Beate Weber-Schuerholz

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Beate Weber (2006)

Beate Weber-Schuerholz (* 12. Dezember 1943 in Reichenberg) ist eine deutsche Lehrerin und Politikerin (SPD). Als Beate Weber war sie ab der Europawahl 1979 bis zum Jahr 1990 Mitglied des Europäischen Parlaments, auch als Vorsitzende des Ausschusses für Umweltfragen, Gesundheits- und Verbraucherschutz. Danach war sie sechzehn Jahre lang Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt Heidelberg (1990–2006).

Leben

Weber wurde 1943 in Reichenberg (Reichsgau Sudetenland, heute Tschechien) geboren und verbrachte ihre Kindheit in Heidelberg und die Schulzeit in Mülheim, Essen und Dortmund. Sie studierte von 1963 bis 1966 Russisch und Englisch am Dolmetscherinstitut der Universität Heidelberg, danach bis 1968 Englisch und Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Von 1968 bis 1979 war sie als Grund- und Hauptschullehrerin an der Internationalen Gesamtschule in Heidelberg sowie an der Waldparkschule Heidelberg tätig. Sie ist geschieden und Mutter einer Tochter.[1] 2012 heiratete sie wieder und nahm den Namen Weber-Schuerholz an.[2][3]

Politik

Weber ist seit 1970 Mitglied der SPD. Von 1975 bis 1985 war sie Mitglied des Heidelberger Gemeinderats. Bei den ersten Wahlen zum Europäischen Parlament 1979 kandidierte sie auf der Liste der SPD und war von 1979 bis 1990 Mitglied des Europäischen Parlaments, wo sie von 1979 bis 1984 als stellvertretende Vorsitzende und von 1984 bis 1989 als Vorsitzende des Ausschusses für Umweltfragen, Gesundheits- und Verbraucherschutz amtierte. 1990 wählten die Heidelberger Beate Weber zur Oberbürgermeisterin. Sie war die erste Frau in dieser Position in Baden-Württemberg. 1998 wurde sie wiedergewählt, 2006 stellte sie sich nicht mehr zur Wahl. Von 1975 bis 2001 war sie Mitglied und stellvertretende Vorsitzende des Bundesparteirats der SPD und von 1994 bis 2002 Landesvorsitzende der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) von Baden-Württemberg.[1] Sie wurde 1998 kurzfristig sogar als mögliche Kandidatin für die Bundespräsidentschaft gehandelt.[4]

Umweltausschuss des Europäischen Parlaments

Mit ihrer Wahl ins Europäische Parlament wurde sie stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Umweltfragen, Gesundheits- und Verbraucherschutz. Sie kritisierte unter anderem den ihrer Meinung nach zu laxen Umgang Deutschlands mit dioxinhaltigen Pflanzenschutzmitteln.[5] Im Jahr 1984 übernahm sie den Vorsitz. Als der Rat der Europäischen Union 1985 über den Katalysator und Abgaswerte für Autos diskutierte, forderte sie schriftlich die Teilnahme an der Diskussion. Nachdem diese Bitte abgelehnt wurde, entschied sie sich zu einem Go-in, wurde jedoch herausgeworfen.[6] Als 1987 die Reduzierung der Emission von Gasen diskutiert wurde, die für das Ozonloch verantwortlich gemacht wurden, blockierten die Umweltminister eine entsprechende Entscheidung. Beate Weber meinte, diese Entscheidung sei „rational gar nicht mehr nachzuvollziehen.“ Immer wenn ein Umweltproblem nicht national zu lösen sei, verhindere das EG-System internationale Lösungen.[7] 1990 bezeichnete sie in der Diskussion um die Umweltverschmutzung der osteuropäischen Staaten die Europäische Umweltagentur als „reine Alibi-Veranstaltung“.[8] Als sie wegen des Wahlerfolgs in Heidelberg das Parlament vor Ende der Legislaturperiode verließ, verklagte sie das Parlament auf Zahlung einer Übergangsvergütung.[9]

Oberbürgermeisterin in Heidelberg

In ihre Amtszeit fallen der Aufbau von stadtteilnahen Bürgerämtern (Rathauszweigstellen) und eine Rahmenplanung mit starker Bürgerbeteiligung für Stadt und alle Stadtteile.[10] Weber setzte sich für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Stadt (Straßenbahnen, Nachtbusse und Frauennachttaxi-System) und Region (S-Bahn Rhein-Neckar ab 2003) sowie Radfahrstreifen auf Hauptverkehrsstraßen ein. In ihre Amtszeit fiel auch die Einführung eines Semestertickets für Studenten ab 1993. Stark umstritten war der Neubau der Straßenbahnstrecke in den Stadtteil Kirchheim, die 2006 eröffnet wurde.

Kurz nach ihrem Amtsantritt wurde 1991 die Alte Glockengießerei – bis dahin ein Künstleratelier – den alternativen Heidelberger Gruppen zur vorübergehenden Nutzung überlassen, bis ein Investor für das Gelände gefunden wurde. Noch 1997 versprach Weber, dass die Stadt für einen Ersatz sorgen würde, wenn die Glockengießerei einer Neubebauung weichen würde. Ab 1995 stand den Heidelberger Gruppen der ehemalige Bahnhof „Karlstorbahnhof“ zur Verfügung, für dessen Umbau zum Kulturzentrum sich Weber seit ihrem Amtsantritt eingesetzt hatte.[11] Nach Räumung und Abriss der Glockengießerei im Jahre 1999 und der erst drei Jahre später folgenden Neubebauung konnten sich Stadt und Vertreter des „Autonomen Zentrums“ auf keine Alternative einigen. AZ-Vertreter werfen Weber seitdem vor, ihr Versprechen „keine Räumung ohne Ersatz“ gebrochen zu haben. Die Stadt hingegen kritisierte, dass die AZ-Vertreter zu hohe Ansprüche hatten. Zudem hätten Demonstrationen mit Hausbesetzungen für ein neues AZ dazu geführt, dass viele Heidelberger gegen ein neues AZ seien.[12]

Auch den Ausbau von Kinderbetreuung, Senioren- und Jugendarbeit, Schule und Erziehung trieb Weber in ihrer Amtszeit voran. Selbst die bürgerliche Opposition im Gemeinderat lobte ihre Projekte im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes, Nachhaltigkeit und Kultur.[13][14] Für ihr umweltpolitisches Engagement wurde sie 2007 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet.[15] Zudem schloss Heidelberg 1991 und 1992 drei weitere Städtepartnerschaften mit Bautzen,[16] Simferopol (Ukraine)[17] und Kumamoto (Japan).[18]

Erfolglos hingegen blieben die Versuche Webers, das seit 1981 geschlossene historische alte Hallenbad einer Nutzung zuzuführen. Die Pläne für ein Großkino, ein Kulturzentrum oder eine Wiedereröffnung als Schwimmbad wurden nicht verwirklicht. Mit dem im Gemeinderat beschlossenen Bau eines neuen Heidelberger Stadtteils mit dem Namen Bahnstadt konnte aufgrund von Verzögerungen bei der Finanzplanung in ihrer Amtszeit nicht mehr begonnen werden, obwohl der Einzug der ersten Bewohner der Bahnstadt bereits für den Jahreswechsel 2006/2007 geplant war. Auf Betreiben von Weber bemühte sich die Stadt Heidelberg seit 1996 auf die Welterbeliste der UNESCO zu kommen. Dieses Vorhaben scheiterte im Vorfeld 2005 und 2007,[19] um 2008 endgültig aufgegeben zu werden.

Weitere Projekte wurden in ihrer Amtszeit geplant, aber noch nicht verwirklicht. Dies betrifft die „Stadt am Fluss“, eine verkehrsberuhigte Uferpromenade am Neckar, die vor allem an der Frage scheiterte, ob diese mit oder ohne Autotunnel zu verwirklichen sei. Der Bau der Straßenbahn ins Neuenheimer Feld verzögerte sich wegen des massiven Widerstandes der Universität. Weber wollte zudem ein Kongresszentrum am Hauptbahnhof, andere Politiker bevorzugten die Erweiterung der Stadthalle. Letzteres wurde 2009 von der Mehrheit der Wähler bei einer Volksbefragung abgelehnt. Das Stadttheater musste 2006 wegen Baufälligkeit vorübergehend geschlossen werden, im März 2008 wurden die Gewinner des Architektenwettbewerbs bekanntgegeben.[20]

Mitgliedschaften

Auszeichnungen

Literatur

  • Beate Weber: Im Wurzelwerk der Demokratie. Ausgewählte Reden einer Oberbürgermeisterin 1990–2006. Mattes, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-930978-99-1.
  • Ilona Scheidle: Heidelbergerinnen, die Geschichte schrieben. Frauenporträts aus fünf Jahrhunderten. Verlag Diederichs, Kreuzlingen 2006, ISBN 978-3-7205-2850-4, S. 168–185.
  • Karl-Horst Möhl: „Die Rote Beate“ – 100 Karikaturen. Beate Weber – 16 Jahre OB in Heidelberg, wir retten unser Theater aus dem Skizzenblock von Karl-Horst Möhl, Baier, Heidelberg [2006], ISBN 978-3-9810122-7-9.
  • Ina Hochreuther: Frauen im Parlament. Südwestdeutsche Abgeordnete seit 1919. Theiss, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-1012-8, S. 232–233.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Lebenslauf auf beate-weber.de, abgerufen am 5. Oktober 2011.
  2. NOKZEIT 29. April 2012
  3. a b „Sie sagt, was sie will, und sie tut, was sie sagt“. Seit gestern ist Ex-OB Beate Weber-Schuerholz Ehrenbürgerin. Rhein-Neckar-Zeitung, 21. Mai 2012.
  4. Frau für Rau? In: Der Spiegel. Nr. 43, 1998 (online).
  5. Marion Schreiber: Auffallend, diese Parallele mit Seveso. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1984 (online).
  6. Marion Schreiber: Ich existiere für die überhaupt nicht. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1986 (online).
  7. Gezinkte Karten. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1987 (online).
  8. Reines Alibi. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1990 (online).
  9. Schlussanträge des Generalanwalts Walter van Gerven vom 13. Januar 1993; abgerufen am 5. Oktober 2011
  10. heidelberg.de: Oberbürgermeisterin Beate Weber beendete ihre 16-jährige Amtszeit in Heidelberg (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today)
  11. Braucht Heidelberg einen Kulturbahnhof?, Studierendenzeitung ruprecht, Ausgabe 43, S. 2, vom 4. Juli 1996
  12. Chronik des Autonomen Zentrums Heidelberg
  13. Alles Stückwerk. In: Der Spiegel. Nr. 11, 1995 (online).
  14. Resümee von Webers Amtszeit von CDU-Gemeinderat Jan Gradel (CDU). (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) 16. Dezember 2006, ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.cdu-fraktion-hd.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  15. Umweltschutz, Wirtschaft und weniger Bürokratie können Hand in Hand gehen. Homepage der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
  16. Entwicklung der Partnerschaft mit Bautzen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: heidelberg.de. 22. November 2010, ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.heidelberg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  17. Entwicklung der Partnerschaft mit Simferopol. In: heidelberg.de. 9. März 2011, abgerufen am 1. November 2021.
  18. Entwicklung der Partnerschaft mit Kumamoto. (Nicht mehr online verfügbar.) In: heidelberg.de. 20. Juli 2009, ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.heidelberg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  19. UNESCO-Welterbeliste – Enttäuschung in Heidelberg über Ablehnung. (Nicht mehr online verfügbar.) In: heidelberg.de. 29. Juni 2007, ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.heidelberg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  20. heidelberg.de: Überzeugende Ideen für die Sanierung des Heidelberger Theaters (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today)
  21. stiftung-oekologie-u-demokratie.de
  22. Deutsche Bundesstiftung Umwelt. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.dbu.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  23. Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg 28. April 2012. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 1. November 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.baden-wuerttemberg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  24. Ehrenbürgerrecht für Beate Weber-Schuerholz, www.heidelberg.de, Webseite der Stadt Heidelberg, abgerufen am 12. Februar 2019.
  25. Gothenburg Award for Sustainable Development für Beate Weber-Schuerholz, Webseite der Vereinigung für Ökologische Ökonomie, abgerufen am 11. Mai 2015.
  26. 2015 – Beate Weber-Schuerholz, winwingothenburgaward.com, abgerufen am 12. Februar 2019.