Benutzer:Arglwydd/Kritische Geoweb-Forschung

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Geoweb und Kritische Geoweb-Forschung

Der Begriff Geoweb bezeichnet die Gesamtheit von Technologien, Werkzeugen, Anwendungen und sozialen Praktiken der Informationsproduktion innerhalb des Web 2.0, die eine oder mehrere räumliche Komponenten bzw. Informationen beinhalten oder Raumbezüge herstellen. Darunter fallen unter anderem Web 2.0 Kartographie, partizipatorische GIS, augmented reality, und standortbezogene Dienste.[1] [2] [3] Die kritische Geoweb-Forschung ist ein im Entstehen befindliches transdisziplinäres Forschungsfeld, welches sich mit den soziokulturellen Bedeutungen und Auswirkungen von Inhalten des Geowebs beschäftigt.[4] Dabei geht es um

  • Veränderungen in Prozessen und Machtbeziehungen, die die soziale und politische Produktion von räumlichen Daten betrifft,
  • die Politik, die dadurch vorangetrieben werden kann,
  • und die subjektiven Eindrücke und sozialen Verknüpfungen, die mit und durch die Möglichkeiten des Geowebs erzeugt werden.[5]

Anknüpfungspunkte gibt es dabei zum Beispiel mit der kritischen Kartographie, der kritischen Geographie und der neuen Kulturgeographie.

Entstehung & Bedeutung

Die kritische Geoweb-Forschung ist ein sehr junges und diffuses Forschungsfeld. Eine vermehrte wissenschaftliche Beschäftigung mit der Thematik des Geowebs findet erst seit Mitte der 2000er Jahre, in Folge der breiten Verfügbarkeit von Anwendungen des Web 2.0 statt.[6] Die kritische Geoweb-Forschung besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden und Ansätze aus den Bereichen der Geographie, der Sozialwissenschaften und der Digital Humanities.
Sie bildet sich aus den weitergedachten Thesen der kritischen und partizipatorischen GIS heraus, die sich mit der Produktion und Nutzung von räumlichen Daten im Hinblick auf Inklusionen und Exklusionen und deren Folgen auf soziale Prozesse und Datenstrukturen beschäftigt. Dabei liegt ein Augenmerk der kritischen Geoweb-Forschung auf der technischen Konstruktion im Web 2.0. und deren Auswirkungen. Durch die immer stärkere Verknüpfung von räumlichen mit nicht-räumlichen Informationen im Internet, findet eine Veränderung von Wissensrepräsentation statt. Auch die Grenzen zwischen Nutzern und Produzenten verschwimmen, oftmals fallen beide Funktionen in denselben Individuen zusammen. In diesem Zusammenhang wird auch von entstehenden Prosumenten gesprochen.[7] So scheinen größere Möglichkeiten für Laien zu bestehen, an der Erstellung georeferenzierter Projekte – wie beispielsweise OpenStreetMap – teilzunehmen. Allerdings bleiben dabei die durch digitale Technologien erstellten, zugänglichen und gefilterten Repräsentationen von Daten – und deren zugrundeliegende Struktur im Programmcode – oft undurchsichtig. [8] Bei diesem Phänomen lässt sich von einer Art Black Box sprechen, deren innerer Aufbau zwar für den ursprünglichen Programmierer, nicht aber für den Anwender ersichtlich ist.
Dadurch ergeben sich Kontingenzen, also nur scheinbar notwendige Vereinbarungen und Kategorien in der Anwendung des Geowebs. Somit wird die Anzahl der tatsächlich prägenden Akteure wesentlich eingeschränkt, gleichzeitig sind deren Identitäten, Denkweisen, Motivationen und Ziele nicht unbedingt klar ersichtlich. Selbst unter Auslassung der erwähnten Black Box, hat der individuelle Hintergrund jedes aktiv Teilnehmenden eine entsprechende Einwirkung auf die endgültige Repräsentation von Daten.

Wichtige Ansätze und Theorien

Die Theorien und Methoden, mit deren Hilfe sich die kritische Geoweb-Forschung ihren Fragestellungen annähert, sind poststrukturalistisch. Wichtige Grundlagen für die kritische Geoweb-Forschung sind beispielsweise die Schriften Michel Foucaults, insbesondere seine Diskurstheorie und seine Interpretation der Dekonstruktion als Methode. Weitere Theorien sind die Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour und die unter anderem auf Antonio Gramsci zurückgehende und später beispielsweise von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe weiterentwickelte Hegemonietheorie.

Beispiele

Kontingenz in der Web 2.0 Kartographie

Unter Einbezug der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT)

Politische Nutzung des Geoweb

Weiterführende Links

Kritische Kartographie
Kritische GIS-Forschung
PPGIS
VGI
Geoweb

Einzelnachweise

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Literatur

Bittner, C., G. Glasze und C. Turk (2013): Tracing contingencies: analyzing the political in assemblages

     of web 2.0 cartographies. GeoJournal. Abrufbar unter: 10.1007/s10708-013-9488-8.

Bittner, C. und B. Michel (2013): Das Dekonstruieren der web 2.0 Karte. Vorschläge zur Analyse

     dynamischer und interaktiver Karten multipler und diffuser Autorenschaften. In: Gryl, I.,  
     Nehrdich, T. und R. Vogler (Hrsg.). geo@web. Wiesbaden. 111–126.

Elwood, S. (2008): Volunteered geographic information: key questions, concepts and methods to

     guide emerging research and practice. GeoJournal 72 3-4: 133–135.

Elwood, S. (2008): Volunteered geographic information: future research directions motivated by

     critical, participatory, and feminist GIS. GeoJournal 72 3-4: 173–183. 

Elwood, S. (2010): Geographic information science: emerging research on the societal implications of

     the geospatial web. Progress in Human Geography 34 (3): 349–357.

Elwood, S. und A. Leszczynski (2013): New spatial media, new knowledge politics. Transactions of the

     Institute of British Geographers 38 (4): 544–559.

Glasze, G. (2009): Kritische Kartographie. Geographische Zeitschrift 97 (4): 181–191. Gryl, I., et al. (2013): geo@web. Zur Entfaltung und Anverwandlung eines neuen Forschungsfeldes.

     In: Gryl, I., Nehrdich, T. und R. Vogler (Hrsg.). geo@web. Wiesbaden. 9–31.

Johnson, P. A. und R. E. Sieber (2012): Motivations driving government adoption of the Geoweb.

     GeoJournal 77 (5): 667–680. Abrufbar unter: 10.1007/s10708-011-9416-8.
  1. Bittner, C. und B. Michel (2013): Das Dekonstruieren der web 2.0 Karte. Vorschläge zur Analyse dynamischer und interaktiver Karten multipler und diffuser Autorenschaften. In: Gryl, I., Nehrdich, T. und R. Vogler (Hrsg.). geo@web. Wiesbaden. 111–112.
  2. Elwood, S. (2008): Volunteered geographic information: key questions, concepts and methods to guide emerging research and practice. GeoJournal 72 3-4: 133.
  3. Elwood, S. (2010): Geographic information science: emerging research on the societal implications of the geospatial web. Progress in Human Geography 34 (3): 349.
  4. Elwood, S. (2010): Geographic information science: emerging research on the societal implications of the geospatial web. Progress in Human Geography 34 (3): 350-352.
  5. Elwood, S. (2010): Geographic information science: emerging research on the societal implications of the geospatial web. Progress in Human Geography 34 (3): 349–350.
  6. Elwood, S. (2008): Volunteered geographic information: key questions, concepts and methods to guide emerging research and practice. GeoJournal 72 3-4: 133–135.
  7. Elwood, S. (2010): Geographic information science: emerging research on the societal implications of the geospatial web. Progress in Human Geography 34 (3): 349–357.
  8. Graham, M and M. Zook (2013): Augmented realities and uneven geographies: exploring the geo-­linguistic contours of the web. Environment and Planning A (1)(in Druck).