebensjahren‘ der Nebenbahn Bodenheim–Alzey, Alzey 1985
- Gerhard Lubojanski: Das „Amiche“ - die ehemalige Eisenbahnstrecke von Bodenheim nach Alzey. - Ill., Kt. In: Mainz-Bingen: Heimat-Jahrbuch. - 42 (1998), S. 134–137
- Karl Ludwig Lehmann: „Amiche“ wird 100 Jahre alt: Erinnerungen an eine Nebenbahn in Rheinhessen. - Ill. In: Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte: DGEG-Nachrichten. - Nr. 133 (1996), Sept./Okt., S. 18–19
- Werner Lang: Das „Amiche“ fährt von Bodenheim nach Gau-Odernheim; in: Heimatbuch Landkreis Mainz; Druck Wilhelm Traumüller, Oppenheim am Rhein 1967; S. 126–127
Siehe auch
- Liste der stillgelegten Eisenbahnstrecken in Rheinland-Pfalz
- Großherzoglich Hessische Staatseisenbahnen
Weblinks
Bahnstrecke
- Informationen zu Amiche und weiteren Bahnen in Rheinhessen auf amiche.de
- Bericht über die Bahnstrecke sowie Bilder mit Zuckerrübentransport auf schrankenposten.de
- „Amiche“ bringt die weite Welt von Werner Baum, am 11. Oktober 2013 veröffentlicht auf der Webseite der Verlagsgruppe Rhein Main
- Akkus in Rheinhessen: Bodenheim–Alzey
Kultur und Radweg
- Kunst am Radweg (Memento vom 14. Mai 2005 im Internet Archive)
- Erfahrungsbericht eines Radfahrers (Selzen–Bodenheim)
- Bahntrasseradeln zwischen Gau-Bischofsheim – Selzen (Streckenverlauf und Bilder)
Einzelnachweise
- ↑ Fritz Paetz: Datensammlung zur Geschichte der Eisenbahnen an Main, Rhein und Neckar. Bensheim-Auerbach 1985, S. 23.
- ↑ Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 19. März 1910, Nr. 11. Bekanntmachung Nr. 201, S. 103.
- ↑ Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 24. Januar 1914, Nr. 5. Bekanntmachung Nr. 50, S. 33.
- ↑ Die Nebenbahn Bodenheim–Alzey; S. 9.
- ↑ Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 15. Mai 1953, Nr. 22. Bekanntmachung Nr. 325, S. 167.
- ↑ Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 15. Mai 1953, Nr. 22. Bekanntmachung Nr. 325, S. 167.
- ↑ Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 15. Mai 1953, Nr. 22. Bekanntmachung Nr. 325, S. 167.
- ↑ Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 14. Mai 1954, Nr. 20. Bekanntmachung Nr. 252, S. 124.
- ↑ Die Nebenbahn Bodenheim–Alzey; S. 80