Ben Kiernan

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Benedict Francis „Ben“ Kiernan (* 29. Januar 1953 in Melbourne) ist ein australischer Historiker, der sich mit der Geschichte Südostasiens im 20. Jahrhundert und speziell des Pol-Pot-Regimes befasst und mit der Geschichte von Genoziden wie dem in Kambodscha. Er ist A. Whitney Griswold Professor für Geschichte und Direktor des Genocide Studies Program an der Yale University.

Kiernan studierte an der Monash University, an der er 1983 bei David P. Chandler promoviert wurde. Ab 1990 war er an der Yale University, wo er 1994 das Cambodian Genocide Program (CGP) am Yale Center for International and Area Studies und 1998 ein Programm für vergleichende Genozidstudien gründete, das er bis 2015 leitete. Im Rahmen des CGP erhielt er hohe Fördermittel, um in Kambodscha ein Dokumentationszentrum aufzubauen. 2000 lancierte er auch ein Osttimor-Projekt in Yale (in Osttimor fand etwa gleichzeitig mit dem in Kambodscha auch ein Genozid durch die indonesische Regierung statt).

Kiernan war Anfang der 1970er Jahre in Kambodscha und wurde wie andere Ausländer 1975 von den Roten Khmer ausgewiesen. Anfangs stand er dem kommunistischen Regime in Kambodscha wie viele linke Intellektuelle noch positiv gegenüber[1] (und entsprechende Veröffentlichungen von ihm aus den 1970er Jahren wurden später herangezogen, um seine Qualifikation als Historiker des kambodschanischen Genozids zu bezweifeln)[2], was sich aber ab 1978 nach Interviews mit zahlreichen Flüchtlingen aus dem Land änderte (er erlernte die Khmer-Sprache). Er begann in den 1980er Jahren über die Verbrechen des Regimes zu veröffentlichen und diese in breiten Kreisen bekannt zu machen. 1995 wurde er dafür von den Roten Khmer in Abwesenheit zum Tode verurteilt.[3] Sein Buch über das Pol-Pot-Regime gilt als Standardwerk. Er erschloss nicht nur neue Quellen, sondern räumte auch mit Missverständnissen über das Regime auf, zeigte das Ausmaß ethnischer Säuberungen, die mit dem Terror verbunden waren, und wies auch auf inneren Widerstand im Regime hin, der schließlich zum Sturz nach der vietnamesischen Invasion 1979 beitrug.[4] Sein Ruf als Genozidforscher wurde durch sein Buch Blood and Soil von 2007 gefestigt, das eine Übersicht über die Geschichte von Genoziden gibt. Er macht vier Grundthemen aus (Rassismus, Expansion, Rückkehr zu landwirtschaftlichen Ursprüngen und eine idealisierte Vergangenheit).[5]

2006 hatte er eine auf fünf Jahre laufende Federation Fellowship des australischen nationalen Forschungsrats an der Universität Sydney, und er ist Honorary Professorial Fellow an der Universität Melbourne.

Schriften

  • mit Serge Thion: Khmer Rouges! Matériaux pour l’histoire du communisme au Cambodge. J.-E. Hallier/A. Michel, Paris 1981.
  • mit Chanthou Boua: Peasants and Politics in Kampuchea, 1942–1981. Zed Books, London 1982.
  • How Pol Pot Came to Power. Colonialism, Nationalism, and Communism in Cambodia, 1930–1975. Yale University Press, New Haven (CT) 1985, 2004.
  • Cambodia: The Eastern Zone Massacre. Columbia Center for the Study of Human Rights, New York 1986.
  • The Pol Pot Regime. Race, Power, and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–1979. Yale University Press, New Haven (CT) 1996, 2002, 3. Auflage 2008.
    • Französische Ausgabe: Le génocide au Cambodge, 1975–1979. Race, idéologie et pouvoir. Gallimard, Paris 1998.
  • Blood and Soil. A World History of Genocide and Extermination from Sparta to Darfur. Yale University Press, New Haven (CT) 2007.
    • Deutsche Ausgabe: Erde und Blut. Völkermord und Vernichtung von der Antike bis heute. DVA, München 2009.
  • Genocide and Resistance in Southeast Asia. Documentation, Denial, and Justice in Cambodia and East Timor. Transaction Publishers, New Brunswick 2007.
  • Viet Nam: A History from Earliest Times to the Present. Oxford University Press, Oxford 2017.

Als Herausgeber:

  • mit David P. Chandler: Revolution and its Aftermath in Kampuchea. Eight Essays. Yale University Press, New Haven (CT) 1983.
  • mit Camille Scalabrino, Steve Heder u. a.: Cambodge. Histoire et enjeux. L’Harmattan, Paris 1986.
  • Burchett. Reporting the other side of the world 1939–1983. Quartet Books, New York 1986.
  • mit David P. Chandler, Chanthou Boua: Pol Pot Plans the Future. Confidential Leadership Documents from Democratic Kampuchea 1976–1977. Yale Center for International and Area Studies, New Haven (CT) 1988.
  • Genocide and Democracy in Cambodia. The Khmer Rouge, the United Nations and the International Community. Yale University, South East Asia Studies, New Haven (CT) 1993.
  • mit Robert Gellately: The Specter of Genocide. Mass Murder in Historical Perspective. Cambridge University Press, Cambridge 2003.
  • Conflict and Change in Cambodia. Routledge, New York 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Paul R. Bartrop, Steven L. Jacobs: Fifty Key Thinkers on the Holocaust and Genocide. Routledge, New York 2013, Kapitel Kiernan, S. 159–164.
  2. Stephen Morris: The Wrong Man to Investigate Cambodia. In: Wall Street Journal. 17. April 1995. So wird Kiernan mit einem Artikel aus dem Melbourne Journal of Politics von 1976 zitiert, in dem er ausführt, dass es genügend Beweise gebe, dass die Roten Khmer nicht die Monster seien, als die sie die Presse kürzlich dargestellt habe (there is ample evidence in Cambodia and other sources that the Khmer Rouge movement is not the monster that the press have recently made it out to be) und führt die bekannt gewordenen Massaker auf fehlgeleitete Truppenteile zurück, die entgegen Befehlen von oben handelten.
  3. Bartrop, Jacobs: Fifty Key Thinkers on the Holocaust and Genocide. 2013, S. 159.
  4. Bartrop, Jacobs: Fifty Key Thinkers on the Holocaust and Genocide. 2013, S. 161.
  5. Racism, Expansionism, Agrarism, Antiquity. In: Kiernan: Blood and Soil. 2007, S. 38.