Benutzer:Belsazar/Interpretationen der Quantenmechanik

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Interpretationen der Quantenmechanik definieren den Gültigkeitsbereich der Quantenmechanik und beschreiben innerhalb dieses Gültigkeitsbereiches die physikalische und metaphysische Bedeutung der Postulate und Begriffe, aus welchen die Theorie aufgebaut ist. Neben der ersten – und bis heute (2008) dominierenden – Kopenhagener Interpretation wurden seit Entwicklung der Quantenmechanik in den 1920er Jahren eine Vielzahl alternativer Interpretationen entwickelt, die sich unter anderem in ihren Aussagen über den Determinismus, die Kausalität, die Frage der Vollständigkeit der Theorie, die Rolle von Beobachtern und einer Reihe weiterer metaphysischer Aspekte unterscheiden.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Interpretationen der nichtrelativistischen Quantenmechanik. Eine Beschreibung der konzeptionellen Grundlagen der Theorie auf Basis gängiger Lehrbuch-Darstellungen findet sich im Hauptartikel Quantenmechanik.

Interpretationsrelevante Aspekte

Hinsichtlich ihres empirischen Erfolges gilt die Quantenmechanik als eine der am besten gesicherten physikalischen Theorien überhaupt. Seit ihrer Formulierung in den 1920er Jahren konnte die Quantenmechanik bis heute experimentell nicht falsifiziert werden. Die Frage, wie die Quantenmechanik zu interpretieren ist, wird jedoch kontrovers diskutiert: Beschreibt die Theorie nur physikalische Phänomene, oder erlaubt sie auch Rückschlüsse auf Elemente einer hinter den Phänomenen verborgenen Realität? Fragen zur Ontologie der Quantenmechanik lassen sich weder mit experimentellen noch mit theoretischen Methoden der Physik beantworten, weshalb sie von manchen Physikern als unwissenschaftlich angesehen werden.[1][2][3][4] Allerdings zeigt sich, dass sich viele fundamentale Begriffe der Theorie, wie z. B. „Messung“, „physikalische Eigenschaft“ oder „Wahrscheinlichkeit“, ohne interpretativen Rahmen nicht eindeutig definieren lassen. Andere Physiker und Philosophen sehen daher die Formulierung einer konsistenten Interpretation, d. h. einer semantischen Deutung des mathematischen Formalismus, als sinnvollen, wenn nicht notwendigen Bestandteil der Theorie an.[5][6]

Neben der ersten, und lange Zeit dominierenden Kopenhagener Interpretation entstanden im Laufe der Zeit eine Vielzahl alternativer Interpretationen der Quantenmechanik, die im nächsten Kapitel beschrieben sind. Im Folgenden werden zunächst einige der physikalischen und philosophischen Prinzipien und Konzepte erläutert, in welchen sich die Interpretationen der Quantenmechanik voneinander unterscheiden.

Determinismus

Die Gesetze der klassischen Physik gelten gemeinhin als deterministisch[7]: Kennt man den aktuellen Zustand eines abgeschlossenen Systems vollständig, kann man theoretisch sein Verhalten, also alle zukünftig möglichen Beobachtungen an diesem System für jeden beliebigen Zeitpunkt, exakt vorhersagen. Jegliches anscheinend zufällige Verhalten und jegliche Wahrscheinlichkeiten resultieren im Rahmen der klassischen Physik ausschließlich aus Unkenntnis, bzw. in konkreten Experimenten aus der Unfähigkeit des Experimentators, den Zustand exakt zu präparieren, oder Unzulänglichkeiten des Messgerätes. Dieser prinzipielle Determinismus besteht auch z. B. für die statistische Mechanik und Thermodynamik.

Anders in der Quantenmechanik (in ihrer orthodoxen Form): Die Tatsache, dass es nicht möglich ist, z. B. den Zeitpunkt des Zerfalls eines radioaktiven Atoms vorherzusagen, ist demnach nicht darin begründet, dass ein Beobachter nicht genügend Informationen über etwaige innere verborgene Eigenschaften dieses Atoms besitzt. Vielmehr gibt es keinen Grund für den konkreten Zeitpunkt des Zerfalls, der Zeitpunkt ist „objektiv zufällig“.[8]

Eine entgegengesetzte Ansicht vertreten Proponenten von verborgene Variablen-Interpretationen, wie z. B. der bohmschen Mechanik. Die Quantenmechanik selbst ist demnach keine vollständige Beschreibung der Natur, sondern lässt bestimmte Einflussfaktoren außer Betracht. Wüssten wir um diese, ließe sich auch ein einzelnes zukünftiges Messergebnis exakt und deterministisch berechnen.

Ideal des losgelösten Beobachters

Diesem Konzept[9] liegt die idealisierte Annahme zugrunde, dass bei Beobachtungen bzw. Messungen zwischen einem beobachteten „Objektsystem“ und einem „Beobachter“ unterschieden werden kann, wobei zur Beschreibung der Eigenschaften des Objektsystems der Beobachter nicht mit in Betracht gezogen werden muss. Dieses Ideal lässt sich zwar aufgrund der zur Durchführung der Messung zwingend notwendigen Wechselwirkung zwischen Objektsystem und Messvorrichtung weder in der klassischen Physik noch in der Quantenmechanik vollständig erreichen, jedoch kann man in der klassischen Physik den Einfluss der Messapparatur auf das Objektsystem prinzipiell als beliebig minimierbar annehmen. In der klassischen Physik ist die Messung demnach kein grundsätzliches, sondern nur ein praktisches Problem.

In der Quantenmechanik kann die Annahme eines vernachlässigbaren Einflusses der Messvorrichtung hingegen nicht aufrecht erhalten werden. Generell ist jede Wechselwirkung des Objektsystems mit der Messvorrichtung mit Dekohärenzprozessen verbunden, deren Auswirkungen nicht als „klein“ betrachtet werden können. In vielen Fällen (z. B. beim Nachweis eines Photons durch einen Detektor) wird das untersuchte Objekt bei der Messung sogar vernichtet. Die gegenseitige Beeinflussung zwischen Objektsystem und Umgebung bzw. Messvorrichtung wird daher in allen Interpretationen der Quantenmechanik berücksichtigt, wobei sich die einzelnen Interpretationen in ihrer Beschreibung des Ursprungs und der Auswirkungen dieser Beeinflussung wesentlich unterscheiden.

Messproblem

Hauptartikel: quantenmechanische Messung, insbesondere das Kapitel zum Messproblem

Die von der Quantenmechanik postulierte Gesetzmäßigkeit der Zeitentwicklung des Systemzustands und das Auftreten eindeutiger Messergebnisse scheinen in direktem Widerspruch zu stehen: Einerseits erfolgt die Zeitentwicklung des Systemzustands strikt deterministisch, andererseits sind die Messergebnisse nur statistisch vorhersagbar. Einerseits sollen den Systemzuständen im Allgemeinen überlagerte Linearkombinationen von Eigenzuständen entsprechen, andererseits wird kein verwaschenes Bild mehrerer Werte gemessen, sondern stets eindeutige Werte.

Die in den meisten Lehrbüchern zugrundegelegte orthodoxe Interpretation erklärt die Vorgänge bei der Durchführung einer quantenmechanischen Messung mit einem so genannten Kollaps der Wellenfunktion, also einem instantanen Übergang des Systemzustands in einen Eigenzustand der gemessenen Observablen, wobei dieser Übergang im Gegensatz zu sonstigen physikalischen Prozessen nicht durch die Schrödingergleichung beschreibbar ist. Hierbei wird in der orthodoxen Interpretation offengelassen, welcher Vorgang in der Messkette zu dem Kollaps führt, der Messprozess wird im Rahmen dieser Interpretation nicht genauer spezifiziert. Viele Physiker und Interpreten halten es dagegen für notwendig, in physikalischen Begriffen anzugeben, was genau eine „Messung“ ausmacht.

Die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruchs zwischen deterministischer Systementwicklung und indeterministischen Messergebnisssen ist eine der hauptsächlichen Herausforderungen bei der Interpretation der Quantenmechanik.

Lokalität und Kausalität

Hauptartikel: Lokalität (Physik)

Gemäß dem Prinzip der lokalen Wirkung hat die Änderung einer Eigenschaft eines Subsystems A keinen direkten Einfluss auf ein räumlich davon getrenntes Subsystem B.[10] Einstein betrachtete dieses Prinzip als notwendige Voraussetzung für die Existenz empirisch überprüfbarer Naturgesetze. In der speziellen Relativitätstheorie gilt das Lokalitätsprinzip in einem absoluten Sinn, wenn der Abstand zwischen den zwei Subsystemen raumartig ist.

In der Quantenmechanik bewirkt die Verschränkung statistische Abhängigkeiten (so genannte Korrelationen) zwischen den Eigenschaften verschränkter, räumlich voneinander getrennter Objekte. Diese legen die Existenz gegenseitiger nicht-lokaler Beeinflussungen zwischen diesen Objekten nahe (siehe auch Abschnitt EPR-Experiment). Im Jahr 1964 gelang es J.S. Bell, die Frage, ob mikroskopischen Objekten lokale physikalische Eigenschaften zugeschrieben werden können, in Form der Bellschen Ungleichung experimentellen Untersuchungen zugänglich zu machen. Alle bislang vorliegenden experimentellen Untersuchungen haben die Verletzung der Bellschen Ungleichung und damit die Voraussagen der Quantenmechanik bestätigt.[11]

Die meisten Physiker gehen daher heute davon aus, dass das Lokalitätsprinzip bei quantenmechanischer Betrachtung nicht in der von Einstein vertretenen Form gültig ist.[12] Allerdings ist sowohl die Bewertung der Aussagekraft der Experimente, als auch die Interpretation der genauen Natur der EPR/B-Korrelationen Gegenstand einer bis heute andauernden Kontroverse.

Die Rolle der Dekohärenz

Hauptartikel: Dekohärenz

Bei der Wechselwirkung eines Quantensystems mit seiner Umgebung (z. B. mit Gasteilchen der Atmosphäre, mit einfallendem Licht, oder mit einer Messaparatur) kommt es unweigerlich zu dem Phänomen der Dekohärenz. Das Phänomen der Dekohärenz lässt sich unmittelbar aus dem Formalismus der Quantenmechanik ableiten. Es stellt daher keine Interpretation der Quantenmechanik dar. Dennoch spielt Dekohärenz bei den meisten modernen Interpretationen eine zentrale Rolle, da sie einen unverzichtbaren Bestandteil bei der Erklärung des „klassischen“ Verhaltens makroskopischer Objekte darstellt und damit für jeden Versuch relevant ist, die Diskrepanz zwischen den ontologischen Aussagen der Interpretationen der Quantenmechanik und der Alltagserfahrung zu erklären.

Zu den wesentlichen Auswirkungen der Dekohärenz gehören die folgenden Phänomene:[13][14]

  1. Dekohärenz führt zu einer irreversiblen Auslöschung der Interferenzterme in der Wellenfunktion: Bei großen Systemen (ein Fulleren ist in dieser Hinsicht bereits als „groß“ anzusehen) ist dieser Mechanismus in der Regel äußerst effizient. Die Dekohärenz macht somit verständlich, warum bei makroskopischen Systemen keine Superpositionszustände beobachtet werden:
  2. Dekohärenz verursacht eine selektive Dämpfung aller Zustände, die nicht bestimmten Stabilitätskriterien genügen, die durch die Details der Wechselwirkung zwischen dem System und seiner Umgebung definiert sind. Diese so genannte einselection (Abkürzung für „environmentally-induced-superselection“, d. h. „umgebungsinduzierte Superselektion“) führt zur Ausprägung bevorzugter „robuster“ Zustände, d. h. von Zuständen, die nicht durch die Dekohärenz zerstört werden.
  3. Die tatsächlich beobachtbaren Observablen sind durch diese robusten Zustände bestimmt. Modellrechnungen zeigen, dass das Coulomb-Potential, das (unter Normalbedingungen) wichtigste für den Aufbau von Materie relevante Wechselwirkungspotential, zu einer Superselektion räumlich lokalisierter Zustände führt. Das Auftreten lokalisierter makroskopischer Zustände von Alltagsgegenständen kann so auch im Rahmen der Quantenmechanik erklärt werden.
  4. Messvorrichtungen sind immer makroskopische Objekte und unterliegen damit der Dekohärenz. Das Auftreten eindeutiger Zeigerzustände bei der Durchführung von Messungen lässt sich damit zwanglos erklären. Allerdings löst auch die Dekohärenz das Messproblem nicht vollständig, da sie nicht beschreibt, wie es zum Auftreten eines konkreten Ereignisses (z. B. des Zerfalls eines Atoms) kommt. Hierfür müssen auch im Rahmen des Dekohärenz-Programms zusätzliche Annahmen, wie z. B. das Postulat eines Kollapses, oder die Annahme der „Relativer-Zustand-Interpretation“, zugrundegelegt werden.

Erkenntnistheoretische Positionen

Ein grundsätzlicher Aspekt bei der Interpretation der Quantenmechanik ist die wissenschaftstheoretische Fragestellung, welche Art von Kenntnis über die Welt diese Theorie vermitteln kann.[15] Zu den wichtigsten Positionen der Philosophie der Physik zählen heute der Instrumentalismus, der konstruktive Empirismus sowie der wissenschaftliche Realismus, wobei im gegenwärtigen philosophischen Diskurs keine dieser Positionen als eindeutig dominierend angesehen werden kann.[16][17]

Im folgenden werden einige Aspekte dieser Positionen angerissen, soweit sie im Zusammenhang mit der Interpretation der Quantenmechanik relevant sind.

Instrumentalismus

Hauptartikel: Instrumentalismus

Als Instrumentalismus wird die Auffassung bezeichnet, dass wissenschaftliche Theorien nichts über reale Eigenschaften der Welt aussagen, sondern lediglich Werkzeuge zur Berechnung von Messergebnissen sind.[18]

In einer instrumentalistischen Interpretation der Quantenmechanik kommt Begriffen wie z. B. dem „quantenmechanischen Zustand“ oder der „Messung“ lediglich eine symbolische Bedeutung zu. Sie werden also nicht als Beschreibung real existierender physikalischer Entitäten oder Prozesse gedeutet, sondern bleiben als Grundbegriffe der Theorie uninterpretiert. Diese Interpretation wird daher auch als minimale Interpretation bezeichnet. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Annahme der bornschen Regel zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit von Messergebnissen quantenmechanischer Observablen.

Als Vorteil dieser Interpretation gilt, dass sie durch ihren Verzicht auf realistische Erklärungsversuche quantenmechanischer Phänomene viele Schwierigkeiten anderer Interpretationen, z. B. im Zusammenhang mit dem Messproblem, oder mit der Deutung des EPR-Effekts, von vorneherein vermeidet.[19][20]

Als Kritikpunkt wurde gegen die minimale Interpretation vorgebracht, dass im Rahmen dieser Interpretation der Begriff der „Messung“ nicht hinreichend genau spezifiziert ist, was zu Mehrdeutigkeiten und Missverständnissen führen kann.[21]

Konstruktiver Empirismus

Hauptartikel: Konstruktiver Empirismus

Gemäß dem konstruktiven Empirismus können die Aussagen einer Theorie über beobachtbare Objekte oder Ereignisse als objektiv wahr oder falsch bewertet werden. Der Wahrheitsgehalt von Aussagen über unbeobachtbare Objekte ist hingegen nicht feststellbar, entsprechende Aussagen einer Theorie können bestenfalls als „empirisch adäquat“ akzeptiert werden, sofern sich die Theorie empirisch bewährt hat. Hierbei gelten im Zweifelsfall nur solche Objekte und Ereignisse als „beobachtbar“, die direkt, im wörtlichen Sinne, durch das bloße Auge beobachtet werden können.[22]

Mikroskopische Quantenobjekte, wie z. B. Atome, Elektronen oder Photonen, sind gemäß der Definition des konstruktiven Empirisimus unbeobachtbar. Von empirischer Bedeutung sind ausschliesslich makroskopische Phänomene, wie z. B. das Nachweisereignis eines Detektors oder die Zeigerposition eines Messgeräts. In einer empirischen Interpretation der Quantenmechanik muss die Theorie daher die Relation zwischen direkt beobachtbaren Größen, d. h. zwischen Apparatureinstellungen der Präparationsvorrichtung und den makroskopischen Zustandsvariablen des Messinstruments, den so genannten Zeigervariablen, beschreiben.

Mit der „neo-Copenhagen Interpretation“[19] des Physikers de Muynck und der modalen Interpretation (in ihrer ursprünglichen, von dem Wissenschaftstheoretiker van Fraassen formulierten Form) [23] existieren zwei vollständig ausgearbeitete empirische Interpretationen der Quantenmechanik.

Realismus

Viele Interpetationen der Quantenmechanik befassen sich mit der Fragestellung, inwieweit die abstrakten physikalischen Objekte und mathematischen Strukturen dieser Theorie „realistisch“ gedeutet werden können. Unter den vielen Facetten des Begriffes „Realismus“ sind im Zusammenhang mit der Quantenmechanik zwei Verwendungen von besonderer Relevanz, zum Einen der wissenschaftliche Realismus als philosophische Position, zum Anderen die Annahme der „Wert-Definiertheit“ als realistisches Prinzip:

Wissenschaftlicher Realismus

Hauptartikel: Wissenschaftlicher Realismus

In der Wissenschaftstheorie wird eine Interpretation als wissenschaftlich-realistisch bezeichnet, wenn sie davon ausgeht, dass die Objekte und Strukturen der Theorie treue Abbildungen der Realität darstellen, und dass sowohl ihre Aussagen über beobachtbare Phänomene, als auch ihre Aussagen über nicht beobachtbare Entitäten als (näherungsweise) wahr angenommen werden können.

Zu den bekanntesten realistischen Interpretationen gehören die Viele-Welten-Interpretation und die de-Broglie-Bohm-Theorie. Auch die meisten Kollaps-Theorien propagieren eine realistische Deutung der Quantenmechanik.[24]

Bereits diese unvollständige Aufzählung zeigt, dass ein breites Spektrum realistischer Interpretationen der Quantenmechanik formulierbar ist, die völlig unterschiedliche physikalische Weltbilder beschreiben, in ihren empirisch überprüfbaren Aussagen jedoch (zumindest bislang) nicht unterscheidbar sind. Für Kritiker des wissenschaftlichen Realismus, wie z. B. den Wissenschaftstheoretiker van Fraassen, ist diese so genannte Unterdeterminierung von Interpretationen durch Theorien eine der Ursachen dafür, dass die Zielsetzung des wissenschaftlichen Realismus, die Formulierung einer eindeutigen und wahren Beschreibung der physikalischen Welt, prinzipiell nicht erreichbar ist.[25]

Wert-Definiertheit als realistisches Prinzip

In vielen Arbeiten zur Quantenphysik wird Realismus gleichgesetzt mit dem Prinzip der Wert-Definiertheit.[26][27] Dieses Prinzip basiert auf der die Annahme, dass einem physikalischen Objekt physikalische Eigenschaften zugeordnet werden können, die es eindeutig entweder hat oder nicht hat. Beispielsweise spricht man bei der Beschreibung der Schwingung eines Pendels davon, dass das Pendel (zu einem bestimmten Zeitpunkt, und innerhalb einer gegebenen Genauigkeit) eine Auslenkung x hat.

In der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik wird die Annahme der Wert-Definiertheit aufgegeben. Ein Quantenobjekt hat demnach im Allgemeinen keine Eigenschaften, vielmehr entstehen Eigenschaften erst im Moment und im speziellen Kontext der Durchführung einer Messung.

„Verborgene Variablen“-Theorien

Hauptartikel: Verborgene Variablen

Die Schlussfolgerung der orthodoxen Interpretation, dass die Wert-Definiertheit aufgegeben werden muss, ist weder aus logischer noch aus empirischer Sicht zwingend. So geht z. B. die (empirisch von der orthodoxen Interpretation nicht unterscheidbare) de-Broglie-Bohm-Theorie davon aus, dass Quantenobjekte, wie z. B. Elektronen oder Photonen, Teilchen sind, die sich entlang wohldefinierter Bahnkurven bewegen. Nach dieser Theorie ist der physikalische Zustand eines Teilchens nicht nur durch die Wellenfunktion, sondern erst durch die Kombination aus Wellenfunktion und Teilchenposition vollständig definiert. Da diese Definition über die Zustandsdefinition der orthodoxen Interpretation hinausgeht, wird die Teilchenposition in der Terminologie der Quantenphysik als eine verborgene Variable bezeichnet, die de-Broglie-Bohm-Theorie zählt damit zur Klasse der Verborgene-Variablen-Theorien.

Die de-Broglie-Bohm-Theorie und andere verborgene Variablen-Theorien ermöglichen zwar eine „realistische“ Beschreibung von Quantensystemen, jedoch weisen auch diese Theorien wesentliche konzeptionelle Unterschiede zur klassischen Physik auf. Insbesondere zeigen das Bellsche Theorem und eine Vielzahl entsprechender „Bell-Test-Experimente“, dass die Eigenschaften mikroskopischer Systeme kontextabhängig sind (d. h. dass sie vom Aufbau und den Einstellungen der Messvorrichtung abhängen), und dass die Eigenschaften der einzelnen Komponenten eines quantenmechanischen Mehrteilchensystems selbst über raumartige Entfernungen hinweg statistische Korrelationen aufweisen, die das Lokalitätsprinzip verletzen (siehe oben).

Interpretationen

Klassifizierung der bekanntesten Interpretationen nach Bassi und Ghirardi[28]

Varianten der Kopenhagener Interpretation

Hauptartikel: Kopenhagener Deutung

Der Begriff der „Kopenhagener Interpretation“ wurde erstmals 1955 in einem Essay von Werner Heisenberg als Bezeichnung für eine vereinheitlichte Interpretation der Quantenmechanik verwendet,[29] wobei Heisenberg weder in diesem Artikel noch in späteren Veröffentlichungen eine präzise Definition dieser Interpretation formulierte.[30] Dieses Fehlen einer autoritativen Quelle und der Umstand, dass die Konzepte Heisenbergs, Bohrs und der anderen Gründungsväter der Kopenhagener Interpretation in einigen Aspekten untereinander unverträglich sind,[31][32][33][34] führten dazu, dass heute unter dem Begriff der „Kopenhagener Interpretation“ ein breites Spektrum verschiedener Interpretationsvarianten subsumiert wird.

Niels Bohr

Niels Bohr in Diskussion mit Einstein

Ein besonderes Kennzeichen von Bohrs Interpretation ist seine Betonung der Rolle der klassischen Physik bei der Beschreibung von Naturphänomenen. Demnach wird zur Beschreibung von Beobachtungsergebnissen – wie wenig der untersuchte Vorgang auch mit der klassischen Mechanik zu tun haben mag – notwendig die klassische Terminologie benutzt. So spricht man beispielsweise von Zählraten beim Nachweis von Teilchen an einem Detektor. Messvorrichtungen und Messergebnisse sind prinzipiell nur in der Sprache der klassischen Physik beschreibbar. Für eine vollständige Beschreibung eines physikalischen Phänomens muss daher die quantenmechanische Beschreibung mikroskopischer Systeme um die Beschreibung der verwendeten Messapparatur ergänzt werden. Hierbei spielt die Messaparatur nicht nur die passive Rolle eines losgelösten Beobachters (siehe oben), vielmehr ist jeder Messvorgang gemäß dem Quantenpostulat unvermeidlich mit einer Wechselwirkung zwischen Quantenobjekt und Messaparatur verbunden. Je nach verwendeter Messvorrichtung weist das Gesamtsystem (Quantenobjekt + Messvorrichtung) daher unterschiedliche komplementäre Eigenschaften auf (siehe Komplementaritätsprinzip). Da z. B. die Messung der Position und des Impulses eines Teilchens unterschiedliche Messvorrichtungen erfordern, stellen die Position und Impuls zwei unterschiedliche Phänomene dar, die grundsätzlich nicht in einer einheitlichen Beschreibung zusammengefasst werden können.

Bohr verneinte die Möglichkeit einer realistischen Interpretation der Quantenmechanik. Er betrachtete das Komplementaritätsprinzip als eine prinzipielle epistemologische Grenze und lehnte daher ontologische Aussagen über die „Quantenwelt“ ab.[3] Auch zum Formalismus der Quantenmechanik hatte Bohr eine rein instrumentalistische Einstellung, die Wellenfunktion war für ihn nicht mehr als ein mathematisches Hilfsmittel zur Berechnung der Erwartungswerte von Messgrößen unter wohldefinierten experimentellen Bedingungen.

Werner Heisenberg

Werner Heisenberg

Im Gegensatz zu Bohr vertrat Heisenberg eine Interpretation der Quantenmechanik mit realistischen und subjektivistischen Elementen. Gemäß Heisenberg repräsentiert die Wellenfunktion zum Einen eine objektive Tendenz, die von Ihm so bezeichnete „Potentia“, dass ein bestimmtes physikalisches Ereignis eintritt. Zum Anderen enthält sie „Aussagen über unsere Kenntnis des Systems, die natürlich subjektiv sein müssen“. Hierbei kommt dem Messvorgang eine entscheidende Rolle zu:[35]

Die Beobachtung selbst ändert die Wahrscheinlichkeitsfunktion unstetig. Sie wählt von allen möglichen Vorgängen den aus, der tatsächlich stattgefunden hat. Da sich durch die Beobachtung unsere Kenntnis des Systems unstetig geändert hat, hat sich auch ihre mathematische Darstellung unstetig geändert, und wir sprechen daher von einem „Quantensprung“. … das Wort „geschieht“ bezieht sich nur auf die Beobachtung, nicht auf die Situation zwischen zwei Beobachtungen. Es bezeichnet dabei den physikalischen, nicht den psychischen Akt der Beobachtung.

John von Neumann („Orthodoxe Interpretation“)

Die von John von Neumann und P.A.M. Dirac erarbeiteten mathematischen Methoden bilden bis heute das formale Fundament der orthodoxen Interpretation. Charakteristische Merkmale der orthodoxen Interpretation sind die Annahme des so genannten „Eigenwert-Eigenzustand-Link“ und das Kollaps-Postulat.

Gemäß dem Eigenwert-Eigenzustand-Link hat eine Observable dann –und nur dann- einen definierten (d. h. prinzipiell vorhersagbaren) Wert, wenn sich das System in einem Eigenzustand der Observablen befindet. Wenn sich das System hingegen in einem Superpositionszustand verschiedener Eigenzustände befindet, kann der Messgröße in dieser Interpretation kein definierter Wert zugeordnet werden. Der Ausgang eines einzelnen Messvorgangs ist in diesem Fall zufällig, die Entwicklung des Systems ist nicht deterministisch.

Bei der Beschreibung des Messprozesses ging von Neumann im Unterschied zu Bohr davon aus, dass neben dem Objektsystem auch die Messvorrichtung quantenmechanisch dargestellt werden muss. Zur Vermeidung des Messproblems übernahm er Heisenbergs Konzept des „Kollaps der Wellenfunktion“ (siehe auch Quantenmechanik#Messproblem).

Ensemble-Interpretationen

Gemäß der Ensemble-Interpretation beschreibt der quantenmechanische Zustand ein Ensemble ähnlich präparierter Systeme. Sie widerspricht der Annahme der Kopenhagener Interpretation, dass die Quantenmechanik eine vollständige Beschreibung der Eigenschaften mikroskopischer Objekte darstellt und daher auch die Eigenschaften eines einzelnen Systems (z. B. den Zustand eines einzelnen Atoms) vollständig beschreibt. Zu den frühen Proponenten der Ensemble-Interpretation zählten A. Einstein und R. Popper. Heute wird diese Interpretation insbesondere von dem kanadischen Physiker L. Ballentine vertreten.[36][37]

Bis in die 1970er Jahre gingen die meisten Vertreter der Ensemble-Interpretation davon aus, dass das Auftreten von Wahrscheinlichkeiten in der Quantenmechanik eine Folge ihrer Unvollständigkeit ist, dass mikroskopische Objekte in Wirklichkeit exakt determinierte Werte („PIVs“)[38] für alle ihre dynamischen Größen (insbesondere: Position und Impuls) haben und die Quantenmechanik nur nicht in der Lage ist, diesen Sachverhalt vollständig zu beschreiben. Damit sind diese frühen Ensemble-Interpretationen eng verwandt zu den verborgene-Variablen-Theorien.

Wie oben erläutert, ist der Spielraum für PIV-Ensemble-Interpretationen stark eingeschränkt. Die so genannte “minimale Ensemble-Interpretation" verzichtet daher auf die Annahme von PIVs und nimmt zu der Frage der Determiniertheit physikalischer Größen eine agnostische Haltung ein. Sie umgeht damit die meisten Paradoxien, die mit der Kopenhagener Interpretation verbunden sind, erkauft dies allerdings mit einer deutlichen Einschränkung ihrer ontologischen Aussagekraft.

Bohmsche Mechanik

Hauptartikel: Bohmsche Mechanik

„relative state“-Interpretationen

Im Gegensatz zu allen anderen Interpretationen, die das Objektsystem aus der Perspektive eines externen Beobachters beschreiben, wird bei den „relative state“-Interpretationen – die erstmals von Hugh Everett formuliert wurde[39] – das gesamte Universum mit allen darin enthaltenen Objekten durch eine Wellenfunktion beschrieben. „Beobachter“ werden hierbei ebenso als Bestandteil der Wellenfunktion beschrieben, wie alle anderen Objekte auch. Bei jeder Wechselwirkung kommt es entsprechend des Formalismus der Quantenmechanik zu einer Verschränkung (ein gutes Beispiel hierfür ist das Gedankenexperiment der schrödingerschen Katze). In dieser Interpretation werden alle Komponenten der Wellenfunktion als real angenommen: In einem Zweig des verschränkten Zustandes lebt die Katze und ein evtl. vorhandener Beobachter nimmt die Katze als lebendig wahr, im anderen Zweig ist die Katze tot und ein Beobachter macht eine entsprechende Beobachtung. Innerhalb jedes Zweiges der Wellenfunktion sind die Eigenschaften des Systems und die entsprechenden Wahrnehmungen eines Beobachters konsistent, weshalb jeder dieser Zweige von Bryce DeWitt als eine eigene „Welt“ bezeichnet wurde. Die anderen Komponenten der Wellenfunktion sind hingegen für einen Beobachter im Allgemeinen (außer bei einfachen Interferenzexperimenten) nicht wahrnehmbar. Bei einfachen Systemen (z. B. Atomen) lassen sich Interferenzen zwischen den einzelnen Komponenten der Wellenfunktion nachweisen, bei komplexen Systemen (z. B.: Messvorrichtungen, Beobachtern) wird dieses Phänomen durch Dekohärenz praktisch instantan und vollständig unterdrückt. Daher sind aus der Perspektive eines Beobachters die anderen Komponenten/Welten nicht wahrnehmbar.

Die verbreitetsten Ausprägungen dieser Klasse von Interpretationen sind:

Existential Interpretation

"Konsistente Historien"-Interpretation

Modale Interpretation

„Dynamischer Kollaps“-Theorien

Einer der zahlreichen Ansätze zur Lösung des Messproblems ist die Familie der so genannten Kollaps-Theorien.[40][41] Diese Theorien ändern die Schrödingergleichung durch Hinzufügen von nichtlinearen und stochastischen Termen. Genaugenommen handelt es sich daher bei diesen Theorien nicht um Interpretationen der Quantenmechanik, sondern um alternative Theorien mit (im Prinzip) experimentell überprüfbaren Abweichungen zur Quantenmechanik.

Die bekannteste „dynamischer Kollaps“-Theorie ist die so genannte GRW-Theorie (Ghirardi, Rimini und Weber). Nach dieser Theorie entwickelt sich der Zustand eines Quantensystems fast immer gemäß der Schrödingergleichung. Zu bestimmten zufälligen Zeitpunkten kollabiert der Zustand jedoch spontan in einen lokalisierten Zustand. Der Kollaps ist in dieser Theorie unabhängig von Wechselwirkungen mit der Umgebung. Die Lokalisierungsrate ist so gewählt, dass die Dynamik mikroskopischer Systeme praktisch nicht von der Zeitentwicklung gemäß der Schrödingergleichung unterscheidbar ist. Für ein makroskopisches System ( Teilchen) wird der Kollaps hingegen zu einem häufigen Ereignis, weshalb makroskopische Systeme immer in lokalisiertem Zustand vorgefunden werden.

Geschichte

1927–1950: Monopolstellung der „Kopenhagener Schule“

Nachdem Mitte 1926 die Ausarbeitung des Formalismus der Quantenmechanik weitgehend abgeschlossen war, verschärfte sich unter den Quantenphysikern jener Zeit die Frage nach einer zufriedenstellenden Interpretation der Quantenmechanik. Innerhalb kurzer Zeit, bis Ende 1927, setzten sich Bohr und Heisenberg gegen die Opposition Einsteins und Schrödingers weitgehend in der wissenschaftlichen Gemeinschaft durch. Die grundsätzlichen Fragen zur Quantenmechanik wurden als geklärt angesehen, und die meisten Physiker wandten sich den vielfältigen Anwendungen der Theorie zu. Selbst spätere Kritiker der Kopenhagener Interpretation, wie z.B. Landé, de Broglie oder Bohm, traten zunächst für diese Interpretation ein.[42]

1950–1970: Revision der Grundlagen der Quantenmechanik

In den 1950er Jahren wurde die Beschäftigung mit den konzeptionellen Grundlagen der Quantenmechanik von den meisten Physikern als philosophische und nicht als wissenschaftliche Aktivität betrachtet.[43] Gegen den wissenschaftlichen Mainstream befassten sich einzelne Physiker kritisch mit den Prinzipien der Kopenhagener Interpretation. Der Physiker D. Bohm bewies mit der de-Broglie-Bohm-Theorie, dass die Formulierung empirisch adäquater verborgene-Variablen-Theorien möglich ist. Bei der Analyse der grundlegenden Prämissen dieser Theorien gelang J. Bell mit der Formulierung des Bellschen Theorems ein wissenschaftlicher Durchbruch, der wesentlich dazu beitrug, dass sich Untersuchungen der Grundlagen der Quantenphysik ab Anfang der 1970er Jahre zu einem rasch wachsenden Forschungsgebiet der Physik entwickelten.

Das Messproblem

1936 – In einer Analyse des EPR-Gedankenexperiments kritisierte der Physiker H. Margenau die dort aus der Kopenhagener Interpretation übernommene Einteilchen-Interpretation, das Kollaps-Postulat und die konzeptionelle Gleichbehandlung der Zustandspräparation und des Messprozesses als unnötige Fehlinterpretationen.[44] Margenau ging davon aus, dass sich die Interpretationsprobleme und (scheinbaren) Paradoxien der Quantenmechanik in einer statistischen Deutung der Wellenfunktion vermeiden lassen.

Ab 1949 – Mehrere Physiker und Philosophen kritisierten den von-Neumannschen Messprozess und schlugen eine Reihe verschiedener alternativer Lösungsansätze vor. [44] Als problematisch erwies sich insbesondere die Frage, wie die Messvorrichtung im Rahmen der Quantenmechanik zu beschreiben ist.

1961 – In dem Wigners Freund-Gedankenexperiment wendete der Physiker E. Wigner den von Neumannschen Messprozess auf die Situation an, dass der Zustand eines Beobachters („Wigners Freund“) seinerseits von einem zweiten Beobachter („Wigner“) gemessen wird.[45][46] Er kam zu dem Schluss, dass der Kollaps der Wellenfunktion bei der Durchführung einer Messung ein realer Prozess ist, der durch eine gegenseitige Wechselwirkung zwischen dem beobachteten Quantenobjekt und dem Bewusstsein des Beobachters verursacht wird.

Wigner berief sich bei seiner Interpretation auf frühere subjektivistische Ansätze von Vertretern der orthodoxen Interpretation, wie von Neumann, London, Bauer und Heisenberg, und betrachtete seine Schlussfolgerungen als verträglich mit der orthodoxen Interpretation. Dies führte zu einer heftigen Kontroverse um die richtige Auslegung der orthodoxen Interpretation, die letztlich zu einer offenen Spaltung zwischen den Proponenten des Bohrschen Komplementaritätsprinzips, Vertretern der Heisenbergschen Lesart der Kopenhagener Interpretation und Anhängern der Wignerschen Auslegung (der so genannten „Princeton-Schule“) führte.[43]

de-Broglie-Bohm-Theorie

Angeregt durch Diskussionen mit Einstein und durch die Beschäftigung mit einigen gegenüber Bohr kritisch eingestellten Arbeiten russischer Physiker, entwickelte sich der Physiker David Bohm vom Anhänger der Bohr-Heisenbergschen Konzepte zum Kritiker dieser Interpretation. 1952 (wieder-)entdeckte er die de-Broglie-Bohm-Theorie, eine Verborgene-Variablen-Theorie, und wies nach, dass diese Theorie in ihren empirisch überprüfbaren Aussagen mit den Voraussagen der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik übereinstimmt.[47]

Everetts „Relativer-Zustand-Theorie“

Im Rahmen seiner Dissertation in mathematischer Physik an der Princeton University befasste sich der Physiker Hugh Everett ab 1954 mit der (von Ihm als solche empfundenen) Inkonsistenz, die durch das Projektionspostulat in die Quantenmechanik eingeführt wird, und mit der Fragestellung, wie die Quantenmechanik ohne die Annahme externer Beobachter auf kosmologische Fragestellungen angewendet werden kann. 1957 schloss er seine Doktorarbeit “The Theory of the Universal Wavefunction" ab und veröffentlichte einen Fachartikel, in dem er die wesentlichen Ideen seiner „Relativer-Zustand-Theorie“ (engl.: relative state theory) beschrieb. Everetts Theorie wurde zunächst von der wissenschaftlichen Gemeinschaft ignoriert. Erst nachdem der Physiker Bryce DeWitt im Jahr 1970 in dem populären Journal „Physics Today“ einen Artikel über Everetts Interpretation veröffentlichte, wurde sie von einer breiteren Öffentlichkeit als denkbare Alternativ-Interpretation wahrgenommen. Auf deWitt geht auch die heute gebräuchlichere Bezeichnung „Viele-Welten-Interpretation“ (engl.: many-worlds interpretation) zurück.

Quantenlogik, Unmöglichkeitsbeweise

Ab Mitte der 1950er Jahre arbeiteten einige Physiker und Mathematiker, darunter G. W. Mackey, J. M. Jauch, C. Piron und A. M. Gleason, an dem Versuch, die Quantenmechanik unter Verwendung der Methoden der Quantenlogik auf eine formal präzise axiomatische Basis zu stellen. In diesem Zusammenhang setzten sie sich auch mit den Schwachpunkten des von Neumannschen Unmöglichkeitsbeweises, insbesondere mit dem von Ihm so bezeichneten „Ansatz E.“[48], auseinander. Unter Anwendung des 1957 bewiesenen Gleasonschen Theorems[49] konnten Jauch und Piron zeigen, dass der Unmöglichkeitsbeweis nicht von diesem Ansatz abhängt, und zogen im Jahr 1963 den Schluss, dass die Unmöglichkeit verborgener Variablen nun bewiesen sei.[50]

Bellsches Theorem

1964 wies der Physiker J. Bell nach, dass der Unmöglichkeitsbeweis von Jauch und Piron nicht zwingend ist, da er unausgesprochen von der Prämisse ausgeht, dass Messergebnisse kontextunabhängig sind.[51] Weiterhin machte er mit der Bellschen Ungleichung die Frage, ob mikroskopische Objekte durch eine lokal-realistische Theorie beschreibbar sind, experimentellen Untersuchungen zugänglich.[52]

1970 bis heute: Aufschwungphase der „experimentellen Metaphysik“

Bell-Test-Experimente

Nach zunächst verhaltener Rezeption entwickelte sich die Bellsche Ungleichung ab 1969 zum Gegenstand einer Vielzahl experimenteller Untersuchungen und theoretischer Weiterentwicklungen. Die Experimente bestätigten die Voraussagen der Quantenmechanik und bewiesen, dass Quantenphänomene nicht durch eine lokal-realistische Alternativtheorie zur Quantenmechanik beschreibbar sind.[53] Zur Historie der Bell-Test-Experimente und der Weiterentwicklungen des Bellschen Theorems sei auf den Artikel zum Bellschen Theorem und den Review-Artikel[54] von A. Shimony verwiesen.

Das Dekohärenz-Programm

1970 – Der Heidelberger Physiker D. Zeh stellte fest, dass viele der (scheinbaren) Paradoxien der Quantenmechanik, wie z.B. das „Wigners Freund“-Paradoxon und das Messproblem, unter anderem durch falsche Prämissen bei der Beschreibung der Messvorrichtung bzw. des Beobachters begründet sind.[55] Insbesondere zeigte er, dass realistische makroskopische Quantensysteme aufgrund unvermeidlicher Wechselwirkungen mit der Umgebung nicht als geschlossene Systeme betrachtet werden können, und schlug daher als Lösungsansatz vor, dass die Umgebung der Messvorrichtung (bzw. des Beobachters) in der quantenmechanischen Beschreibung des Messprozesses berücksichtigt wird. Allerdings wurden Zehs Anregungen bis Anfang der 1980er Jahre kaum beachtet.

1981, 1982 – Ausarbeitung der wesentlichen Konzepte der Dekohärenz durch W. Zurek.[55].

1991 – Zureks Artikel[56] in der Zeitschrift „Physics Today“ machte die Dekohärenz einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.[55]. In den Folgejahren entwickelte sich die Dekohärenz zum Gegenstand zahlreicher experimenteller und theoretischer Untersuchungen. Diese Arbeiten warfen ein neues Licht auf den quantenmechanischen Messprozess und auf den Zusammenhang zwischen Quantenmechanik und klassischer Physik, was in der Folge dazu führte, dass die Konzepte der Dekohärenz in vielen Interpretationen der Quantenmechanik als zentrale Bestandteile integriert wurden.[57]

Weitere Alternativ-Interpretationen

Die Schwierigkeiten bei der Interpretation der Quantenmechanik, wie z.B. die vielfach als unzureichend empfundene Behandlung des Messproblems in der orthodoxen Interpretation, führten dazu, dass in den letzten Jahrzehnten eine Reihe weiterer Alternativ-Interpretationen ausgearbeitet wurden:

Ab 1972 – Modale Interpretation (van Fraassen, Kochen, Dieks, Healey)[58]

Ab 1984 – Konsistente Historien-Interpretation (Griffith, Gell-Mann, Hartle, Omnes)[59]

Ab 1985 – Dynamische Reduktionstheorie (Ghirardi, Rimini, Weber).[40]

Ab 1986 – „Transactional Interpretation“ (Cramer)[60]

Ab 1993 – „Existential Interpretation“ (Zurek)[56]

Ab 1996 – Relationale Interpretation (Rovelli)[61]

2002 – „Empiricist Interpretation“ (de Muynck)[19]

Literatur

Bibliographien

  • A. Cabello: 'Bibliographic guide to the foundations of quantum mechanics and quantum information, arXiv:quant-ph/0012089v12 Umfangreiche Bibliographie über Veröffentlichungen zu den Grundlagen der Quantenmechanik, mit über 10.000 Referenzen.

Interpretationen der Quantenmechanik

  • Nick Herbert: Quantenrealität, aus dem Engl. von Traude Wess – Birkhäuser, Basel 1987, ISBN 3-7643-1871-6. Leicht verständliche Einführung in acht unterschiedliche Quantenrealitäten (Deutungen der Quantenmechanik) – Kapitel 2, S. 31 ff
  • David Albert: Quantum Mechanics and Experience, Cambridge, MA: Harvard University Press 1992 Eine gut lesbare Einführung mit einfachen Modellen.
  • Giorgio Auletta: Foundations and Interpretation of Quantum Theory, World Scientific, Singapore, 2000, ISBN 9-810-24039-2 Umfassende Darstellung der Grundlagen der Quantenmechanik und ihrer Interpretationen.
  • K. Baumann und R.U. Sexl (Hrsg.): Die Deutungen der Quantentheorie, 3. überarb. A. Braunschweig, Vieweg 1987, ISBN 3-528-08540-1 Nützliche Sammlung klassischer Texte in deutscher Übersetzung
  • John Stewart Bell: Speakable and unspeakable in quantum mechanics. Cambridge University Press, Cambridge 1988 bündelt Bells Originalaufsätze; für Interpretationsfragen wichtig u. a. die Texte zur bohmschen Interpretation, größtenteils physikalisch voraussetzungsreich
  • Jeffrey Bub: Interpreting the Quantum World, Cambridge University Press, Cambridge 1997.
  • Jeffrey Bub: The Interpretation of Quantum Mechanics, Reidel, Dordrecht 1974.
  • Nancy Cartwright: Another Philosopher Looks at Quantum Mechanics, or: What Quantum Theory is NotInstrumentalistische Reaktion auf Putnam 2005: Quantenmechanik kann als „lebende und arbeitende Theorie“ uninterpretiert bleiben.
  • Hong Dingguo: On the Neutral Status of QM in the Dispute of Realism vs. Anti-Realism, in: Cohen, Robert S / Hilpinen, Risto / Renzong, Qiu (Hrsg.): Realism and Anti-Realism in the Philosophy of Science. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers 1996, 307-316
  • Peter Forrest: Quantum metaphysics. Oxford: Blackwell 1988, ISBN 0-631-16371-9 Diskussion realistischer metaphysischer Interpretationsoptionen
  • Bas van Fraassen: Quantum Mechanics, An Empiricist View, Oxford University Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-823980-7 Ausgearbeitete antirealistische Interpretation aus der Position des konstruktiven Empirismus
  • R. I. G. Hughes: The structure and interpretation of quantum mechanics. Cambridge, Mass. : Harvard Univ. Pr. 1989, ISBN 0-674-84391-6 Einführung in den Formalismus und verschiedene Aspekte der Interpretation der Quantenmechanik
  • Tim Maudlin: Quantum Non-Locality and Relativity. Blackwell, Oxford U. K. and Cambridge MA 1994.
  • Hilary Putnam: A Philosopher Looks at Quantum Mechanics (Again), in: The British Journal for the Philosophy of Science 56/4 (2005), 615-634 Ablehnung „kopenhagener“ Interpretationen als bloßen Zurückweisungen eines wissenschaftlichen Realismus und der statistischen Interpretation (Born), Diskussion der wichtigsten verbleibenden realistischen Optionen: spontaner Kollaps (GRW) und Bohm
  • Michael Redhead: Incompleteness, nonlocality and realism: a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics. Oxford: Clarendon Pr. 1987, ISBN 0-19-824937-3 Eines der wichtigsten weiterführenden Werke, inklusive einer knappen Darstellung der Theorie
  • Hans Reichenbach: Philosophic Foundations Of Quantum Mechanics, University Of California Press 1944.
  • John Archibald Wheeler, Wojciech Zurek (Hrsg.): Quantum theory and measurement Princeton, NJ : Princeton Univ. Pr. 1983, ISBN 0-691-08315-0 Standard-Handbuch mit den wichtigsten Texten aus der Interpretationsgeschichte, umfangreicher und aktueller als Sexl / Baumann.

Weblinks

Originalarbeiten und Belege

  1. C.A. Fuchs, A. Peres, Quantum Theory needs no “Interpretation”, Phys. Today 53(3), 70 (2000). Online-Dokument
  2. If I were forced to sum up in one sentence what the Copenhagen interpretation says to me, it would be “Shut up and calculate!”, Zitiert in D. Mermin, Could Feynman Have Said This?, Phys. Today 57, 10 (2004).
  3. a b “There is no quantum world. There is only an abstract quantum physical description. It is wrong to think that the task of physics is to find out how nature is. Physics concerns what we can say about nature.” Bohr-Zitat von Aage Petersen, in Bull. At. Sci. 19, 8 (1963).
  4. N. Cartwright, Another Philosopher Looks at Quantum Mechanics or What Quantum Theory is Not, in Hilary Putnam, Y. Ben-Menahem (Hrsg.), Cambridge University Press, 2005, S. 188–202.
  5. E. Dennis, T. Norsen, Quantum Theory: Interpretation Cannot be avoided, arXiv:quant-ph/0408178 v1.
  6. “However the idea that quantum mechanics, our most fundamental physical theory, is exclusively even about the results of experiments would remain disappointing,” und: “To restrict quantum mechanics to be exclusively about piddling laboratory operations is to betray the great enterprise.”, Zitat aus J.S. Bell, “Against ”measurement”,” in: Sixty-two Years of Uncertainty, A.I. Miller ed. (Plenum, New York, 1990), S. 17–31.
  7. Der Standpunkt, dass die klassische Mechanik wirklich deterministisch ist und Ungenauigkeiten auf die Unfähigkeit des Experimentators zurückzuführen sind, ist jedoch umstritten; entgegengesetzter Ansicht war z. B. Karl Popper. Karl Popper: Indeterminism in Quantum Physics and in Classical Physics I. The British Journal for the Philosophy of Science 1:2 (1950), 117-133; Karl Popper: Indeterminism in Quantum Physics and in Classical Physics II. The British Journal for the Philosophy of Science 1:3 (1950), 173-195.
  8. Die Formulierung des „objektiven Zufalls“ wird z. B. von A. Zeilinger verwendet. Heisenberg prägte zur Bezeichnung der Verwirklichungstendenz quantenmechanischer Systeme beim Messprozess den Begriff der „Potentia“. Auch Poppers Propensitäten-Interpretation liegt ein ähnliches Konzept von Wahrscheinlichkeit zugrunde.
  9. Die Formulierung geht auf Pauli zurück, der damit die Haltung Einsteins zusammenfasste: „Es erscheint mir durchaus angebracht, die konzeptive Beschreibung der Natur in der klassischen Physik, die Einstein so emphatisch beibehalten möchte, das Ideal des losgelösten Beobachters zu nennen. In drastischen Worten hat der Beobachter nach diesem Ideal gänzlich in diskreter Weise als versteckter Zuschauer (spectator) aufzuscheinen, niemals als Handelnder (actor), die Natur wird dabei in ihrem vorbestimmten Lauf der Ereignisse allein gelassen, unabhängig davon, auf welche Weise die Phänomene beobachtet werden.“ W. Pauli, Letter PLC 0014.51, veröffentlicht in K. V. Laurikainen: Wolfgang Pauli and the Copenhagen Philosophy. In Symposium on the Foundation of Modern Physics, eds. P. Lahti and P. Mittelstaedt, World Scientific, Singapore (1985) 273-287.
  10. The following idea characterises the relative independence of objects far apart in space (A and B): external influence on A has no direct influence on B; this is known as the Principle of Local Action, which is used consistently only in field theory. If this axiom were to be completely abolished, the idea of the existence of quasienclosed systems, and thereby the postulation of laws which can be checked empirically in the accepted sense, would become impossible., aus A. Einstein, Quantenmechanik und Wirklichkeit, Dialectica 2:320-324, (1948)
  11. A. Aspect et al., Experimental Tests of Realistic Local Theories via Bell's Theorem, Phys. Rev. Lett. 47, 460 (1981). A. Aspect et al., Experimental Realization of Einstein-Podolsky-Rosen-Bohm Gedankenexperiment: A New Violation of Bell's Inequalities, Phys. Rev. Lett. 49, 91 (1982). A. Aspect et al., Experimental Test of Bell's Inequalities Using Time-Varying Analyzers, Phys. Rev. Lett. 49, 1804 (1982). M. A. Rowe, D. Kielpinski, V. Meyer, C. A. Sackett, W. M. Itano, C. Monroe, and D. J. Wineland: Experimental violation of Bell’s inequalities with efficient detection, Nature, 409, 791–794, (2001).
  12. Thus, a wide consensus has it that the quantum realm involves some type of non-locality. J. Berkovitz, Action at a Distance in Quantum Mechanics, Eintrag in der Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2007. [1]
  13. E. Joos et al.: Decoherence and the Appearance of a Classical World in Quantum Theory, Springer 2003, ISBN 3-540-00390-8
  14. Schlosshauer, Maximilian: „Decoherence, the Measurement Problem, and Interpretations of Quantum Mechanics“, Reviews of Modern Physics 76(2004), 1267–1305 [2]
  15. Diese Fragestellung setzt die Existenz der Welt und damit die Annahme des ontologischen Realismus voraus. Alle im Folgenden beschriebenen wissenschaftsphilosophischen Positionen und Interpretationen der Quantenmechanik gehen von dieser Grundannahme aus.
  16. R. Boyd, Scientific Realism, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2002. Online-Dokument.
  17. F.A. Muller, In Defence of Constructive Empiricism: Metaphysics versus Science, eingereicht bei der Zeitschrift für Allgemeine Wissenschaftstheorie, Online-Dokument.
  18. Eine ausführliche Beschreibung der Rolle des Instrumentalismus in der Physik und ein Überblick über die wichtigsten Argumente der Kritiker und Proponenten dieser Position findet sich in B. d’Espagnat: Reality and the Physicist. Cambridge University Press, 1989, Kap. 1 und Kap. 3.
  19. a b c W. M. de Muynck: Foundations Of Quantum Mechanics: An Empiricist Approach. Springer, 2007, S. 74. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „MuynckInstrumentalismusPro“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  20. Instrumentalistische Reaktion auf Putnam 2005: Quantenmechanik kann als „lebende und arbeitende Theorie“ uninterpretiert bleiben. Nancy Cartwright: Another Philosopher Looks at Quantum Mechanics. In: Hilary Putnam, Y. Ben-Menahem (Hrsg.), Cambridge University Press, 2005, S. 188 (online, PDF).
  21. A disadvantage of the minimal interpretation is that it is asserting too little. In particular, it is not made explicit what precisely is meant by a ‘measurement result’. This notion can be implemented in different ways. By not specifying which implementation is chosen great confusion may arise (see section 5.3.1 “Bohr’s answer to EPR”). To avoid this it is necessary to strengthen the interpretation, assuming something more about the correspondence between the mathematical formalism and physical reality. In doing so we can choose from two possibilities, to be referred to, respectively, as an empiricist and a realist interpretation of the quantum mechanical formalism, attributing completely different significances to the mathematical quantities of quantum mechanics. aus W.M. de Muynck, Foundations Of Quantum Mechanics: An Empiricist Approach, Springer, 2007, S. 74.
  22. Die von Empiristen postulierte (und für diese Position zentrale) Annahme der Unterscheidbarkeit zwischen beobachtbaren und unbeobachtbaren Entitäten wird von vielen Kritikern des Empirisimus angezweifelt. Eine detaillierte Analyse dieser Fragestellung findet sich z. B. in F.A. Muller, The Deep Black Sea: Observability and Modality Afloat, British Journal for the Philosophy of Science 56 (2005) S. 61. Online-Dokument.
  23. Bas van Fraassen: Quantum Mechanics, An Empiricist View, Oxford University Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-823980-7 Ausgearbeitete antirealistische Interpretation aus der Position des konstruktiven Empirismus
  24. Siehe z. B.: A. Bassi, G.C. Ghirardi, Dynamical reduction models, Physics Reports 379 (2003) S. 343 ff.
  25. “The phenomena underdetermine the theory. There are in principle alternative developments of science, branching off from ours at every point in history with equal adequacy as models of the phenomena. […] The theory in turn underdetermines the interpretation. Each scientific theory […] admits many different tenable interpretations. […] There cannot be in principle, but only as historical accident, convergence to a single story about our world.” Bas van Fraassen: Quantum Mechanics. An Empiricist View. Oxford University Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-823980-7, Kap. 12.5 “Conclusion: good-bye to metaphsics”.
  26. In der englischsprachigen Literatur findet sich eine Vielzahl verschiedener Bezeichnungen für die Wert-Definiertheit: „value-definiteness“, „intrinsic property“, “pre-assigned initial values” (Home und Whitaker), “precise value principle” (Hughes), “classical principle C” (Feyerabend), sowie Bells “beables”. Auch das in der Messtechnik verwendete Konzept des „wahren Wertes“ setzt Wert-Definiertheit voraus.
  27. Zur erkenntnistheoretischen Einordnung der Wert-Definiertheit gibt es unterschiedliche Auffassungen. Feyerabend bezeichnete sie als ein „klassisches Prinzip“, und d’Espagnat ordnet sie dem physikalischen Realismus zu. Für den Physiker T. Norsen lässt sich das Prinzip der Wert-Definiertheit hingegen keiner der gängigen realistischen Positionen der Erkenntnistheorie zuordnen, weshalb er die Verwendung des Begriffes „Realismus“ in diesem Zusammenhang ablehnt: T. Norsen: Against ‘realism’. Foundations of Physics, vol. 37 (2007), S. 311 (online).
  28. A. Bassi, G.C. Ghirardi, Dynamical reduction models, Physics Reports 379 (2003) 257–426; G.C. Ghirardi, in: L. Accardi (Ed.), The Interpretation of Quantum Theory: Where Do We Stand?, Istituto dell’Enciclopedia Italiana, 1994.
  29. The Development of the Interpretation of the Quantum Theory, in Wolfgang Pauli (Hrsg.), Niels Bohr and the Development of Physics. London: Pergamon (1955), 12-29.
  30. “Despite an extensive literature which refers to, discusses, and criticizes the Copenhagen interpretation of quantum mechanics, nowhere [in the writings of the founders of quantum mechanics] does there seem to be any concise statement which defines the full Copenhagen interpretation”, aus “The Transactional Interpretation of Quantum Mechanics“, Cramer, J., Reviews of Modern Physics 58, (1986), 647-687.
  31. Howard, D. Who Invented the „Copenhagen Interpretation“? A Study in Mythology. Philosophy of Science (2004), 71, 669-682. [3].
  32. R. Gomatam, Niels Bohr’s Interpretation and the Copenhagen Interpretation – Are the two incompatible?, eingereicht zur Veröffentlichung in Philosophy of Science, Dezember 2007 [4].
  33. J. Bub, Interpreting the Quantum World, Cambridge University Press, 1997.
  34. Beller, M. (1999). Quantum Dialogue: The Making of a Revolution. Chicago: University of Chicago Press
  35. W. Heisenberg, Quantentheorie und Philosophie, Reclam, 1979, S. 55–56. Online-Artikel (englische Übersetzung).
  36. Ein umfassender Überblick über verschiedene Varianten der Ensemble-Interpretation findet sich in dem Review-Artikel von Home und Whitaker: D. Home, M.A.B. Whitaker, Ensemble Interpretations of Quantum Mechanics. A Modern Perspective", Physics Reports 210, 223-317 (1992).
  37. Eine allgemeinverständliche Beschreibung der Ensemble-Interpretation findet sich in P. Gibbins, Particles and Paradoxes, Cambridge University Press, 1987, S. 75ff.
  38. Die determinierten Werte werden in der englischsprachlichen Literatur oft als „pre-assigned initial values“ (PIVs) bezeichnet (siehe z. B. Home und Whitaker). Hughes bezeichnet die Annahme determinierter Werte als „precise value principle (PVP).
  39. Hugh Everett, III: “Relative State” Formulation of Quantum Mechanics in: Rev. Mod. Phys. 29, 454–462 (1957) doi:10.1103/RevModPhys.29.454
  40. a b G. Ghirardi, Collapse Theories, Stannford Encyclopedia of Philosophy, 2007. Online-Dokument
  41. A. Bassi, G. Ghirardi, Dynamical reduction models, Physics Reports 379 (2003) 257–426.
  42. „… In any case, all texts written between 1930 and 1950 – and this includes the books by Landé, de Broglie and Bohm, who later all turned against the Copenhagen view – espoused the complementarity principle even if they did not name it. In fact, it would be difficult to find a textbook of that period which denied that “the numerical value of a physical quantity has no meaning whatsoever until an observation upon is performed". M. Jammer: „The Philosophy of Quantum Mechanics“, Wiley, 1974, S. 247 ff.
  43. a b O. Freire, The Historical Roots of “Foundations of Quantum Physics” as a Field of Research (1950–1970), Foundations of Physics, 34 (2004), 1741 doi:10.1007/s10701-004-1314-1.
  44. a b M. Jammer: „The Philosophy of Quantum Mechanics“, Wiley, 1974, S. 226 ff. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „MargenauMessproblem“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  45. E. Wigner, “Remarks on the Mind-Body Question”., in I.J. Good, ed. The Scientist Speculates, London: W. Heinemann Verlag (1961).
  46. E. Wigner, The Problem of Measurement, American Journal of Physics 31 (1963), S. 6–15.
  47. Bohm, D. (1952), „A suggested interpretation of the quantum theory in terms of ‚hidden‘ variables“, Phys. Rev. 85, 166-179 (Teil 1) und 180-193 (Teil 2).
  48. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Hermann1935.
  49. Gleason, A. M. (1957). „Measures on the closed subspaces of a Hilbert space“, Journal of Mathematics and Mechanics 6 (1957), 885–893.
  50. M. Jammer: „The Philosophy of Quantum Mechanics“, Wiley, 1974, S. 292 ff.
  51. J. S. Bell, On the Einstein Podolsky Rosen Paradox, Physics 1 (1964), S. 195.
  52. J. S. Bell, On the problem of hidden variables in quantum mechanics, Rev. Mod. Phys. 38 (1966), S. 447.
  53. S. Gröblacher et al., An experimental test of non-local realism, Nature 446 (2007), S. 871. doi:10.1038/nature05677
  54. A. Shimony, Bell's Theorem, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2004. Online-Artikel.
  55. a b c M. Schlosshauer, Decoherence and the Quantum-to-Classical Transition, Springer 2007, ISBN 978-3-540-35773-4, Kap. 1, S. 10 ff.
  56. a b W. Zurek, Decoherence and the Transition from Quantum to Classical–Revisited, 2003. arXiv:quant-ph/0306072v1.
  57. G. Bacciagaluppi, The Role of Decoherence in Quantum Mechanics, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2007. Online-Dokument.
  58. M. Dickson, D. Dieks, Modal Interpretations of Quantum Mechanics, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2007. Online-Dokument.
  59. F. Dowker, A. Kent, On the Consistent Histories Approach to Quantum Mechanics, arXiv:gr-qc/9412067
  60. J. Cramer, Rev. Mod. Phys. 58 (1986), 647. Online-Dokument
  61. C. Rovelli, Relational Quantum Mechanics, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2008. Online-Dokument.