Benutzer:Barabbas/Utopische Literatur

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Utopische Literatur ist die Bezeichnung für eine Reihe von literarischen Werken, die sich mit einer Gesellschaft befassen, deren Realisierung für die Zukunft als denkbar möglich vorgestellt wird. Der tatsächlichen, aktuellen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit gegenübergestellt, übernimmt die Utopie oftmals eine Vorbildfunktion.

Begriff

Utopia, 1518 (Illustration)

Der Begriff Utopie geht auf Thomas Morus Roman "De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia" von 1516 zurück, der damit der gesamten Gattung den Namen gab. Davon ausgehend bildeten sich drei Begriffe, die unterschieden werden:

  • Utopie (von Griechisch ou = kein und topos = Ort -> "Nichtort")
  • Eutopie (von Griechisch eu = gut und topos = Ort -> "Guter Ort")
  • Dystopie (von Griechisch dys = schlecht und topos = Ort -> "Schlechter Ort")

Die Utopie fungiert hierbei als Oberbegriff und lässt sich in die positive Eutopie und die negative Dystopie unterteilen. Häufig wird Utopie jedoch mit der Eutopie gleichgesetzt.

Gattungsgeschichte

Antike Vorbilder der Utopie

Gedanklicher Ausgangspunkt dieser Art von Literatur ist die philosophische Konzeption eines idealen Staates (Politeia) durch den griechischen Philosophen Platon als ein theoretisches Denkmodell, das beansprucht, allein aus logisch rationalen Prinzipien abgeleitet, das ideale Zusammenwirken der gesellschaftlichen Kräfte zum Wohle des Gemeinwesens zu konstruieren. Als Gegenbild zu einem idealen athenischen Staat gedacht, stellt Platons "Atlantis" in den Dialogen von Timaios und Kritias in vielerlei Hinsicht den Ursprung der späteren Utopien dar.

Außer Platons "Atlantis" sind als weitere antike utopische Vorbilder Euripides' "Panchaia" (im Werk mit dem Titel "Hiera Anagraphe"), Theopompos "Meropis" (im Werk mit dem Titel "Philippika"), und Iambulos' Sonneninsel (das Werk hierzu ist nur fragmentarisch bei Diodor erhalten) zu nennen.

Die ersten Utopien

Nachdem Morus 1516 mit "Utopia" das erste utopische Werk vorgelegt hatte, folgten weitere Utopien, die starke Rückbezüge untereinander aufweisen und oftmals als klassische Vorläufer der mordernen utopischen Literatur bezeichnet werden.

So ist Campanellas Sonnenstaat von 1623 auf einer Insel angesiedelt, die bereits bei Morus genannt wurde, auch Francis Bacons Neu-Atlantis von 1626 spielt recht deutlich auf Morus an.

Auffällig ist, dass die ersten Autoren utopischer Romane nicht hauptsächlich als Schriftsteller schreiben: Morus, Campanella sowie Bacon waren politisch aktiv, ihr Schreibstil ist eher nüchtern und auf die Schilderung der Organisation der utopischen Staaten ausgelegt. Dem schriftstellerischen Anspruch ist der intellektuelle Anspruch vorangestellt: Die aufeinanderprallenden Gesellschaftskonzeptionen werden diskutiert, zeitgenössische Debatten aufgegriffen. Die Kenntnis von Platons Atlantis und Politeia wird vorausgesetzt.

Außerdem erscheint der Staat in diesen frühen Utopien für den heutigen Leser oft wenig wünschenswert: Campanella schildert beispielsweise einen theokratischen Staat, das Urteil des obersten Führers (des Metaphysikus) gilt als unanfechtbar. Auch die übrigen Utopisten aus dieser Zeit stellen den Ordnungs- und Gleichheitsgedanken dem der Freiheit deutlich voran. So werden bei Campanella sogar Partner durch eine eigens dafür eingerichtete Behörde ausgewählt und einander zugewiesen.

Mond- und Planetenutopie 17. und 18. Jahrhundert

Utopien gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Die gesellschaftlichen Umbrüche zur Jahrhundertwende des 18. / 19. Jahrhunderts waren auch für die Gattung Der Utopie relevant: Die Industrialisierung und die damit einhergehenden sozialen Konflikte, insbesondere die marxistischen Vorbehalte, führten dazu, dass die Vision einer idealen Gesellschaft durch technische Entwicklung zunehmend fragwürdiger wurde. Es entstehen die ersten sozialistisch inspirierten Utopien, wie etwa BEISPIELE. Ebenso entstehen die ersten Dystopien, die ein negatives Bild der industrialisierten Gesellschaft zeichnen.

Eine andere Entwicklung zeigt sich im Zusammenhang der Individualisierung: Die Utopie scheint für die Intellektuellen als Mittel zur Schilderung vielfältiger Charaktere nicht geeignet (siehe Abschnitt Statik). Gattungen wie der Bildungsroman scheinen mehr Möglichkeiten zu bieten, sich auszudrücken, so dass die Utopie in dieser Zeit zu einer wenig beachteten Gattung wird. QUELLEN

Zeitutopien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Feministische Utopien des 19. Jahrhunderts

Negative Staatsutopien im 20. Jahrhundert

AUSARBEITEN Nach 2. WK, Dystopie vermehrt als eigene Gattung mit fiktivem Rahmen, der vom Rahmen der Utopie losgelöst wird

Warnutopien der 50er und 60er Jahre

Utopien heute

AUSARBEITEN: Metautopien, ggf. Science Fiction

Gattungsprägende Merkmale

Wie die meisten literarischen Gattungen ist auch die utopische Literatur nicht eindeutig zu klassifizieren. Allerdings lassen sich eine Vielzahl der Werke, die üblicherweise als "Utopie" bezeichnet werden, nur dann in den Kanon aufnehmen, wenn ein weiter Begriff von "Utopie" vorausgesetzt wird.

So werden beispielsweise sowohl positive als auch negative Zukunftsschilderungen als "Utopie" bezeichnet, ebenso wie die genau Art des Entfremdungsmechanismus für die Gattungszugehörigkeit keine Rolle spielt.

Als grundlegende Merkmale des utopischen Romanes lassen sich also aufführen:

  • Schilderung einer fernen Gesellschaft, die sich in besonderer Weise von der heutigen Unterscheidet
  • Entfremdungsmechanismus
  • Zwei- Welten- Schema
  • Didaktische Prinzip
  • Statik
  • Tendenz zur Ökonomisierung
  • häufig satiristischer Stil

Gesellschaftskonzeption

Gerade bei den frühen Utopien liegt der Schwerpunkt auf der Schilderung einer idealen Gesellschaft. Anders als beim Staatsroman baut diese aber nicht unmittelbar auf der jetzigen Gesellschaft auf, sondern wird örtlich oder zeitlich entfremdet. Es ist also nicht primär von Interesse, wie diese ideale Gesellschaft heute zu realisieren wäre, sondern wie sie aufgebaut sein müsste, wenn es sie gäbe.

Auch die im 20. Jahrhundert vermehrt vorzufindenden Dystopien schildern eine zukünftige Gesellschaft auf diese Weise, mit dem Unterschied, dass die dort beschriebenen Gesellschaften als nicht wünschenswert empfunden werden.

Entfremdungsmechanismus

Ein grundlegendes Merkmal einer jeden Utopie ist die Schaffung eines fernen Ortes. Schauplatz der ältesten Werke erzählender utopischer Literatur ist meist eine Insel, die fast unerreichbar weit entfernt liegt. Diese Vorstellung ist im Zeitalter der Entdeckungen durchaus nachvollziehbar, wurden doch allenthalben neue Welten mit anderen Menschen und unbekannten Kulturen gefunden.

Mit der vollständigen Entdeckung der Welt hat sich diese Art der utopischen Literatur im 18. Jahrhundert (NACHSCHLAGEN) weitestgehendüberlebt. Stattdessen findet die Entfremdung nun zunehmend durch zeitliche Verschiebungen statt. Ein typisches Beispiel dafür ist der Roman Looking Backward (1888) des Amerikaners Edward Bellamy, dessen Erzähler am Ende des 19. Jahrhunderts in einen hundertjährigen Schlaf versinkt und erst im Jahr 2000 aufwacht. Er erlebt dort die gewaltigen Veränderungen, die seit seiner Zeit stattgefunden haben und eine ideale Gesellschaft produziert haben.

Ähnliche Beispiele sind Merciers "Das Jahr 2440" (1771) Morris "News from Nowhere" (1890) oder Wells "Wenn der Schläfer erwacht" (1899, dystopisch). Im Unterschied zu verschiedenen Werken aus dem Bereich Science Fiction wird der "Zeitsprung" dabei nicht durch Maschinen sondern durch (ZITAT MORRIS KOMATÖSER ZUSTAND) jahrhundertlangen Schlaf oder - wie bei Morris - einen Wunsch hervorgerufen.

Der Entfremdungsmechanismus ist eng verbunden mit dem Zwei- Welten- Schema, so wird die Unerreichbarkeit des utopischen Staates z.B. häufig durch ein plötzliches Verschwinden des Erzählenden oder ein unerwartetes Zurückkehren in die eigene Zeit betont.


Zwei- Welten- Schema

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Utopie ist das Zwei- Welten- Schema. Dieser Aufbau wurde ebenfalls bereits von Morus inspiriert und ist eng mit der reiseberichtartigen Struktur der ersten Utopien verbunden: Ein Reisender kommt von einer langen Reise zurück in seine Heimat und berichtet seinem Gönner / seinen Freunden von einer fernen Insel, auf der paradiesische Zustände herrschten. Der eigentliche Bericht vom utopischen Staat ist somit in die Erzählung des Reisenden eingefasst, weswegen immer wieder auch Ähnlichkeiten zum Reisebericht betont werden. Häufig kommt es auch zu einer Frage- Antwort- Situation, in der sich die Daheimgebliebenen beispielsweise nach der Regierungsform erkundigen, die dann vom Reisenden geschildert wird.

In den späteren Zeitutopien wird das Schema beibehalten, allerdings erfährt es einige Variationen: So ist der Rahmen der Utopie nicht mehr ein Reisebericht sondern die Schilderung der Umstände des langen Schlafes beziehungsweise die Rückkehr des Reisenden. Weiterhin findet ein Vergleich der zwei Welten entweder durch den Reisenden selbst statt (bei Mercier z.B. durchaus auch visuell durch die Beschreibung der Veränderungen, die Paris im Jahr 2440 durchlaufen hat) oder durch die Diskussion mit den Einwohnern des utopischen Staates (wie bei Morris).

Didaktisches Prinzip

Den meisten Utopien liegt außerdem ein didaktisches Prinzip zu Grunde: Dem Leser soll die Vorstellung einer besseren Welt vermittelt werden, meist indem zeitgleich die Missstände der bestehenden Welt aufgezeigt werden (vgl. Zwei- Welten- Schema). Auch dieses Prinzip ist bei den frühen Utopisten sehr deutlich zu erkennen, beispielsweise in der hohen Gewichtung der Diskussion einzelner Aspekte der utopischen Staaten. Der dialektische Aufbau dabei ist durchaus als weiterer Verweis auf Platon zu verstehen.

Auch in den späteren Utopien wird diese Art der Erörterung beibehalten, teilweise mit der impliziten Aufforderung an den Leser, sich zu den jeweiligen Aspekten selbst eine Meinung zu bilden. Die zunehmende Literarisierung der Utopie nach Schnabels "Insel Felsenburg" führt zu einer Aufweichung dieses Schemas, das didaktische Prinzip bleibt jedoch erhalten: Die sozialistischen Utopien des 19. Jahrhunderts schildern die Verbesserung des Menschen so überdeutlich (beispielsweise in Morris "Kunde vom Nirgendwo"), dass sie der Utopie die negative Konnotation "träumerisch" (QUELLE) einbrachten.

Selbst die sehr dunklen Dystopien des 20. Jahrhunderts offenbaren noch dieses didaktische Prinzip, sei es auch nur durch ihre Konzeption als "Warnutopien", die der Abschreckung dienen sollten.

Statik

Ein weiteres Merkmal der Utopien ist ein hohes Maß an Statik: In den frühen Utopien betrifft dieses sogar die handelnden Charaktere, von denen es nur wenige gibt und deren Seelenleben kaum geschildert wird. Die Einwohner der utopischen Staaten fungieren oftmals lediglich als "Stadtführer", zeigen den fremden Reisenden ihr Reich und erörtern, wie der Staat aufgebaut ist.

Im Gegensatz zur Science Fiction sind die meisten Utopien nicht auf Handlung ausgelegt, die fernen Orte werden zwar bereist und beschrieben, eine Veränderung findet jedoch nicht statt (eine Ausnahme stellen die Übergangswerke Wells dar).

Tendenz zur Ökonomisierung

Üblich ist auch eine starke Vereinfach politischer und sozialer Realitäten in der Utopie. WEITERENTWICKELN

Anti-Utopien

Während schon bei Bacons Nova Atlantis positive Wahrnehmung der technischen Entwicklung zur Leitidee der utopischen Literatur wurde, gaben die Ernüchterungen des krisenhaften Kapitalismus, das Scheitern der totalitären Staatsmodelle des Faschismus und des Kommunismus, sowie die Materialschlachten der Weltkriege den neuen Stoff für negative Utopien (Dystopie).

Nicht nur die Folgen politischer Fehlentwicklungen wie Totalitarismus (am bekanntesten ist hier George Orwells Roman 1984 aus dem Jahr 1948 – veröffentlicht 1949 ), sondern auch fehlgeleiteter Wissenschaft werden in diesen Werken thematisiert. So zeigt Aldous Huxleys Roman Schöne neue Welt (engl. Original Brave New World, 1932), in einer auch heute noch beklemmend aktuellen Vision was passiert, wenn Wissenschaft über Ethik gestellt wird und das Streben nach Glücklichsein der einzige Lebensinhalt ist. In vielerlei Hinsicht greift Huxley in diesem Roman die Ideen aus Platons Politeia auf. Dabei werden hier die Grenzen zur Science Fiction überschritten.

Das scheinbare Abdanken der menschlichen Vernunft im Verlauf der technischen Revolutionen lässt wenig Raum für die soziale Utopie, übrig bleiben wahnhaft, spukhaft, irreale Fantasiegebilde jenseits aller Utopie (postmoderne Fantasy-Literatur).

Abgrenzung

Robinsonade

Daniel Defoes "Robinson Crusoe" ist in mancher Hinsicht an den utopischen Roman angelehnt und charakteristisch für das vom Pietismus geprägte frühe 18. Jahrhundert ist. Hier wird ein einzelner Mensch auf eine Insel versetzt, auf der er sich selbst zu versorgen lernt und seine Seele den pietistischen Idealen gemäß im per Tagebuch geführten Zwiegespräch mit Gott ausbildet. Im strengeren Sinne muss aber bezweifelt werden, dass es sich hier um eine Utopie handelt, weil kein ideales Gemeinwesen geschildert wird, sondern ein einzelnes Schicksal beleuchtet wird. Nicht umsonst wurde hier der Begriff der "Robinsonade" geprägt. Der große Erfolg Robinson Crusoes führte aber durchaus zu Versuchen, das utopische Thema mit der Robinsonade zu kombinieren: Johann Gottfried Schnabels Insel Felsenburg ist wohl das bekannteste Beispiel dafür.

Science Fiction

Aus den wissenschafts- und fortschrittsfreundlichen Utopien entstanden die ersten Mischutopien wie etwa H.G. Wells Die Zeitmaschine. Der utopische Roman ist somit eine der Wurzeln der Science Fiction im 20. Jahrhundert. Science Fiction zeichnet sich dadurch aus, dass technologische Entwicklungen im Vordergrund stehen und die Schilderung einer idealen Gesellschaft eher nachrangig behandelt wird. Auch die didaktischen Ansprüche der Utopie stellen keine Grundmotivation der Science Fiction dar.

Staatsroman

Beispiele (Utopien)

Werkliste:

Siehe auch: Zukunftsliteratur, Entwicklung der Science Fiction, Utopie, Dystopie, Hoffnung, Utopischer Sozialismus

Literatur

  • Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung. 3 Bde. (Werkausgabe, 5); Suhrkamp, 1696 Seiten Neuauflage 2001; ISBN 3-518-28154-2
  • Wolfgang Biesterfeld, Die literarische Utopie, Stuttgart 21982. ISBN 3-476-12127-5
  • Willi Erzgräber, Utopie und Anti-Utopie in der englischen Literatur. Morus, Morris, Wells, Huxley, Orwell, München 21985. ISBN 3-7705-1975-2
  • Christopher Gill, Plato's Atlantis Story and the Birth of Fiction, in: Philosophy and Literatur 3 (1979), 64-78.
  • Hiltrud Gnüg, Utopie und utopischer Roman, Stuttgart 1999. ISBN 3-15-017613-1
  • Klaus J. Heinisch, Der utopische Staat. Morus – Utopia. Campanella – Sonnenstaat. Bacon – Nova Atlantis, Reinbek 262001. ISBN 3-499-45068-2
  • Barbara Holland-Cunz, Utopien der neuen Frauenbewegung : Gesellschaftsentwürfe im Kontext feministischer Theorie und Praxis, Meitingen : Corian-Verl., 1988
  • Arnhelm Neusüss (Hg.), Utopie. Begriff und Phänomen des Utopischen, Frankfurt am Main 31986. ISBN 3-593-33592-1
  • Bettina Roß, Politische Utopien von Frauen. Von Christine de Pizan bis Karin Boye, Dortmund 1998. ISBN 3-931782-95-6
  • Rolf Schwendter: Utopie. Überlegungen zu einem zeitlosen Begriff, Hamburg 1994 ISBN 3-89408-034-5
  • Seibt, Ferdinand: Utopica. Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit, Orbis Verlag Müchen, aktualisierte Neuausgabe München 2001, ISBN 3-572-01238-4

Weblinks